Grafenweiden und Öde Veste
Geschrieben von Administrator
Samstag, 1. April 2006
Diese Episode beleuchtet die Bedeutung der Burg Grafenweiden (im heutigen Schlosspark von Niederweiden gelegen) und berichtet über die geheimnisvolle Öde Veste bei Stopfenreuth
Wie schon in der letzten Ausgabe versprochen soll diesmal näher auf die Burg Grafenweiden, deren Ruinen im Schlosspark des jetzigen Schlosses Niederweiden liegen, eingegangen werden. Sie und die weiter unten erwähnte Veste in Stopfenreuth spannen den geschichtlichen Bogen, der von der frühzeitigen Besiedelung des fruchtbaren Raumes an der March und an der Donau (Bronzezeit: Stillfried, 9. Jhdt. v.Chr.) über die Römer (Carnuntum, Stopfenreuth), das Mittelalter (eben Grafenweiden) bis hin zu den bekannteren Bauten in unserer Gemeinde (Schloss Hof, Niederweiden) reichen.
Grafenweiden hat seine Ursprünge als Fluchtburg im Hochmittelalter. Mit ihrer gewaltigen Wallanlage von 750 mal 400 Metern war sie in ihrer Zeit in der Tat eine bedeutende Festung. Sie hatte die Aufgabe, einerseits die Bernsteinstraße, andererseits die Furt über die March (beim heutigen Markthof - alte Brücke) und die sogenannte „Böhmische Straße“, die nach ihrer Querung der March das Flusstal der Waag benutzte, zu überwachen. Gleichzeitig stellte Sie eine der wichtigeren Festungen in einer Kette der Burgen gegen Bedrohungen aus dem Osten dar. Seit 1043, als die Marchgrenze als gesichert galt, ist dieser Fluss bis zur Gegenwart Grenze geblieben.
Zusätzlich zu ihren gewaltigen Ausmaßen (sie umfasste fast das ganze Areal des heutigen Schloss-parks von Niederweiden!) erkennt man die Bedeutung an einem doppelten Wassergraben, mit dem sie umgeben war - man hatte alle damals bekannten Mittel der Festungsbaukunst verwendet, um sie unbezwingbar zu machen. Der eigentliche Burghügel im nordöstlichen Teil der Gesamtanlage umfasste 20 mal 20 Meter. Auf ihm stand ein turmartiges Gebäude. Davor befand sich ein Plateau im Westen, auf dem auch eine Kirche stand. Der innere Graben maß bis zu 20 Metern Breite, der äußere war weniger breit, aber umso tiefer.
Die Bedeutung als Grenzfestung lässt sich aus der Geschichte der Zeit ablesen. Während sich die Römer südlich der Donau aufhielten (Carnuntum), wurde der nördlich gelegene Teil von Germanen besiedelt. Hier waren es zuerst Quaden und Markomannen, auf diese folgten die Langobarden. Später drangen die Awaren vor, wurden aber von den Franken zurückgedrängt (623 organisierte der Franke Samo die Slawen in einem Reich). Ende des 8. Jhdt. besiegte Karl der Große die Awaren endgültig. 830 wurde von Mojmir I. das Großmährische Reich gegründet, die Ungarn setzten sich unter Fürst Arpad in der Tiefebene der Donau fest. Deren Macht wurde von König Otto I. bei der Schlacht am Lechfeld 955 gebrochen. Noch im 10. Jhdt wurde zum Schutz der Ostgrenze eine Mark errichtet, die seit 976 den Babenbergern als Lehen gegeben war.
Damit nahmen die Kriege um das Grenzgebiet aber kein Ende. Nach dem Tod des letzten Babenbergers bot die Mehrheit des österreichischen Adels Ottokar von Böhmen das Land an. 1260 griff Bela IV. von Ungarn an und wurde bei Groißenbrunn (nächste Ausgabe!!) von Ottokar II. geschlagen. 1278 besiegte Rudolf von Habsburg Ottokar bei Dürnkrut und Jedenspeigen. Auch dieses Ereignis stellt nicht die letzte kriegerische Auseinandersetzung in unserem „ewigen Grenzgebiet“ dar, wohl aber, was die Geschichte der Festung Grafenweiden betrifft.
1412 wurden die Pottendorfer mit der Burg belehnt, 1433 ging sie an die Kuenringer. Ab 1424 tobten die Hussitenkriege, danach setzten sich marodierende Söldnerführer überall fest. 1437 wurde Lienhart Arberger mit der Burg belehnt, der sich jedoch mit Pankratz von Halicz aus Angern und der Veste Hof (Markthof) verbündete und mit ihnen von seiner Burg aus dreizehn Jahre lang die ganze Umgebung plünderte. Erst Graf Ulrich von Cilli konnte 1450 diesem Treiben mit einem regelrechten Heerzug ein Ende machen. Bald rankten sich schreckenerregende Sagen um das Räuberpaar und der verrufene Ort wurde auch nach deren Hinrichtung gemieden und begann zu verfallen. 1585 wurde die nunmehr „Öde Veste“ an Friedrich von Prankh verliehen, 1637 ging sie an Hans Ulrich Graf Concin von Penna, der sie an Ernst Rüdiger von Starhemberg verkaufte. Graf Starhemberg ließ an dieser Stelle von Johann Bernhard Fischer von Erlach ein Jagd- und Lustschloss planen - Schloss Niederweiden. Heute sind von der einst so mächtigen Burg nur noch Überreste im nunmehrigen Schlosspark von Niederweiden erkennbar. Die größten Teile wurden wahrscheinlich bei der Errichtung des Parks zerstört, man kann aber an der Geländeform noch die einstigen Ausdehnungen dieser wahrhaft gewaltigen Burganlage erkennen.
Die „Öde Veste“ leitet gleichsam zu einem weiteren Bauwerk in unserer Gemeinde über, von dem ebenfalls nur noch spärliche Reste zu sehen sind, dessen Entstehungszeit aber noch früher liegen dürfte. An der Mündung des Fadenbaches liegt das geheimnisvolle „Öde Schloss“ von Stopfenreuth. Archäologen vermuten hier die Grundmauern eines römischen Brückenkopfes, der wahrscheinlich im Markomannenkrieg zu Zeiten von Kaiser Marc Aurel zerstört wurde. An dieser Stelle querte die Bernsteinstraße die Donau (so wie auch heute die Brücke nicht unweit davon steht). Dort befand sich auch die „Veste Stopfenreuth“, der Ort wurde 1056 als „Stöpperich“ bezeichnet. Auch über diesen Ort soll ausführlich in einer der nächsten Ausgaben berichtet werden. Zum Öden Schloss bzw. der Veste sei hier bemerkt, dass diese zugleich mit dem „alten“ Ort Stopfenreuth im Jahre 1658 in den Fluten der Donau (bei einem verheerenden Eisstoß) untergingen.
Der alte Ort lag 2m tiefer und ca. 1km östlich der heutigen Ortschaft Stopfenreuth. Ein Urbar der Herrschaft Hof vermerkt: „Stopfenreuth ist vom Bistum Regensburg zu Lehen, liegt mitten in der Donau, der Haus Aue genannt. Darinnen ist ein ödes Burgstall oder Schloss, und dabei ein Markt mit Stock (Pranger) und Galgen gefreit“. Bei Niedrigwasser kann man an dieser Stelle noch alte Mauerreste erkennen.