Versuchssender der Wehrmacht bei Bayrischzell?

H

hebbel

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#61
Hmm. Ich zitiere mal aus der hier im Thread erwähnten Quelle:

"Gegen Ende des Jahres 1944 wurden unweit der Versuchsstation zwei hölzerne Munitionsbaracken zur Lagerung von je einer Tonne Sprengstoff errichtet, deren Fundamente erhalten geblieben sind. Im entsprechenden beim Landratsamt Rosenheim eingereichten Bauantrag wurde erwähnt, dass die Lagerung des Sprengstoffs im Auftrag der „Bau- und Betriebsstelle des Braun – Helmhlotz (sic!) – Instituts [wahrscheinlich Helmholtz] in Landsberg/Lech Fliegerhorst“ erfolgen sollte."

Bei Flachowsky, "Von der Notgemeinschaft zum Reichsforschungsrat", Anhang I, findet sich folgendes:
"Dr. Wilhelm Ernsthausen, Obmann für Akustik beim BHF und Leiter des Helmholtz-Instituts der Reichstelle für Hochfrequenzforschung, Brannenburg/Inn"

Durchforstet man das Findbuch zum Bestand RL-39, dann findet man u.a. folgendes:

27.11.1944 Gutachten über die Ausbreitung, Wirkung und Erzeugung von Gaswellen Enthält: Reichsstelle für Hochfrequenzforschung, Brannenburg/Inn (Bearbeiter: Ernsthausen)
Enthält u.a.: Mundraumresonanzen, Entwicklung eines Bodenabstandzünders mit reflektiertem Strahl
25.01.1945 2. Teilbericht zur Entwicklung eines akustischen Zünders. Bewegte Schallstrahler und Empfänger. - Forschungsbericht 5 Enthält: Reichsstelle für Hochfrequenzforschung Brannenburg/Inn (Bearbeiter: H. Östreicher)
10.04.1945 Bestimmung der Leistung einer Schallquelle aus einer rotationssymmetrischen Richtcharakteristik . - Technischer Bericht Nr. 3 Enthält: Reichsstelle für Hochfrequenzforschung Brannenburg/Inn (Bearbeiter: v. Wittern)

(256) 14.04.1945 Bauliche und messtechnische Erfahrungen mit einem Versuchsstand zu Bündelungsmessungen an Detonationswellen. - Technischer Bericht Nr. 5 Enthält: Reichsstelle für Hochfrequenzforschung Brannenburg/Inn (Bearbeiter: A. Habermann) [Aber Hallo]

30.04.1945 Untersuchung über den Zusammenhang zwischen Wirbelschallfeld und Störungswiderstand. - Forschungsbericht Nr. 8 Enthält: Reichsstelle für Hochfrequenzforschung Brannenburg/Inn (Bearbeiter: W.v. Wittern)
30.04.1945 Zur Stossdämpfung ebener Gaswellen. - Forschungsbericht Nr. 9 Enthält: Reichsstelle für Hochfrequenzforschung Brannenburg/Inn (Bearbeiter: Pfriem)

Der MA Pfriem berichtete auch aus dem Institut für Gaswellenphysik der Reichsstelle für Hochfrequenzforschung, Landsberg/Lech.
Ab Anfang 1945 berichten dann auch der Institutsleiter des F.-Braun-Institutes Landsberg/Lech und weitere Mitarbeiter dieses Institutes aus Brannenburg zu "echten" HF-Problemstellungen.

Vielleicht sollte man sich doch gestatten, in diese Richtung zu schauen?

Gruß
Dieter
 

SuR

... wie immer keine Zeit ...
Mitarbeiter
#62
Gestatten ist gut. :D

Das "Aber Hallo" sieht mir auch nach einem Volltreffer aus. Jetzt bräuchten wir nur noch "einen Mann in Freiburg", um den Bestand mal zu checken.

Vielen Dank an Gyges für seine tolle Hilfestellung! :)

P.S.: Sehr interessant finde ich auch, dass diese "Reichsstelle für Hochfrequenzforschung" in Brannenburg/Inn vom Kriegsende anscheinend unberührt weiter geforscht hat. Denn deren Berichte laufen ja bis mindestens 1946 muter weiter....
 

Edgar

CN 5. Kolonne
#64
...mal so gesponnen:

Die Massivität hinter der Reflektorfläche gibt da wirklich etwas zu denken. Das mit der Beschallung (und wenn es nur zu Testzwecken war...) geht mir nicht aus dem Kopf. Vielleicht hatte das "dicke Ei" wirklich viel auszuhalten? Vielleicht 'ne Explosion mit gezielt geleiteter Druckwelle. Oder, wenn ich mal richtig zu spinnen anfange, Tests mit Hohlladungen???


Gruß vom Edgar
...war mein Riecher doch nicht so schlecht, was? Zumindest das "Ziehen" konnte ich in diesem Fall ausschließen :D


Gruß vom Edgar
 
R

Ralf 08666

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#65
Hallo,
war am Vatertag wieder dort. Leider war die Besitzerin der "Alm" anwesend. Ich konnte nur einen kurzen Moment nutzen, als die Dame ihre Freundinnen vom unteren Parkplatz abholte, die gerade im Porsche Chayenne Turbo ankamen.

Genau in diese Richtung "strahlt" das Ding ab. Es war mir nicht möglich, festzustellen, ob die Richtung auf den vorderen Hang oder hinteren Berg oder darüber hinweg gehen würden. Ich hab auch keine Idee, wie ich das feststellen könnte. Vorschläge?

Ich war auch bei der Riederalm, relativ nahe am Versuchssender: Von einer Webseite habe ich mir vor JAhren mal rauskopiert (Name ist mir entfallen): Riederalm am Sudelfeld (Moaralm) - Bauten

Gebäude insgesamt 1 Hütte
Einzelobjekt Moar-Hütte
Standort unterhalb der Queralpenstrasse
Zustand gut
Grundriß 12 x 8 m
Wände Stein verputzt und gekalkt. Ab Kniestock Block oder senkrecht verbrettert. Giebeldreick verbrettert. Mit östl. Giebellaube.
Eingang Ostgiebel
Vouhaagl zweiseitig umgreifende Stangenzäunung

Besonderheiten 1. Eingehagtes Almkreuz mit kleinem Berggarten 2. Abschußrampe für V-Waffen aus dem 2. Weltkrieg

HAbe nichts dergleichen entdeckt...aber die Info stammt angeblich aus dem Jahr 1978. Weiß hier irgendwer was darüber?

Gruß
Ralf

Bild 1: "Abstrahlrichtung" des Betoneis
Bild 2 Die direkte Linie der Fundamente
 

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R

Ralf 08666

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#66
Ok, nach Lesen des gesamten Thread ist klar, woher ich die V-Waffen-Rampen auf er Alm herhabe...das wurde am 20.11.08 von Dieter bereits ansprochen.
 
#67
Schon über's Jahr her der letzte Beitrag aber ich bin, unabhängig von diesem Themenstrang hier, auf den Ort aufmerksam geworden. Vor ein paar Tagen war ich nach kurzer Suche oben auf der Kuppe und habe die Bewohnerin des ehemaligen Munibunkers und jetzigen Wochenendhauses getroffen, nennen wir sie mal Frau Kammler. Sie war zwar reserviert aber dennoch bedingt gesprächsbereit, hatte wohl auch schon öfter Besuch da oben von technisch interessierten Leuten (besonders ein Typ aus Dachau).

Sie bestreitet vehement, dass die Anlage irgendwelcher Funk- oder Hochfrequenzforschung diente (wozu hätten die auch tonnenweise Sprengstoff gebraucht?). Sie äußerte, dass ihr mittlerweile verstorbener Schwiegervater (sie selbst um die 65 - 70 Jahre alt) beim Abbau der Anlage dabei gewesen wäre und die hätten dort ein Kanonenrohr abgebaut welches irgendwie von hinten durch die mittige Öffnung in den Brennpunkt des Spiegels durchgeführt worden war.

Diese Aussagen passen zu den Infos aus dem Findbuch RL-39. Die restlichen kleinen Betonfundamentreste in unmittelbarer Nähe sind die Reste eines Lastenaufzuges der aus Richtung des großen Parkplatzes unterhalb kam. Da wo der Hang dieses Bergrückens gen Norden wieder etwas abfällt ist ein größeres Betonfundament mit einer großen, schweren Metallöhse als Abschlußspannvorrichtung, Gegenzugvorrichtung des Materialliftes auszumachen.

Schaut man von dem Betonklotz in westliche Richtung so sieht man tatsächlich das ehemalige SS-Berghaus und in südöstliche Richtung erkennt man neben der Kirche von Grafenherberg die Bergunterkunft der bayerischen Bereitschaftspolizei. Diese soll nach Auskunft von Frau "Kammler" im Zeitraum bis 1945 SS-Kaserne gewesen sein. Wenn man auf die Ortschaft Grafenherberg zufährt hat man tatsächlich den Eindruck in ein Kasernengelände einzufahren, tolles altes Wachgebäude gleich nach einer Brücke. Der Weg zur (von dort aus nicht einsehbaren Bergunterkunft der BePo) ist absolut gesperrt, also weder mit Auto noch zu Fuß darf man weitergehen.

Weiterhin äußerte Frau "Kammler", dass die SS die Bauern enteignet/ abgefunden oder wie auch immer hätte und der gesamte Berghang von SS-Berghaus über diese Schall-/ Druckwellen Versuchsanordnung und in nördliche Richtung bis weit hinauf zum Wendelstein als SS-eigenes Gebiet deklariert hätte. Diese Landzukäufe aus der Reichskasse waren ja prinzipiell möglich, da stand (wie am OSB) der Volksgenosse Bormann persönlich beim Bauern vor der Tür und stellte die Alternative 100.000 RM oder KL Dachau. Also durchaus denkbar das die Bergbauern am Sudelfeld ihr Land an die SS "übergeben durften".

Am gegenüberliegenden Hang (auf 1122m Höhe - gleiche Höhe wie Betonparabolspiegel) stehen heute nur diese einzelnen Baumgruppen. Irgendetwas hat dort sicher gestanden zumindest Meßapperaturen. Bei nächster Gelegenheit werde ich den gegenüberliegenden Hang genauer anschauen. Eventuell ist der Parabolspiegel auch um ein paar Grad vertikal geneigt und zeigt mit dem Brennpunkt noch etwas weiter bergauf. Eine Aussage darüber ist schwierig da ich beim ersten Besuch nicht darauf geachtet habe und die Anlage nicht direkt auf der Kuppe sondern etwas südlich vorgelagert hangabwärts steht.

Der große Parkplatz unterhalb soll nach Frau "Kammler" als Feldflugplatz gedient haben!?

Frau "Kammler" hat dann noch zwei Bemerkungen gemacht die so spannend sind und die ich für so unwahrscheinlich halte, dass diese mich noch mehrere Tage oder Wochen dort am Berg beschäftigen werden. Falls ich zu einem Ergebnis komme berichte ich. Wäre schön wenn jemand aus dem Bestand RL-39 noch Dokumente "abgreifen" könnte.

Gruß Eulengebirge
 

SuR

... wie immer keine Zeit ...
Mitarbeiter
#68
Das ist jetzt m.M. nach wieder ein typisches "Augenzeugen"-Problem.

Da werden eigene, vor Jahrzehnten erlebte Wahrnehmungen mit Aussagen anderer vermischt, und mit einer großen Prise Hörensagen zu einer fertigen Suppe angerührt.

Nix gegen Deine Frau K(ammler), aber schau´ doch mal die ganzen Quellenangaben zum BHF oben an. Die Dokumente sind doch nicht vom Himmel gefallen...

Und die Kriegsgeschichte des Sudelfelds und des Wendelsteins ist ja auch schon zig mal in der Fachliteratur beschrieben worden.
 
#69
Das Problem mit der Augenzeugenbeschreibung habe ich im Hinterkopf und ich habe auch in Erwägung gezogen, dass das kompletter Quatsch sein könnte was Frau K. erzählte. Jedoch weißen die oben genannten Dokumente alle in die Richtung "Schall, Rauch und Druck" und nicht in Richtung elektromagnetische Strahlung, was mit den Antennenfundamenten unterstellt wird/ würde.

Die Bezeichnung "Reichsstelle für Hochfrequenzforschung" ist aus meiner Sicht eher eine Tarnbezeichnung aber ich bin erst ganz am Anfang der Recherche, auch das Rad neu zu erfinden dauert bischen wenn man keine Ahnung hat. Habe eine ähnliche Versuchsanordnung in Kummersdorf auf dem Gelände der HVS gesehen (siehe Bild).

Natürlich werde ich nicht gleich, wenn überhaupt, zu einem abschließenden Ergebnis kommen aber solange es Spaß macht ist es doch ok. Jedenfalls bin ich gezwungen meine müden Knochen die Hänge hinauf und wieder hinab zu bewegen was auch schon ein Teilergebnis ist :). Ich finde es jedenfalls total spannend mich damit zu beschäftigen und andere haben es anscheinend auch schon getan.
 

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otto

... nicht mehr im Dienst.
Mitarbeiter
#70
Astrein Stefan,

endlich mal wieder aussagefähige Bilder :) - haste zufällig vom 'Arsch' des Kummersdorfer Rudimentes, Perspektive analog der Sudelfelder 'Hochbeete', Fotos vorliegen? Würde mich interessieren.

Ich bleibe nach wie vor bei meiner Meinung #18 & #21.

Edit: Fällt mir gerade auf, Bild 3 - Hügel links oben. Kann es sein, das es da hohl drunter ist. Was für eine Bewandtnis hat denn das grüne Abluftrohr?.

LG
Gerd
 

SuR

... wie immer keine Zeit ...
Mitarbeiter
#71
Hallo Steffen,

vorweg: meine Zeilen von heute früh waren keineswegs böse gemeint, beim Wort "Kanonenrohr" dachte ich zuerst ankonventionelle Schießübungen, und die fanden dort sicher nicht statt. Beim erneuten Durchlesen sehe ich jetzt aber doch wesentlich mehr "Fleisch" an den Erzählungen von Frau K..

Die Bilder von Kummersdorf sind ja hochinteressant. Wo ist denn das genau, und hattest Du da auch ein "Gegenstück" gesehen?
 
#72
@otto: Unter dem Hügel verbirgt sich das private Berghaus der Frau "Kammler" wie ich sie scherzhaft nannte. Das Abluftrohr hat wahrscheinlich etwas mit ihrer Küche zu tun. Kann dir noch ein Frontalfoto des Häuschens per Mail schicken. Deine Beiträge #18 und #21 muß ich noch lesen.

@SuR: Auf ein Gegenstück bei der Kummersdorfer Versuchsanordnung habe ich damals (letztes Jahr Oktober) nicht geachtet, ich erinnerte mich nur das ich so ein ähnliches Ding schon mal gesehen hatte. Leider habe ich auch aktuell kein Foto von der Rückseite der Kummersdorfer Anlage. Ich habe die ungefähre Lage noch im Kopf, muß mal auf die Luftbilder schauen ob etwas zu erkennen ist, habe diese Woche gerade zwei neue 1944ziger und 1945ziger Bilder bekommen 1:8000 und 1:24.000. Mein nächster Besuch Kummersdorf ist für Ende September geplant da werde ich das Teil ausführlich inspizieren und schauen ob da etwas gegenüber lag. Die Russen haben gerade dort viel gesprengt und es liegen große Trümmerteile in der Gegend herum, aber mal sehn.

Dieses Sudelfeld ist ja von mir aus nicht allzu weit, vom Balkon sehe ich den Wendelstein in seiner ganzen Pracht. In der GE 3D Ansicht habe ich mal geschaut wo die optische Achse der Sudelfeld-Anordnung hinzielen könnte und bin auf zwei weitere Varianten als Gegenstück gekommen, je nachdem wie präzise ich die Karte ausgerichtet hatte und abhängig davon ob die optische Achse des Parabols etwas nach oben geneigt wäre oder nicht. Ich hocke gerade in der Arbeit und kann die Bilder nicht einstelle, das würde ich in den nächsten 24h nachholen.

Bis gleich
 
H

hebbel

Nicht mehr aktiv
#73
Nun denn. Obwohl die Sache nicht "spruchreif" ist und das Rätsel um den Betonklotz, im Sinne eines archivalischen, ultimativen Beleges noch nicht vollständig gelöst ist, ein paar Anmerkungen zur Hilfe dazu.

...Sie bestreitet vehement, dass die Anlage irgendwelcher Funk- oder Hochfrequenzforschung diente (wozu hätten die auch tonnenweise Sprengstoff gebraucht?).
Das tut sie meiner Meinung nach wohl zu recht. :D

Wenn man das Sprengstofflager, die bauliche Ausführung des Betonklotzes und die Tatsache, daß RL 39/256 "Bauliche und messtechnische Erfahrungen mit einem Versuchsstand zu Bündelungsmessungen an Detonationswellen." beschreibt, in Betracht zieht, dann kann das schon in eine gewisse Richtung "zeigen". Auch @Edgar hatte in der Betrachtung eines Details den richtigen "Riecher" :D, wie sich zeigen wird.

...Ich finde es jedenfalls total spannend mich damit zu beschäftigen und andere haben es anscheinend auch schon getan.
Ja.

Ein wenig hat sich schon getan. Leider beschreibt RL 39/256 "nur" Vorversuche, die anderenorts stattfanden.
Zu den folgenden Ausführungen möchte ich nochmlas meinen Dank an die beteiligten Herren, die die Sache vorgesichtet und dann beigezogen haben, aussprechen.

Aus dem technischen Bericht Nr. 5, "Bauliche und messtechnische Erfahrungen mit einem Versuchsstand zu Bündelungsmessungen an Detonationswellen" der Reichsstelle für Hochfrequenzforschung - Hermann-von Helmholtz-Institut, Brannenburg/Inn geht hervor, daß es auf dem "Jägerschießplatz Rott" Vorversuche gab, die "vor allem Erfahrungen für die Ausgestaltung und den Betrieb eines größeren Standes" erbringen sollten.

Die Versuche fanden in zwei Versuchsreihen im August 1944 und Ende September 1944 statt.
Als Reflexionsflächen wurden jeweils ein planer und ein parabolischer Spiegel aus Beton verwendet. Die für die Erzeugung der Detonationswellen gezündeten Ladungsgewichte des benutzten Gelantine-Donarit betrugen 0,0625 kg bis 64 kg.
Die Unterzeichner des technischen Berichtes konnten den Beweis der Bündelbarkeit von Detonationswellen durch gekrümmte Reflexionswände, verglichen mit den Effekten an ebenen Reflexionsflächen, erbringen.

In bautechnischer Hinsicht wurde festgestellt, daß ungepanzerte Betonspiegel ungeeignet sind und zur raschen, nachhaltigen Zerstörung dieser führen. Für die Zündung 10- oder 100-facher Ladungsgewichte wurde empfohlen, die Masse der Betonklötze deutlich höher zu veranschlagen und eine Panzerung der Reflexionsfläche, sowie des unmittelbar vor dem Meßklotz [Die "Spiegel", vor denen in ca. 35 cm Abstand die Ladungen gezündet wurden, werden als "Meßklötze" bezeichnet.] befindlichen Erdbodens mit 3 bis 6 mm Eisenblech vorzunehmen.

Eigene Anmerkungen/Auswertung.:
Auch die Rückseite der "Meßklötze" zeigte bei der verwendeten Klotz-Geometrie sehr schwere Zerstörungen und es gab Vorschläge, wie man die Rückseite der "Meßklötze" verdämmen könnte, um so den Zerstörungen entgegen zu wirken. Die Prinzipzeichnungen zeigen rein prismatische Betonklötze mit schwersten Zersörungen. Die Abmaße sind leider nicht angegeben. Mit dem Vorbehalt einer großen Fehlerwahrscheinlichkeit schätze ich, daß die Spiegelfläche nicht deutlich größer als 1 m x 1 m war.

Angaben zur konstruktiven, technischen Ausführung der Ladungshalterung fehlen. Eine Prinzipzeichnung zeigt einen um 45 Grad gedrehtes "Faden"kreuz, in das die Ladung eingehängt wurde.
Im Bericht wird hervorgehoben, daß die Lage und die Form der Ladung extreme Auswirkungen auf die Druckverteilung hatten. Bei kleinen Ladungsgewichten erbrachten kugelförmige Ladungen die gleichförmigste Druckverteilung. Bei größeren Ladungsgewichten konnte eine kugelförmige Ausformung der Ladung auf Grund der Plastizität des verwendeten Gelantine-Donarits nicht realisiert werden. (Sie hatten wohl keine geeigneten Hilfsmittel dabei.)

Einer "Gegenstation" für die meßtechnische Basis der Drucksensoren bedurfte es bei den Versuchen auf dem "Jägerschießplatz Rott" nicht. Die Drucksensoren wurden an drei Stellen im/auf dem jeweiligen Spiegel (absolutes Nahfeld bzw. Spiegel-Innendruck) und auf, in Entfernung und Winkel zur Detonationsquelle gestaffelten Holzstangen angebracht. Diese Feldmessungen wurden für einen Bereich von jeweils 180 Grad mit Herdentfernungen von 0,5, 1,5, 2, 3, 4, 6 und max. 8 m durchgeführt.

Daraus ergeben sich natürlich weitere Fragen zur baulichen Ausführung des "Klotzes" auf dem Sudelfeld.

BTW: Nach dem "Jägerschießplatz Rott" wird immer noch gesucht.

Gruß
Dieter
 

Edgar

CN 5. Kolonne
#74
Bedanke mich noch mal ausdrücklich :danke

Hatte mich mit dem Thema sogar mittels Versuch im Unterricht beschäftigt (mögliche Schallwellenübertragung über große Entfernungen).

Hatte das mal auf einem Spielplatz in Bad Hersfeld gesehen und mit 2 x 1,20m Parabolspiegel auf 2 km Entfernung nachgestellt. Musste ja funktionieren, siehe Richtfunk. Hat aber meinen Schülern diebischen Spass gemacht.

Die Widerlager in diesem Ausmass brachten mich in Richtung Sprengung.


Gruß vom Edgar
 
#75
Hallo

Ich bin Tontechniker.
Genau gesagt, ich arbeite auf Live Veranstaltungen mit allem PiPaPo als Tontechniker und eines meiner Spezialbereiche ist die sogenannte Lautsprecher Systemtechnik.

Es war mal was kurzfristig von Schallversuchen die Rede.

Wenn ich mir die Bilder über diesen Parabolbetonspiegel ansehe, dann kommt mir nichts schlüssig in den Sinn, was man damit bei Schalldingen erreichen will.

Ich versuch mich kurz zu fassen, da ich gerade wenig Zeit habe:
( und ich versuche es einfach zu erklären, genauer gerne auf Wunsch später )

Schallwellen verbreiten sich prinzipiell kugelförmig
Aber: Wenn man jetzt Hörner baut, kann man eine sogenannte "Richtwirkung" festlegen

Hier sind die sogenannten Horn oder Mundöffnungen entscheidend für die Richtwirkung der Schallwellen.
Sie muß mindesten 1/4 Lambda( Länge der Schallwelle bzw Frequenz ) aufweisen.
Und weil dies für Tieffrequente Töne schon recht aufwendig ist, weil man ja große Mundöffnungen braucht, setzen sich tiefe Töne meist Kugelförmig fort ( kennt vermutlich jeder, weil man auf Festen meist gern den Bass am Besten hört )
Nun ist es auch so, das ich an diesem Parabolspiegel nichts entdecken kann, was es im Lautsprecherbau einigermaßen annähernd gibt ( und das hat Gründe )
Jeder kennt die Hörner von HiFi Anlagen !!
( Mitteltöner bei Hifi sind meist Direktabstrahler, im professionellen Lautsprecherbau meist auch Hornsysteme )

dazu kommt, das diese Dinge, auf denen die heutige Technik im Bereich der Schallwandler beruht, Großteils Technik aus den 20er Jahren ist.
Damals gab es Genies, vor allem auch in Deutschland, die genau wußten, wie das ist. ( kann man heute noch in Büchern nachlesen, ein Hr. Klein ist da gern genommen )
Von daher gehe ich mal davon aus, das ab dem Moment, wo ein Akustiker im Spiel gewesen wäre, man keinen Parabolspiegel zum ÜBERTRAGEN von Schallwellen gebaut hätte.
Das wäre sinnlose vergeudete Richtwirkung und damit sinnlos vergeudete Energie

Jetzt kommt noch ein weiterer Punkt ins Spiel:
Hohe Töne benötigen auf Grund ihrer Frequenz ( Wellenlänge von wenigen cm, bis unter 1 cm ) weniger Energie als Tieffrequente Töne.

Um aber Schallwellen auf Distanz zu schicken, die etwas ( was auch immer jetzt ) bewegen oder zerstören sollten, dann wäre da einer Energie hineingelaufen, die heute vermutlich noch nicht einfach herstellbar ist.

Ähnlich verhält es sich auch mit Detonationswellen.
ist ja auch nicht viel Anderes als Schallwellen, nur andere ( meist tiefere ) Frequenz.
Das heißt, noch viel mehr Energie, Mund/Hornöffnungen von viel Größerem Ausmaß!!!

Also, ev. hab ich was übersehen, aber da erklärt sich mir einiges nicht schlüßig.

Ich hoffe, man hat meinen versuchen, das laienhaft zu erklären mal folgen können.

Ganz anders sieht das aber aus, wenn man den Spieß umdreht!!
Wenn man daraus eine Empfangsanlage machen würde, dann hätte der Parabolspiegel wieder Sinn.
Dann würde auch die Erklärung eines "Kanonenrohres" passen
Weil dies dann nämlich eine Art Mikrofon sein hätte können!!!!


OK, das ganze von mir erklärte gilt jetzt mal nur, solange wir über Schall oder Druckwellen reden!!

Wenn es aber einen anderen Sinn hatte?
Als Empfänger?
OK, das ist ein Versuchsaufbau, der Fix betoniert wurde.
Wäre das alles mal fertig gewesen, dann wäre auch vermutlich was mobiles gebaut worden, denn welchen Sinn hätte es, jetzt dort sowas hinzubauen???

Aber als Empfangseinheit wäre das mit dem parabolspiegel und dem "Kanonenrohr/Mikrofon/Strahlungsmesser was auch immer " für so ziemlich alles nutzbar, was so an verschiedenen Wellenlängen aufgefangen werden soll.
Schall, Infraschall, Funk, Radar, , eventuell auch über große Distanzen .

Moderne Richtmicros werden teilweise so gebaut!!
 

Edgar

CN 5. Kolonne
#76
@pultquäler


Irgendwie hast Du jetzt die Quellen von @hebbel übersehen/überlesen. Die Akustikgeschichte war nur so ne Idee am Rande.:D Also keine Vorlesung in Lausprechersystemtechnik nötig. :D

Konzentrier Dich mal auf die Sprengversuche, nicht auf die Akustikspäßchen.

Ach ja, wie ich schrieb: Mit den 2 Parabolics hat die flüsternde Unterhaltung auf fast 2 km funktioniert.

@pultquäler....das ist wie mit der Hummel, die garnicht fliegt


Gruß Edgar
 
#77
Nun kommen ja immer mehr Informationen zusammen, tolle Beiträge und sehr gute Vorgaben zum weiter grübeln :bravo:

Was man bei den Versuchen gemacht hat geht weitestgehend aus hebbels Erkärungen hervor nur wozu bleibt weiter offen. Da der Betonklotz sehr massiv ist und nicht transportiert werden kann kommt für mich eigentlich nur Grundlagenforschung in Frage, als Waffe scheidet der Meßklotz sicher aus.

Da die Forschungen bzw. der Aufbau des Meßklotzes in einer späten Phase des Krieges stattfand und das alles dominierende Problem der Deutschen die Lufthoheit der Alliierten war, könnte man auch vermuten, dass es der Luftabwehr in irgendeiner Weise dienen sollte. Eventuell als eine Art aktives Luft-Sonar wo durch die Explosion einer berechneten Menge Sprengstoffes oder Knallgases im Brennpunkt des Parabolspiegels wenigstens schwach fokusierte Schallwellen im 180° Winkel horizontal abgestrahlt werden, in der Hoffnung, dass sie von feindlichen Bomberverbänden reflektiert werden und über Dopplereffekte Entfernung und Anfluggeschwindigkeit berechnet werden könnten. Ist natürlich ein irrer Aufwand und eine irre Vorstellung, da aber die Briten ein relativ billiges Verfahren entwickelt hatten das deutsche Radar auszutricksen (ich glaube durch Abwurf von Aluminiumstreifen oder so ähnlich) wäre das vielleicht das letzte verzweifelte Mittel gewesen - aber das ist rein hypothetisches Denken von mir und keineswegs total ernst zu nehmen!

Interessant ist natürlich wieder die Mitwirkung der SS. Überhaupt aufmerksam geworden auf das Thema bin ich durch einen Abschnitt des Buches von Hermann Kaienburg "Die Wirtschaft der SS". Das Thema beginnt auf Seite 464 unter B. "Die Expansion der SS-Wirtschaft ab 1939. Auf Seite 486 schreibt Kaienburg dann unter 8. Hochfrequenztechnik:
Selbstverständlich musste die SS auch im Funk- und Fernmeldewesen Anschluss halten; dies war für ihre bewaffneten Verbände ein elementares technisches Gebiet. (......) Mitte 1940 stellte die IKL (Inspektion der Konzentrationslager) KZ-Gefangene aus Dachau zum Bau einer Forschungsanlage für Hochfrequenzforschung (offenbar im Auftrag der Luftwaffe) bei Sudelfeld in den bayrischen Alpen zur Verfügung (...) Im August 1943 richtete die SS-Führung in Dachau ein eigenes Institut für Hochfrequenzforschung ein, in dem KZ-Gefangene mit Fachkenntnissen der Elektro- und Funktechnik fest umrissene Aufträge ausführten, unter anderem die Untersuchung erbeuteter Funkanlagen feindlicher Flugzeuge. Führend daran beteiligt war der im Juni 1943 verhaftete Direktor des Zentrallabors von Siemens & Halske, Johann Ferdinand Mayer...
Da paßt aus meiner Sicht garnichts mehr zusammen. Die SS hat eventuell ein Arbeitskommando zum Bau des Meßklotzes zur Verfügung gestellt, zumal zu Fuße des SS-Berghauses, welches sich Luftlinie ca. 1000m entfernt befindet, ein Außenlager von Dachau gewesen sein soll, aber dass die dort bei der Forschung mitgemischt haben glaube ich nicht so recht. Dieses K.L.-Außenlager von Dachau stellte aber Personal (laut Wikipedia) für die Bewirtschaftung und den Ausbau des SS-Erholungsheimes Berghaus Sudelfeld und für landwirtschaftliche Arbeiten auf der benachbarten Larcher Alm. Das nur als Info, weiterhelfen tut das im Zusammenhang mit dem Zweck des Meßklotzes und den Forschungen nicht.

Im Anhang mal die GE-Bilder mit den Gegenüberliegenden Punkten für die vermutete Gegenstelle (die sich mit hebbels Erläuterungen wahrscheinlich erledigt hat - aber ich schaue trotzdem mal nach). Die Auflösung bei Google Earth reicht nicht aus um die südliche Kante des Parabols genau parallel zum Bildrand auszurichten, wodurch sich Winkelabweichungen nach Ost oder West ergeben. Auf dem rechten Bild sieht es so aus, als ob die Spiegelachse doch etwas nach oben gerichtet ist (da Gebäudekante und Kamin parallel zum linken Bildrand erscheinen). Bei Bild 1 bis 4 besteht die Annahme, dass der Parabolspiegel exakt horizontal ausgerichtet ist, Bild 5 geht von einer Neigung nach oben aus und zielt dann über den vorgelagerten Höhenrücken ins obere Sudelfeld oder auf eine Bergkette in Österreich.
 

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#78
Und zur weiteren Analyse noch einige Bilder aus der Umgebung der Anlage. Nach meinem Ansicht handelt es sich um Reste eines Materialliftes, nach hebbels Ausführungen kämen aber auch die Befestigungen für die erwähnten Drucksensoren auf den Holzstangen in Frage. Die Vorversuche in Rott fanden ja vermutlich mit kleineren Spiegeln statt und so könnte sich die Enfernung der Drucksensoren entsprechend dem Spiegeldurchmesser vergrößert haben.

Bild 1 bis 3 zeigt die Fundamente südlich des Meßklotzes hangabwärts, zu erkennen die Deutsche Alpenstraße und der Abzweig zum großen Parkpklatz. Bild 4 und 5 zeigt die Fundamente auf Höhe Anlage/ Munitionsbunker und Bild 6 ist wieder in südliche Richtung hangabwärts fotografiert mit dem großen Parkplatz (Nachtparkverbot) im Hintergrund. Bild 5 im Hintergrund müsste die Schweinsteiger Alm sein.
 

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#80
Sudelfeld - Nachforschungen

Warum hat der Fotograf die örtlichen Fundstellen nicht mit GPS vermessen - diese in eine 1:25.000 Karte übertragen und so weitere Schlüsse gezogen ?
Auch wäre intressant altes Kartenmaterial ab 1945 von diesem gebiet durchzusehen - oft sind auch Ruinen-Reste darin vermekrt worden!
Alliiierte Luftbilder aus diesem Gebiet könnten ev. auch weitere Rückschlüsse geben!
Ich werde mal versuchen - nach Einblick in die amtliche Luftbilddatenbank vor 1945 das Sudelfeld nach alliierten Luftbildern durchstöbern!


mfg Fred
 
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