Rätsel um riesiges "Scharrbild" in Südengland soll nun gelöst werden

josef

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NACKTER MANN
Rätsel um Riesen von Cerne Abbas soll endgültig gelöst werden
Ursprung und Alter des riesigen Scharrbilds in Südengland war bisher unbekannt. Nun sollen Analysen Licht ins Dunkel bringen.

Der Riese von Cerne Abbas aus der Luft.
Foto: Pete Harlow

Im Süden Englands in der Nähe des Dorfes Cerne Abbas in Dorset hat einst ein Riese einen ganzen Hügel in Beschlag genommen. Das riesige Scharrbild ist nur eines von mehreren bekannten in den Boden gegrabenen Geoglyphen in der Region. Von den Ausmaßen her ist es vergleichbar mit dem berühmten Weißen Pferd von Uffington – im Unterschied zu diesem stellt der Riese von Cerne Abbas insbesondere hinsichtlich seines Alters und Ursprungs jedoch nach wie vor ein großes Rätsel dar. Nun wollen Archäologen erstmals genauer bestimmen, wann der Gigant geschaffen wurde.

Auffälliger Phallus
Insgesamt erstreckt sich das Scharrbild über eine Länge von 66 Metern. Die Figur selbst ist 55 Meter lang und besteht aus 60 Zentimeter breiten Gräben, die in die grasbewachsene Hügelflanke gegraben und mit weißem Kalkschotter aufgefüllt worden waren. Der Mann trägt in seiner rechten Hand eine große Keule, die er über seinem verhältnismäßig kleinen Kopf hält. Der rechte Arm ist angewinkelt, darunter befand sich zwischen dem Ellbogen und dem Handgelenk eine weitere nach unten gebogene Linie, die aber inzwischen verschwunden ist. Auffällig ist der sieben Meter große Phallus, von dem man annimmt, dass er im Laufe der Zeit vergrößert worden war.


Ursprünglich besaß der Riese von Cerne Abbas eine weitere Linie unter seinem linken Arm.
Grafik: Angelus

Zahlreiche Theorien
Die Ursprünge und vor allem der Zweck von Großbritanniens größter und bekanntester menschlicher Geoglyphe sind bis heute rätselhaft. Die Theorien reichen von einem alten keltischen Fruchtbarkeitssymbol, worauf der Phallus hindeutet, über eine Darstellung des Herkules aus der Römerzeit bis hin zu einer Karikatur von Oliver Cromwell aus dem 17. Jahrhundert, wobei die Keule als Hinweis auf die repressive Herrschaft des Lordprotektors und der Phallus als Spott über seinen Puritanismus gedeutet werden.

Letzteres wird von der Tatsache untermauert, dass der Riese von Cerne Abbas erstmals im Jahr 1694 in schriftlichen Aufzeichnungen aufgetaucht ist – ganz im Unterschied zum Weißen Pferd von Uffington in Oxfordshire. Dieses riesige Scharrbild wurde bereits in Dokumenten aus dem 12. Jahrhundert erwähnt. Der Cerne Abbas Gigant wurde 1920 von der Familie Pitt-Rivers, den damaligen Besitzern des Grundstücks, auf dem sich das Bildnis befindet, dem National Trust for Places of Historic Interest or Natural Beauty überlassen.


Freiwillige bei der Renovierung des Giganten.
Foto: National Trust

Bodenproben
Die Organisation kümmert sich nicht nur um die regelmäßigen Renovierungen, die alle zehn Jahre stattfinden, sondern widmet sich auch der genaueren Erforschung der mysteriösen Darstellung: Ein Team aus Wissenschaftern um Phillip Toms von der University of Gloucestershire will nun erstmals herausfinden, aus welcher Zeit der Riese tatsächlich stammt. Dafür haben Archäologen an mehreren Punkten an den Ellbögen und an den Füßen kleine Gräben ausgehoben und Proben genommen.

In den kommenden Wochen wollen die Forscher mithilfe der sogenannten Optisch Stimulierten Lumineszenz (OSL) das Alter des Scharrbildes so exakt wie möglich bestimmen. Die OSL-Methode weist nach, wann Gesteinspartikel im Boden zum letzten Mal dem Sonnenlicht ausgesetzt waren, wie der leitende Archäologe des National Trust Martin Papworth erklärt.


Das Weiße Pferd von Uffington, aus der Luft betrachtet.
Foto: National Trust

"Das selbe Verfahren wurde auch verwendet, um das Alter des Uffington White Horse in den 1990er Jahren zu bestimmen. Es stellte sich als fast 3.000 Jahre alt heraus. Es ist damit weit älter als angenommen", sagte Toms. "Wir erwarten die ersten Ergebnisse im Juli. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Tests uns eher einen groben Zeitraum als ein genaues Alter verraten. Wir hoffen jedoch, dass die Analysen uns helfen, dieses berühmte Wahrzeichen besser zu verstehen."

Video: Wie der Riese von Cerne Abbas instand gehalten wird.National Trust

Schnecken geben Auskunft über Umweltveränderungen
In einer weiteren Untersuchung wird der Umweltarchäologe Mike Allen Bodenproben aus der Umgebung des Scharrbildes analysieren und dabei nach mikroskopisch kleinen Schalen von Landschnecken Ausschau halten. Die Fragmente sollen weitere Aufschlüsse über die Vergangenheit des Ortes geben. "In Großbritannien gibt es 118 bekannte Schneckenarten, von denen viele nur in bestimmten Biotopen vorkommen. Ihre Schalen können uns daher helfen festzustellen, wie eine Landschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgesehen hat und welche Veränderungen bei der Landnutzung im Laufe der Jahrhunderte stattgefunden haben", sagte Allen.
(tberg, 7.4.2020)

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Rätsel um Riesen von Cerne Abbas soll endgültig gelöst werden - derStandard.at
 
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