Ägypten: Auf Grund gelaufenes Containerschiff blockiert den Sueskanal

josef

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#1
Containerschiff blockiert Sueskanal
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Ein Frachter ist in der Nacht auf Mittwoch im Sueskanal auf Grund gelaufen und blockiert seither die wichtige Schifffahrtsstraße zwischen Asien und Europa. Mehrere Schlepperboote waren rund um den Frachter im Einsatz. Sowohl nördlich als auch südlich des Kanals bildeten sich Staus von Containerschiffen.
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Der Vorfall habe sich am Dienstag ereignet, teilte das Seefahrts- und Logistikunternehmen GAC auf seiner Website mit. An Bord des Frachters sei es zu einem Stromausfall gekommen. Nach Angaben der Schiffsradare Vesselfinder.com und Marinetraffic.com handle sich um den Frachter „Ever Given“. Laut Vesselfinder.com ist er 400 Meter lang und 59 Meter breit. Das 2018 gebaute Schiff fahre unter der Flagge Panamas, es sei aus China gekommen und auf dem Weg nach Rotterdam in den Niederlanden.

Schlepper und Baggerfahrzeuge bemühten sich, den Frachter aus seiner festgefahrenen Lage zu befreien. Acht Schlepperboote seien im Einsatz, um das festsitzende Schiff zu befreien, teilte die ägyptische Sueskanal-Behörde mit. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete von einem Stau von mehr als hundert Schiffen, die den Kanal passieren wollten.
AP/Planet Labs Inc.
Die Blockade das Sueskanals wird sich wohl auf Lieferungen auswirken

Laut BBC wurde das Schiff im Jahr 2018 gebaut und wird vom taiwanesischen Transportunternehmen Evergreen Marine betrieben. Das Schiff sei „vermutlich von einem plötzlichen starken Wind erfasst“ worden, teilte das Unternehmen mit, danach sei man auf Grund gelaufen. Die Sueskanal-Behörde sagte, dass der Vorfall auf schlechte Sicht nach einem Sandsturm zurückzuführen sei. Laut dem Seefahrts- und Logistikunternehmen GAC sei es auch zu einem Stromausfall an Bord des Frachters gekommen.
Es war unklar, wann die Schifffahrtsstraße wieder freigegeben werden könne. Eine Mitteilung der Kanalbehörden lag nicht vor. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hofft zumindest auf ein möglichst schnelles Ende der Blockade. „Je länger die Sperrung andauert und je länger die Ungewissheit andauert, desto drastischer werden die Auswirkungen dieser Sperrung sein“, sagte Verbandssprecher Christian Denso.
Laut ORF-Korrespondent Karim El-Gawhary bewegt sich das Schiff mittlerweile wieder:
Gute Nachrichten: Das Mega-Container-Schiff, das gestern Abend im #Suezkanal #Ägypten auf Grund gelaufen und sich verkelit hat, beginnt sich wieder zu bewegen, berichtet die GAC-Hafenagentur. Es wird erwartet, dass der Schiffsverkehr demnächst wieder aufgenommen werden kann.— Karim El-Gawhary (@Gawhary) 24. März 2021


Wichtige Handelsroute
Der Sueskanal ist eine Wasserstraße, die das Mittelmeer mit dem Roten Meer verbindet. Sie ist daher eine wichtige Seeverbindung und Handelsroute zwischen Asien und Europa. Das Hauptproblem sei nun, dass niemand wisse, wie lange die „Ever Given“ den Kanal blockiere, und damit auch niemand wisse, ob sich der Umweg um Kap Horn lohne, sagte Denso. Der Umweg dauere etwa neun, zehn Tage oder betrage etwa bei der Route Singapur – Rotterdam rund 6.000 Kilometer.

„Ever Given“ keine Unbekannte
Denso sagte, bei Containerschiffen komme es in der Regel nicht darauf an, dass sie schnell, sondern dass sie pünktlich ankommen. Dabei gehe es um das Versprechen der Reeder, dass beispielsweise die Autotür rechtzeitig in Bremerhaven ankomme. Von der Blockade betroffen seien auch Tanker. „Alles, was Öl dort unten lädt und Richtung Europa und Nordamerika fährt, fährt durch den Sueskanal“, der im Gegensatz zum Panama- oder zum Nord-Ostsee-Kanal keine Breiten-, Höhen- oder Längenrestriktionen habe. „Da passt alles durch.“
Die „Ever Given“ ist in Hamburg keine Unbekannte. Bekanntgeworden ist sie vor allem durch einen von ihr verursachten Unfall. Die „Ever Given“ war am 9. Februar 2019 vom Kurs abgekommen und hatte die Hafenfähre „Finkenwerder“ zusammengedrückt. Wind aus Südwest hatte den Ermittlungen zufolge die Kollision begünstigt. Zudem habe ein Sog das Heck des Frachters gen Elbufer gezogen. An Fähre und Anleger entstand Sachschaden in Höhe von rund einer Million Euro.



Ähnlicher Vorfall schon 2017
Im Jahr 2017 blockierte ein japanisches Containerschiff den Kanal, nachdem es wegen angeblicher mechanischer Probleme auf Grund gelaufen war. Die ägyptischen Behörden setzten Schlepper ein, das Schiff wurde innerhalb weniger Stunden wieder flottgemacht.
Der Sueskanal, dessen Geschichte vor mehr als 150 Jahren begann, ist eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt und ermöglicht die Durchfahrt für zehn Prozent des gesamten internationalen Seehandels. Nach Angaben der Suez Canal Authority (SCA) passierten im vergangenen Jahr fast 19.000 Schiffe mit insgesamt mehr als einer Milliarde Tonnen Fracht den Kanal.
24.03.2021, red, ORF.at/Agenturen
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#2
Blockade des Suez-Kanals könnte Wochen dauern
Das durch einen verunglückten Frachter verstopfte Nadelöhr des Welthandels bringt Europas Produktion mitten im Aufschwung durcheinander

Die Schlepperboote bekommen den Frachter nicht frei.
Foto: Suez Canal Authority via AP

Es staut an den Zufahrten des Kanals.
Grafik: Standard

Der Zeitpunkt könnte kaum schlechter sein. Während sich die Weltwirtschaft auf das Wiedererwachen nach dem Corona-Tiefschlaf vorbereitet, verstopft am Dienstag ein vom Weg abgekommener Frachter den Suezkanal – das wichtigste Nadelöhr der globalen Schifffahrt.

Nach einem Schockmoment die endgültige Hiobsbotschaft: Die Blockade könnte noch Wochen dauern, sagt Peter Berdowski, Chef der niederländischen Firma Boskalis, die mit der Aufgabe betraut wurde, den Frachter zu befreien. Selbst wenn das auf Grund gelaufene Containerschiff Ever Given bald wieder flottgemacht und die wichtige Wasserstraße wieder befahrbar wird, rechnen Logistiker mit wochenlangen Problemen an europäischen Häfen. Zuletzt hatten sich mehr als 200 Schiffe auf beiden Seiten gestaut.

Besonders das Geschäft mit China dürfte unter der Blockade leiden. Das hatte zuletzt deutlich angezogen und der exportabhängigen Branche aus der Rezession geholfen. Gleichzeitig bestellen Europas Produzenten auf Hochdruck Fertigungsteile aus China: Der aktuelle Einkaufsmanagerindex für die Industrie in der Eurozone erreichte zu Wochenbeginn den höchsten Stand seit 1997, wie das Marktforschungsinstitut IHS Markit bekannt gab. Im Vorjahr passierten fast 19.000 Schiffe mit insgesamt mehr als einer Milliarde Tonnen Fracht den Kanal. Das entspricht zwölf Prozent des globalen Frachtvolumens und etwa 30 Prozent des Containervolumens.

Öllieferungen betroffen
Der Handelsweg ist auch für Rohöllieferungen wichtig. Am Tag des Unfalls stieg der Ölpreis bis zu sechs Prozent aus Sorge vor Lieferengpässen. Insgesamt warteten 16 Öltanker in der Schlange am Kanal. Allerdings fielen die Rohölpreise am Donnerstag wieder ab. Sorgen wegen der aufflackernden Pandemie überwogen den Vorfall im Roten Meer.

Vor Ort überlegt man nun, das Gewicht des Frachters zu reduzieren, indem man Container ablädt und Öl und Wasser abpumpt. Gleichzeitig versuchen Schlepper, den Riesen zu befreien, und Bagger entfernen den Sand rund um Heck und Bug. "Es ist wie enormer gestrandeter Wal", sagt Berdowski.

Dass der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaute Suezkanal ein Nadelöhr der Weltwirtschaft ist, ließ ihn auch mehrfach ins Zentrum geopolitischer Konflikte rücken. 1956 etwa beschloss Ägypten die Verstaatlichung der Suezkanal-Gesellschaft, die sich davor mehrheitlich in britisch-französischem Besitz befunden hatte. Hintergrund war zum einen der Finanzbedarf für die Errichtung des Assuan-Staudamms, zum anderen der Versuch, sich konsequenter als bisher aus der Einflusssphäre Großbritanniens zu befreien. Die britische Vorherrschaft über Ägypten hatte formal 1922 geendet, nach wie vor aber gab London in vielen Bereichen den Ton an.

Globale Krise
Als Reaktion auf die Verstaatlichung verbündete sich Großbritannien mit Frankreich und Israel gegen Ägypten. Israelische Truppen rückten Ende Oktober 1956 über die Halbinsel Sinai Richtung Kanal vor, Briten und Franzosen unterstützten die Operation unter anderem durch die Bombardierung ägyptischer Flughäfen. Die USA und die Sowjetunion aber zogen diesmal – mitten im Kalten Krieg – an einem Strang und erzwangen den Rückzug der drei Verbündeten aus Ägypten.

Die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wurde wegen der Suezkrise von der Niederschlagung des Ungarn-Aufstands durch die Sowjetarmee abgelenkt. Für London und Paris war der Imageschaden umso beträchtlicher, war es doch nicht nur Moskau, dem nun Interventionismus vorgeworfen wurde.

Ein neues Kapitel des Konflikts begann im Sechstagekrieg 1967, als Israel bis zum Ostufer des Suezkanals vorrückte. Der Kanal wurde geschlossen, blieb auch in den folgenden Jahren umkämpft und konnte erst 1975 wiedereröffnet werden.
(Leopold Stefan, Gerald Schubert, 25.3.2021)
Blockade des Suez-Kanals könnte Wochen dauern
 

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#3
„Ever Given“ freigelegt
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Das im Sueskanal havarierte Containerschiff ist offenbar freigelegt. Die gestrandete „Ever Given“ der Reederei Evergreen sei wieder flott und werde derzeit gesichert, teilte das Schifffahrtsunternehmen Inch Cape Shipping Services am Montag auf Twitter mit. Auch die Suezkanalbehörde bestätigte mittlerweile die erfolgreiche Operation.
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Die Sueskanal-Behörde (SCA) hatte zuvor erklärt, dass die Schlepparbeiten zur Befreiung des Schiffes wieder aufgenommen worden seien. Dazu waren zusätzliche Schleppschiffe in Stellung gebracht worden. Die Hilfs- und Bergungsteams am Sueskanal hatten mit Schleppern und Baggern über Tage versucht, das Schiff des japanischen Eigentümers zu befreien, das am Dienstag auf Grund gelaufen war.

Von Vorteil war dabei die hohe Flut bei Vollmond in der Nacht auf Montag. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte bereits angeordnet, die Teilentladung von Containern vorzubereiten, falls die Versuche, das Schiff flottzumachen, weiterhin erfolglos bleiben sollten.

Abschleppen zum Bittersee
Laut Behörde steht das riesige Containerschiff mittlerweile gerade im Kanal. Sobald die Flut beginnt, soll das Schiff weiter abgeschleppt werden. Der Verkehr durch den Kanal soll wieder aufgenommen werden, sobald sich die „Ever Given“ im Abschnitt des Großen Bittersees befindet. Das ist ein breiterer Teil des Kanals.

Wann die „Ever Given“ selbst, die in nördlicher Richtung auf dem Weg nach Rotterdam im Kanal unterwegs war, ihre Fahrt fortsetzen kann, war nach der Erfolgsmeldung noch unklar. Laut Kanalbehörde warteten zuletzt rund 370 Schiffe auf beiden Seiten des Kanals auf Durchfahrt, darunter 25 Öltanker. Der Finanznachrichtendienst Bloomberg berichtete von 450 wartenden Schiffen.

Erleichterung an Bord der wartenden Schiffe
Nach der Erfolgsmeldung kursierten im Internet Videos von erleichterten Crewmitgliedern der anderen Schiffe im Kanal. „Das Boot schwimmt“, sagt ein Mann an Bord eines Schiffs und streckt seinen Daumen nach oben. Auf einem der Videos ist immer wieder der Ausspruch „Al-hamdu li-llah“ (Gott sei Dank) zu hören.

Zuvor hatte der ägyptische Präsident Sisi bereits Anweisung gegeben, Container von dem Schiff abzuladen. Das Entladen gilt aber ebenfalls als gefährlich, da das die Stabilität des Schiffs in Gefahr bringen kann. Der Druck auf die Verantwortlichen war am Wochenende enorm gewachsen, weil bereits rund 370 Schiffe auf Durchfahrt warten, darunter 25 Öltanker, und der wirtschaftliche Schaden weiter wächst. Bis Sonntagnachmittag konnte das 400 Meter lange Schiff nur wenige Meter bewegt werden.

APA/AFP/Mahmoud Khaled
Hunderte Schiffe stauen sich bereits an beiden Enden des Kanals

Frachter mit 130.000 Schafen an Bord
Wegen der Blockade stecken derzeit auch noch elf rumänische Frachter mit lebenden Tieren an Bord fest – nach Angaben von Tierschützern handelt es sich um 130.000 Schafe. Es sei bereits Kontakt mit den Transportfirmen der Tiere aufgenommen worden, teilten die Veterinärbehörden in Bukarest mit. Diese hätten versichert, „dass es ausreichend Nahrung und Wasser an Bord für die kommenden Tage gibt“.
Am Dienstag war der 400 Meter lange Frachter der taiwanesischen Reederei Evergreen, der unter der Flagge Panamas fährt, auf Grund gelaufen. Das Schiff hatte sich inzwischen an beiden Seiten des Kanals fest im Ufer verkeilt. Usama Rabie, der Vorsitzende der Kanalbehörde, sagte am Wochenende, als Ursache könne man sowohl ein technisches Problem als auch menschliches Versagen nicht ausschließen.

Wichtige Schiffsroute
Der Sueskanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet dadurch den kürzesten Schifffahrtsweg zwischen Asien und Europa. 2020 durchfuhren fast 19.000 Schiffe den Kanal, im Schnitt gut 50 pro Tag. Der Allianz Versicherung zufolge wurden im Jahr 2019 etwa 13 Prozent des gesamten Welthandelsvolumens durch den Kanal befördert.

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ESA Copernicus, Sentinel Hub, ORF.at/OpenStreetMap

Vor wenigen Jahren erweitert
Mit mehreren Erweiterungen sollte der Kanal für immer größer werdende Frachter und Containerriesen attraktiv bleiben. 2015 hatte Sisi den erneut erweiterten Kanal eröffnet – in der Hoffnung auf wachsende Einnahmen und internationales Prestige.
Es ist möglich, statt der Route durch den Kanal einen Umweg um das Kap der Guten Hoffnung zu fahren. Einige Reedereien begannen auch bereits damit, Schiffe umzuleiten. Die meisten scheinen aber abwarten zu wollen. Denn der Umweg nimmt etwa eine Woche in Anspruch und verursacht erhebliche Mehrkosten. Zugleich gelten die Gewässer vor der Küste Westafrikas, insbesondere im Golf von Guinea, als besonders gefährlich wegen möglicher Überfälle von Piraten.
29.03.2021, red, ORF.at/Agenturen

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