Grenzübergang zwischen Sankt Margarethen und Sopronköhida - „Paneuropäisches Picknick“ am 19.08.1989

josef

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#1
Vor 25 Jahren - 19. August 1989: Tag mit Geschichte

Der 19. August 1989 machte Geschichte. Das Paneuropa-Picknik zwischen Sopronköhida und Sankt Margarethen nutzten damals mehr als 600 DDR-Bürger zur Flucht. Die Folge: Der Eiserne Vorhang verschwand, das kommunistische System zerfiel.

Geplant war damals ein ruhiges Picknick an der Grenze. Ein unscheinbares Holztor am ehemaligen Grenzübergang bei Sankt Margarethen (Bezirk Eisenstadt Umgebung) wurde für dieses „Paneuropäische Picknick“ aufgesperrt. Auf Initiative des Soproner Zoltan Nagy war ein friedliches unpolitisches Beisammensein mit Musik und Speckbraten geplant.

DDR-Bürger nützten Chance
Mit Flugzetteln wurde für dieses Fest in Österreich und Ungarn geworben. Hunderte DDR-Bürger erfuhren von der Veranstaltung und mischten sich unters Volk. Als das Tor nach Österreich geöffnet wurde, nutzten viele die Chance - und rannten in Richtung Sankt Margarethen.


Immer mehr Menschen strömten damals durch das Gittertor. Der österreichische Zöllner Johann Göltl und der ungarische Grenzwacheoffizier Arpard Bella machten in dieser Situation das einzig Richtige: Sie wiesen die Beamten an, die Flüchtlinge ziehen zu lassen, um eine Massenpanik zu verhindern.

Erinnerungen an 1989
Stefan Biricz war im Jahr 1989 Bezirksgendarmeriekommandant. Er erinnert sich auch nach 25 Jahren genau an diesen Tag. „Sie haben dann gejubelt. ‚Wir sind in Österreich, wir sind in Österreich.‘ Wir haben ihnen dann gesagt, dass es uns leid tut, dass sie vier Kilometer nach Sankt Margarethen gehen müssen, weil wir auf sie nicht vorbereitet waren. Wir haben nicht gewusst, dass sie kommen. Sie haben geschrieen ‚Was sind vier Kilometer nach den Strapazen, die wir hinter uns haben‘“, so der ehemalige Bezirksgendarmeriekommandant.


Flucht ins Burgenland
Etwa 640 Menschen, unter ihnen viele Familien mit Kleinkindern, gelang am 19. August 1989 die Flucht. Die Bilder gingen damals um die Welt und animierten in Folge tausende DDR-Bürger, den bereits löchrig gewordenen Eisernen Vorhang zwischen Ungarn und Österreich zu überwinden.


Versorgung im Burgenland
Die Zahl der Flüchtlinge stieg täglich. In Mörbisch, Klingenbach, Deutschkreutz und anderen Grenzgemeinden wurden Versorgungsstellen eingerichtet. Die burgenländische Bevölkerung, die Behörden und die Rettungsorganisationen zeigten sich in diesen Wochen äußerst hilfsbereit.


„Man hat wirklich den Leuten helfen können. Und ich bin stolz und dankbar, dass ich damals mitwirken durfte“, sagt der ehemalige Bezirksgendarmeriekommandant Stefan Biricz 25 Jahre danach.

Offizielle Ausreise ab September 1989
Am 11. September 1989 erlaubte Ungarn den DDR-Bürgern die offizielle Ausreise. Bis zu diesem Zeitpunkt waren allerdings bereits zehntausende Menschen über das Burgenland in die Freiheit geflüchtet.
Text- u. Bilder: 19. August 1989: Tag mit Geschichte
 

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#3
Auch in Deutschkreuz wurde gefeiert...

Deutschkreutz: Feier mit DDR-Flüchtlingen

Der Fall des Eisernen Vorhanges im Sommer vor 25 Jahren bleibt weiter Thema im Burgenland. Am Wochenende fand ein großes Treffen der ehemaligen DDR-Flüchtlinge mit ihren damaligen Helfern in Deutschkreutz statt.

Rund 120 ehemalige Flüchtlinge sina am Wochenende in Deutschkreutz zu Gast. Am Samstag gab es einen Festakt. Hunderte DDR-Flüchtlinge haben von Ende Juni bis Ende August 1989 im Raum Deutschkreutz die Grenze überschritten, um in den Westen zu fliehen. Viele von ihnen haben bis heute engen Kontakt zu ihren damaligen Helfern. Einer von ihnen war Stefan Groß, der beim Aufbau des Flüchtlingslagers mitgeholfen hat.

„Es war eine sehr spontane Aktion, weil alles sehr schnell gehen musste. Wir haben in der Nacht mitbekommen, dass in der Nacht eine Bewegung ist und wir mussten innerhalb von wenigen Tagen ein Auffanglager mit Infrastruktur entwickeln“, schilderte Groß.

Im Rahmen des Festaktes am Samstagabend wurde auch Filmmaterial von damals gezeigt, eine Wanderung zur Grenze war ebenfalls Teil des dreitägigen Programms in Deutschkreutz. Die Initiative zu dem Treffen ist von den Flüchtlingen selbst ausgegangen, in Deutschkreutz nahm man die Anregung gerne auf.

„Es haben viele noch den Kontakt nach Deutschkreutz zu den Privatfamilien, von denen sie betreut worden sind. Die finden sich an diesem Wochenende und es werden sicher auch neue Freundschaften aufgebaut“, so Groß. In Deutschkreutz füllte man sogar einen eigenen Jubiläumswein ab. Jeder angereiste Flüchtling erhielt eine Flasche als Gastgeschenk.
http://burgenland.orf.at/news/stories/2663478/
 

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#4
Auch heuer wurde den schicksalhaften Geschehnissen gedacht

Jubiläum des Paneuropäischen Picknicks

Im Zuge des Paneuropäischen Picknicks am 19.August 1989 konnten mehr als 600 DDR-Bürger ungehindert die Grenze zu Österreich passieren. Auch heuer wieder wurde den schicksalhaften Geschehnissen gedacht.

Diese Ereignisse dieses denkwürdigen Tages jähren sich heuer zum 27. Mal. Geplant war an jenem 19. August eigentlich ein Picknick der Paneuropa-Bewegung in unmittelbarer Nähe zu Eisernen Vorhang. Eine Delegation sollte an diesem Tag die österreichisch-ungarische Grenze bei St. Margarethen überschreiten. Die Situation gestaltete sich für die Grenzpolizisten beider Seiten jedoch anders.

600 DDR-Bürger als Picknick-Gäste
„Ich musste für die ungarischen und österreichischen Delegationen einen vorläufigen Grenzübergang öffnen“, erinnerte der ehemalige ungarische Grenzpolizist Arpad Bella. „Das war ja eigentlich kein Problem. Aber als dann die 600 illegalen Grenzgänger kamen, hat sich das dann doch als Problem für mich herausgestellt“, schilderte Arpad Bella die damaligen Ereignisse.

Denn unter den Picknickgästen waren auch mehr als 600 DDR-Bürger. Sie wollten nach Österreich und damit in die Freiheit fliehen. Laut Befehl mussten die ungarischen Grenzer einen illegalen Übertritt der DDR-Bürger verhindern. Zur Not auch mit Waffengewalt.

„Lieber Mensch bleiben, als ein braver Soldat“
„Ich wollte die Verantwortung dafür nicht übernehmen. Deswegen habe ich entschieden, dass ich sie friedlich herauslassen werde. Damit habe ich zwar alle vorgeschriebenen Gesetze und Regeln verletzt.
Aber ich wollte lieber ein Mensch bleiben, als ein braver Soldat“, so Arpad Bella.

Jedes Jahr versammeln sich hier zahlreiche Menschen, um den Geschehnissen im August 1989 zu gedenken. Den Anfang machten Freitag die „Paneuropabewegung Österreich“ sowie das „Europaforum Burgenland“. Vom Eisernen Vorhang sind nur noch wenige Relikte übriggeblieben. Ein großzügig angelegter Park dient als Mahnmal - an einer Grenze, an der 27 Jahre später wieder kontrolliert wird.
Text u. Bilder: http://burgenland.orf.at/news/stories/2792018/

1. Arpad Bella war beim Paneuropäischen Picknick als Grenzbeamter im Einsatz
2. Ein Park dient als Mahnmal für die Ereignisse von 1989
 

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#5
„Picknick-Platz“ wird zum Museum
Der Schauplatz des Paneuropäischen Picknicks an der Grenze bei St. Margarethen wird zu einem Museum. An der Stelle, wo 1989 der Eiserne Vorhang fiel, entsteht auf der ungarischen Seite ein modernes Besucherzentrum.
Am 19. August 1989 wurde aus einer harmlosen Veranstaltung mit dem Namen „Paneuropäisches Picknick“ eine Massenflucht von rund 700 DDR-Bürgern. Die Öffnung der Grenze wurde zu einem der wichtigsten Ereignisse im Vorfeld des Zusammenbruchs der DDR und der deutschen Wiedervereinigung. Heute erinnert ein Gedenkpark auf der ungarischen Seite an die Ereignisse von damals. Der Ort wurde bereits mit dem „Europäischen Kulturerbe Siegel“ ausgezeichnet.


ORF
Gedenkpark

Neues Besucherzentrum als Tourismusmagnet
Der Gedenkpark wird nun um ein neues Besucherzentrum erweitert. Auf einer Fläche von 340 Quadratmetern soll eine interaktive Ausstellung die Ereignisse vom August 1989 erlebbar machen. Die Kosten betragen rund 1,3 Millionen Euro (400 Millionen Forint) und werden von der ungarischen Regierung und der Stadt Sopron getragen.


Stadt Sopron
Computermodell des künftigen Museums

Geplant ist auch eine Art Zeitkapsel mit einem Nachbau des Tores, das 1989 von den DDR-Bürgern aufgedrückt wurde. Außerdem wird der ehemalige Wachturm der Grenzsoldaten umgebaut und für Touristen als Aussichtsturm geöffnet.

Fertigstellung bis August
Mit dem Paneuropäischen Picknick habe man 1989 der Welt zeigen wollen, dass Ungarn und Österreicher gemeinsam an der Grenze ein Fest feiern könnten, sagte Laszlo Nagy, einer der Initiatoren des Picknicks. Die Lehre von damals ist für ihn, dass Zivilinitiativen wichtig sind, weil sie Geschichte schreiben können.


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Laszlo Nagy initiierte das Paneuropäischen Picknick 1989 mit

Osteuropa sei damals wie ein Luftballon unter Überdruck gewesen, das Picknick habe diesen Ballon zum Platzen gebracht, sagte Nagy. Das Museum soll für das 30-Jahr-Jubiläum des Paneuropäischen Picknicks am 19. August fertig sein.

Links:
Publiziert am 21.03.2019
„Picknick-Platz“ wird zum Museum
 

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#6
1989: Flucht nach Neckenmarkt
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Im Sommer 1989 flüchteten immer wieder DDR-Bürgerinnen und Bürger nach Österreich. Als Fluchthelfer dienten oft Burgenländerinnen und Burgenländer. Auch in Neckenmarkt (Bezirk Oberpullendorf), wo der erste Flüchtling ausgerechnet am ersten Tag der „Weintage“ buchstäblich in das Gemeindefest stolperte.
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Das Originalplakat der Neckenmarkter Weintage von 1989 ist nur einer der Schätze des ehemaligen Neckenmarkter Bürgermeisters Hans Iby. Gemeinsam mit den damaligen Mitstreitern lässt er den Sommer vor 30 Jahren aufleben. Begonnen hat alles vor der Weinhalle am 12. August 1989. Nach der feuchtfröhlichen Eröffnung der Weintage geht Hans Iby als Letzter um fünf Uhr in der Früh aus dem Gebäude.

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Hans Iby, Anton Karall und Ewald Handler vor der Weinhalle in Neckenmarkt

„Wo bin ich?“
„Plötzlich kommt ein junger Bursche in einem Jogginganzug, wirft sich vor uns nieder und fragt: Wo bin ich?“, erzählt Iby. Im ersten Moment glaubt Iby einen Angeheiterten vor sich zu haben, der vom Fest übrig geblieben ist, aber dann stellt sich im Gespräch heraus, dass es sich um Uwe aus der DDR handelt, der über die Grenze nach Neckenmarkt geflüchtet ist.

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Hier kamen die DDR-Flüchtlinge bei Neckenmarkt über die Grenze

Landkarten für die Flüchtlinge
Mit Uwe beginnt der Strom der DDR-Flüchtlinge in Neckenmarkt. Fast täglich kommen sie – einzeln oder in Gruppen. Eilig kopierte Landkarten werden auf dem Campingplatz in Sopron (Ödenburg) verteilt, um ihnen die Orientierung zu erleichtern. Allein Hans Iby fährt in diesen Tagen an die 50 Mal nach Sopron, um den Fluchtwilligen zu helfen.
Nachdem Ungarn im Frühjahr mit dem Abbau des Stacheldrahts begonnen hat, fliehen immer wieder DDR Bürgerinnen und Bürger über die Grenze. Den Höhepunkt findet die Fluchtbewegung beim sogenannten Paneuropäischen Picknick bei St. Margarethen am 19. August 1989.

Weiterfahrt nach Wien
Im Ort werden die Flüchtlinge betreut und mit Lebensmitteln und Kleidung versorgt. Danach werden sie in Bussen nach Wien in die BRD-Botschaft und danach in die Bundesrepublik Deutschland gebracht.
"Es kam so überraschend, es gab oft einen großen Andrang, 30 bis 50 Leute, manchmal 50 in der Früh. Und alle mussten natürlich registriert werden, erzählt Anton Karall, der damals in Neckenmarkt Gendarmeriebeamter war.

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DDR-Flüchtlinge in Neckenmarkt warten auf den Bus nach Wien

Hochzeit für Flüchtlingspaar
Ein Eisernes Kreuz und mehrere Gedenktafeln erinnern an die kleinen und großen Dramen, die sich an der Grenze abgespielt haben. Aber es gibt auch immer wieder Grund zur Freude, zum Beispiel bei einer spontanen Hochzeit im Gemeindeamt. Der Bräutigam kam zuerst alleine über die Grenze, erzählt der ehemalige Standesbeamte und Fluchthelfer Ewald Handler. „Er ist dann ein zweites Mal mit seiner Freundin auch geflüchtet. Es war ein Samstag und es war zufällig Hochzeit in Neckenmarkt. Die Burschen waren noch in Uniform und da haben wir gemeinsam beschlossen, wir werden das Flüchtlingspaar auch gleich trauen – und das haben wir auch gemacht“, so Handler.

ORF B
Die Flüchtlinge Uwe und Elke haben in Neckenmarkt geheiratet

Dokumente Teil einer Ausstellung
Das Hochzeitspaar von Neckenmarkt hält nach wie vor Kontakt mit seinen Helfern. So wie viele andere DDR Flüchtlinge auch. Hans Iby bewahrt die Postkarten alle auf, gemeinsam mit Dokumenten und Photos: Erinnerungen, die im Herbst bei einer Ausstellung im Haus der Geschichte in Wien zu sehen sein werden.
Dorottya Kelemen, burgenland.ORF.at
Chronik: 1989: Flucht nach Neckenmarkt
 

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#7
1989: Der letzte Tote am Eisernen Vorhang im Burgenland

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Am 21. August 1989 starb der junge DDR Flüchtling Kurt-Werner Schulz in den Weinbergen bei Lutzmannsburg. Er war das letzte Todesopfer am Eisernen Vorhang. In Lutzmannsburg wurde nun eine neue Gedenktafel für ihn errichtet.
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Bei einer Feier im „Lutschburger Weingebirge“ wird die neue Gedenktafel feierlich enthüllt und gesegnet. Kurt-Werner Schulz ist der einzige Tote der DDR Flüchtlingswelle im Sommer 1989.

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Gedenktafel für Kurt-Werner Schulz

Fluchtversuch in der Nacht
Der junge Architekt aus Weimar versucht am 21. August 1989 von Répcevis(H) über die Grenze nach Lutzmannsburg zu gelangen. Er ist gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und dem sechsjährigen Sohn unterwegs. In der Dunkelheit erreichen sie auf Trampelpfaden das Grenzgebiet und können schon die Lichter von Lutzmannsburg sehen.

Tödlicher Schuss
Nur wenige Meter vor der Grenzlinie werden sie von einem ungarischen Grenzsoldaten gestoppt. Dieser feuert eine Leuchtrakete und Warnschüsse ab. Während die Frau mit dem Kind über die Grenze laufen kann, wird ihr Lebensgefährte in ein Handgemenge mit dem Soldaten verwickelt. Die beiden geraten dabei auf österreichisches Gebiet, bei der Rangelei löst sich ein Schuss und trifft Kurt-Werner Schulz tödlich.

LPD Burgenland
Österreichische Beamte untersuchen den Tatort in den Weinbergen von Lutzmannsburg

„Es war ein Unfall“
Eine Untersuchung des Falls durch das ungarische Militärgericht ergibt, dass die Waffe durch die vorher abgegebenen Warnschüssen entsichert war. Der Vorfall wird als Unfall eingestuft. Da sich der tödliche Schuss auf österreichischem Gebiet ereignet hat, wird der Fall auch von einer österreichisch-ungarischen Kommission untersucht und kommt zu dem selben Ergebnis.
red, burgenland.ORF.at
Zeitgeschichte: 1989: Der letzte Tote am Eisernen Vorhang
 

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#8
Ein grenzüberschreitender Feldweg mit historischer Bedeutung:

30 Jahre Paneuropäisches Picknick: Ein schmaler Feldweg wird wieder zur Verkehrsader
Der alte Weg in die neue Freiheit: 1989 strömten DDR-Bürger zum weltbewegenden Picknick


Am 19. August gedenkt das neue Europa seines dramatischen Beginns. Es ist genau 30 Jahre her, dass beim Paneuropäischen Picknick 600 DDR-Bürger über einen Feldweg nach Österreich flohen.
Foto: Votava / Imagno
Am Montag vor 30 Jahren, am 19. August 1989 also, wurde endgültig die alte europäische Welt ausgehebelt. Der Hebelpunkt war ein schmaler, unscheinbarer, teils beinahe verwachsener Weg. Der führte von Ungarns härtester Strafanstalt, der von Sopronkőhida/Steinambrückl, leicht bergan zur Sopron Puszta und weiter zur Grenze.

Es war zu einem Paneuropäischen Picknick gerufen worden. Mehr als 600 DDR-Bürger nutzten das zur Flucht nach Österreich. Dort führte ein nicht minder vernachlässigter Feldweg, vorbei an der Siegendorfer Puszta, ins burgenländische St. Margarethen hinunter.

Dieses Picknick und seine Initiatoren – Otto Habsburg, das Ungarische Demokratische Forum und der reformkommunistische Staatsminister Imre Pozsgay – sind zu Genüge beschrieben und zu Recht gewürdigt worden. Und auf dem Platz des Picknicks wurde mit gewohnter magyarischer Grandezza eine Gedenk-, was heißt: eine Weihestätte eingerichtet.

Hauptverbindung
Wenig Beachtung fand und findet der Weg selber, die rund neun Kilometer zwischen Steinambrückl und Szentmargitbánya. Und das ist ein bisschen schade, denn gerade dieser unscheinbare Weg erzählt eine sehr anschauliche, weit ins Historische zurückreichende Geschichte.

Dieser unscheinbare Feldweg war einst die Hauptverbindung von der Komitatsstadt Sopron in die Donaumetropole und zeitweilige ungarische Hauptstadt Pozsony. Die Straße heißt auch bis heute Pozsonyi út, Pressburger Straße. Sie entspringt, sozusagen, im Soproner Poncichter-Viertel, Ödenburgs Wiener Vorstadt, führt als L210 über St. Margarethen und Oslip zum Südhang des Leithagebirges, wo sie den Verkehr am See weiterleitet über Neusiedl, Parndorf, Kittsee bis eben nach Bratislava hinüber.



Seit die Grenze dort am 19. August 1989 buchstäblich überrannt wurde – die Fotografien von diesem Ereignis waren im Wortsinn weltbewegend –, versucht dieser Weg wieder in seine angestammte Rolle zu finden, die sich aus der Geografie ergibt wie von selber, nur outrierend übertüncht werden konnte vom Irrwitz der Geschichte. Freilich tut er das gegen vielfältigen Widerstand. Denn was einst umarmend als Normalisierung des Grenzlebens gefeiert wurde, galt bald nach dem Schengenbeitritt Ungarns 2007 schon als nachbarschaftliche Belästigung. Oder gar als Transithölle.

Schleichweg
Erst wurde die Pozsonyi út, die auf österreichischer Seite Ödenburger Straße heißt, als Schleichweg bezeichnet, auf dem ungarische Pendler dem Stau in Klingenbach ausweichen. Davon war aber bald schon keine Rede mehr. Die Pressburger Straße wurde ja einst nicht aus Jux und Tollerei dort gebaut, wo sie eben gebaut worden ist.

Erste Gegenmaßnahmen wurden schon 2010 ergriffen. Da errichteten die Ungarn eine Höhenbegrenzung von zwei Metern und hinderten so Kastenwägen, Wohnmobile, radtransportierende Urlauber und Traktoren an der Benützung. Auf ungarischer Seite war der Weg so schmal, dass breitere Fahrzeuge bei Gegenverkehr brenzlige Situationen verursachten. Das wird nun gerade geändert. Die 3,5 Kilometer werden von vier auf sechs Meter verbreitert, die Straße darum gesperrt. Nur jetzt, für die 30-Jahr-Feierlichkeit, pausiert die Baustelle.

Auf burgenländischer Seite haben die Bautätigkeiten Alarm ausgelöst. Stefan Bubich, der ÖVP-Bürgermeister von Oslip, hat schon vor Monaten vor einer geplanten Umfahrung von St. Margarethen und Trausdorf gewarnt, durch welche die Pressburger Straße dann erst, durch den so hergestellten Autobahnanschluss, so richtig attraktiviert werden könnte. Im Büro des SP-Straßenbaulandesrates Heinrich Dorner sagt man, dass an Bubichs Warnschrei nichts dran sei.

Wiener Straße
Freilich wird nicht nur an der Pressburger Straße gebaut. Sondern auch an der Bécsi út, der Wiener Straße, die ebenfalls im Poncichter-Viertel ihren Ursprung nimmt und Sopron über Klingenbach mit der A 3, der Südostautobahn, verbindet. In Ungarn hält der Neubau der Schnellstraße M85 bereits bei Sopron und drängt vehement an die Grenze, jenseits derer man so tut, als wäre niemand zu Hause. Die Alternativen sind klar: Entweder führt diese M85 westlich des Bécsi domb, des Wienerberges, vorbei – und folgt damit im Wesentlichen der alten Wiener Straße; oder östlich – der Pressburger Straße entlang.

Unlängst tauchte – zugegeben, in einer Borozó – eine dritte Möglichkeit auf: ein Tunnel durch den Wienerberg. Im Burgenland wird es in jedem Fall, wenn schon nicht lustig, so doch turbulent.
(Wolfgang Weisgram, 18.8.2019)
30 Jahre Paneuropäisches Picknick: Ein schmaler Feldweg wird wieder zur Verkehrsader - derStandard.at
 

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#9
1989: Picknick schrieb Weltgeschichte

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Am 19. August 1989 wurde an der Grenze zwischen St. Margarethen und Fertörákos (Ungarn) Geschichte geschrieben. Hunderte DDR-Bürgerinnen und -Bürger flüchteten beim Paneuropäischen Picknick über die Grenze.
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Der eigentliche Schauplatz des Paneuropäischen Picknicks ist gut zwei Kilometer vom Grenzübergang entfernt. Es war eine politische Veranstaltung, bei der vor allem der Fall der Berliner Mauer gefordert wurde, erzählt László Nagy, Mitorganisator des Paneuropäischen Picknicks.

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László Nagy, Mitorganisator des Paneuropäischen Picknicks

Ursprünglich Protest gegen Berliner Mauer
Man habe über ein grenzenloses Europa gesprochen und man habe deklariert, dass sich die Veranstaltung gegen die Berliner Mauer richtet. Die Ruinen des ungarischen Eisernen Vorhangs habe man nur als Kulisse verwendet, um gegen die Berliner Mauer zu protestieren, so Nagy. Während die Organisatoren eine Pressekonferenz abhielten, sammelten sich beim Grenztor Richtung St. Margarethen immer mehr DDR-Bürgerinnen und -Bürger.

Ungarischer Grenzsoldat ließ nicht schießen
Árpád Bella kommandierte damals die ungarischen Grenzsoldaten und er musste innerhalb von Minuten eine schicksalshafte Entscheidung treffen. Der Befehl damals lautete: Illegale Grenzübertritte sind zu verhindern, so Bella: „Mich an den Befehl zu halten, hätte geheißen, mich mit meinen fünf Männern der Menge entgegenzustellen. Aber eine Konfrontation von Bewaffneten gegen Unbewaffnete ist noch nie gut ausgegangen“, so Bella.

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Árpád Bella hatte das Kommando über die ungarischen Grenzsoldaten inne

„Bekomme heute noch Gänsehaut“
Bella ließ nicht schießen. Er ließ die Menge das Tor aufdrücken. 100 bis 150 Ostdeutsche liefen durch, sie weinten, lachten, fielen einander in die Arme, erinnert sich die frühere langjährige Leiterin des burgenländischen APA-Büros, Hilde Szabo.
„Es waren die bewegendsten Szenen, die ich in meiner fast 40-jährigen Journalistenkarriere erlebt habe. Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke“, so Szabo. Den ganzen Nachmittag gingen Flüchtlinge durch das Tor, bis am Abend waren es circa 600 Menschen. Offiziell endete das historische Picknick mit einem Wolkenbruch um 19.00 Uhr.

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Das zerstörte Tor von St. Margarethen wurde nach der Veranstaltung wieder aufgestellt

Gedenkpark erinnert an den August 1989
Den Beteiligten auf der ungarischen Seite war es nicht klar, dass sie Geschichte schrieben, im Gegenteil. Sie fürchteten harte Konsequenzen. Die Hilfe bei einem illegalen Grenzübertritt wurde damals in Ungarn mit zwei bis fünf Jahren Haft bestraft. Die Konsequenzen blieben aber aus. Heute erinnert ein Gedenkpark an den 19. August 1989.
Dorottya Kelemen, burgenland.ORF.at
CHRONIK: 1989: Picknick schrieb Weltgeschichte
 

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#10
Grenzübergang zwischen Sankt Margarethen und Sopronköhida:
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Auf den Tag genau vor 32 Jahren kam es damals beim Paneuropäisches Picknick zur Massenflucht von rund 600 DDR-Bürgern
Online seit heute, 19.20 Uhr
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Am 19. August 1989 veranstalteten ungarische Oppositionelle zwischen Sankt Margarethen und Sopronköhida das Paneuropäische Picknick. Für wenige Stunden wurde die Grenze geöffnet – doch plötzlich stürmten hunderte DDR-Bürger durch den offenen Stacheldrahtzaun. Der diensthabende ungarische Grenzoffizier Arpad Bella ließ sie entgegen aller Vorschriften ziehen, erzählte er später. Er entschied sich dazu, habe aber nicht gewusst, dass im Minutentakt mehr und mehr Menschen kommen würden. Mindestens 600 Menschen seien damals über die Grenze gegangen, so Bella.

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„Wurden mit offenen Armen empfangen“
Auf dem Platz bei Sankt Margarethen werden immer wieder Gedenkfeiern abgehalten. Und so manche ehemaligen Flüchtlinge kommen gerne an jenen Ort zurück, von wo aus sie in die Freiheit rannten, wie Walter Sobel: „Auf der österreichischen Seite, als wir hinüber gekommen sind, standen die Leute Spalier. Wir sind dort durchgegangen, das war schon sehr, sehr beeindruckend. Die Leute haben uns mit offenen Armen in Österreich empfangen, sie waren sehr hilfsbereit, das war schon ganz toll.“

Beim heutigen Grenzübergang nahe Sankt Margarethen wurde 1989 Weltgeschichte geschrieben. Monate später kam die deutsche Wiedervereinigung, überall in Europa verschwanden die kommunistischen Regime und der Eiserne Vorhang gehörte der Vergangenheit an.
19.08.2021, red, burgenland.ORF.at
Paneuropäisches Picknick
 
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