Beladen mit knapp 300 Amphoren Forscher bergen 1700 Jahre altes Schiff direkt vor Mallorca
Das 1700 Jahre alte Schiffswrack wurde nur wenige Meter vor einem beliebten Strand von Mallorca gefunden. Geladen waren viele Amphoren voller wertvoller Gegenstände.
© Jose A Moya/Arqueomallornauta - Consell de Mallorca, Universitat de Barcelona, Universidad de Cádiz, Universitat de les Illes Balears
von Phil Göbel 08.03.2022, 16:49 Uhr
Forscher haben wenige Meter vor der Playa de Palma auf Mallorca ein 1700 Jahre altes Schiffswrack geborgen. Das Boot sei "perfekt erhalten" und war mit vielen Amphoren beladen.
Forscher auf den Balearen haben einen wahren Schatz geborgen: Direkt vor dem vielleicht beliebtesten Badestrand Mallorcas, der Playa de Palma, war vor knapp zwei Jahren ein etwa 1700 Jahre altes Schiff entdeckt worden. Nun konnten die Wissenschaftler die Fracht aus dem Schiffsrumpf bergen.
Die Forscher gehen davon aus, dass das Boot im 4. Jahrhundert auf dem Weg von Südwestspanien nach Italien war und vor Palma einen Stopp einlegte. Dabei muss es auf Grund gelaufen und gesunken sein.
Mallorca: Forscher bergen 1700 Jahre altes Schiff
Noch interessanter als die Geschichte des Schiffs das unter dem Namen "Ses Fontanelles" bekannt ist, ist der Zustand und der Inhalt des Wracks. Denn wie durch ein Wunder sind die Überreste nahezu perfekt erhalten – sowohl die des Wracks, als auch seiner Fracht.
Nachdem die Bergung des Schiffs vor etwa einem Monat direkt vor der Playa de Palma begonnen hatte, konnten die Wissenschaftler nun auch die Schätze im Innern retten. Die Aktion wurde von der mallorquinischen Inselregierung begleitet und durch Experten der drei Universitäten der Balearen, von Barcelona und Cádiz durchgeführt.
Dabei wurden etwa 300 antike Amphoren und andere Gegenstände zu Tage gefördert, die einzigartige Einblicke in das Leben einer Schiffsbesatzung im 4. Jahrhundert nach Christus geben.
Auch wurden Gefäße mit Wein, Oliven, Öl und fermentierter Fischsauce geborgen, ebenso wie ein Leder- und einen Seilschuh, ein Kochtopf, eine Öllampe und einen Zimmermannsbohrer. Letzterer ist erst der vierte seiner Art, der in der Region gefunden wurde.
Das knapp 12 Meter lange und fünf bis sechs Meter breite Schiff wurde vor etwa drei Jahren entdeckt, nachdem ein Sommersturm das Gewässer in der Bucht von Palma aufgewühlt hatte. Schon in den 1950er Jahren berichteten Taucher davon, ein Schiffswrack direkt vor dem Strand von Palma gefunden zu haben. Die Inselregierung reagierte lange nicht – bis das Wrack durch den Sturm für alle sichtbar wurde.
Das Schiffswrack liegt nur etwa 50 Meter vor der beliebten Playa de Palma
© Jose A Moya/Arqueomallornauta - Consell de Mallorca, Universitat de Barcelona, Universidad de Cádiz, Universitat de les Illes Balears
Das Konsulat berief eine Notfall-Sitzung ein und stellte ein Team von Archäologen und Meeresexperten zusammen, um das Projekt "Arqueomallornauta" durchzuführen – angelegt auf drei Jahre.
"Es gibt nur wenige Wracks mit einer so einzigartigen Ladung"
"Das Ziel ist es, alles und jede Information zu erhalten, die sich dort unten befindet und das kann man nicht mit einem einzigen Einsatz erreichen", sagt Jaume Cardell, der Leiter der archäologischen Abteilung des Konsulats.
"Hier setzt das Projekt Arqueomallornauta an: Es geht darum, sowohl das Wrack als auch seine historische Fracht zu bergen und zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um Mallorca – im gesamten westlichen Mittelmeer gibt es nur sehr wenige Wracks mit einer so einzigartigen Ladung", so Cardell weiter.
Während ein Teil des Teams prüft, wie der Rumpf des Wracks, der nur 50 Meter vor dem Strand von Palma liegt, am besten geborgen werden kann, sind die Mitarbeiter, die die Ladung zwischen November 2021 und Mitte Februar geborgen haben, immer noch ein wenig stutzig über das, was sie gefunden haben.
Wrack perfekt erhalten: "Es ist Holz, auf das man klopfen kann"
Das Team habe nicht erwartet, dass der Sand der Bucht das Wrack so von Sauerstoff abschirmen und die organischen Materialien konservieren würde. "Die Dinge sind so perfekt erhalten, dass wir Textilstücke, einen Lederschuh und eine Espadrille gefunden haben", jubelte Miguel Ángel Cau, Archäologe an der Universität von Barcelona. "Das Überraschendste an dem Boot ist, wie gut es erhalten ist – sogar das Holz des Rumpfes. Es ist Holz, auf das man klopfen kann – als wäre es von gestern."
Wie das Team durch die Analyse der Mineralien im Ton der Amphoren feststellte, sei das Schiff von der spanischen Region Cartagena aus in See gestochen. Die Bedeutung des Fundes könne gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
"Er ist wichtig für die Erforschung von Schiffsarchitektur, denn es gibt nur sehr wenige antike Boote, die so gut erhalten sind wie dieses", sagt Dr. Darío Bernal-Casasola, Archäologe an der Universität von Cádiz. "Es gibt bisher keine vollständigen römischen Boote in Spanien".
Darüber hinaus seien die Amphoren ein wahnsinniger "subaquatischer archäologischer Hattrick": "Es ist unglaublich schwierig – fast unmöglich – ganze Amphoren zu finden, die Inschriften tragen und auch noch Reste ihres Inhalts enthalten. Der Erhaltungszustand hier ist einfach erstaunlich. Und das alles in nur zwei Metern Wassertiefe, wo Millionen von Menschen geschwommen sind."
Wrack unterstreicht die Bedeutung der Balearen im Römischen Reich
Für Enrique García Riaza, Historiker an der Universität der Balearen, unterstreicht das Wrack die kommerzielle und strategische Bedeutung des balearischen Archipels zur Zeit des Römischen Reiches: "Die Inseln waren nicht etwa abgeschnitten – im Gegenteil, sie waren eine wichtige Zwischenstation auf den Routen von der iberischen und der italischen Halbinsel", erklärt er. "In der Römerzeit waren politische Eliten in den Städten des Balearenarchipels ansässig, die auch sehr gut mit den wichtigsten römischen Städten an der Mittelmeerküste wie Cartagena und Tarragona verbunden waren."
Von der Besatzung des Schiffes hat das Team außer ihren Habseligkeiten keine Spur gefunden, was darauf schließen lässt, dass sie es vielleicht bis ans Ufer geschafft hat oder von den Wellen vom Wrack weggeschwemmt wurde. Das, was sie zurückgelassen haben, ist jedoch faszinierend.
Cau verweist auf die Öllampe, die ein offensichtlich heidnisches Symbol der Mondgöttin Diana trägt, und auf die christlichen Zeichen, die auf den Siegeln einiger Amphoren zu sehen sind.
"Die Besatzung war wahrscheinlich heidnisch, aber einige der Waren, die sie transportierten, tragen christliche Symbole", sagt er. "Man muss vorsichtig sein, wie man das interpretiert – die Ladung könnte von einer kirchlichen Autorität stammen – es gab durchaus diese Koexistenz von heidnischem und christlichem Leben.
"Das könnte uns etwas über das tägliche Leben der Besatzung verraten. Sie könnten gesagt haben: 'Seht her, ich bin ein Seemann und ich glaube, was ich will, aber wenn ihr wollt, dass ich eine christliche Fracht befördere, bin ich damit einverstanden, wenn das Geld stimmt.'"
Schiffswrack soll ausgestellt werden
Nachdem die Bergung abgeschlossen und die Katalogisierung im Gange ist, soll nun der gesamte Fund ausgestellt werden. "Die Idee ist, den Rumpf zu bergen, und wir sind in Kontakt mit nationalen und internationalen Experten, um sicherzustellen, dass er ordnungsgemäß geborgen wird", sagt Cardell. "Das Boot muss ausgestellt werden und die Leute müssen es sehen. Schließlich betreiben wir Archäologie für alle und nicht nur für die Wissenschaftler."
Wenige Wochen, nachdem die Ladung des Wracks zum ersten Mal seit fast zwei Jahrtausenden von Menschenhand berührt wurde, sind die Archäologen noch immer voller Tatendrang. "Das ist einer dieser Funde, bei denen man die ganze Zeit lachen muss, weil man es nicht glauben kann", sagt Cau. "So etwas passiert einem nur einmal im Leben eines Wissenschaftlers. So etwas werden wir nie wieder finden, und das macht es so besonders."
Quellen: The Guardian, Universitat de les Illes Balears

Das 1700 Jahre alte Schiffswrack wurde nur wenige Meter vor einem beliebten Strand von Mallorca gefunden. Geladen waren viele Amphoren voller wertvoller Gegenstände.
© Jose A Moya/Arqueomallornauta - Consell de Mallorca, Universitat de Barcelona, Universidad de Cádiz, Universitat de les Illes Balears
von Phil Göbel 08.03.2022, 16:49 Uhr
Forscher haben wenige Meter vor der Playa de Palma auf Mallorca ein 1700 Jahre altes Schiffswrack geborgen. Das Boot sei "perfekt erhalten" und war mit vielen Amphoren beladen.
Forscher auf den Balearen haben einen wahren Schatz geborgen: Direkt vor dem vielleicht beliebtesten Badestrand Mallorcas, der Playa de Palma, war vor knapp zwei Jahren ein etwa 1700 Jahre altes Schiff entdeckt worden. Nun konnten die Wissenschaftler die Fracht aus dem Schiffsrumpf bergen.
Die Forscher gehen davon aus, dass das Boot im 4. Jahrhundert auf dem Weg von Südwestspanien nach Italien war und vor Palma einen Stopp einlegte. Dabei muss es auf Grund gelaufen und gesunken sein.
Mallorca: Forscher bergen 1700 Jahre altes Schiff
Noch interessanter als die Geschichte des Schiffs das unter dem Namen "Ses Fontanelles" bekannt ist, ist der Zustand und der Inhalt des Wracks. Denn wie durch ein Wunder sind die Überreste nahezu perfekt erhalten – sowohl die des Wracks, als auch seiner Fracht.
Nachdem die Bergung des Schiffs vor etwa einem Monat direkt vor der Playa de Palma begonnen hatte, konnten die Wissenschaftler nun auch die Schätze im Innern retten. Die Aktion wurde von der mallorquinischen Inselregierung begleitet und durch Experten der drei Universitäten der Balearen, von Barcelona und Cádiz durchgeführt.
Dabei wurden etwa 300 antike Amphoren und andere Gegenstände zu Tage gefördert, die einzigartige Einblicke in das Leben einer Schiffsbesatzung im 4. Jahrhundert nach Christus geben.
Auch wurden Gefäße mit Wein, Oliven, Öl und fermentierter Fischsauce geborgen, ebenso wie ein Leder- und einen Seilschuh, ein Kochtopf, eine Öllampe und einen Zimmermannsbohrer. Letzterer ist erst der vierte seiner Art, der in der Region gefunden wurde.
Das knapp 12 Meter lange und fünf bis sechs Meter breite Schiff wurde vor etwa drei Jahren entdeckt, nachdem ein Sommersturm das Gewässer in der Bucht von Palma aufgewühlt hatte. Schon in den 1950er Jahren berichteten Taucher davon, ein Schiffswrack direkt vor dem Strand von Palma gefunden zu haben. Die Inselregierung reagierte lange nicht – bis das Wrack durch den Sturm für alle sichtbar wurde.

Das Schiffswrack liegt nur etwa 50 Meter vor der beliebten Playa de Palma
© Jose A Moya/Arqueomallornauta - Consell de Mallorca, Universitat de Barcelona, Universidad de Cádiz, Universitat de les Illes Balears
Das Konsulat berief eine Notfall-Sitzung ein und stellte ein Team von Archäologen und Meeresexperten zusammen, um das Projekt "Arqueomallornauta" durchzuführen – angelegt auf drei Jahre.
"Es gibt nur wenige Wracks mit einer so einzigartigen Ladung"
"Das Ziel ist es, alles und jede Information zu erhalten, die sich dort unten befindet und das kann man nicht mit einem einzigen Einsatz erreichen", sagt Jaume Cardell, der Leiter der archäologischen Abteilung des Konsulats.
"Hier setzt das Projekt Arqueomallornauta an: Es geht darum, sowohl das Wrack als auch seine historische Fracht zu bergen und zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um Mallorca – im gesamten westlichen Mittelmeer gibt es nur sehr wenige Wracks mit einer so einzigartigen Ladung", so Cardell weiter.
Während ein Teil des Teams prüft, wie der Rumpf des Wracks, der nur 50 Meter vor dem Strand von Palma liegt, am besten geborgen werden kann, sind die Mitarbeiter, die die Ladung zwischen November 2021 und Mitte Februar geborgen haben, immer noch ein wenig stutzig über das, was sie gefunden haben.
Wrack perfekt erhalten: "Es ist Holz, auf das man klopfen kann"
Das Team habe nicht erwartet, dass der Sand der Bucht das Wrack so von Sauerstoff abschirmen und die organischen Materialien konservieren würde. "Die Dinge sind so perfekt erhalten, dass wir Textilstücke, einen Lederschuh und eine Espadrille gefunden haben", jubelte Miguel Ángel Cau, Archäologe an der Universität von Barcelona. "Das Überraschendste an dem Boot ist, wie gut es erhalten ist – sogar das Holz des Rumpfes. Es ist Holz, auf das man klopfen kann – als wäre es von gestern."
Wie das Team durch die Analyse der Mineralien im Ton der Amphoren feststellte, sei das Schiff von der spanischen Region Cartagena aus in See gestochen. Die Bedeutung des Fundes könne gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
"Er ist wichtig für die Erforschung von Schiffsarchitektur, denn es gibt nur sehr wenige antike Boote, die so gut erhalten sind wie dieses", sagt Dr. Darío Bernal-Casasola, Archäologe an der Universität von Cádiz. "Es gibt bisher keine vollständigen römischen Boote in Spanien".
Darüber hinaus seien die Amphoren ein wahnsinniger "subaquatischer archäologischer Hattrick": "Es ist unglaublich schwierig – fast unmöglich – ganze Amphoren zu finden, die Inschriften tragen und auch noch Reste ihres Inhalts enthalten. Der Erhaltungszustand hier ist einfach erstaunlich. Und das alles in nur zwei Metern Wassertiefe, wo Millionen von Menschen geschwommen sind."
Wrack unterstreicht die Bedeutung der Balearen im Römischen Reich
Für Enrique García Riaza, Historiker an der Universität der Balearen, unterstreicht das Wrack die kommerzielle und strategische Bedeutung des balearischen Archipels zur Zeit des Römischen Reiches: "Die Inseln waren nicht etwa abgeschnitten – im Gegenteil, sie waren eine wichtige Zwischenstation auf den Routen von der iberischen und der italischen Halbinsel", erklärt er. "In der Römerzeit waren politische Eliten in den Städten des Balearenarchipels ansässig, die auch sehr gut mit den wichtigsten römischen Städten an der Mittelmeerküste wie Cartagena und Tarragona verbunden waren."
Von der Besatzung des Schiffes hat das Team außer ihren Habseligkeiten keine Spur gefunden, was darauf schließen lässt, dass sie es vielleicht bis ans Ufer geschafft hat oder von den Wellen vom Wrack weggeschwemmt wurde. Das, was sie zurückgelassen haben, ist jedoch faszinierend.
Cau verweist auf die Öllampe, die ein offensichtlich heidnisches Symbol der Mondgöttin Diana trägt, und auf die christlichen Zeichen, die auf den Siegeln einiger Amphoren zu sehen sind.
"Die Besatzung war wahrscheinlich heidnisch, aber einige der Waren, die sie transportierten, tragen christliche Symbole", sagt er. "Man muss vorsichtig sein, wie man das interpretiert – die Ladung könnte von einer kirchlichen Autorität stammen – es gab durchaus diese Koexistenz von heidnischem und christlichem Leben.
"Das könnte uns etwas über das tägliche Leben der Besatzung verraten. Sie könnten gesagt haben: 'Seht her, ich bin ein Seemann und ich glaube, was ich will, aber wenn ihr wollt, dass ich eine christliche Fracht befördere, bin ich damit einverstanden, wenn das Geld stimmt.'"
Schiffswrack soll ausgestellt werden
Nachdem die Bergung abgeschlossen und die Katalogisierung im Gange ist, soll nun der gesamte Fund ausgestellt werden. "Die Idee ist, den Rumpf zu bergen, und wir sind in Kontakt mit nationalen und internationalen Experten, um sicherzustellen, dass er ordnungsgemäß geborgen wird", sagt Cardell. "Das Boot muss ausgestellt werden und die Leute müssen es sehen. Schließlich betreiben wir Archäologie für alle und nicht nur für die Wissenschaftler."
Wenige Wochen, nachdem die Ladung des Wracks zum ersten Mal seit fast zwei Jahrtausenden von Menschenhand berührt wurde, sind die Archäologen noch immer voller Tatendrang. "Das ist einer dieser Funde, bei denen man die ganze Zeit lachen muss, weil man es nicht glauben kann", sagt Cau. "So etwas passiert einem nur einmal im Leben eines Wissenschaftlers. So etwas werden wir nie wieder finden, und das macht es so besonders."
Quellen: The Guardian, Universitat de les Illes Balears