josef

Administrator
Mitarbeiter
#1
Jubiläumsjahr: 100 Jahre Burgenland
Seit 100 Jahren ist das Burgenland ein Teil Österreichs. Die Siegermächte des Ersten Weltkriegs sprachen den schmalen Streifen Deutschwestungarn Österreich zu, 1921 wurde das Burgenland genannte Gebiet als selbständiges Bundesland an Österreich angegliedert. Vom lange belächelten Armenhaus Österreichs hat sich das jüngste Bundesland zum modernen Wirtschaftsstandort entwickelt.

Teilen
1918 zerfiel die Habsburgermonarchie. Es stellte sich die Frage der Staatszugehörigkeit jener überwiegend deutschsprachigen Bevölkerung, die in Westungarn lebte. Die Siegermächte sprachen den schmalen Streifen Österreich zu. Ungarn versuchte vergeblich, das zu verhindern. Nur die logische Landeshauptstadt Ödenburg blieb nach einer Volksabstimmung bei Ungarn.

Filmarchiv Austria
Filmarchiv Austria


Filmarchiv Austria

Filmarchiv Austria

Filmarchiv Austria

Major Lawrence Martin: Grüße aus Amerika
Die Geburt des Burgenlandes reicht zurück bis zum Vertrag von Saint Germain vom 10. September 1919, als Deutschwestungarn völkerrechtlich ein Teil Österreichs wurde. Maßgeblichen Anteil daran hatte die Tätigkeit der sogenannten Coolidge Mission und des amerikanischen Geographen Major Lawrence Martin. Seine Studien über die Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur Deutschwestungarns lieferten die Grundlage für die Grenzziehung. Seine Nachfahren, die in Amerika leben, haben dem ORF Burgenland eine Video-Grußbotschaft geschickt. Seine Enkelin sagt darin: „Liebe Grüße ans Burgenland zum 100er. Mein Großvater wäre stolz und glücklich, wenn er die Vielfalt und den Wohlstand des Burgenlandes heute sehen könnte.“

Auch seine Urenkelin und sein Urenkel gratulieren in der Botschaft und sprechen von einer wunderschönen Region. Der Ur-Ur-Enkel des Geografen gratuliert dem Burgenland zum 100. Geburtstag sogar auf Deutsch.

1921: Angliederung an Österreich
1921 wurde das Burgenland genannte Gebiet als selbständiges Bundesland an Österreich angegliedert. Die Menschen lebten hauptsächlich von der Landwirtschaft. Grund und Boden war in Besitz einiger weniger Adelsfamilien. Das Leben war hart in diesen ersten Jahren des Aufbaus. Viele mussten aus wirtschaftlicher Not auswandern.

Der Anfang vom Ende der Ersten Republik
1927 machten die Schüsse von Schattendorf österreichweit politische Schlagzeilen. Mitglieder der örtlichen Frontkämpfergruppe erschossen bei einem Aufmarsch zwei Menschen, wurden aber wenige Monate später in Wien freigesprochen. Aufgebrachte Arbeiter steckten nach diesem politisch motivierten Urteil den Justizpalast in Brand. 89 Menschen wurden von der Polizei erschossen – der Anfang vom Ende der Ersten Republik. „Dann hat natürlich auch das Burgenland die Turbulenzen der 30er-Jahre mitgemacht, das tragische Jahr 1938, das sogar die Auflösung dieses Landes auf die zwei Nachbargaue Niederdonau und Steiermark gebracht hat, und dann das Jahr 1945, das eine schwere Erschütterung durch den Zweiten Weltkrieg war, aber zugleich die Wiedergeburt dieses Landes gebracht hat“, so der Historiker Gerald Schlag in einem Interview 2001.

Der Eiserne Vorhang, die Brücke von Andau und Kery
1956 kam es zum Volksaufstand im kommunistischen Ungarn. 200.000 Menschen flohen in den Westen, viele über das Burgenland. Für 70.000 wird die Brücke von Andau über den Einser-Kanal das Nadelöhr in die Freiheit. Sie wurden mit offenen Armen empfangen und erstversorgt. Schnell aber wurde der Eiserne Vorhang wieder dicht gemacht. Er behinderte in den kommenden Jahrzehnten die wirtschaftlichen Entwicklung im Burgenland. Dennoch begann in den 1960er Jahren ein wirtschaftlicher Aufschwung, untrennbar verbunden mit dem Namen Theodor Kery (SPÖ). Der Langzeitlandeshauptmann ließ vor allem in die Infrastruktur investieren, in den Straßenbau und in die Bildung. „Wir wollen uns dabei auf niemanden verlassen, wenngleich wir gerade als ärmstes Land die Hilfe am notwendigsten brauchen“, so Kery damals.

ORF
Theodor Kery war von 1966 bis 1987 Landeshauptmann vom Burgenland

St. Margarethen als Tor in die Freiheit
Das Burgenland blieb aber noch ein Land der verlängerten Werkbänke, der schlecht bezahlten Fließbandjobs und der Wochenpendler. 1989 dann ein entscheidender Impuls: Die kommunistischen Regimes in Osteuropa zerfielen. Der Eiserne Vorhang wurde abgebaut. Die Außenminister von Ungarn und Österreich halfen symbolisch mit. Für 600 Ostdeutsche wurde St. Margarethen zum Tor in die Freiheit. Sie flohen in den Westen. Heute erinnert ein Museum an diese historisch bedeutsamen Ereignisse.

Fotostrecke mit 3 Bildern
ORF
Die kommunistischen Regimes in Osteuropa zerfielen, der Eiserne Vorhang wurde abgebaut
ORF
St. Margarethen wurde zum Tor in die Freiheit

1995: Der EU-Beitritt Österreichs
Für das Burgenland öffneten sich neue Märkte. Unternehmer wie der Baustofferzeuger Michael Leier machen gute Geschäfte in Osteuropa. Verstärkt wurde der wirtschaftliche Aufschwung durch den EU-Beitritt Österreichs 1995. Das Burgenland bekam als immer noch strukturschwache Region besonders hohe Ziel-1-Förderungen. Diese lockten Firmen ins Land. Der oberösterreichische Lenzing-Konzern baute ein Faserwerk in Heiligenkreuz – der größte Industriebetrieb des Burgenlands. Das Land investierte auch in den sanften Tourismus und baute Thermen. Förderungen aus Brüssel wurden pünktlich und vollständig abgeholt und durch Geld von Bund und Land ergänzt. „1995 beginnend war es die Infrastruktur, die ausgebaut wurde. In den Folgejahren gab es neue Betriebsansiedelungen. In Bildung wurde investiert. Und jetzt ist der nächste Schritt zu setzen, das ist Forschung, Entwicklung und Innovation“, so der damalige Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ).

Das Land der erneuerbaren Energie
Investiert wurde und wird vor allem auch in den Ausbau der erneuerbaren Energie. Dank der Windkraft erzeugt das Burgenland mittlerweile deutlich mehr Strom als im Land verbraucht wird.

100 Jahre nach der Angliederung an Österreich wurde aus dem Armenhaus Burgenland eine Vorzeigeregion. Nach Jahrzehnten in einer Randlage am Eisernen Vorhang, ist das Burgenland ins Zentrum Europas gerückt. Dank finanzieller Unterstützung durch die EU ist es nun auf der Überholspur.
Auch die burgenländischen Parteichefs haben Glückwünsche an das jüngste Bundesland Österreichs – mehr dazu in Burgenland feiert 100. Geburtstag.

Fotostrecke
ORF
Naturpark Landseer Berge
ORF
Schloss Rotenturm

ORF
Basilika Frauenkirchen

ORF
Burg Güssing

ORF
Bad Sauerbrunn

ORF
Hauptplatz Rust

ORF
Die Raab im Bezirk Jennersdorf

ORF
Steppenrinder in Illmitz

ORF
Gloriette Eisenstadt

ORF
Schloss Esterhazy in Eisenstadt

ORF
Radfahrer am Neusiedler See

ORF
Aussichtsturm am Neusiedler See

ORF Burgenland: 100 Jahre – 100 Plätze
Der ORF Burgenland würdigt das Jubiläum das ganze Jahr über mit zahlreichen Sendungen, wie die 100-teilige Serie „100 Jahre – 100 Plätze“, die montags und donnerstags nach „Burgenland heute“ zu sehen und im Programm von Radio Burgenland zu hören sein wird. Anhand 100 burgenländischer Plätze werden 100 Besonderheiten des Burgenlandes vorgestellt. Begleitend dazu gibt es auf Radio Burgenland das Gewinnspiel „100 Plätze – 100 Fragen“. Die Hörerinnen und Hörer von Radio Burgenland raten mit, welcher Platz gesucht wird.

Sendungshinweis
„Österreich-Bild“, Sonntag, 3.1.2021, 18.25 Uhr, ORF2
Österreich Bild „100 (Lebens)Jahre Burgenland“
Im Burgenland leben noch etwa 30 Menschen, die genauso alt sind, wie das jüngste Bundesland. In einem „Österreich-Bild“ am Sonntag begeben sich Gestalterin Kris Krenn und Kameramann Richard Marx auf eine Reise durch das Burgenland, um einige von ihnen vor die Kamera zu holen.
01.01.2021, Norbert Lehner, burgenland.ORF.at
Jubiläumsjahr: 100 Jahre Burgenland
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#2
100 Jahre Burgenland
„Zeitsprünge“: Projekt ermöglicht Zeitreisen
Zu einer Zeitreise in das Burgenland von einst lädt das Internet-Projekt „Zeitsprünge“. Der pensionierte Geschichtslehrer Walter Hermann aus Pöttsching (Bezirk Mattersburg) hat eine Webseite gestaltet, auf der die Veränderungen im Land anschaulich gemacht werden. Alte und neue Fotos können dabei ganz einfach übereinander geschoben werden.
Online seit heute, 13.58 Uhr
Teilen
Geplant waren 100 Zeitsprünge zu 100 Jahren Burgenland. Doch mittlerweile sind es schon mehr als 300 Bildpaare, die Walter Hermann auf seiner Webseite zum direkten Vergleich anbietet. Jeweils ein altes und ein neues Foto liegen dabei übereinander, mithilfe eines Computerprogramms kann das eine über das andere geschoben werden. So wird die Veränderung von Ortsbildern im ganzen Land besonders deutlich.
ORF
Der pensionierte Geschichtslehrer Walter Hermann aus Pöttsching (Bezirk Mattersburg)

Fotostrecke mit 3 Bildern
Fotoprojekt Zeitsprünge
Steinbrunn damals und heute
Fotoprojekt Zeitsprünge

Fotoprojekt Zeitsprünge

Fotostrecke mit 3 Bildern
Fotoprojekt Zeitsprünge
Jennersdorf damals und heute
Fotoprojekt Zeitsprünge

Fotoprojekt Zeitsprünge

Gesprächsstoff zum Staunen
Hermann lädt mit seinem Projekt zum Schauen, Staunen aber auch zum Nachdenken ein: „Wie ist es damals gewesen? Was fehlt heute? Ist damals etwas schöner gewesen, oder darf man das auch nicht zu romantisierend sehen? Also da heraus können viele Gespräche auch in den Familien entstehen. Und ich glaube, darin liegt auch der doppelte Reiz: das Publizieren einerseits und das Auseinandersetzten andererseits.“

Fotostrecke mit 3 Bildern
Fotoprojekt Zeitsprünge
Stegersbach damals und heute
Fotoprojekt Zeitsprünge

Fotoprojekt Zeitsprünge

Gleiche Perspektive einst und heute
Hermanns Zeitsprünge leben von Zusendungen aus allen Teilen des Landes. Wer immer eine interessante alte Ansicht findet, kann versuchen, die gleiche Perspektive in der Gegenwart zu fotografieren: Etwa die Kuhweide, die einer breiten Straße gewichen ist. Oder die Streckhof-Zeile, auf der heute ein Wohnblock steht. Das Projekt kommt gut an und wird auf alle Fälle über das Jubiläumsjahr 2021 hinaus weiterlaufen.
Wer immer eine interessante alte Ansicht findet, kann versuchen, die gleiche Perspektive in der Gegenwart zu fotografieren
14.01.2021, red, burgenland.ORF.at

Link:
„Zeitsprünge“: Projekt ermöglicht Zeitreisen
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#3
Burgenland – das jüngste Bundesland?
Mit Jahresende 1921 wurde das Burgenland das jüngste Bundesland Österreichs. Ist das aber tatsächlich so? Immer wieder weisen Historiker darauf hin, dass das Burgenland eben nicht das jüngste Bundesland ist, sondern Wien – eine Frage, die gar nicht so einfach zu beantworten ist.
Online seit heute, 5.02 Uhr
Teilen
Damit diese Frage beantwortet werden kann, muss die Geschichte des Burgenlandes noch einmal aufgerollt werden. Im Juli 1919 wurde das Burgenland Österreich zugesprochen. Österreich erklärte das Burgenland mit Oktober 1920 zum selbstständigen Bundesland – am 25. Jänner 1921 wurde das im Burgenlandgesetz gesetzlich verankert. Wien wurde per Gesetz erst mit 1. Jänner 1922 ein selbstständiges Bundesland.

Fotostrecke mit 5 Bildern
ORF
Österreich erklärte das Burgenland mit Oktober 1920 zum selbstständigen Bundesland
ORF
Am 25. Jänner 1921 wurde das im „Burgenlandgesetz“ gesetzlich verankert
ORF
Ödenburg war damals die Landeshauptstadt
ORF
Wien wurde per Gesetz erst mit 1. Jänner 1922 ein selbstständiges Bundesland
ORF
Grenze Österreich-Ungarn

Burgenland oder doch Wien?
„Ja, das Burgenland ist das jüngste, wenn man es territorial betrachtet, weil eigentlich das Bundesland Burgenland erst entstanden ist und dann erst, nachdem es ein Bundesland war, an Österreich angeschlossen wurde. Und das ist spät im Jahr 1921 passiert“, so Historiker Gerald Schlag. Spät deshalb, weil ungarische Freischärler Ende August 1921 die Landnahme durch die österreichische Gendarmerie verhinderten. Spät auch deshalb, weil erst nach der Volksabstimmung in Ödenburg/Sopron im Dezember das neue Gebiet – als Bundesland – zu Österreich kam.

Wien wurde mit 1. Jänner 1922 ein selbstständiges Bundesland. Das sei ein rechtliches Problem gewesen. Man habe sich dazu entschlossen, Wien, das seit dem Mittelalter die Hauptstadt von Niederösterreich war, jetzt in einer demokratischen Republik von Niederösterreich zu trennen – aus politischen Gründen. Dieser Beschluss sei schon 1920 gefallen. Es brauchte allerdings Zeit, bis beide Landtage und der Wiener Gemeinderat das durch entsprechende Beschlüsse sanktionierten. Der endgültige Punkt sei dann der 1. Jänner 1922 gewesen, sagte Schlag.

„Frage der Sichtweise“
Ob jetzt Wien oder das Burgenland das jüngste Bundesland ist, sei eine Frage der Sichtweise, so Schlag. „Es ist eine Frage der Sichtweise. Natürlich auffallender und bedeutender ist, wenn ein ganzes Land mit ich weiß nicht wie viel Menschen und Dörfern dazugetreten ist. Wien hat eigentlich nur einen rechtlichen Status verändert.“ Wie so vieles in der Geschichtsforschung ist also auch die Frage nach dem jüngsten Bundesland eine Frage der Interpretation. Eines ist aber fix: Das Burgenland ist seit 100 Jahren ein österreichisches Bundesland.

Dunst: „Modellregion im Herzen Europas“
Auch Landtagspräsidentin Verena Dunst spricht vom 25. Jänner als ganz besonderem Tag im Jubiläumsjahr. „Das Burgenlandgesetz war die Geburtsstunde unseres Bundeslandes. Es hat den Grundstein für unsere heutige Heimat gelegt“, so Dunst. Das Burgenland habe sich von einer der ärmsten Gegenden zu einer Modellregion im Herzen Europas entwickelt, so Dunst weiter. „Die Menschen im Burgenland haben mit ihrem Fleiß, ihrer Mentalität und ihrem Zusammenhalt wesentlich dazu beigetragen.“
25.01.2021, red, burgenland.ORF.at
Burgenland – das jüngste Bundesland?
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#4
1921 bis 1923: Eine Frage der Grenzziehung
Im Zuge des 100. Geburtstages des Burgenlandes spricht der Nikitscher Historiker Michael Schreiber mit Redakteurin Bettina Treiber über markante Ereignisse. In der dritten Folge geht es um die Jahre 1921 bis 1923: die Verhandlungen beim Venediger Protokoll, die Abstimmung über Sopron und den Tauschhandel beim Grenzverlauf.

Teilen
Das Gebaren Ungarns seit der Unterzeichnung der Friedensverträge von St. Germain und Trianon und der am Widerstand der Freischärler gescheiterte erste Versuch der Landnahme hatten gezeigt, dass allen vertraglichen Verpflichtungen, die Ungarn eingegangen war, zum Trotz, die Angliederung des Burgenlandes nicht einfach vollzogen werden konnte. Im September 1921 sahen aber Ungarn und Österreich die Situation als so schwierig an, dass sich beide Seiten an Italien wandten, das seine Vermittlung in dieser Frage schon zuvor angeboten hatte. Nachdem sich beide Seiten über diplomatische Kanäle verhandlungsbereit zeigten, traf sich der italienische Außenminister Pietro Tomasi de la Torretta mit dem österreichischen Bundeskanzler und Außenminister Johannes Schober in Wien. Dabei wurde auch der ungarische Vorschlag besprochen, dass die Ungarn das Burgenland räumen würden, wenn Sopron bei Ungarn bleibt. Schober gab für dieses Ansinnen, wenn auch nicht bedingungslos, grünes Licht.


Sherrill, Charles Hitchcock, Public domain, via Wikimedia CommonsJohannes Schober

Venediger Protokoll
Am 11. Oktober lud der italienische Außenminister Tomasi de la Torretta Vertreter Österreichs und Ungarns in den Palazzo Corner von Venedig. Die Verhandlungen für Österreich leitete Johannes Schober in Begleitung dreier Diplomaten und für Ungarn Ministerpräsident István Bethlen und Außenminister Graf Miklos Banffy, ihrerseits von zwei Diplomaten begleitet. Die Gespräche sollten streng vertraulich geführt werden, weshalb der Verhandlerkreis klein blieb.

Noch am ersten Tag der Verhandlungen zeigte sich, dass der Zankapfel Sopron (Ödenburg) sein würde. In den Verhandlungen bestand Schober – entgegen der vorab getroffenen Abmachung – auf einen Volksentscheid erst nach der Angliederung des Burgenlandes an Österreich. Ungarn wiederum wollte die Stadt ohne Volksabstimmung behalten.


BundesarchivIstván Bethlen

Auf beiden Seiten herrschte in dieser Hinsicht innenpolitisch großer Druck. Man einigte sich schließlich am 13. Oktober 1921 auf einen – für beide Seiten gesichtswahrenden – Kompromiss: Das Burgenland wurde an Österreich angegliedert, Sopron verblieb bei Ungarn, aber es sollte dann zu einer Volksabstimmung kommen – und das kam einen Verzicht Österreichs auf Ödenburg gleich.

Propaganda vor Volksabstimmungen
Mit der Unterzeichnung des Venediger Protokolls hatte Österreich de facto auf Sopron verzichtet, um eine konfliktfreie Übergabe des restlichen Burgenlandes nicht zu gefährden. Dennoch einigte man sich mit Ungarn aus innenpolitischen Gründen und im Sinne eines gesichtswahrenden Kompromisses darauf, dass Sopron durch eine Volksabstimmung bei Ungarn verbleiben sollten.

ORF
Eigentlich waren es zwei Abstimmungen, da an zwei Terminen gewählt wurde: am 14. Dezember 1921 in Sopron und zwei Tage später in den umliegenden Ortschaften. Da die Gespräche in Venedig vertraulich geführt worden waren, wusste die Öffentlichkeit über die Umstände, unter denen der Plebiszit stattfinden sollte, kaum Bescheid. So gründete sich am 20. Oktober in Wien der „Ödenburger Heimatdienst“, der in Sopron ein pro-österreichisches Wahlergebnis zu erringen versuchte. Er schmuggelte Plakate und Flugzettel in die Stadt und in die umliegenden Dörfer. Auch hier zeigt sich, warum die Zustimmung zur Volksabstimmung für Österreich einem Verzicht gleichkam: Während das fragliche Gebiet ohne Einschränkungen und über einen langen Zeitraum der ungarischen Propaganda ausgesetzt war, konnte die österreichische Propaganda nur unter großem Risiko über die Grenze geschmuggelt und verbreitet werden. Erst nachdem der Rest des Burgenlandes am 3. Dezember an Österreich angeschlossen war, durfte Österreich in gleichem Maße Wahlwerbung betreiben wie Ungarn.

Damit sich eine verlässliche Mehrheit für Ungarn aussprach, lief nicht nur die ungarische Propagandamaschinerie auf Hochtouren. Auch die Abstimmungslisten, Wahlausweise und die Wahllisten wurden in diese Richtung manipuliert. So wurde auch im Namen bereits verstorbener Menschen pro-ungarisch gewählt. Auch wurden pro-österreichische Wähler von der Abstimmung ferngehalten.

Abstimmungsergebnisse in Sopron und Umgebung
Entsprechend eindeutig fiel auch das Resultat der Volksabstimmung in Sopron aus. Von den knapp mehr als 17.000 abgegeben Stimmen entfielen fast 73 Prozent auf einen Verbleib bei Ungarn. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Ergebnis auch ohne die massive Manipulation Ungarns gegen die Angliederung an Österreich ausgefallen wäre, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Im Soproner Umland, das man einerseits aufgrund der Wasserversorgung für Ungarn beansprucht hatte und anderseits aufgrund des wirtschaftlich nicht unbedeutenden Kohleabbaus in Brennberg, fielen die Ergebnisse zwar von Ort zu Ort sehr unterschiedlich und zusammengenommen mit 54,5 Prozent sogar pro-österreichisch aus – von den acht Ortschaften wählten nur drei pro-ungarisch, Harkau wählte sogar mit 90 Prozent für Österreich – aber zusammen mit dem Ergebnis der Stadt sprachen sich letztlich doch fast zwei Drittel der Wahlberechtigten für Ungarn aus.


Iz knjige Gerald Schlag:
Aus Trümmern geboren… / Šopronski županijski arhiv
Obwohl Österreich, unterstützt durch die Tschechoslowakei offiziell auf die massive Manipulation hinwies und gegen die Wahl protestierte, sich gar für eine Wiederholung einsetzte, bestätigte die Botschafterkonferenz in Paris das Ergebnis, da auch eine Wiederholung der Wahl wahrscheinlich keine Änderung gebracht hatte und man es auch leid war, sich mit diesem Thema weiter zu beschäftigen. Dies, und die Ratifikation des Venediger Protokolls durch den österreichischen Nationalrat führte dazu, dass die Interalliierte Generalskommission die Stadt am 1. Jänner 1922 offiziell an Ungarn übergab.

Grenzziehung: Halbturn bei Ungarn?
Die Festlegung des endgültigen Grenzverlaufs des Burgenlandes oblag der interalliierten Grenzbestimmungskommission, die sich am 27. Juli 1921 aus Vertreten verschiedener Nationen konstituiert hatte. Die Vorstellungen Österreichs und Ungarns, wie die Grenze letztlich verlaufen sollte, waren höchst unterschiedlich. Der österreichische Vorschlag des Grenzverlaufs orientierte sich größtenteils an jener Linie, die in Paris bei den Friedensverhandlungen grob festgelegt worden war. Ungarn hingegen versuchte den Grenzverlauf tief in den Westen des heutigen Burgenlandes verlegen – die Grenzlinien im Nordburgenland wären so verlaufen, dass die Orte Halbturn und Wallern ungarisch geblieben wären. Im mittleren Burgenland wäre die Grenze überhaupt westlich der Orte Deutschkreutz, Oberpullendorf und Lockenhaus verlaufen. Die deutlichste Abweichung gab es im Südburgenland, wo sogar Oberwart bei Ungarn hätte bleiben sollen. Gemäß diesem Plan wäre das Burgenland schätzungsweise um ein Drittel schmaler ausgefallen, als es heute ist. Letztlich konnte Ungarn diese Forderungen nicht durchsetzen und man orientierte sich im Wesentlichen an den Grenzen der Friedensverträge von Paris. Als dies geklärt war, konnte sich die Kommission mit Detailfragen der Grenzziehung in den einzelnen Orten beschäftigen.

Kommission befragt Bevölkerung
Für Detailfragen reiste die Grenzbestimmungskommission durch die Ortschaften, befragte die Bevölkerung und versuchte sich so ein objektives Bild von der allgemeinen Stimmung im Ort zu machen. Im Nord- und Mittelburgenland waren die Ortsbewohner meist für die Angliederung an Österreich, etwas schwieriger gestaltete sich die Arbeit für die Kommission im südlichen Pinkatal, da hier keine eindeutige Präferenz erkennbar war.
Nachdem die Grenzen Ende 1922 weitestgehend gezogen worden waren, gab es vereinzelt immer noch Proteste, sodass Orte getauscht wurden. So kamen die Ortschaften Rattersdorf und Liebing, die eigentlich aufgrund des dort befindlichen Esterhazy‘schen Grundbesitzes Ungarn zugesprochen wurden, noch zu Österreich im Tausch für die Orte Prostrum und Bleigraben. Am 10. Jänner 1923 wurde schließlich mit Luising im Südburgenland der letzte Ort Österreich zugesprochen und damit die Grenzziehung offiziell abgeschlossen. Nun war das Burgenland in seinen festen Grenzen Teil Österreichs geworden.

„100 Jahre Burgenland“ im ORF Burgenland
Auch die Volksgruppenredaktion des ORF Burgenland widmet sich ein Jahr lang dem Jubiläum „100 Jahre Burgenland“. In 50 Hörfunk-Beiträgen, die jeden Montag um 18.15 Uhr in kroatischer Sprache auf Radio Burgenland zu hören sein werden, erzählt Schreiber die Geschichte des Burgenlandes beginnend mit den ersten Eingliederungsideen und dem Nikitscher Aufstand bis hin zur Rolle der Esterhazys – mehr dazu in Ideja priključenja i Fileška buna.

In Anlehnung an die wöchentliche Serie in der Volksgruppen-Kultursendung, startet am Donnerstag in „Radio Burgenland Extra“ eine 13-teilige Radio-Gesprächsreihe mit Historiker Michael Schreiber in deutscher Sprache. Unter dem Titel „100 Jahre Burgenland – Geschichte im Gespräch“ führt Kulturredakteurin Bettina Treiber Interviews mit dem 32-jährigen Historiker aus Nikitsch zur Geschichte des Burgenlandes. Die 13-teilige Gesprächsreihe wird jeden letzten Donnerstag im Monat um 20:04 Uhr in Radio Burgenland Extra ausgestrahlt. Mehr dazu in „100 Jahre Burgenland“ im ORF Burgenland.

27.02.2021, Bettina Treiber, burgenland.ORF.at

Links:
1921 bis 1923: Eine Frage der Grenzziehung
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#5
Meilensteine auf dem Weg zum Burgenland
Das Burgenland feiert heuer sein 100-Jahr-Jubiläum. 1921 sind die meisten Teile Deutschwestungarns zu Österreich gekommen – als Burgenland. Doch zwischen Wunsch zum Anschluss an Österreich und Wirklichkeit in Form eines eigenständigen Bundeslandes war es ein weiter Weg.
Online seit heute, 12.15 Uhr
Teilen
Die Geschichte des Burgenlandes begann am Ende des Ersten Weltkrieges. Österreich beanspruchte bei den Friedensverhandlungen Deutschwestungarn. Während in Saint Germain verhandelt wurde übernahm in Ungarn eine kommunistische Räteregierung die Macht – und wehrte sich gegen den Verlust des schmalen Landstrichs. „Je länger diese Phase gedauert hat und je länger die Landbevölkerung gewisse Zwangsmaßnahmen zu erleiden hatte, umso mehr wurde die Stimmung pro österreichisch“, so Historiker Michael Hess.

Im Friedensvertrag von Saint Germain in Paris wurde am 10.September 1919 das heutige Burgenland Österreich zugesprochen. Mit dem sogenannten Burgenlandgesetz am 25. Jänner 1921 wurde das Burgenland Teil Österreichs – auf dem Papier. „Es ist einfach drinnen gestanden, dass das Burgenland ein Bundesland Österreichs ist und somit war das auch gesetzlich verankert – und völkerrechtlich war es sowieso schon verankert im Friedensvertrag von Saint Germain und Trianon, dem ungarischen Friedensvertrag“, so der Historiker.

Ungarische Freischärler leisten Widerstand
Bei der Übernahme – der „Landnahme“ – durch österreichische Gendarmerieeinheiten am 28. August 1921 leisteten ungarische Freischärler erbitterten Widerstand. Die Gendarmerie zog sich am 30. August zurück. Am 1. September forderte Ungarn im Tausch gegen das Burgenland Ödenburg – die Alliierten lehnten ab.

Die Freischärler blieben – am 4. September 1921 drangen sie bis Kirchschlag in Niederösterreich vor – am 8. September kam es bei Agendorf/Agfalva zu einem Gefecht. Die Freischärler kamen, um zu bleiben und gründeten am 4. Oktober 1921 einen „Staat“ – das Leithabanat. Der Staat bestand dann ein Monat. Es habe dann ein eigenes Wappen, eigene Minister gegeben, die Briefmarken seien relativ bekannt – dann musste man sich – auch auf Druck des offiziellen Ungarns – zurückziehen, so Hess.

Fotostrecke
ORF
Im Friedensvertrag von Saint Germain in Paris wird am 10. September 1919 das heutige Burgenland Österreich zugesprochen
ORF
Im Friedensvertrag von Saint Germain in Paris wird am 10. September 1919 das heutige Burgenland Österreich zugesprochen
ORF
Mit dem sogenannten Burgenlandgesetz am 25. Jänner 1921 wird das Burgenland Teil Österreichs – auf dem Papier
ORF
Mit dem sogenannten Burgenlandgesetz am 25. Jänner 1921 wird das Burgenland Teil Österreichs – auf dem Papier
ORF
Ungarische Freischärler – paramilitärische Einheiten, die das Burgenland besetzten
ORF
Über das Schicksal Ödenburgs gibt es eine umstrittene Volksabstimmung
ORF
Propagandablatt der ungarischen, kommunistischen Räterepublik 1919
ORF
Die Entscheidungen über das Burgenland fiel in in Venedig und war endgültig. Das Burgenland blieb bei Österreich.
ORF
Die „Landnahme“ durch österreichische Gendarmerieeinheiten bei Agendorf/Agfalva
ORF
Einzug von Bundesheersoldaten ins neue Bundesland Burgenland im November 1921

Umstrittene Abstimmung um Ödenburg
Die Entscheidung über das Burgenland fiel in in Venedig und endgültig. Das Burgenland blieb bei Österreich, das Bundesheer traf auf keine Gegenwehr – über das Schicksal Ödenburgs gab es eine umstrittene Volksabstimmung. „Es hat Malversationen gegeben, das ist fix und es steht auch fest. Die Forschung sagt aber, dass das Ergebnis so eindeutig war, dass es sich um ein paar Prozentpunkte verändert hätte, wenn es diese ganzen Tricksereien nicht gegeben hätte, aber es wäre auf jeden Fall pro ungarisch ausgegangen“, sagte der Historiker. Ödenburg ging verloren – das Burgenland blieb bei Österreich, die endgültigen Grenzen des neuen Bundeslandes standen erst 1923 fest.
24.03.2021, red, burgenland.ORF.at
Meilensteine auf dem Weg zum Burgenland
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#6
„Bleiben oder gehen?“ und die Suche nach einer Landeshauptstadt
Im Jubiläumsjahr „100 Jahre Burgenland“ läuft in „Radio Burgenland Extra“ die Serie „Geschichte im Gespräch“. Historiker Michael Schreiber von der Burgenländischen Forschungsgesellschaft spricht mit Kulturredakteurin Bettina Treiber über markante Ereignisse der Geschichte: diesmal über die Amerika-Auswanderung und die Suche nach einer burgenländischen Landeshauptstadt.

Teilen
Am 25. Jänner 1921 wurde das erste Burgenland-Gesetz im Österreichischen Nationalrat beschlossen. Das besagt auch, dass das Burgenland bis zur Bestellung einer Landesregierung durch eine „Verwaltungsstelle für das Burgenland“ regiert werden soll. Zum Landesverwalter wurde Dr. Robert Davy ernannt, ein Sektionschef im Innenministerium, mit schottischen Wurzeln, der schon seit Mai 1919 mit Vorarbeiten zur Angliederung des Burgenlandes beschäftigt war.

Neue Landeshauptstadt gesucht
Durch den Wegfall Soprons, nach der Volksabstimmung am 14. bzw. 16. Dezember 1921, musste sich das Burgenland nach einer neuen Hauptstadt umsehen. Zunächst wurde Bad Sauerbrunn zum Sitz der Verwaltungsstelle. Nach der ersten Landtagswahl im Burgenland am 18. Juni 1922 kam es zu einem Spagat zwischen Bad Sauerbrunn und Eisenstadt. Während die Landesregierung in Bad Sauerbrunn residierte, wo genügend freie Infrastruktur zur Verfügung stand, tagte der Landtag in der heutigen Martinkaserne in Eisenstadt. Dieser Zustand war auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten und so bewarben sich gleich vier Orte darum, neue Landeshauptstadt des Burgenlandes zu werden: Bad Sauerbrunn, Mattersburg, Eisenstadt und Pinkafeld. Die Orte überboten einander mit Versprechungen im finanziellen und infrastrukturellen Bereich.


ORF
Bad Sauerbrunn
ORF
Pinkafeld
ORF
Mattersburg

Die Entscheidung brachte der 30. April 1925. An diesem Tag trat der Landtag zusammen und bestimmte, im fünften Wahlgang, dass die Freistadt Eisenstadt zum Sitz der Landesregierung und des Landtags werden soll. Die Entscheidung gegen Bad Sauerbrunn war nicht leicht gewesen, weil Eisenstadt zwar aufgrund seiner städtischen Struktur, seiner Kultur und Geschichte Vorzüge genoss, allerdings die finanziell günstigste Lösung darin bestanden hätte, Bad Sauerbrunn zur Hauptstadt zu machen, da die Infrastruktur schon vorhanden war und die Landesregierung bereits dort residierte. Eisenstadt konterte mit lockenden Versprechungen im Bereich der Bauvorhaben.

Nachdem Eisenstadt die Zusage bekommen hatte, wurde damit begonnen 150 benötigte Beamtenunterkünfte in der heutigen Ignaz-Till-Straße und das Landhaus zu errichten. Das Landhaus wurde bis Ende 1929 fertig und die Wohnungen boten spätestens ab 1931 den Beamten eine Unterkunft. Diese Änderungen zeigten auch einen wirtschaftlichen, infrastrukturellen und demographischen Aufstieg der Kleinstadt.

ORF
Ignaz-Till-Straße in Eisenstadt

Auswanderungsland Nummer eins
In der Zwischenkriegszeit wurde nicht nur eine Landeshauptstadt gesucht und gefunden, es begann auch die größte Auswanderungswelle aus dem Burgenland in Richtung Nordamerika. In dieser Zeit entwickelte sich das Burgenland zum bedeutendsten Auswanderungsland Österreichs. 1922 und 1923 kamen mehr als 60 Prozent aller österreichischen Auswanderer aus dem Burgenland. In diesen Jahren verließen durchschnittlich 600 Auswanderer pro Monat das Burgenland.

ORF
Aus keinem anderen Bundesland wanderten zwischen 1921 und 1935 mehr Menschen aus. Dabei nahmen die Zahlen der Auswanderer geographisch von Nord nach Süd und von West nach Ost stark zu, sodass die meisten burgenländischen Auswanderer aus dem Südburgenland nahe der ungarischen Grenze stammten. Am stärksten von der Auswanderung war hier der Bezirk Güssing betroffen. 1939 lebte jeder fünfte in Güssing Geborene in Amerika. In diesem Bezirk findet sich mit Neuberg auch jener Ort, der die meisten burgenlandkroatischen Auswanderer fasst. Über 500 Neuberger haben ihre Heimat verlassen und sind nach Amerika ausgewandert, meist in die Gegend um Chicago.

Die Beweggründe für diesen burgenländischen Exodus lassen sich in mehreren Impulsen finden, wobei die wirtschaftliche Situation mit Sicherheit ein gewichtiger Faktor war. Daneben waren die nach dem Ersten Weltkrieg aufstrebenden USA ein attraktives Ziel vor allem für die ärmsten Bewohner des Burgenlandes, die die größte soziale Gruppe der Auswanderer stellte.

ORF
Foto aus dem Jahr 1921: Schandorfer machten sich auf den Weg nach Amerika

Mattersburg ist anders
Obwohl Nordamerika als Ziel der meisten burgenländischen Auswanderer gilt, zogen einige auch in andere Gebiete der Welt, vor allem Südamerika. Im Bezirk Mattersburg wanderten mehr Menschen nach Argentinien aus als nach Nordamerika. Diesen Überhang findet man sonst in keinem burgenländischen Bezirk. Einzig im Ort Lackenbach findet sich ein ähnlicher Überhang. Den Ort verließen 1928 erstmals elf Männer, um nach Buenos Aires auszuwandern.

Der bekannteste burgenlandkroatische Auswanderer in Richtung Argentinien dürfte Ivan Jagsich aus Oslip gewesen sein. 1912 ausgewandert wurde er in der Zwischenkriegszeit an die Universität in Córdoba berufen, wo er Kartographie, Geodäsie, Topographie und Meteorologie lehrte und sich in diesen Disziplinen einen guten Ruf, weit jenseits der Grenzen Argentiniens, erarbeitete. Noch heute erinnert die Juan-Jagsich-Straße in Córdoba, der zweitgrößten Stadt Argentiniens, an ihn.

ORF
Einige Familien siedelten später wieder nach Minihof zurück und benannten ihre Gasse nach South Bend, der Stadt in Amerika: „Sotbend“

Das Ehepaar Perner aus Marz zog in der Zwischenkriegszeit nach Argentinien. Ihr Sohn Carlos hat als Skifahrer der argentinischen Nationalmannschaft sogar an den Olympischen Spielen 1964 in Innsbruck teilgenommen, wo er im Riesenslalom den 63. Platz für Argentinien belegte.

Von den etwa 2.200 Burgenländerinnen und Burgenländern, die in der Zwischenkriegszeit nach Argentinien ausgewandert sind, fanden nicht alle einen guten Anschluss. Andreas Fischl aus Mörbisch, der nach Buenos Aires ausgewandert war, schrieb 1929 gar einen Brief an das Wanderungsamt im Bundeskanzleramt, dass Burgenländer vor einer Ausreise nach Argentinien gewarnt werden sollten, da es für sie in Argentinien so gut wie keine Möglichkeit auf Arbeit oder Aufstieg gäbe.

„100 Jahre Burgenland“ im ORF Burgenland
Auch die Volksgruppenredaktion des ORF Burgenland widmet sich ein Jahr lang dem Jubiläum „100 Jahre Burgenland“. In 50 Hörfunk-Beiträgen, die jeden Montag um 18.15 Uhr in kroatischer Sprache auf Radio Burgenland zu hören sein werden, erzählt Schreiber die Geschichte des Burgenlandes beginnend mit den ersten Eingliederungsideen und dem Nikitscher Aufstand bis hin zur Rolle der Esterhazys – mehr dazu in Povijest Gradišća od samih početkov.

ORF
Historiker Michael Schreiber von der Burgenländischen Forschungsgesellschaft

In Anlehnung an die wöchentliche Serie in der Volksgruppen-Kultursendung ist in „Radio Burgenland Extra“ die 13-teilige Gesprächsreihe mit Historiker Michael Schreiber in deutscher Sprache zu hören. Unter dem Titel „100 Jahre Burgenland – Geschichte im Gespräch“ führt Kulturredakteurin Bettina Treiber Interviews mit dem 32-jährigen Historiker aus Nikitsch zur Geschichte des Burgenlandes. Die Gesprächsreihe wird jeden letzten Donnerstag im Monat um 20:04 Uhr in Radio Burgenland Extra ausgestrahlt. Mehr dazu in „100 Jahre Burgenland“ im ORF Burgenland.
26.01.2021, Bettina Treiber, burgenland.ORF.at
„Bleiben oder gehen?“ und die Suche nach einer Landeshauptstadt
 
Gefällt mir: bgld

josef

Administrator
Mitarbeiter
#7
Zeitdokument: Tagebuch aus 1921
In Müllendorf ist nun ein Tagebuch aufgetaucht, in dem eindrucksvoll die Ereignisse vor 100 Jahren aufgezeichnet wurden. Geschildert wird wie das Burgenland zu Österreich gekommen ist und welche Ängste und Nöte die Menschen in Müllendorf vor 100 Jahren hatten.

Teilen
Der Schustermeister Franz Pinter aus Müllendorf führt Tagebuch. Ausführlich schreibt er über das Frühjahr 1921. Der Dorfchronist Fritz Ringhofer analysierte den Inhalt des Tagebuchs. „Wir waren damals in der Situation, dass wir zu Ungarn gehört haben, aber deutsch sprechend waren. Das war einfach die Situation“, so Ringhofer.

Die ersten Hiobsbotschaften verbreiteten Bewohner von Mörbisch, Rust und Sankt Margarethen, die vor ungarischen Freischärlern flüchten müssen. Sie zogen zu Hunderten durch das Dorf und hinterließen die Schreckensmeldungen, so Ringhofer. Bald mussten sich auch viele Müllendorfer vor den Freischärlern in Sicherheit bringen. Sie zogen Richtung Niederösterreich – dort aber waren sie nicht willkommen.

Fotostrecke
ORF
Das Tagebuch von Schustermeister Franz Pinter aus Müllendorf
ORF
Das Tagebuch von Schustermeister Franz Pinter aus Müllendorf
ORF
Das Tagebuch von Schustermeister Franz Pinter aus Müllendorf
ORF
Der Müllendorfer Chronist Fritz Ringhofer analysierte das Tagebuch
ORF
Das Tagebuch von Schustermeister Franz Pinter aus Müllendorf
ORF
Das Tagebuch von Schustermeister Franz Pinter aus Müllendorf

Immer wieder Schießereien
Es kommt in den Dörfern immer wieder zu Schießereien und Kämpfen zwischen Freischärlern und österreichischen Beamten. Zwei ungarische Freischärler patrouillierten zwischen Müllendorf und Hornstein und legten eine Rast versteckt in einem Gestrüpp ein. „Eine Frau, die in den Weingärten gearbeitet hat, sah, dass die Freischärler dort liegen und sich die Radfahrtruppe aus Österreich annähert. Sie hat zugerufen, dass jemand kommt. Die Ungarn standen auf und wurden erschossen“, erzählte Ringhofer.

Franz Pinter hält im Juli 1921 in seinem Tagebuch fest: „So bleiben wir wiederum Westungarn“. Kurz darauf später schrieb er aber: „Endlich sind wir zu Österreich gekommen und hatten den Namen Burgenland.“
12.04.2021, red, burgenland.ORf.at
Zeitdokument: Tagebuch aus 1921
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#8
„100 Jahre Burgenland bei Österreich" - Sonderausstellung auf Burg Güssing ab 30. April.
Burg Güssing – Perle des Südburgenlandes
1619506083093.png

Die Burg Güssing ist die älteste Burg des Landes und prägt eine ganze Region. Die Burg steht auf einem erloschenen Vulkankegel und ist schon von Weitem sichtbar. Errichtet wurde sie im 12.Jahrhundert und war jahrelang eine Festung gegen Angriffe aus dem Osten.

Teilen
Seit dem 16.Jahrhundert ist die Burg Stammsitz der Adelfamilie Batthyany. Heute ist sie eine beliebte Touristenattraktion und Schauplatz Kulturveranstaltungen. Doch zunächst muss renoviert werden: Anfang der 1960er-Jahre ist Burg Güssing baulich in einem schlechten Zustand. 1990 ist es dann soweit: Die Ausstellung über das Leben der Ritter wird ein Publikumserfolg. So wie auch manche Theateraufführung: 1994 steht das Stück „Iwein der Schreckliche“ auf dem Programm. Veranstaltungen wie diese sind bis heute ein Fixpunkt im Kulturprogramm der Güssinger.

„Wahrzeichen für Stadt und Region“
Die Bedeutung der Burg fasst Burgmanager Gilbert Lang so zusammen: „Unsere Burg Güssing wird auch die Perle des Südburgenlandes genannt. Sie ist nicht nur Wahrzeichen für Stadt und Region Güssing, sondern auch Wahrzeichen für alle Auslandsburgenländer in Übersee“, so Burgmanager Lang.

Seit 1999 führt ein Aufzug die Besucherinnen und Besucher auf die Burg hinauf. Investitionen wie diese wären ohne die öffentliche Hand nicht zu finanzieren. Wer zahlt, schafft an. Seit Jahrzehnten hat das Land das Sagen in jener Stiftung, die Eigemtümerin der Burg ist – nach jener Familie, die bis heute untrennbar mit der Festung verbunden ist: „Die Familie Batthyany feiert hier einmal im Jahr ein großes Familienfest. Es gibt auch Hochzeiten der Familie hier auf der Burg Güssing. Die Familie sitzt auch im Stiftungsbeirat der Burg“, erklärt Lang.

Fotostrecke
ORF
ORF
ORF
ORF
ORF

Sonderausstellung zum Jubiläum
Derzeit laufen die Vorbereitung auf eine Sonderausstellung zum Thema „100 Jahre Burgenland“. Gezeigt werden noch nie gezeigte Fotos und Exponate, etwa von der Entstehung des Burgenlandes. Für das Publikum zugänglich ist die Sonderausstellung auf Burg Güssing ab 30. April.
27.04.2021, red, burgenland.ORF.at
Burg Güssing – Perle des Südburgenlandes
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#9
„Geschichte im Gespräch“
Von gewieften Tricksern und gefährlichen Schmugglern
Im Jubiläumsjahr „100 Jahre Burgenland“ läuft in „Radio Burgenland Extra“ die Serie „Geschichte im Gespräch“. Mit Historiker Michael Schreiber spricht Kulturredakteurin Bettina Treiber diesmal über den Schmuggel zwischen dem Burgenland und Ungarn in den 1920er und 30er Jahren – eine gefährliche Zeit für Schmuggler wie Zöllner.
Online seit heute, 18.30 Uhr
Teilen
Durch die Grenzziehung zwischen Österreich und seinen östlichen Nachbarländern nach dem Ersten Weltkrieg wurden gewachsene Sozial-, Arbeits- und Wirtschaftsräume zerrissen. Bis dahin hatte das Burgenland durch seine Lage inmitten einer wirtschaftlichen Ost-West-Achse vom Handel mit Agrarprodukten profitiert. Mit der Errichtung der harten Grenze kam dem Burgenland allerdings der östliche Teil dieser Achse und damit ein wichtiger Absatzmarkt für diese Produkte abhanden. Im Norden brach Bratislava als wichtiger Absatzmarkt weg, während die Bezirke Eisenstadt, Mattersburg und Oberpullendorf unter dem Wegfall Soprons litten. Im Südburgenland schmerzte vor allem der Wegfall Szombathelys. Industriegebiete gab es im Westen Ungarns nicht, da Ungarn diese noch im 19. Jahrhundert nach Zentralungarn gelenkt hatte. Dadurch bedingt trat die infrastrukturelle Rückständigkeit des Burgenlandes schmerzlich in den Vordergrund.

ORF
Die Bauern konnten von ihren Erträgen kaum leben

Kein Auskommen durch Landwirtschaft
Zwei Drittel der gesamten Bevölkerung waren in der Land- und Forstwirtschaft tätig. Doch viele von ihnen waren Kleinbauern, die aufgrund ihrer Kapitalschwäche darüber hinaus auf Lohnarbeit angewiesen waren. Die großen Agrarflächen des Landes waren nach wie vor in den Händen des ungarischen Erbadels, der diese mit Tagelöhnern bestellte. Die Zahl der freien Arbeitsstellen war klein, die Arbeitslosigkeit in der Zwischenkriegszeit hoch. Wer in dieser Situation etwas Geld verdienen wollte, fand entlang der Grenze im Schmuggel eine Möglichkeit, sein karges Auskommen aufzubessern. Gerade in den Bereichen der Versorgung mit Nutztieren und Lebensmitteln stiegen damit in der Zwischenkriegszeit in den Ortschaften entlang der neuen Grenze die Schmuggelaktivitäten stark an. Doch nicht nur der Schmuggel hielt in den Grenzorten Einzug.

ORF
Bis in die 1950er wurde viele Zollhäuser errichtet

Neue Grenzposten aufgebaut
Mit der Etablierung der Grenze wurde auch ein neues Grenzregime installiert. Da sich die östliche Grenze Österreichs durch die Angliederung des Burgenlandes von Niederösterreich und der Steiermark weiter nach Osten verlagert hatte, wurden mit der Grenze auch die Beamten der Zollwache ostwärts verschoben. Auf österreichischer Seite wurden entlang der Grenze in den Jahren zwischen 1923 und 1950 28 Zollhäuser gebaut, um den Beamten der Zollwache Unterkunft zu geben.

Schmuggeln leicht gemacht
Die an die neue Grenze versetzten Zollbeamten – zumeist aus der Steiermark und Niederösterreich – waren ortsunkundig und hatten den Schmugglern vor Ort wenig entgegenzusetzen. Darüber hinaus waren die Beamten auch personell unterbesetzt, um in den ersten Jahren der 1920er Jahre ernsthaft gegen die Schmuggler vorzugehen. Derartige Berichte liegen beispielsweise für das untere Pinkatal vor, wo von Eberau aus ein reger Weinschmuggel mit dem ungarischen Nachbarort Prostrum betrieben wurde. Etwas weiter nördlich, rund um Schandorf, operierten gar größere Schmuggelbanden.

Vereinzelt kam es schon Anfang der 1920er Jahre zu Feuergefechten bei denen Schmuggler und Beamte verletzt oder gar getötet wurden, unmittelbar nach der Installierung der neuen Grenze dürften solche Vorfälle allerdings selten gewesen sein. Aus der Gegend um Rohrbach bei Mattersburg gibt es sogar Erinnerungen ehemaliger Schmuggler, in denen es heißt, dass es oftmals sogar ungefährlich war am hellen Tag den kürzesten Weg über die Grenze zu nehmen, da die Zollbeamten in so großen räumlichen Abständen stationiert waren, dass von ihnen keine Gefahr ausging, geschnappt zu werden, und wenn man geschnappt wurde, verfuhren sie milde.

Hinzu kam, dass die Zöllner, die ohnedies schlecht verdienten, ihren Dienst nicht immer nach Vorschrift versahen und bewusst einige Schmuggler übersahen. Diese revanchierten sich dann dadurch, dass sie den milden Zöllnern die eine oder andere geschmuggelte Gans zukommen ließen. War es also zu Beginn der 1920er Jahre noch relativ ungefährlich zu schmuggeln, so sollte sich dies bis in die 1930er Jahre ändern.

Lebensmittel als Schmuggelware
Gegen Ende der 1920er Jahre nahm die Arbeitslosigkeit im Burgenland stark zu. Arbeitslosengeld bekam nur, wer mindestens zwanzig Wochen Erwerbsarbeit im Jahr nachweisen konnte. So gab es in manchen burgenländischen Orten Anfang der 1930er Jahre mehr Arbeitslose als solche die Arbeit hatten. Vor diesem Hintergrund stiegen auch die Schmuggelaktivitäten stark an. Geschmuggelt wurden vor allem Lebensmittel: Aus Österreich schmuggelte man Textilwaren, Kaffee und Zucker aus den nahegelegenen Fabriken in Siegendorf und Hirm und brachte Lebensmittel wie Mehl, Eier oder Fleisch wieder über die Grenze nach Österreich.

ORF
Aus der Siegendorfer Zuckerfabrik wurde Zucker nach Ungarn geschmuggelt

Die Schmuggler – meist junge Männer – gaben das geschmuggelte Gut oft an die eigenen Familienangehörigen weiter, die es wiederum auf Märkten weiterverkauften, womit es eine bestimmte Form der Arbeitsteilung innerhalb der Schmugglerszene gab. Daneben gab es auch große Schmugglerbanden mit bis zu 100 Mitgliedern, manchmal sogar mehr, die in großem Stil schmuggelten und zum Teil gut bewaffnet waren. Dadurch schaukelte sich wiederum die Gewalt entlang der Grenze zunehmend auf.

Schmuggeln wird lebensgefährlich
Zollbeamte sahen sich durch die potenzielle Gefahr auf bewaffnete Schmuggler zu stoßen immer häufiger dazu veranlasst von ihrer Schusswaffe Gebrauch zu machen. 1932 erreichte die Gewalt an der Grenze einen traurigen Höhepunkt und 240 Bundesheersoldaten wurden der Zollwache zur Seite gestellt. In einer koordinierten Aktion wurde beispielsweise der Ort Rohrbach von Beamten der Zollwache, der Gendarmerie und Soldaten des Bundesheeres umstellt, einige Schmuggler nach vorgefertigten Listen verhaftet und nach Loipersbach zum Verhör gebracht. Diese Listen zeigen, dass auch innerhalb der Schmuggler konkurrierendes Verhalten gab und man sich dadurch Vorteile verschaffte, indem man die andere Bande bei den Behörden anzeigte.

Raffinierte Tricks in Kroatisch Minihof
Durch einen Erlass, der die Einfuhr von Vieh nach Österreich verbot, stieg die Zahl der lebend geschmuggelten Tiere stark an. 1933 überstieg der illegale Viehhandel zeitweise sogar den legalen Handel mit Nutztieren. Die Methoden, die für diese Form des Schmuggels genutzt wurden, waren äußerst einfallsreich. In Kroatisch Minihof, wo es zum Teil enge Sozialkontakte mit der Nachbargemeinde Und gab, wurde besonders raffiniert geschmuggelt. Nach Und wurde die Nachricht abgesetzt, dass man für einen bestimmten Tag einen Ochsen brauche, worauf dieser auf ungarischer Seite von den Kontakten in Und besorgt wurde.

ORF
Auch Tiere wurden geschmuggelt

Am vereinbarten Tag ging der burgenländische Schmuggler dann mit einem Ochsen über die Grenze, um eines seiner Felder, die nach der Grenzziehung in Ungarn lagen, zu bearbeiten. Er wartete bis es zur Wachablöse kam – denn die neuen Zollbeamten wussten nicht, wie viele Ochsen er am Vormittag über die Grenze mitgenommen hatte – daraufhin kehrte der Schmuggler mit zwei Ochsen nach Kroatisch Minihof zurück.

„100 Jahre Burgenland“ im ORF Burgenland
Auch die Volksgruppenredaktion des ORF Burgenland widmet sich ein Jahr lang dem Jubiläum „100 Jahre Burgenland“. In 50 Hörfunk-Beiträgen, die jeden Montag um 18.15 Uhr in kroatischer Sprache auf Radio Burgenland zu hören sein werden, erzählt Schreiber die Geschichte des Burgenlandes beginnend mit den ersten Eingliederungsideen und dem Nikitscher Aufstand bis hin zur Rolle der Esterhazys – mehr dazu in Povijest Gradišća od samih početkov.
29.04.2021, Bettina Treiber, burgenland.ORF.at

Links:
Von gewieften Tricksern und gefährlichen Schmugglern
 
#10
100 Jahre Burgenland: Brüssel blickt dank Geschichtslehrer auf das Land:





Zeitsprünge - 100 Jahre Burgenland

Wie hat sich die Welt in den letzten 100 Jahren verändert? Dieser Frage geht, wie berichtet, der pensionierte Geschichtslehrer Walter Hermann aus Pöttsching zum Jubiläum des Burgenlandes nach. Seine faszinierenden „Zeitsprünge“ (www.burgenland100.at) weckten nun das Interesse von Museumsfachleuten für europäische Historie in Belgien.

Ansichten von einst und die Gegenwart stellt das Internetprojekt „Zeitsprünge“ gegenüber. Schon auf den ersten Blick ist auf der von Hermann gestalteten Webseite der Wandel erkennbar. Geplant waren 100 Zeitsprünge zu 100 Jahren Burgenland.




Jeder konnte mitmachen
Jeder war aufgefordert, Fotos aus dem Familienalbum oder historische Aufnahmen perspektivengetreu nachzufotografieren und auf der Plattform zu dokumentieren. „700 Bilder wurden bereits hochgeladen, fast täglich kommen neue dazu“, sagt der Professor für Geschichte, Religion und Informatik, der im Gymnasium Wolfgarten in Eisenstadt nicht nur Lehrer, sondern auch Administrator sowie für EDV und die E-Learning-Vermittlung zuständig war.



Haus der Geschichte in Brüssel
Mit seinem aktuellen Projekt will er in Staunen versetzen und zum Nachdenken anregen: „Ist damals wirklich alles schöner gewesen?“ Aufmerksamkeit erregte Hermann damit im Zentrum der EU. Die besten „Zeitsprünge“ sollen in das Europäische Haus der Geschichte in Brüssel aufgenommen und einem breiten Publikum präsentiert werden. „Eine Kooperation wurde vereinbart, die in kleinen Schritten nun beginnt“, freut sich Hermann.

----------------------------------------------------------------
Hier geht es zu den Zeitsprüngen: www.burgenland100.at
Die ersten Storys im "My House of European History" sind hier zu lesen: All stories | My House of European History | #StoriesOfEurope
Quelle Kronenzeitung: Brüssel blickt dank Geschichtslehrer auf das Land
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
#11
Sonderausstellung im Diözesanmuseum Eisenstadt: "Pannonische Geschichte(n). 60 Jahre Diözese Eisenstadt - 100 Jahre Land Burgenland"

Eisenstadt, 29.04.2021 (KAP) Die wiedereröffnete Sonderausstellung "Pannonische Geschichte(n). 60 Jahre Diözese Eisenstadt - 100 Jahre Land Burgenland" im Diözesanmuseum Eisenstadt zeigt aktuell den zweiten Zyklus zu den Entstehungsgeschichten der Diözese und des Burgenlandes. Darüber hinaus reflektiert sie mit zeitgenössischer Kunst und stellt Zukunftsperspektiven in den Raum. Die Ausstellung läuft bis zum 11. November.

Die für 2020 und 2021 konzipierte Doppelausstellung "Pannonische Geschichten" machte vergangenen Oktober auf das 60-jährige Bestehen der Diözese Eisenstadt aufmerksam und thematisiert heuer die 100-jährige Geschichte des Burgenlandes. Beide Ausstellungskonzepte sind ab sofort mit Tragen einer FFP2-Maske und dem Einhalten der gewohnten Abstandsregelungen wieder möglich, berichtete Bernhard Waldhäusl, Leiter des Diözesanmuseums Eisenstadt, im Gespräch mit Kathpress. Führungen werden aus Sicherheitsgründen aber noch keine angeboten.

In der Schau auf 1800 Quadratmetern werden Artefakte der römischen Antike, historische Exponate wie kirchenpolitische Schriftstücke, Mobiliar, liturgische Kleidung und eine Vielzahl an Geschichten über bedeutsame Frauen und Männer des Burgenlandes und der Diözese gezeigt.

Zu einer Gegenüberstellung von Geschichte und Vergangenheit der Kirche und des Bundeslandes kommt es am Beispiel von eigens für die Ausstellung konzipierten Aquarellen und Druckgrafiken des Grazer Künstlers Herwig Tollschein mit barocken Paramenten (Ordensgewändern) aus der Propsteipfarre Eisenstadt-Oberberg. Ebenfalls in der Ausstellung ist ein Restaurierungsprojekt von historischen Zunftfahnen, das in Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum Burgenland gestartet wurde. Auch ein Gemäldezyklus mit der Darstellung franziskanischer Heiligen des Barockmalers Stephan Dorfmeister ist zu sehen.

Prägende Persönlichkeiten

Auf mehrere historische und prägende Persönlichkeiten macht die Ausstellung aufmerksam, darunter eine gewisse Frau Rhuska, die das Ornat des ersten Eisenstädter Bischofs Josef Schoiswohl anfertigte, den dafür benötigten Brokatstoff aus den Niederlanden einschmuggelte und die "Burgenländische Werkstätte" gründete. Weiters wird Pater Kapistran Pieller vorgestellt, der sich als ehemaliger Vorsteher des Franziskanerklosters in Eisenstadt während des Zweiten Weltkriegs der Widerstandsgruppe "Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreichs" angeschlossen hatte. Nach einem langen Leidensweg in Gestapo-Haft wurde er 1944 zum Tode verurteilt und im April 1945 erschossen. In der Ausstellung sind einige Schriften zu sehen, die er während seiner Haftzeit verfasste und Zeugnis von seinem Widerstand gegenüber dem NS-Regime ablegen.




2021 ist im Rahmen der Ausstellung auch ein Schwerpunkt auf die bisherigen Landeshauptleute dazugekommen, sagte Waldhäusl. Der Museumsleiter berichtet weiter, dass die üblichen Besucherzahlen im Diözesanmuseum 2020 coronabedingt um rund drei Viertel gesunken sind.

Die Sonderausstellung im Eisenstädter Diözesanmuseum wird bis 11. November 2021 gezeigt und kann Mittwoch bis Samstag von 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr besucht werden; an Sonn- und Feiertagen zusätzlich nach Voranmeldung.

(Infos: Pannonische Geschichte(n): Von Widerstandsgeistlichen, starken Frauen und Öffnung)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#12
Das Auswanderermuseum in Güssing
1620369349289.png

Das Auswanderermuseum in Güssing erinnert an eine Zeit, als Tausende Burgenländerinnen und Burgenländer, getrieben von wirtschaftlicher Not, ihre Heimat verlassen mussten. Besonders aus dem Bezirk Güssing wanderten viele Menschen nach Amerika aus.

Teilen
Ihre Zahl kann nur grob geschätzt werden. Es waren jedenfalls mehr als 60.000 Menschen, die ab Beginn des 20. Jahrhunderts das Burgenland Richtung Amerika verlassen hatten. Höhepunkt der Auswanderung war das Jahr 1923. Heute würde man von Wirtschaftsflüchtlingen sprechen, denn die Menschen waren getrieben von purer Armut. Die Bauernhöfe vor allem im Südburgenland waren schlicht zu klein für die kinderreichen Familien.

ORF
Das Leben vieler Burgenländerinnen und Burgenländer war von Armut geprägt

Acht von zehn Auswanderern suchten ihr Glück in den USA, wo Arbeitskräfte willkommen waren. Oft seien die Männer zuerst allein ausgewandert, erst später seien dann ihre Frauen nachgekommen, viele Kinder blieben sogar daheim und wurden von den Großeltern aufgezogen, erzählt Erwin Weinhofer vom Auswanderermuseum in Güssing.

Fotostrecke
ORF
ORF

ORF

ORF

ORF

ORF

Auf der Suche nach dem „American Dream“
Das Auswanderermuseum zeigt Fotos, Briefe, Dokumente und seltene Exponate wie den Reisekoffer des vermutlich ersten Auswanderers John Wenzel aus Grodnau. Die große Karriere vom Tellerwäscher zum Millionär gelang nur ganz wenigen. Viele erreichten aber immerhin bescheidenen Wohlstand, so Erwin Weinhofer. Meist hätten sich die Auswanderer dort niedergelassen, wo schon andere Burgenländer waren und hätten in Fabriken oder in Brauereien oder die Frauen in Nähereien gearbeitet, erklärt Weinhofer.

Die Emigranten hielten untereinander Kontakt und pflegten auch die Verbindung zur alten Heimat. Bis heute finden in Moschendorf regelmäßig Treffen der Auslandsburgenländer statt. Alle paar Jahre besucht eine Delegation aus dem Burgenland die Auswanderer beziehungsweise deren Nachkommen in den USA.
07.05.2021, red, burgenland.ORF.at
Das Auswanderermuseum in Güssing
 
Gefällt mir: bgld

josef

Administrator
Mitarbeiter
#13
Das Haus der Volkskultur in Oberschützen
Besonders tiefe Einblicke in die burgenländische Geschichte gibt das Haus der Volkskultur in Oberschützen (Bezirk Oberwart).

Teilen
Keimzelle des Hauses der Volkskultur in Oberschützen ist ein Heimatmuseum, in dem die Sammlung Simon untergebracht ist. Zu sehen sind bäuerliche Gerätschaften und Alltagsgegenstände aus längst vergangenen Zeiten. Der Arkadenhof wurde um einen modernen Zubau erweitert. Es entstand das 2003 eröffnete Haus der Volkskultur.

Fotostrecke
ORF
ORF
ORF
ORF
ORF
ORF

Der Ui-Dialekt
Dieses bietet Platz für diverse Veranstaltungen und ist Sitz des Volksliedwerkes und des Hianzenvereins. „Gerade in Zeiten, wo die Globalisierung ein Thema ist, bemerken wir, dass das den Leuten ein gutes Gefühl gibt ihre eigene Sprache zu sprechen und auch zu kennen. Wir treffen immer wieder Leute, die früher keinen Dialekt sprechen durften, weil das früher nicht modern war und denen das jetzt sehr leid tut“, sagte Geschäftsführerin Doris Seel über die Bedeutung des Ui-Dialektes in heutiger Zeit.

Jugend über Mundart und Bräuche begeistern
Das Haus der Volkskultur ist ein lebendiges Zentrum für alle Aspekte des Brauchtums. Dafür die Jugend zu interessieren, sei nicht ganz einfach, so Geschäftsführerin Doris Seel.

Es gebe zwei Zugänge. „Das eine ist einmal über die Sprache und über den Dialekt, der ja durchaus wieder modern ist. Die jungen Menschen unterhalten sich sowieso im Dialekt oder schreiben sich Nachrichten im Dialekt. Das Zweite ist über das Brauchtum. Das ist durchaus auch nicht unmodern; man denke nur an Hochzeiten oder bestimmte Bräuche, die die jungen Leute wieder entdecken“, sagte Seel.
Im Vorjahr hat sich das Haus der Volkskultur wegen Corona auf das Publizieren und Archivieren beschränkt. Für heuer sind wieder Veranstaltungen geplant.
14.05.2021, red, burgenland.ORF.at
Das Haus der Volkskultur in Oberschützen
 
Gefällt mir: bgld

josef

Administrator
Mitarbeiter
#14
Das Vermächtnis der Zeitzeugen von 1921
1621156902754.png

Die Zeitzeugen von 1921, die die Geburt des Burgenlandes bewusst miterlebt hatten, sind gestorben. Doch ihre Erzählungen bleiben durch das Medium Fernsehen in Erinnerung: „Oral History“ hält historische Ereignisse aus einem persönlichen Blickwinkel lebendig.

Teilen
Die Zeitzeugen der Geburtsstunde des Burgenlandes sind gegangen, ihre Geschichten bleiben: ihre Geschichten aus dem deutschsprachigen, ungarischen Land, ihre Geschichten aus der Zeit vor dem Burgenland. „Fließend Ungarisch haben wir ja nicht reden können, nur so einzelne Wörter gerade“, erzählte Karoline Wurm aus Gols 1991 in einem Interview. Allerdings könne sie ungarische Gedichte, die Hymne und Lieder noch immer.

Große Frage: Österreich oder Ungarn?
Eine Frage beschäftigte in der Zeit vor 1921 alle im späteren Burgenland: „Bleiben wir bei Ungarn oder bleiben wir bei Österreich?“ Die Leute damals seien schon für Österreich gewesen, erzählte Anna Novak aus Halbturn 1991. Aber sie hätten sich nicht getraut, sich zu rühren, weil man nicht gewusst habe, wo man hinkomme. Zwei Familien seien deswegen aus Halbturn nach Maria Taferl gezogen, weil sie für Österreich gewesen seien.
Fotostrecke
ORF
Karoline Wurm aus Gols
ORF
Anna Novak aus Halbturn (1908 – 2001)
ORF
Franz Thury aus Halbturn (1914 – 1994)
ORF
Alexander Luif aus Pinkafeld
ORF
Alois Mayrhofer aus Kirchschlag (1913 – 2020)

„Bei uns in Halbturn das Schloss, das hat ja dem Erzherzog Friedrich gehört und der hat ja haben wollen, dass unbedingt Halbturn auch zu Ungarn gehört. Dann hätte ja er das alles verwalten können, die ganzen Höfe und all das. Und im Schloss hätte er wohnen können. Er hätte ja da lieber gewohnt, weil es schöner ist, das Schloss in Halbturn da. Aber die Gemeinde hat halt versagt, für den Erzherzog. Der Geistliche war auch dafür, der hat gepredigt und alles – das hat aber alles nichts genutzt, die Halbturner haben unbedingt wollen zu Österreich kommen“, erinnerte sich Franz Thury 1991.

Gefürchtete Freischärler
Eine prägende Erinnerung waren die ungarischen Freischärler, die das Land nicht hergeben wollten. „Die Anzahl der Freischärler war gering“, sagte Alexander Luif 1991 in einem Interview: „Sie konnten sich nur halten, weil sie brutal vorgegangen sind, nicht wahr. Die Leute haben Angst gehabt.“ Niemand habe gewagt, etwas gegen sie zu unternehmen, so Luif.

Fotostrecke
Filmarchiv Austria
Ungarische Freischärler
Filmarchiv Austria
Schloss Halbturn
Filmarchiv Austria
Historische Dorfszene
Filmarchiv Austria
Historische Dorfszene

Es kam zu Kämpfen – etwa bei Kirchschlag in Niederösterreich. Alois Mayrhofer aus Kirchschlag erinnerte sich 2001 in einem Gespräch: „Einer, den haben sie so eingehängt heraufgebracht, der andere, den haben sie auf der Bahre liegen gehabt, der dritte ist auf einem Fahrzeug gelegen und die waren alle blutverschmiert und wir haben mit Schrecken gesehen, dass es da jetzt gefährlich wird, denn sie haben schon am Hauptplatz hereingeschossen.“ „Und dann sind wir halt doch zu Österreich gekommen“, schloss Anna Novak.

16.05.2021, red, burgenland.orf.at
Das Vermächtnis der Zeitzeugen von 1921
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#15
Von der „Piringsdorfer Lynchaffäre“ bis zum Justizpalastbrand
1622743672134.png

Die „Piringsdorfer Lynchaffäre“ brachte 1923 einen Landeshauptmann zu Fall. Der Historiker Michael Schreiber erzählt in der Serie „100 Jahre Burgenland – Geschichte im Gespräch“ von diesem Vorfall. Er spricht auch über die Politik in der Zwischenkriegszeit und wie sich 1927 die Schüsse von Schattendorf und der Brand des Wiener Justizpalastes zugetragen haben.

Teilen
Bis zur Bestellung einer Landesregierung und der Besetzung des Landtags wurde das Burgenland durch einen Landesverwalter und der ihm unterstellten „Verwaltungsstelle für das Burgenland“ regiert. Bis zur ersten burgenländischen Landtagswahl mussten sich die wahlwerbenden Parteien allerdings erst konstituieren. Die erste Partei, die im neuen Burgenland entstanden war, war die Sozialdemokratische Arbeiterpartei für das Burgenland. Sie gründete sich am 9. Jänner 1921. Im April folgte dann die Burgenländische Christlichsoziale Partei. Später gründete auch die Großdeutsche Volkspartei einen burgenländischen Ableger und zuletzt kam im Dezember 1921 noch der Burgenländische Bauernbund hinzu, der vor allem im Südburgenland Zuspruch fand.

Erste Landtagswahl
Die erste burgenländische Landtagswahl ging mit über 38 Prozent an die Sozialdemokraten, gefolgt von den Christlichsozialen mit über 31 Prozent. Dem Bauernbund war es der vielen Stimmen aus dem Südburgenland wegen gelungen, die Großdeutschen zu überholen und auf dem dritten Platz zu landen. Als erster Landeshauptmann wurde der parteilose Alfred Rausnitz angelobt, wobei dieser sich in einigen Fragen äußerst ungeschickt anstellte und schon 1923 von seinem Amt zurücktrat.

Die Frage der Schulpolitik
Eine der Fragen über die Rausnitz gestolpert war, sollte vor allem für die Burgenlandkroaten auch in den folgenden Jahren von zentraler Bedeutung sein – es war jene nach den konfessionellen Schulen. In der Zeit der Habsburger Monarchie war die Schulpolitik in der ungarischen Reichshälfte eng an die Kirche, vor allem an die katholische, gebunden, während sie im österreichischen Teil der Monarchie im Verantwortungsbereich des Staates lag. Der Kroatischunterricht wurde vom Wiener Hof aus gefördert, um die bäuerlichen Kroaten von den deutschen und ungarischen liberalen Bewegungen sprachlich zu isolieren. Für die Kroaten wiederum war dies ein Vehikel zur Weitergabe ihrer sprachlichen Identität.

ORF
Schulklassen aus Wulkaprodersdorf

Den Kroaten war es nach dem Zerfall der Monarchie wichtig den Status quo im Schulbereich zu erhalten, da sie einerseits traditionell sehr eng mit der katholischen Kirche verknüpft waren und dies andererseits ein Garant für den Unterricht in kroatischer Sprache war. Für die Kroaten war dies auch eine parteipolitisch stark geladene Frage: Anhänger der Sozialdemokratie, die vor allem unter den Kroaten im Norden des Landes stark vertreten waren, sahen im kroatischsprachigen Unterricht ein Hindernis in der sozialen Mobilität und eine Hintertür zur Stärkung konservativer Politik und der katholischen Kirche, da die Schulen der direkten Aufsicht der Kirche unterstanden. Dies führte dazu, dass Sozialdemokraten tendenziell den Kroatischunterricht ablehnten und ihre Kinder zunehmend in deutschsprachige Schulen zu schicken begannen, während Konservative und die katholische Kirche den Kroatischunterricht förderten.

Der Gebrauch des Kroatischen und das Beharren auf seiner Verwendung als Unterrichtssprache verschmolz also in der Wahrnehmung der Bevölkerung mit einer eindeutig konservativen, katholischen Haltung, wobei diese Wahrnehmung erst in den 1980er Jahren zu verschwinden begann und heute praktisch nicht mehr existiert.

Die „Piringsdorfer Lynchaffäre“
Ein Kuriosum mittelburgenländischer Regionalgeschichte ist die „Piringsdorfer Lynchaffäre“. Der Fall hat sich so zugetragen, dass der damalige Förster der Esterhazy Gutsverwaltung Josef Györke den Kleinbauern Anton Schlögl erschossen hatte. Daraufhin wurde Györke von der Piringsdorfer Bevölkerung gelyncht. Es stand nämlich Wort gegen Wort: Die Gutsverwaltung meinte, Schlögl wäre ein Wilderer gewesen und die Dorfbevölkerung meinte, er hätte sich schützend vor Beeren sammelnde Kinder gestellt, die mit dem Förster – der als äußerst wilde Erscheinung beschrieben wurde und bewaffnet war – einen Konflikt gehabt hätten. Mit dem Vorwurf der Mitschuld am Vorfall in Piringsdorf wurde der Oberpullendorfer Bezirkshauptmann Simon Hagenauer seitens der Sozialdemokraten konfrontiert, weil Hagenauer nicht konsequent bei der Entwaffnung des Försters Györke durchgegriffen hätte. Landeshauptmann Alfred Rausnitz aber stellte sich vehement hinter den Bezirkshauptmann – ein weiterer Stolperstein, der Rausnitz schließlich das Amt kostete. Er trat 1923 zurück.

Paramilitärische Wehrverbände
In der Landtagssitzung vom 14. Juli 1923 trat der erste Landeshauptmann des Burgenlandes Alfred Rausnitz zurück und wurde durch Alfred Walheim in dieser Position ersetzt. Während dieser Sitzung einigten sich die Parteien auch darauf, im Burgenland keine privaten Wehrformationen zu unterhalten oder zu unterstützen. Diese paramilitärischen Einheiten waren in Österreich nach dem Ende des Ersten Weltkrieges entstanden, als ehemalige Soldaten Volksmilizen oder Heimatwehren bildeten, um die Landbevölkerung beispielsweise vor Plünderungen zu schützen. In den Reihen der Christlichsozialen waren dies der Heimatschutzverband Burgenland (Heimwehr), für die Sozialdemokratie der Republikanische Schutzbund und als dritte und kleinste Gruppe kam noch die Frontkämpfervereinigung Deutschösterreichs hinzu. Innerhalb dieser Verbände gab es allerdings auch verschiedene ideologische Ausrichtungen und Strömungen. Daneben gab es noch einige kleinere Verbände, wie jene der SS und der SA für die Nationalsozialisten.

Militarisierung der Bevölkerung
Das Abkommen zwischen den Parteien, keine Wehrverbände aufzubauen und zu unterhalten, hielt bis 1925. Die Frontkämpfervereinigung begann von da an, erneut Ortsgruppen unter anderem in Nikitsch und Oslip, aufzubauen, worauf die Sozialdemokraten mit der Gründung der Ortsgruppen in Neufeld und Steinbrunn reagierten. Zunächst waren diese paramilitärischen Aktivitäten ein Phänomen, das sich hauptsächlich aufs Nord- und Mittelburgenland beschränkte. Nach den Ereignissen von Schattendorf 1927 sah sich auch die Heimwehrbewegung gezwungen, im Burgenland Strukturen aufzubauen. Zulauf bekam die Heimwehr, die im Burgenland Heimatschutzverband Burgenland hieß, vor allem aus dem christlichsozialen Lager wie aus dem Landbund und erfasste auch das Südburgenland.

HGM / Vojno povijesni muzej
Mit dieser Waffe wurde in Schattendorf geschossen

Die Schüsse von Schattendorf
Diese zunehmende Militarisierung der Bevölkerung führte am Sonntag, dem 30. Jänner 1927 in Schattendorf zu einem tödlichen Konflikt zwischen Verbänden des Schutzbundes und der Frontkämpfer. Die Auseinandersetzung entzündete sich an einer geplanten Veranstaltung der Frontkämpfer, zu der Verbände aus der Umgebung und aus Wien kommen sollten. Die Sozialdemokraten reagierten auf diese mit einer zeitgleich angesetzten Gegenveranstaltung. Unter Einbeziehung des Schutzbundes, auch aus den Nachbargemeinden, wollte man die Wiener Frontkämpfer am Einmarsch im Ort hindern.
ORF
Gasthaus Tscharmann
Am frühen Nachmittag kam es im Gasthaus Tscharmann, dem Vereinslokal der Frontkämpfer, zur ersten Auseinandersetzung, da Schutzbündler in das Lokal eindrangen. Zu einem zweiten Zusammenstoß kam es am Bahnhof, worauf die Frontkämpfer ihre geplante Veranstaltung absagen mussten. Zu einem dritten Zusammenstoß kam es gegen 16.00 Uhr, als Schutzbündler erneut in das Gasthaus Tscharmann eindrangen. Nun wurden aus den Fenstern des Gasthauses Schüsse abgegeben. Dabei wurden mehrere Personen verletzt und zwei Menschen getötet: der Bub Josef Grössing und der Kriegsinvalide Matthias Csmarits.

ORF
Matthias Csmarits

Urteil führt zu Justizpalastbrand
Bei dem folgenden Prozess, der vom 5. bis zum 14. Juli 1927 im Wiener Landesgericht für Strafsachen abgehalten wurde, wurden die Beschuldigten Josef Tscharmann, Hieronymus Tscharmann und Johann Pinter freigesprochen. Diese Freisprüche führten zu großen Protesten und Demonstrationen in Wien, wobei der Wiener Justizpalast in Brand gesteckt wurde. Der 15. Juli 1927 kostete 89 Menschenleben und über 600 Personen wurden verletzt.
Gryffindor Wikimedia Commons
Justizpalast

03.06.2021, Bettina Treiber, burgenland.ORF.at

Von der „Piringsdorfer Lynchaffäre“ bis zum Justizpalastbrand

Siehe auch Beitrag "Die Schüsse von Schattendorf"
 
Zuletzt bearbeitet:
Gefällt mir: bgld

josef

Administrator
Mitarbeiter
#16
Die Zeit des Austrofaschismus
1624615927888.png

In Österreich war die Zeit von 1933/34 bis 1938 vom Austrofaschismus geprägt. Historiker Michael Schreiber von der Burgenländischen Forschungsgesellschaft behandelt in der Serie zu 100 Jahre Burgenland „Geschichte im Gespräch“ diesmal die vielen Facetten, die letztlich zum sogenannten „Anschluss“ Österreichs führten.
Online seit gestern, 18.10 Uhr
Teilen
Ausgehend von Italien unter Benito Mussolini breitete sich ab den 1920er Jahren in einigen Staaten Europas der Faschismus aus. Gekennzeichnet ist die Politik des Faschismus durch einige Gemeinsamkeiten: das Prinzip eines Führers, eine extrem nationalistische Politik und die Etablierung antidemokratischer Werte, indem es nur eine Partei gibt und alle Opposition verboten ist. Unter Engelbert Dollfuß und später unter Kurt Schuschnigg kam von 1933 bis 1938 die österreichische Spielart des Faschismus auf: der Austrofaschismus.

Wegbereiter des Austrofaschismus
Nach den Ereignissen des Jahres 1927 – mit den Schüssen von Schattendorf und dem Brand des Wiener Justizpalastes – wurde das politische Klima zunehmend rauer. Alle politischen Lager hatte nun ihre privaten Militärverbände, die immer häufiger aneinander gerieten, was 1929 zu einem ersten Aufmarschverbot führte. 1930 teilte sich die burgenländische Heimwehrbewegung in die „Burgenländischen Landesschützen“, die christlichsozial ausgerichtet waren, und den Starhembergischen „Österreichischen Heimatschutz im Burgenland“. Die daraus resultierende Rivalität innerhalb der Heimwehrbewegung war in den Ortschaften spürbar. Anfang der 1930er Jahre machten auch die Nationalsozialisten mit einer Reihe von Anschlägen auf sich aufmerksam.

Die weltweite Wirtschaftskrise zeigte auch in Österreich Wirkung. Nach der Pleite der Creditanstalt nahm die Zahl der Arbeitslosen ebenso zu wie die Budgetbelastungen des Staates und die Zahl der Firmenpleiten, bei gleichzeitigem Absinken der Löhne und Gehälter.

Machtübernahme im Parlament
Nach einem Eisenbahnstreik am 1. März 1933 wurde für den 4. März eine Sondersitzung des Nationalrates einberufen. Formfehler und Geschäftsordnungsprobleme in der Sitzung führten zum Rücktritt aller drei Nationalratspräsidenten, womit eine formale Schließung der Sitzung nicht möglich schien. Nachdem auch der damalige Bundespräsident Wilhelm Miklas nicht einschritt, obwohl er die rechtliche Möglichkeit dazu gehabt hätte, ergriff die Regierung Dollfuß die Möglichkeit und schaltete das Parlament aus, indem sie ein neuerliches Zusammentreten der Parlamentarier durch die Polizei verhindern ließ.
Wikimedia commons
Engelbert Dollfuß und Wilhelm Miklas 1932 in Wien

Der Republikanische Schutzbund wurde noch im März verboten, während die Heimwehr aus staatlichen Beständen ausgerüstet wurde. Der Konstituierungsprozess des Austrofaschismus kam mit der Verkündung einer neuen Verfassung am 1. Mai 1934 zu einem Abschluss. Die neue Verfassung organisierte den Staat nach Berufs-Ständen, weswegen die Selbstbezeichnung „Ständestaat“ lautete.

Bundeskanzler Dollfuß in Eisenstadt
Nach der Ausschaltung des Parlaments in Wien wurde die „Vaterländische Front“ als Einheitspartei gegründet, die KPÖ und NSDAP wurden verboten. Im Burgenland stand der Einheitspartei bis 1938 Hans Sylvester vor, sein Stellvertreter war der Großwarasdorfer Lorenz Karall. Als Abschluss des Werbemonats für die „Vaterländische Front“ kam auch Bundeskanzler Dollfuß nach Eisenstadt. Die „Illustrierte Kronenzeitung“ schrieb damals von 12.000 Menschen, die in Eisenstadt waren, um Dollfuß einen Empfang zu bereiten. Interessant war auch der Inhalt seiner Rede, in der er sich ganz klar dazu bekannte, dass das Burgenland ein Teil Österreichs sei. Der Hintergrund dieser Aussage war, dass der damalige Ministerpräsident von Ungarn Gyula Gömbös in Deutschland gewesen war und offensichtlich auch versucht hatte, die Burgenland-Frage mit Hitler neu zu erörtern.

Februarkämpfe 1934
Das Verbot des Republikanischen Schutzbundes war eine von vielen gegen die Sozialdemokratie gerichteten Maßnahmen, die einen Konflikt unausweichlich machten. Zu diesem Konflikt kam es am 12. Februar 1934 im Zuge der drei Tage dauernden Februarkämpfe, die im Tod einiger Hundert Menschen und dem Verbot der Sozialdemokratie mündeten.
Glasilo
Koloman Tomsich, Landesleiter des Republikanischen Schutzbundes

Im Burgenland wurden die politischen Führer der SDAP verhaftet, darunter auch der Landesleiter des Republikanischen Schutzbundes im Burgenland, Koloman Tomsich aus Schandorf. Zu Zwischenfällen kam es im Burgenland lediglich in Neufeld an der Leitha, Pöttsching, Siegendorf und Neutal, wo es zu mehreren Verhaftungen kam, sowie in Mörbisch, wo Nationalsozialisten durch die Straßen zogen.

Putsch der Nationalsozialisten
Nachdem Adolf Hitler 1933 zum deutschen Reichskanzler ernannt wurde, wurde der Druck aus dem Deutschen Reich auf Österreich immer größer. Mit der Tausend-Mark-Sperre wollte Hitler der österreichischen Wirtschaft derart zusetzen, dass es zu einem nationalsozialistischen Regierungswechsel kommen sollte. Im Juli 1934 gab er den österreichischen Nationalsozialisten grünes Licht zu einem Putsch. Der Putsch der Nationalsozialisten am 25. Juli 1934 scheiterte, jedoch wurde der damalige Bundeskanzler Engelbert Dollfuß angeschossen und starb wenig später. Als neuer Bundeskanzler wurde Kurt Schuschnigg installiert, der sich bis zum sogenannten „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 in dieser Position halten konnte.

In Anlehnung an die wöchentliche Serie in der Volksgruppen-Kultursendung ist in „Radio Burgenland Extra“ die 13-teilige Gesprächsreihe mit Historiker Michael Schreiber in deutscher Sprache zu hören. Unter dem Titel „100 Jahre Burgenland – Geschichte im Gespräch“ führt Kulturredakteurin Bettina Treiber Interviews mit dem 32-jährigen Historiker aus Nikitsch zur Geschichte des Burgenlandes. Die Gesprächsreihe wird jeden letzten Donnerstag im Monat um 20.04 Uhr in „Radio Burgenland Extra“ ausgestrahlt.
25.06.2021,Bettina Treiber, burgenland.ORF.at
Die Zeit des Austrofaschismus
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#17
Sopron/Ödenburg: Beinahe Hauptstadt
1626984408168.png

Sopron – auf Deutsch Ödenburg – liegt nicht im Burgenland, sondern im Nachbarland Ungarn. Die Bedeutung der Stadt für das Burgenland war und ist dennoch groß: Im Jahr 1921 war geplant, dass Sopron/Ödenburg die Hauptstadt des Burgenlandes werden sollte. Doch es kam alles ganz anders.
Online seit heute, 19.20 Uhr
Teilen
Die Volksabstimmung in Sopron/Ödenburg und acht Umlandgemeinden ging mit 65 zu 35 Prozent für Ungarn aus. Es gab zwar Unregelmässigkeiten bei der Wahl, der Verbleib von Sopron/Ödenburg bei Ungarn war aber ohnehin bereits vorab ausgemachte Sache.

Fotostrecke
ORF
Die Altstadt von Sopron/Ödenburg
ORF
Fast wäre Sopron/Ödenburg Haupstadt Burgenlands geworden

ORF
Viele Deutschsprachige wurden um 1921 aus Sopron/Ödenburg vertrieben

ORF
Zwei Drittel der Wahlberechtigten stimmten bei der Volksabstimmung in Sopron/Ödenburg für einen Verbleib bei Ungarn

ORF
Elisabeth Pauer und Historiker Gerald SchlagORF

„Es hat ein Krieg zwischen Österreich und Ungarn gedroht, aber beide Staaten wollten das mit allen Mitteln verhindern. So hat man sich in einer Geheimsitzung unter Führung der Italiener in Venedig getroffen. Da wurde ausgemacht, dass die Freischärler das Burgenland räumen und das Burgenland anstandslos an Österreich angeschlossen wird. Österreich musste dafür aber auf Sopron verzichten“, erklärte Historiker Gerald Schlag.

Pro-ungarische Wähler in Wahllisten aufgenommen
Viele Deutschsprachige wurden um 1921 aus Sopron/Ödenburg vertrieben und waren am Stichtag der Volksabstimmung nicht gemeldet und durften also nicht wählen. Pro-ungarische Wähler hingegen wurden in die Wahllisten aufgenommen. „Man hat dann schnell aus Innerungarn überzeugte Ungarn hier einquartiert. Meistens nur über diese Epoche, also drei Wochen lang. Die waren hier ordentlich gemeldet am Stichtag und daher wahlberechtigt. Das ist auch mit stillem Einverständnis Österreichs passiert“, so Schlag.

Mit dem Verbleib von Sopron/Ödenburg verliert das Burgenland das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Zentrum. „Burgenland war in dem Augenblick ein Land der Dörfer. Und was noch viel schwieriger war: Sopron/Ödenburg war das Zentrum des Verkehrs damals. Es war furchtbar schwierig, von den einzelnen Teilen des Burgenlandes nach Eisenstadt zu kommen, ohne dabei ins Ausland – sprich Ungarn – zu fahren“, so Schlag.

Sopron ist auch für Burgenländer wieder ein Zentrum“
Letztendlich ist in der Frage um Sopron/Ödenburg ein für beide Seiten annehmbarer Kompromiss ausverhandelt worden: „Es war ein glücklicher Umstand, kann man heute sagen, dass hier wirklich größere Konflikte bis hin zu einem Krieg verhindert wurden. Heute kann man zurückschauen und sagen: Jetzt sind wir alle gemeinsam bei der EU. Sopron ist wieder das, was es jahrhundertelang war, nämlich auch für die Burgenländer ein Zentrum“, so Historiker Schlag.

Sopron/Ödenburg blieb jedenfalls bei Ungarn und das Burgenland hatte zum damaligen Zeitpunkt vorerst keine Hauptstadt mehr. Erst 1925 wurde Eisenstadt zum Sitz der Landesregierung und so defacto zur Landeshauptstadt bestimmt.
22.07.2021, red, burgenland.orf.at
Sopron/Ödenburg: Beinahe Hauptstadt
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#18
Wir sind 100. Burgenland schreibt Geschichte
1628787275959.png

Auf Burg Schlaining wird die 100-jährige Geschichte des Burgenlands in einer bisher noch nie da gewesenen Form als Jubiläumsaustellung präsentiert. Andreas Riedl hat diese Arbeiten für den ORF Burgenland begleitet.

Teilen
Das Burgenland feiert 2021 seinen 100 Geburtstag und macht sich selbst ein großes Geschenk: die Ausstellung „Wir sind 100. Burgenland schreibt Geschichte“. Dafür wurde zum einen die 800 Jahre alte Burg von Grund auf saniert und barrierefrei umgebaut. Zum anderen wurden namhafte Historiker, Ausstellungexperten, Architekten und Fachleute aus zahlreichen Gebieten zu einem Team vereint, um diese Jubiläumsausstellung zu entwerfen.

Ein Besonderheit von Beginn an war auch die Einbindung der Burgenländerinnen und Burgenländer bei der Ausstellung mitzumachen – in Form von Fotos, Dokumenten und persönlichen Erinnerungen. „Wir sind 100. Burgenland schreibt Geschichte“ ist das zentrale Motto der Jubiläumsausstellung. Diese wird ab Montag, dem 15. August 2021, für das Publikum zugänglich sein. Die Schau wird in multimedialer Weise die 100-jährige Geschichte des Burgenlandes beleuchten und mit allen Sinnen erlebbar machen.

ORF
ORF
ORF

Vom Beginn der aufwändigen Renovierungsarbeiten der über 800 Jahre alten Burg in Stadtschlaining, über die Konzeption der Ausstellung, und deren wissenschaftlicher Begleitung bis hin zur „Eröffnungsshow“ – zwei Jahre haben die Vorbereitungen gedauert, die Andreas Riedl für den ORF-Burgenland begleitet, bis hin zur offiziellen Eröffnung am 14. August. Daraus hat er die Dokumentation am Feiertag gestaltet.

„Es war spannend zu sehen, wie dieses Projekt akribisch geplant und umgesetzt wurde. Bis zum letzten Schliff wurde hier eine Ausstellung entwickelt, die man als Hommage an das Burgenland bezeichnen kann. Mit der Dokumentation möchte ich sowohl Burgenländerinnen und Burgenländern, als auch künftigen Gästen zeigen, wie diese Idee umgesetzt wurde“, so Riedl. „Wir sind 100. Burgenland schreibt Geschichte“, zu sehen am 15. August 2021, 17.35 Uhr ORF 2.
12.08.2021, red, burgenland.ORF.at

Links:
https://burgenland.orf.at/magazin/stories/31163
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#19
Wir sind 100: Jubiläumsausstellung eröffnet
1629027831407.png

Auf der renovierten Burg Schlaining (Bezirk Oberwart) ist am Samstag die Jubiläumsausstellung zur Geschichte, Kultur und Tradition des Burgenlandes mit einem großen Festakt eröffnet worden. Neben berührenden Worten von Zeitzeuginnen wurde die Neuinterpretation der Hymne uraufgeführt.

Teilen
Mit wetterbedingter Verspätung und Fanfarenklängen wurde Samstagabend die Jubiläumsausstellung zu 100 Jahre Burgenland eröffnet. Zahlreiche Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur waren unter den Gästen. Moderator Alfons Haider begrüßte unter anderem Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, Landtagspräsidentin Verena Dunst, 2. Landtagspräsident Georg Rosner und als 3. Landtagspräsident Kurt Maczek. Unter den Gästen auch der ungarische Botschafter Andor Nagy, Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics, Landeshauptmannstellvertreterin Astrid Eisenkopf, die Landesräte Heinrich Dorner, Leonhard Schneemann und Landesrätin Daniela Winkler sowie die Alt-Landeshauptmänner Hans Niessl und Johann Sipötz.

Fotostrecke mit 5 Bildern
ORF
Die Mayerin
ORF
Bruji
ORF
Cari Cari
ORF
Opus
ORF
Bläserabordnung des Orchesters

Zeitzeuginnen berichten und ermahnen
Berührende Worte sprach Käthe Sasso, geb. Smudits. Sie ist Widerstandskämpferin, Überlebende des NS-Regimes und Zeitzeugin. Sasso hat Wurzeln in Nebersdorf (Bezirk Oberpullendorf). Es gibt nicht mehr viele Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, umso wichtiger sei es, dass die, die noch unter uns sind, nicht aufhören, zu erzählen, zu ermahnen, so Sasso bei der Eröffnungsfeier. „Ich liebe das Burgenland, es war meine schönste Zeit, die Kindheit vor der Schule. Und ich bin stolz auf diese Menschen, die so viel können, auch sprachlich, die sich überall vergleichen können.“


ORF
Widerstandskämpferin, Überlebende des NS-Regimes und Zeitzeugin

Eine weitere Zeitzeugin versuchte im November 1977 durch den Neusiedler See ins Burgenland zu flüchten – eine ehemaligen DDR-Bürgerin Regine Engelschalk. Ihr Taucheranzug ist teil der Ausstellung – mehr dazu in Aufwändige Ausstellung zum Landesjubiläum. Obwohl die Flucht misslang, überlebte Engelschalk und war ebenso Gästin bei der Eröffnungsfeier. Ihren selbstgebastelten Tauchanzug hätte sie nach so langer nicht mehr wiedererkannt. Zu ihrem jetzigen Besuch im Burgenland brachte sie jene Frau mit, mit der sie ein Jahr lang nach ihrem Fluchtversuch im Gefängnis war: „Diese Zeit hat mich stark gemacht – für Freiheit zu kämpfen, treu zu sein, der Freiheit immer zu dienen und viele Menschen wachzurütteln.“

ORF
Regine Engelschalk versuchte 1977 aus der DDR ins Burgenland zu flüchten

Doskozil: Verantwortung für die zukünftige Generation
Bei seiner Eröffnungsrede betonte Landeshauptmann Doskozil die Wichtigkeit des Erinnerns: „Ich glaube, es ist wichtig, diese geschichtlichen Ereignisse – unsere Geschichte – zu kennen. Es ist wichtig, auch diesen Dank zu spüren, diesen Dank unserer Vorgänger-Generationen. Auch das ist wichtig, dass wir eine Verpflichtung haben, den Menschen gegenüber, die dieses Burgenland aufgebaut haben. Diese Verpflichtung bedeutet, auf das Burgenland aufzupassen, achtzugeben, die richtigen Entscheidungen zu treffen, denn wir haben eine große Verantwortung für die zukünftige Generation. Die ist davon abhängig, wie wir ihnen das Burgenland in Zukunft übergeben werden. Daher bin ich froh, nicht nur wie diese Ausstellung gelungen ist, sondern auch, dass wir die Burg Schlaining weiterhin als Haus der Zeitgeschichte fortführen werden.“

ORF
Landeshauptmann Doskozil

Uraufführung: Neuinterpretation der Landeshymne
Die Mayerin, Bruji, Christian Kolonovits mit Orchester und Cari Cari sorgten für eine musikalische Umrahmung aus burgenländischer Hand. Ein Highlight des Abends war die Neuinterpretation der burgenländischen Landeshymne durch Kolonovits, Orchester, Chor und Solisten. „Ich habe mir gedacht, ich schreibe eine Geschichte, eine Geschichte über das Burgenland. Es ist ein Lied geworden, wir brauchen keine Hymne, wir brauchen uns“, so Kolonovits über die Neuinterpretation.

Aufwändige Ausstellung zum Landesjubiläum

Fotostrecke
ORF
Die ersten Gäste werden durch die Ausstellung geführt
ORF
Widerstandskämpferin Käthe Sasso und Historiker und Ausstellungskurator Oliver Rathkolb
ORF
Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics, Norbert Darabos, Landeshauptmann Hans Peter Doskozil

Im Herbst 2019 konnten Besucherinnen und Besucher die Burg Schlaining zum letzten Mal besichtigen. Dann fiel der Startschuss für den Umbau der Burg und den Vorbereitungsarbeiten für die Jubiläumsausstellung. Der ORF Burgenland konnte die Jubiläumsausstellung bereits vorab besichtigen – mehr dazu in Aufwändige Ausstellung zum Landesjubiläum.
850 Objekte zur Entstehung wurden gesammelt und mit Multimediastationen verbunden. „Die Besucherinnen und Besucher werden von der burgenländischen Sonne empfangen. Sie finden ihr Nest, sie finden ihre Gemeinde und sie erkennen sich als Teil des Ganzen wieder. Das ist der erste Eindruck: Das Ankommen im Burgenland“, so Christof Cremer, Gestalter der Ausstellung.
15.08.2021, red, burgenland.ORF.at
Wir sind 100: Jubiläumsausstellung eröffnet

Burg Schlaining - Eröffnung Jubiläumsausstellung zum 100-jährigen Bestehen des Burgenlandes
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#20
Gedenken an Opfer der Landnahme
1630828965690.png

In Bubendorf, einem Ortsteil von Pilgersdorf (Bezirk Oberpullendorf), hat am Samstag eine Kranzniederlegung für den 1921 gefallenen Gendarmeriebeamten Felix Dellavedova aus Tirol stattgefunden. Er war einer von 13 Gendarmeriebeamten, der bei der sogenannten Landnahme des Burgenlandes vor 100 Jahren ums Leben gekommen ist.

Teilen
Bei den Kampfverhandlungen von März bis Ende 1921 sind auch 34 Soldaten des Österreichischen Bundesheeres und 15 Zivilisten getötet worden. Mit der Kranzniederlegung in Bubendorf gedachte auch das offizielle Burgenland der Opfern von damals.

Das Gefecht von Kirchschlag im September 1921 spielte in der Geschichte eine dominierende Rolle. Damals waren zirka 270 Soldaten an der Grenze zum Burgenland stationiert. Sie trafen auf 290 ungarische Freischärler. Auf österreichischer Seite starben zehn Soldaten bei den Kämpfen. Kampfhandlungen mit Toten und verletzten gab es auch in Pinkafeld, Agendorf, Kaisersteinbruch, Müllendorf und Zagersdorf.
ORF
Felix Dellavedova wurde in der Umgebung von Deutsch-Gerersdorf-Pilgersdorf eingesetzt. Am 5. September 1921 geriet die Kolonne in Kampfhandlungen. Dellavedova wurde tödlich getroffen und in Bubendorf begraben.

red, burgenland.ORF.at
Gedenken an Opfer der Landnahme
 
Oben