Aggregat 4, V2 Triebwerksprüfstand "Schlier" in Zipf, Oberösterreich

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ARGE SCHLIER

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#21
27.9.2008 - Führung im ehemaligen NS-Rüstungsbetrieb "Schlier" in Zipf

Hallo!

Nun kann ich nach dem erfolgreichen Besichtigungssamstag berichten.
Rund 190 Personen konnten wir Samstag nachmittags in vier Gruppen die Besichtigung der Reste des ehemaligen "Vorwerks Schlier" zur Flüssigsauerstofferzeugung und für Triebwerktests ermögichen.

Zuerst gab es einen Vortrag von ca. 40 Minuten und anschließend einen Rundgang der ebenso zwischen 40 und 50 Minuten dauerte.

Dabei waren auch einige Zeitzeugen, so zB. die Nichte eines KZ-Wächters der bei der zweiten Explosion im August 1944 sei Leben verlor... oder ein ehemaliger Jugendlicher aus Frankenburg der 1944/45 mehrere Arbeiten der KZ-Häftlige beobachten konnte, da er für eine Forstverwaltung mit einem Fuhrwerk Lieferungen erledigen musste.

Auch einige Spezialisten wie Architekten, Höhlenforscher, Fotografen, Historiker waren unter den Besuchern die alle Interesse an der Unterstützung unserer Arbeit zeigten.

Somit erlaube ich mir zu sagen, es war eine sehr erfolgreiche Veranstaltung.

Hier möchte ich mich auch noch einmal bei Henry bedanken, der uns umgehend Dokumente gesandt hat, die uns bei unserer Arbeit wirklich weiterbringen.

Dazu habe ich aber auch noch eine Frage: Ist mit "Spritzen" im Zusammenhang mit der V-2 das lakieren gemeint, da sind wir uns nicht ganz sicher.
Darüber hinaus dachte viele immer, die KZ-Häftlinge wurden nur für Hilfsarbeiten in Schlier eingesetzt, aus den gesandten Dokumenten geht jedoch hervor, dass diese auch im direkten Prüfstandbetrieb eingesetzt wurden. Gibt es da aus den anderen Prüfständen Berichte, für welche Arbeiten die Häftlige genau eingesetzt wurden?

Aber es ist ja immer so, umso mehr man informiert ist, umso mehr Fragen treten auf.

Derzeit läuft unser Vorhaben ganz gut an und wir können im Frühjahr voraussichtlich zur nächsten Besichtigung einladen. Wichtig ist, dass sich interessenten unter unserer eMail-Adresse melden. arge@schlier.at oder unter www.schlier.at.

Nochmals herzlichen Dank an alle Unterstützer!

Viele Grüße

Hannes
 
#22
Dazu habe ich aber auch noch eine Frage: Ist mit "Spritzen" im Zusammenhang mit der V-2 das lakieren gemeint, da sind wir uns nicht ganz sicher.


Viele Grüße

Hannes
Nein, das hat nichts mit der Lackierung zu tun !:D
Schau mal hier nach :
http://www.v2werk-oberraderach.de/Systempruefung_2_1.htm
Das was ich da geschrieben habe ist schon ein bisschen älter und ich könnte das auch mal überarbeiten, aber ich denke das es für den Ottonormalleser ausreichend an Erklärung
abgibt . Ich hab irgendwo so etwas wie die Prüfvorschriften wo der Ablauf der Prüfungen detailliert dargestellt ist, ich werde mal danach suchen .
Zum Einsatz von Häftlingen in der Triebwerksprüfung könnte ich eventell auch was haben, muß mal schwer darüber nachdenken wo ich da was gelesen habe !

Gruß Henry
 
A

ARGE SCHLIER

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#23
"Spritzen" im Zusammenhang mit V-2

Hallo,

habs schon gesehen, kurz nachdem ich den Bericht absandte, habe ich mir Deine Seiten genauer angesehen, somit hat sich dann auch die Erklärung relativ rasch ergeben. Aber na ja, ist ja auch nicht schlecht.

Ich hab mir jedoch umgehen Deine Seitei im Internet heruntergeladen, um das ganze einmal in Ruhe lesen zu können.

Bezüglich Prüfforgang und Häftlingsarbeit sind wir schon recht gespannt!

Noch einen schönen Sonntag!

Viele Grüße

Hannes
 
A

ARGE SCHLIER

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#24
Schon Umgezogen?

Ein herzliches Willkommen auch von mir!
Sobald meine Umzugskartons wieder ausgeräumt sind, werde ich auch versuchen etwas Brauchbares für Euch zu finden...

LG,
Markus
Hallo Markus,

na, bist Du schon umgezogen, mit Deiner oben zitierten Ansage hast Du uns sehr neugierig gemacht. Derzeit arbeite ich an einem Präsentationsfilm für die Führungen, da es doch recht anstrengend ist, den Vortrag öfter hintereinander zu halten. Und meine Mitstreiter sollten ja nicht gleich überbeansprucht werden.

Auf jeden Fall bewegt sich bei uns schon so manches, jetzt werden wir demnächst den Kontakt mit einem Geometer aufnehmen, der anscheinend bei der Vermessung für "Schlier" arbeitete und noch den ganzen Schriftverkehr hat....

Sobald es Neues gibt werde ich mich wieder melden.

Viele Grüße

Hannes
 
#25
Von der Gerätebeschreibung zurück zum Prüfstand !

Der Prüfstand ist ja nun in keiner weise Dokumentiert, habt ihr dazu schon Zeichnungen oder Fotos die Rückschlüsse über die Prüfeinrichtungen zulassen ? Die Serienprüfung der Brennkammer erfolgte ohne Pumpe, der Treibstoff wurde aus Druckbehälter in die Brennkammer gepresst. Für die Druckbehälter müsste es je einen Raum für den Sauerstoff und einen für den Alkoholtank geben. Theoretisch müsste es dann noch einen Raum für eine große Menge Stickstoffflaschen geben !?
Gibt es Sichtfenster aus einem Steuer- und Messraum zur Prüfkammer oder wurden auch dort ein Periskop verwendet ? Wie wurde das Problem mit der Hitze gelöst , gibt es Kühleinrichtungen ?

Gruß Henry
 
A

ARGE SCHLIER

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#26
Dokumentation Prüfstand....

Ich bin zwar nicht der Techniker in unserer Arbeitsgemeinschaft, da haben wir fachkundigere Mitglieder. Wir haben einige Bilddokumente und auch einige zeichnerische Rekonstruktionen des Prüfstandes, die uns da schon einges an aufschlussreicher Information bieten (für eine sinnvolle Darstellung des betrieblichen Ablaufes) Bei einem Lokalaugenschein können wir die Baulichkeiten gerne gemeinsam mit unseren Experten besuchen. Diese können auch detailreichere Informationen bezüglich Stickstoff- und Sauerstofftanks etc. geben. (Zb. hatten wir schon ein paar Fotos zur Ansicht, auf denen der Keller der die Stickstoffflaschen beherbergte und das ehemalige Sauerstoffltanklager zu sehen sind.) Auch wissen wir sehr genau, mit welchen technischen Anlagen die einzelnen Keller belegt waren bzw. wie die maschinelle Ausstattung ausgesehen hat. Es gibt ein Sichtfenster im Prüfstand, von dem aus der Brennvorgang beobachten werden sollte. Da nach der zweiten Explosion die Tests jedoch nicht mehr aufgenommen wurden wurde durch diese Sichtfenster nie ein Test beobachtet. Erst am Dienstag hatte ich ein Gespräch mit einem Zeitzeugen der von seinem Haus aus 1944 in August die zweite Explosion beobachtete. Zuvor dürfte der Messraum bzw. die Prüfkammer zwischen den beiden Testständen gelegen sein. Wobei jedoch nicht nachgewiesen ist, dass in Zipf beide Teststände in betrieb waren.

(Es gab nachweislich zwei verheerende Explosionen in Schlier) Eine im Februar 1944, die zweite im August 1944. Der Teststand wurde zwar wieder hergestellt, jedoch wurde kein Triebwerk mehr getestet, nur noch flüssiger Sauerstoff erzeugt. Die Frage mit den Kühleinrichtungen (ob es welche gegeben hat) müsste ich erst mit meinen Mitstreitern besprechen, da bin ich nicht so genau informiert. Ansonsten wurden die Abgase der Tests über betonierte Strahllenkschurren abgeleitet und durch Stahlkonstruktionen gebremst.

Das Bild zeigt die Schurre 2008
 

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ARGE SCHLIER

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#27
Weitere Infos zur Frage Dokumentation der Aggregat 4, V-2 Triebwerkprüfstands Schlier

Für die Druckbehälter müsste es je einen Raum für den Sauerstoff und einen für den Alkoholtank geben. Wie wurde das Problem mit der Hitze gelöst , gibt es Kühleinrichtungen ?

Gruß Henry
Hallo,

ein kleiner Nachtrag!
Ja es gab auch extra Räume für die Sauerstoff und Akoholtanks. Darüber hinaus wurde das Problem mit der Hitze durch Anbringung von Panzerketten in den Strahllenkschurren gelöst. Andernorts wurde ja Wasser verwendet, das brachte jedoch das Problem von Dampfwolken mit sich, die aus Tarnungsgründen in Zipf vermieden wurden. Die Panzerketten haben sich bewährt.
Viele Grüße

Hannes

ARGE Schlier
www.schlier.at
 
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ARGE SCHLIER

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#29
Panzerketten - Bilddokumente

Hallo Gerd,

leider gibt es von Schlier bisher keine Aufnahmen der Panzerketten in den Stahllenkschurren. Es sind generell sehr wenige Bilddokumente von Schlier vorhanden. Jedoch hoffen wir, eventuell noch so einiges zu finden. Derzeit können wir uns nur auf Zeitzeugenberichte berufen, die uns die Verwendung von Panzerketten zur Hitzeableitung bestätigten.

Viele Grüße

Hannes
 
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hebbel

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#30
Ein sehr interessantes Thema. Im scharfen "Einsatzschuß" hat ihnen ein Deflektor in Form einer konkaven Vierseitenpyramide unter dem Startwagen gereicht. Vermutlich war das ein "Einwegbauteil", denn die Briten hatten es entdeckt und u. a. der Verkennung der Funktion "Zitronenpresse" getauft. Panzerketten sind natürlich akzeptabel, bloß, wann "verwandeln" sich die 25% Wasser im Treibstoff in einen Aggregatzustand, der ihm eigen ist? Ich schaue aber mal beim REISIG nach, was der zu den Schurren in Peenemünde dazu sagt. Über die Belastbarkeit der Prüfstände I und VII sage ich natürlich nichts.:D

Gruß
Dieter
 
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ARGE SCHLIER

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#31
Skizze des Prüfstandes mit den Panzerketten

Zur Veranschaulichung eine Darstellung!

Ich habe hier zur Erläuterung eine schematische Skizze des Prüfstandes in Schlier mit der Anmerkung bezüglich der Panzerketten hochgeladen.
Diese soll zur näheren Verdeutlichung dienen. Das Triebwerk dürfte jedoch nicht schräg sondern senkrecht im Prüfstand gehangen sein.

Viele Grüße

Hannes

(Ich habe das Bild extra hochgeladen, hat nicht sofort funktioniert!)
 

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H

hebbel

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#32
Zur Skizze: Ja das passt schon und ist ähnlich der mir vorliegenden Schemazeichnung.

Hmm. Prüfstand VII: "Der Prüfwagen steht dort vor einer tiefen, "gepanzerten" Schurre, die mit einer Wasserspritzanlage gekühlt wird. Das rückwärtige Becken der Schurre enthält ein wassergekühltes, keilförmiges Rohrsystem zur Ablenkung des heißen Gasstrahles. Für die Wasserversorgung der Brennstand-Schurre sitzt auf dem Nordostteil des Walles ein Pumpenhaus mit drei Förderpumpen. Nach der Bunkerseite der Umwallung zu sind an das Pumpenhaus drei Wasserspeicher für das Schurren-Kühlwasser angeschlossen." Auf einer Schemazeichnung ist erkennbar, daß die ganze Sache ebenerdig aufgebaut war und der Gasstrahl in einem rechteckigen Abzugskanal geführt wurde.
Das muß nicht vergleichbar sein, zudem die Peenemünder Prüfstände unter eigenen Bedingungen errichtet wurden, aber zumindest hier hat man sehr intensiv mit Kühlwasser gearbeitet.

Gruß
Dieter
 

SuR

... wie immer keine Zeit ...
Mitarbeiter
#33
Hebbel hat geschrieben:
Das muß nicht vergleichbar sein, zudem die Peenemünder Prüfstände unter eigenen Bedingungen errichtet wurden, aber zumindest hier hat man sehr intensiv mit Kühlwasser gearbeitet.
Kleiner Hinweis: das Gelände in Peenemünde liegt direkt am Meer und vielleicht drei Meter über dem Meeresspiegel.
 
H

hebbel

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#34
@SuR
Weiß ich doch!:D Man muß auch erst einmal genügend Kühlwasser haben.

Wenn ich mir die Schemazeichnungen zu PI und PVII so anschaue, dann gibt es in beiden Fällen einen deutlich eingezeichneten Hohlraum zwischen tragender (Beton)Konstruktion und Panzerung. Es kann also gut sein, daß die Panzerung von der Rückseite mit Wasser gekühlt wurde und auch hier der Gasstrahl nie direkt mit Wasser in Berührung kam.

Die angegebenen Panzerketten haben es wohl auch getan.

Gruß
Dieter
 
#36
Zur Veranschaulichung eine Darstellung!

Das Triebwerk dürfte jedoch nicht schräg sondern senkrecht im Prüfstand gehangen sein.

Viele Grüße

Hannes

(Ich habe das Bild extra hochgeladen, hat nicht sofort funktioniert!)
Grundsätzlich konnten die A4 Öfen nur senkrecht stehend gezündet werden, das hat was mit der Einspritzung und Zerstäubung des Treibstoffs zu tun .
Das die bei Zipf ohne Wasser prüfen wollten wiederspricht eigentlich allen Erfahrungen aus der Entwicklung der Prüfstände ! Natürlich geht es ohne , aber bei einem Serienbetrieb könnte das durchaus Problematisch werden, das macht diesen Prüfstand äußerst interessant !
Wenn man dann noch die Entwicklung der Prüfstände parallel zum Kriegsverlauf betrachtet wird es noch interessanter

Ich lass mal den P7 weg, da den wahrscheinlich jeder kennt. Die Prüfstände für Rax haben wir vor einiger Zeit behandelt daher lass ich die auch weg.
Auf den ersten zwei Bilder ist der Prüfstand 1 von Peenemünde und ein Blick in die Schure zu sehen . Dieser Prüfstand ist das Vorbild für die Serienprüfstände von Raderach.

Gruß Henry
 

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#37
Das sind die Schuren von zwei der drei Prüfstände in Raderach. Hier wurde noch mit verschiedenen Möglichkeiten der Wasserzufuhr durch düsen oder Rillen in den Schuren experimentiert. Die Funktion habe ich hier beschrieben : http://www.v2werk-oberraderach.de/Pruefstaende_2_1.html



Zuletzt noch der Prüfstand im Örtelsbruch, der benötigte keine Schure.
 

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