Akustische Hinterlassenschaften der Roten Armee

#1
Vor einiger Zeit habe ich eine Reihe Schellackplatten (und zwei Zeltplanen) bekommen, die einer Familie in der Nähe von Linz kurz nach Kriegsende von russischen Soldaten geschenkt wurden. Sowieso eine nette und ungewöhnliche Geschichte. Und nachdem Hörbares - sofern noch vorhanden - doch genauso ein Aspekt von Landesgeschichte ist wie Sicht- oder Lesbares, denke ich, daß solche Überbleibsel eigentlich schon auch hierhergehören. Momentan bin ich jedenfalls dabei, die Platten zu digitalisieren und akustisch ein bissl zu restaurieren, wo nötig, um sie dann (zusammen mit anderen Teilen meiner Schellacksammlung) nach und nach über youtube zugänglich zu machen. Das geht natürlich nicht so schnell, aber als erste Kostprobe der Russenplatten aus Linz-Land gibt´s hier jetzt schon mal ein wunderbar schepperndes Marschlied über das einsame Grab des Matrosen Zhelezhniak, gefallen bei Kherson während des russischen Bürgerkriegs auf Seiten der Bolschewiki im Kampf gegen die Anarchisten Nestor Machnos... schön laut aufdrehen für die Nachbarn!
 
#3
Hier kommt jetzt die andere Seite derselben Platte. Die Erhaltung hat mir einiges Kopfzerbrechen gemacht, aber das Knistern ließ sich dann doch noch so weit reduzieren, daß man sie recht gut anhören kann. Das Lied dürfte den meisten bekannt vorkommen: Polyushko-pole, hier unter dem Titel "Stepnaya kavaleriiskaya", wurde während des Zweiten Weltkriegs vor allem durch die Bearbeitung von Glenn Miller ("Russian Patrol") zu einem Welthit. Später feierte es dann nochmals in den 60er Jahren als Surf-Instrumental eine zweite Renaissance. Ursprünglich stammt das Lied aus der 4. Symphonie von Lev Knipper, der es hier in seiner Originalfassung mit dem Orchester des Bolshoi-Theaters selbst dirigiert, Aufnahmejahr ist 1934. Viel Vergnügen; Weiteres folgt...
 
#6
Sehr gern - es freut mich enorm, daß das doch etwas ungewöhnliche Thema auf solches Interesse stößt. Also dann gleich weiter mit den Russenplatten aus Linz-Land: Hier kommt jetzt wieder die Gegenseite zum vorigen Stück (den neutralen Begriff "Gegenseite" verwende ich deshalb, weil bei sowjetischen Platten jeweils die einzelnen Seiten bzw. Matrizen durchnumeriert waren und bei Neuauflagen sogar neu miteinander kombiniert werden konnten, statt einer einzigen Referenznummer für die Platte als Ganzes, wie wir es gewohnt sind. Aus diesem Grund kann man hier nicht wirklich von A- und B-Seiten sprechen, denn das ist nicht definiert) - Zu hören ist ein Reiterlied auf Ukrainisch, der Titel lautet, frei übersetzt, "Pferdchen, schnelles Pferdchen", vorgetragen vom selben Chor und ebenfalls 1939 in Kiew aufgenommen.
 
#9
O weh, du hast natürlich recht - "den treuesten Gefährten", muß es ja selbstverständlich heißen. Wie konnte mir das nur passieren! Ein unverzeihlicher Mangel an revolutionärer Wachsamkeit. Na ja, ich geh sicherheitshalber mal meine Zahnbürste einpacken - denn falls es jetzt heute nacht um 4 Uhr bei mir Sturm läutet, kann ich wohl kaum mehr beruhigt davon ausgehen, daß wahrscheinlich eh nur das Haus brennt... ;)
 
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