Amerikanische Funk- u. Peilstation in der sowjetischen Besatzungszone bei Melk

josef

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#1
Bei Recherchearbeiten stieß ich wieder auf einen bereits 2012 in der NÖ. Landesbibliothek kopierten Artikel aus

Eduard Etlinger; "Zeitgeschichte der Marktgemeinde St. Leonhard am Forst";
Herausgeber Marktgemeinde St. Leonhard am Forst;
Erscheinungsjahr ?
NÖLB Sign. 112.190 B


über eine kurz nach Kriegsende auf die Dauer von ca. 1 Jahr errichtete Funk- u. Peilstation der US-Besatzungstruppe am Kronaberg bei Sooß, Gemeinde Hürm, Bezirk Melk. Als Grund für die US-Anlage in der sowjetischen Besatzungszone gaben die Amerikaner angeblich Probleme im Funkverkehr im Luftkorridor zwischen den US-Flugplätzen Hörsching und Langenlebarn an. Angeblich sollten dort aber Informationen über die benachbarte ehemalige deutsche U-Anlage "Quarz" ausspioniert worden sein...

Leider gibt es im genannten Buch keine Quellenangaben und der Autor ist schon vor Jahren verstorben.

Kennt jemand die Örtlichkeit bzw. war das vielleicht eine Nachnutzung einer vormaligen deutschen Anlage?

Quelle: Oben zitiertes Buch
 

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#2
Nein, das stimmt so nicht ganz, wie dargestellt.

Die US-Amerikaner unterhielten zwar eine Funk und Peilstation in der sovjetischen Zone, allerdings nicht in oder bei Melk.

Die Funk und Peilstation war suedlich des Tulln Air Base, ausserhalb des Gelaendes des Flughafens in einer Holzhuette untergebracht, und diente genau dieser Aufgabe. Die Funk und Peilstation war mit lediglich zwei Mann besetzt.
 

josef

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#4
Nein, das stimmt so nicht ganz, wie dargestellt.

Die US-Amerikaner unterhielten zwar eine Funk und Peilstation in der sovjetischen Zone, allerdings nicht in oder bei Melk.

Die Funk und Peilstation war suedlich des Tulln Air Base, ausserhalb des Gelaendes des Flughafens in einer Holzhuette untergebracht, und diente genau dieser Aufgabe. Die Funk und Peilstation war mit lediglich zwei Mann besetzt.
Hallo Peter,
ja, das stimmt natürlich, mit der ehem. Station außerhalb des Zaunes in Lale! Hier geht es um eine Station im Bereich des Korridors, den die Sowjets den Amis bzw. generell den Westalliierten für ihre Flüge zwischen Oberösterreich und Lale in NÖ. einräumten. So einen Korridor gab es auch für die Briten vom Süden her nach Schwechat...

Glaubst du wirklich, wenn dort bei Melk in der temporären Station angeblich "nachrichtendienstliche Aufgaben" (Spionage) verdeckt betrieben wurde, dass es dazu offizielle Fotos (und US-Berichte) der Station aus genau jener Zeit gibt ? :D

lg
josef
 
#5
Natuerlich glaube ich das nicht, Josef. Aber, auch kenne ich die Regelungen in Oesterreich nicht genau. In Deutschland, insbs. nur in West-Berlin war es durchaus ueblich, dass sovjetische Soldaten in ihrer dienstfreien Zeit in West-Berlin in div. Bars und Nachtklubs unterwegs waren. Ofiziell erlaubt, oder nicht, Fraternisierungsverbot oder nicht, es kam einfach vor. In der unmittelbaren Nachkriegszeit gab's einfach andere Sorgen. Dass dabei moeglw. auch spioniert wurde und man sich vielleicht nebenbei Geld verdient hatte, auch Schwarzhandel trieb, halte ich fuer wahrscheinlich. Ob es das in Oesterreich auch gab, halte ich fuer ebenfalls moeglich, konkret weis ich aber dazu nichts, auch Vergleiche zu Wien fehlen mir. In Niederoesterreich kenne ich nur die Regelung, dass die US-Amerikaner eine fix vorgegebene Route zwischen dem Air-Base und Wien fahren mussten, und Abweichungen davon nicht erlaubt waren.

Ich halte nur foldendes Statement als nicht richtig und eher zu dem Bereich der Phantasie des Autors gehoerig: (man beachte auch das Wort "Angeblich" )

"über eine kurz nach Kriegsende auf die Dauer von ca. 1 Jahr errichtete Funk- u. Peilstation der US-Besatzungstruppe am Kronaberg bei Sooß, Gemeinde Hürm, Bezirk Melk. Als Grund für die US-Anlage in der sowjetischen Besatzungszone gaben die Amerikaner angeblich Probleme im Funkverkehr im Luftkorridor zwischen den US-Flugplätzen Hörsching und Langenlebarn an. Angeblich sollten dort aber Informationen über die benachbarte ehemalige deutsche U-Anlage "Quarz" ausspioniert worden sein..."

Nach Kriegsende und ueber ein ganzes Jahr? Die US Truppen drangen wie weit auf das heutige Niederoesterreich vor, meines Wissens bis zur Traisen, und hatten in dieser Zeit genug Zeit, dort in Roggendorf in der Anlage Quarz zu suchen, was sie wollten... Und was wollten sie noch finden oder haetten sich erhofft zu finden, als die Russen bereits diese Ecke von Oesterreich uebernommen hatten? Und wie "unbemerkt" wollten sie die Fundstuecke dann abtransportieren? Die Besatzungszonen wurden bekannterweise relativ bald danach final aufgeteilt. Die Russen bekammen Niederoestereich gesamt, und Oberoesterreich noerdlich der Donau, zogen sich aber aus der Steiermark komplett zurueck. Funktioniert haette dies wahrscheinlich nicht hier unbemerkt, nach etwas zu suchen, und dies zu transportieren, zumal die Russen auch nicht dumm waren, und bald wussten oder zuvor gewusst haben koennten, das Quarz interessant sein koennte.

Ich kenne lediglich die Funk und Peilstation suedlich des Flughafens in Tulln/Langenlebarn, und die Beschreibungen in den von mir geposteten Links.
 

josef

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#6
Also nochmals:
Eine Funk- und Peilstation für die US-Flugbewegungen zwischen Hörsching und Lale im Raum Melk in der ersten Nachkriegsphase halte ich durchaus für realistisch - bis z.B. die Anlagen in Lale dementsprechend ausgebaut waren usw. (ca. 1 Jahr...). Die angegebene Örtlichkeit liegt ja fast in der Mitte des Korridors.

Das die Station vielleicht (auch...) zu nachrichtendienstlichen Zwecken zur Ausspähung usw. der ca. 5 km entfernten UTA "Quarz" diente, ist möglich, aber auch nicht erwiesen, daher das "angeblich"! Das Interesse der Amis an "Quarz" wurde schön öfters publiziert, der wahre Grund schlummert noch immer unter Verschluss in irgend welchen US-Archiven und nährt deshalb nach wie vor die Gerüchteküche :D
...Die US Truppen drangen wie weit auf das heutige Niederoesterreich vor, meines Wissens bis zur Traisen, und hatten in dieser Zeit genug Zeit, dort in Roggendorf in der Anlage Quarz zu suchen, was sie wollten...
Das stimmt nicht! Die US-Truppen kamen nicht bis zur Traisen. Offiziell bis zur Enns-Linie an der Grenze OÖ. - NÖ. und einzelne Aufklärungseinheiten kamen im Donautal bzw. entlang der B1 über Amstetten noch weiter nach Osten. Belegt sind die östlichsten Spitzen am linken Donauufer bei Aggsbach Markt bzw. an der B1 der Ort Erlauf (gemeinsame Siegesfeier mit den Russen) -> siehe hier. Wobei weitere begrenzte Aufklärungsunternehmen natürlich nicht ausgeschlossen werden können, aber nicht belegt sind!

Mir geht es aber primär nicht um die Spionagegerüchte, sondern ob die Station real existierte und wenn ja, ob vielleicht schon die Deutschen am gleichen Standort eine Anlage (z.B. aus dem Umfeld der Ln-Truppen...) betrieben?


Dazu GE-Bilder:

1. Linie Hörsching-Lale -> müsste in etwa mit dem "Korridor" übereinstimmen, kenne leider nicht dessen Breite.
2. Umgebung von Melk mit Lage "Quarz" und Kronaberg
3. Detail Raum zwischen Sooß und Hürm mit Kronaberg.
 

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#7
Mir geht es aber primär nicht um die Spionagegerüchte, sondern ob die Station real existierte und wenn ja, ob vielleicht schon die Deutschen am gleichen Standort eine Anlage (z.B. aus dem Umfeld der Ln-Truppen...) betrieben?
Nein Josef, die Anlage existierte sehr wahrscheinlich nicht, zumindest nicht waehrend der Besatzungszeit, die Erklaerung ist ganz einfach: Grund fuer meine Meinung ist die Peilung und Navigation in der damaligen Zeit und die vorgegebene Flugroute, die auch einzuhalten war.

Die Flugroute selbst war entweder von Linz, oder West-Deutschland, div. US-Air Basen u. dgl, aber auch von Prag (meist zivil) nach Tulln Air Base, oder von Tulln Air Base nach Wien an diese kleine Piste in Heiligenstadt. Diese Tatsache alleine wuerde nur eine Funkstelle suedlich oder noerdlich des Flughafens als technisch sinnvoll erscheinen lassen. ( Das Gelaende des Air Base war zu klein, um eine zweite Funkstelle sinnvoll zu betreiben, so war nur ein Standort ausserhalb des Gelaendes eine Option) Noerdlich ging nicht, da war die Donau, und nordlich der Donau war fuer die Russen ohnehin alles tabu, also ging nur suedlich des Flughafens, aber nicht westlich und auch nicht oestlich.

Bei den Briten waere die Lage in zur Peilung anders gewesen, da der Flughafen, ( sie nutzten Schwechat ) mit einer Funkstelle in der britischen Zone von Wien leicht zu loesen war. Der Standort der Funkstelle suedlich des Tulln Air Base duerfte fuer die damalige Zeit an der Grenze des Machbaren gewesen sein, dennoch recht kurze Distanz zum Air Base, wegen kurzer Anreise der diensthabenden Soldaten, und auch nicht immer zur Freude der Russen. D.h. die Russen waeren sicher an einem Standort naeher zum Air Base interessiert gewesen, die US-Amerikaner eher weiter weg, - eben aus Gruenden der damaligen Technik.

Auch den Russen musste der gleichen Stand der Technik bei der Funkpeilung von Flugzeugen gehabt, oder zumindest gekannt haben wie man dies genau macht. So waere der Standort Melk eher komisch aufgefallen, oder sagen wir so, er waere flugfunktechnisch nicht sinnvoll gewesen, und als Tarnung fuer andere Dinge sofort aufgefallen.
 

josef

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#8
Warten wir vorerst einmal ab, ob weitere Meinungen bzw. eventuelle Aufklärung kommt...

Zu Bild 1 - #6 Korridor für US- Luftfahrzeuge Hörsching - Lale:
Linie Hörsching-Lale -> müsste in etwa mit dem "Korridor" übereinstimmen, kenne leider nicht dessen Breite...
Habe zwischenzeitlich dazu bei A. Noss, "Der Fliegerhorst in Langenlebarn 1938 - 2010" folgendes gefunden:
Nordgrenze: Donau
Südgrenze: Linie Lale - südl. St.Pölten - Scheibbs - Steyr
 

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#9
Warten wir vorerst einmal ab, ob weitere Meinungen bzw. eventuelle Aufklärung kommt...

Zu Bild 1 - #6 Korridor für US- Luftfahrzeuge Hörsching - Lale:


Habe zwischenzeitlich dazu bei A. Noss, "Der Fliegerhorst in Langenlebarn 1938 - 2010" folgendes gefunden:
Nordgrenze: Donau
Südgrenze: Linie Lale - südl. St.Pölten - Scheibbs - Steyr
Ich denke, dass ein anderer Standort (ausser noch weiter suedlich), als der uns Bekannte, und zwar Sued-westlich des Tulln Air Base fuer die Funkpeilung keinen Sinn machte. (Noch weiter suedlich war warscheinlich militaerisch nicht moeglich, im Ernstfall zu weit weg, unden Russen nicht genehm)

Ich erklaere es Dir mal so: Der unguenstige Winkel der Radiostation haette als Peilanlage fuer eine saubere Ortung des Flugzeuges wenig Sinn gemacht, waere man in gerader oestlicher oder westlicher Richtung des Flughafens gewesen, - dies waere der Standort gewesen, den Du genannt hattest. Demnach denke ich gehoert diese Theorie mehr zu Fiktion als zur Realitaet.

Andernfalls haette der Russe recht bald erkannt, das hier noch mehr auf der Agenda stand, als nur Funk und Navigation ! ( Wir reden hier von einer Zeit, wo es weder VOR, also auf Deutsch UKW-Drehfunkfeuer, noch GPS gab.)

(VOR ist uebrigens sogar recht alt, man experiementierte damit schon kurz nach der Jahrhundertwende in Deutschland herum, zum Einsatz kam es aber erst ab 1950 ! Ich bezweifle, dass es in Oesterreich VOR damals gab, ich vermute dass erst der Flughafen Wien-Schwechat in den 60ger oder 70ger Jahren es einsetzte. Ich glaube auch einmal gehoert zu haben, dass die Fa. Telefunken massgeblich an der Entwicklung von VOR beteiligt war.)

Ich vermute auch, dass man damals in auf dem Tulln Air Base bei Langenlebarn und in den Contarinern ausserhalb des Gelaendes entweder eine Lang oder Mittelwellenpeilung gemacht hatte. Die dort diensthabenden US-Soldaten werden sich nur mit dem Betrieb des Senders und der Bewachung dessen beschaeftigt haben.

Den weiteren Punkt den ich hier anbringen muss, ist dass der von Dir gezeichnete Korridor nicht korrekt ist. Meines Wissens musste definitv suedlich der Donau geflogen werden, Deine Graphik zeigt eine gerade Strecke, die tlw. noerdlich der Donau verlaeuft.
 

josef

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#10
...Den weiteren Punkt den ich hier anbringen muss, ist dass der von Dir gezeichnete Korridor nicht korrekt ist. Meines Wissens musste definitv suedlich der Donau geflogen werden, Deine Graphik zeigt eine gerade Strecke, die tlw. noerdlich der Donau verlaeuft...
Der Korridor liegt innerhalb der weißen Linien und ist südlich der Donau. Die gerade gelbe Linie ist vom ersten Bild aus Beitrag #6 und zeigt einfach nur die Verbindung zwischen Hörsching und Lale ;)

Betreffend der technischen Details zum Standort der provisorischen US-Funkpeilanlage der Amis beim Platz, die in 2 ehemaligen deutschen LKW-Aufbauten untergebracht war, magst ja recht haben :) Verstehe die Aufregung nicht...:D
Es geht hier um den Standort einer US-Station bei Melk, die es lt. dem Artikel in besagten Heimatbuch gegeben haben soll und darin eben als "Funk- bzw. Peilstation" bezeichnet wird! Und nochmals: Gab es dort tatsächlich eine Station und wenn ja (weiß der Kuckuck für welchen Zweck...), war es eventuell eine Nachnutzung einer ehemaligen deutschen Stellung!?

Die provisorische "Peil- und Funkbude" in Lale wurde später übrigens durch gemauerte Objekte zu beiden Seiten in Verlängerung der Start- u. Landebahnachse ersetzt.

lg
josef
 
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#11
Da hatte ich Dein Bild misverstanden. Da waren so viele Linien drinnen, es wurde verwirrend.

Ich denke wenn es eine US Funkstelle bei Melk gegeben haette, waere dies in den Links zu den Webseiten die ich gepostet hatte, auch genannt worden! Heute gibt es eigentlich keinen Grund mehr irgendetwas ueber diese Zeit nicht zu berichten.

Du wirst dort sicher in den Webseiten ueber das Tulln Air Base herausgelesen haben, dass die Standortsuche fuer eine Funkstelle nicht einfach war, und insbesondere den Russen nicht genehm war. Auch ein Aufenthalt fuer US Soldaten in russischer Zone war meines Wissens in Oesterreich nicht erwuenscht, und es war im Falle des Tulln Air Base so man hatte sich an die vereinbarten Wege zu halten, also vom Air Base nach Wien, oder vom Air Base ueber festgelegte Strassen zu dieser Funkstelle. Alleine aus diesem Grund kann ich mir das nicht vorstellen, dass sich US Soldaten bis nach Melk bewegt haetten.

Wie streng diese Vorgaben aber gehandhabt wurde, weis ich nicht? US Soldaten verrichteten ihren Dienst in der Funkstelle stets bewaffnet, darueber berichten diese Webseiten, es wird immer wieder von Konfrontationen mit Russen berichtet, sodass eine Reise von Langenlebarn nach Melk ohne Genehmigung sicher nicht moeglich war. Selbst wenn dort eine Funkstelle der US-Amerikaner war, so waeren erstmal kurz nach dem Krieg US Amerikaner in Begleitung der Russen dort hingefahren, um den Standort zu begutachten. Berichte darueber gibt es nirgendwo.

Was ich allerdings kenne sind Zeitzeugenberichte, wonach US Soldaten regelmaessig Wirtshaeuser in Tulln aufsuchten? Ob und wie dies von den Russen toleriert wurde, weis ich nicht.

Viellecht besteht die Moeglichkeit zu dem einen oder anderen US-Soldaten der dort gedient hatte Kontakt aufzunehmen? Einige werden sicher noch leben und es gibt offenbar noch regelmaessige Treffen. Vielleicht weis jemand etwas.

Andere Antworten werden vielleicht in Archiven in Melk und Umgebung zu finden sein. Moeglw. gibt es in Oesterreich auch noch Zeitzeugen.

Nur die Aussage, am Kronaberg bei Melk eine Funkanlage zu betreiben, um angeblich eine Peilung eines Flugzeuges machen zu wollen, aber in Wirklichkeit nur wegen dem Nazi Projekt Quarz dort ist, halte ich fuer reine Fiktion. Die Idee ist wenig glaubwuerdig, und macht auch in der Umsetzung wenig Sinn.
 
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