Mit dem Grubenhunt wird das Eisenerz aus dem Stollen herausgefahren.
Die ehemaligen Werkshallen des Achthaler Eisenbergwerkes.
In der letzten Folge der Chiemgau- Blätter besuchten wir das Bergbau-Museum Maxhütte in Bergen. Wir erhielten dort einen Einblick in die Verhüttung des Eisenerzes und in die Verarbeitung des Roheisens zu Gusseisen, aus dem wieder Industrieprodukte und kunstvolle Geräte des Alltags hergestellt wurden. In der ehemaligen Gießerei der Maxhütte ist ein Museum eingerichtet, das uns den Alltag der Eisenerzverarbeitung in früherer Zeit anschaulich miterleben lässt. Das in der Maxhütte verhüttete Eisen wurde in Stollen am Teisenberg im Untertagebergbau gewonnen und im mühsamen Transport auf Pferdefuhrwerken und im Winter auf Pferdeschlitten nach Bergen gebracht.
Die Gewerkschaftsgründung des Salzburger Erzbischofs
In Bergen begegnete uns Pankraz von Freyberg als Initiator des Eisenbergbaus. In Achthal, wo wir heute wiederum ein Bergbaumuseum besuchen, verhalf der Salzburger Fürsterzbischof Matthäus Lang 1537 mit der Gründung einer Eisengewerkschaft dem Eisenbergbau zum wirtschaftlichen Aufschwung. Auch in Achthal kannten schon die Römer die Verarbeitung des Eisenerzes in einfachen Schmelzöfen. 1160 wurde auf Betreiben des Grafen Kunrad von Aschau im Teisenberg Stollen zur Eisengewinnung angelegt. Zuschüsse des Salzburger Fürsterzbischofs ermöglichten 1432 die Wiedereröffnung des Bergwerks und den Bau eines Hammerwerkes in Achthal. Fürsterzbischof Leonhard von Keutschach förderte ebenfalls den Erzabbau und betrieb erfolgreich die Vermarktung der beim Bergbau ausgeschiedenen Gesteinssorten.
Ein markanter Meilenstein in der Geschichte des Erzbergbaus im Achthal ist die Gründung der Eisengewerkschaft durch Fürsterzbischof Matthäus Lang 1537. Mehrere Personen und Stifte sollten beteiligt werden, die mit ihrem Vermögen den wirtschaftlichen Betrieb des Bergbaus förderten. Der Fürsterzbischof hatte sich eigenständige Rechte vorbehalten. In der Gründungsurkunde heißt es dazu, dass die Mitglieder der Gewerkschaft drei Jahre lang von allem Aufschlag befreit sind. »Nach Ausgang der drei Jahre sollen sie aber dem Erzbischof und seinen Nachfolgern einen gebührlichen Aufschlag zu bezahlen schuldig sein.« Der Fürsterzbischof hielt also die Hand fest auf dem Unternehmen und den erwirtschafteten Gewinn. Die Gründung der Gewerkschaft, deren Anteile später als Aktien bezeichnet wurde, steht bis heute als Zeugnis einer frühkapitalistischen Wirtschaftsform.
Die Grenzteilung des Eisenerzvorkommens am Teisenberg
Das Gebiet um Achthal am Teisenberg gehörte zum Erzbistum Salzburg. Der Salzburger Erzbischof war in erster Linie weltlicher Fürst und Herr über ein auch seiner räumlichen Ausdehnung nach ansehnliches Reich. Ein Blick auf die mittelalterliche Landkarte zeigt die Grenzen des Erzbistums, die im Norden das Salzkammergut einschließend fast bis zur Mündung der Salzach in den Inn und im Süden bis zur Nordgrenze des Herzogtums Kärntens verliefen. Untergeordnete Bistümer, zu denen Chiemsee, Seckau, Lavant und Gurk gehörten, stärkten die Machtfülle des Fürsterzbischofs.
So ist es leicht nachzuvollziehen, dass der Fürst des Bistums, das der heilige Rupert um 700 gegründet hatte, ständig auf die Erweiterung seiner territorialen Macht bedacht war. So kam es mit den im Westen angrenzenden Wittelsbachern zu Auseinandersetzungen über den Grenzverlauf, die im 13. Jahrhundert dazu führten, dass ein Gebiet im südöstlichen Chiemgau dem Erzbistum Salzburg zugeschlagen wurde. Dabei wurde die Grenze so festgelegt, dass sie geradewegs die Erzlagerstätten im Teisenberg durchschnitt. Der westliche Teil des Teisenberger Erzberges wurde bayerisch, der östliche salzburgisch. Nur allzu oft in der Geschichte werden Grenzen willkürlich und ohne Rücksicht auf die von der Natur gegebenen Voraussetzungen gezogen.
An sich hätte dies ein Ansatzpunkt fortlaufender Streitigkeiten sein können. Im Teisenberg gruben die bayerischen Bergleute von Westen her und die Salzburger von Osten her Stollen in den Berg. Die Bergleute, die sich untertage nie begegnet sind, bleiben auch im übrigen auf beiden Seiten friedlich. Keiner von den bayerischen Bergleuten ging auf die Salzburger Kumpel mit dem Haueisen los. Eine wahrhaft vorbildliche grenzüberschreitende Nachbarschaft.
Zwar verstanden es die Salzburger Erzbischöfe die Kapitalanteile, die sich zunächst in privater Hand befanden, allmählich in bischöfliches Eigentum überzuführen oder wenigstens den von Salzburg dominierten Stiftungen einzuverleiben. Da die Gewerkschaft über ausreichend Grundbesitz, vor allem über holzreiche Wälder verfügte, war der wirtschaftliche Bestand des Bergbaus gesichert und die Beteiligten, vor allem der Fürsterzbischof selbst, konnten sich über einen beträchtlichen Ertrag freuen. So ist das Achthaler Eisenbergwerk nur ein Spiegelbild des auch wirtschaftlich prosperierenden Erzbistum Salzburg. Wer heute durch die Straßen der Stadt geht, spürt noch etwas von dem monitären Reichtum von Salzburg, zu dem auch die Bergleute am Teisenberg mit ihrer Arbeit Anteil hatten.
Das Ende des Achthaler Bergbaus
Die Zeitenwende der Aufklärung und der Säkularisation zu Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts brachte dann das Ede des mächtigen Reiches des geistlichen Fürsten in Salzburg. Die Karten der Mächtigen wurden neu gemischt und ihre Reiche neu verteilt. So kam das Land am Teisenberg 1810 nach Bayern. Die Gewerkschaft blieb zwar bestehen. Aber dunkle Wolken zeichneten sich am Horizont auch für den Erzbergbau im Achthal ab. Um in dem neuen Staatsgefüge die Macht auszuloten, sperrten die Österreicher die Eiseneinfuhr. 1817 wurde das Stift Höglwörth säkularisiert. Der Waldbesitz des Klosters fiel an den Fiskus und der für die Hochöfen notwenige Brennstoff wurde knapp. Für notleidende Knappen wurde 1814 eine Bergwerksbruderschaft gegründet. Dann ging es mit dem Eisenwerk vorübergehend wieder bergauf. 1844 konnte ein neuer Stollen von fast zwei Kilometern Länge in Betrieb genommen werden.
1877 zeichnete sich der endgültige Niedergang des Hüttenwerkes ab. Die Ursache hierfür war der allgemeine wirtschaftliche Einbruch beim Eisenabsatz, verbunden mit einem rapiden Preisverfall am Eisenmarkt. Für einen Zentner Eisen für Herdplatten konnten in München, die Lieferung eingeschlossen, gerade noch sechs Mark erlöst werden. Davon waren die Knappen nicht mehr zu bezahlen. Nur zehn Bergleute verblieben noch im Werk. Der Hochofen wurde auf Winterbetrieb umgestellt. 1919 wurde das Eisenbergwerk im Achthal an den bayerischen Staat verkauft und von der Staatlichen Berg- Hütten- und Salzwerke AG übernommen. Die Gewerkschaft wurde aufgelöst, die Arbeiter teilweise von anderen Bergwerken in Bayern übernommen. 1925 wurde der Betrieb ganz aufgegeben.
Die Gebäude verfielen. Viele Relikte des Eisenbergbaus im Achthal fielen dem Zahn der Zeit zum Opfer. Die Erinnerung an das einst stolze Eisenwerk Achthal wäre heute nur noch in den Chroniken nachzulesen, wenn sich nicht Sepp Winkler mit seinen Helfern die Einrichtung eines Bergbaumuseums in Achthal zu seiner Lebensaufgabe gemacht hätte. Im ehemaligen Verwaltungsgebäude des Bergwerks hatte sich ein Kramerladen etabliert. Viele Geräte des Bergbaus wären einer rostigen Vergänglichkeit ausgeliefert gewesen, wenn sie nicht sorgsam konserviert und für das Museum hergerichtet worden wären. Vor allem gab es wertvolles Kartenmaterial, das die Lage der Stollen beschrieb, und dessen Konservierung von Nöten war.
Das Bergbaumuseum als Lebenswerk von Sepp Winkler
Sepp Winkler versteht von Berufs wegen nicht nur vom Bergbau viel; er hatte auch die Geschichte des Achthaler Bergbaus gründlich studiert, die in seinem Büchlein »Der Salzburger Erzbergbau am Teisenberg« einen breiten Raum einnimmt. So wusste er, dass die von Salzburger Erzbischof gegründete Gewerkschaft durch den gemeinschaftlichen Einsatz von Kapital und persönlichem Engagement den wirtschaftlichen Aufschwung des Bergwerks erst ermöglicht hatte. Sepp Winkler gelang es, einen Förderverein zu gründen, in dem engagierte Mitglieder Kapital und Ideen einbrachten, was dann 1984 zur Eröffnung des Bergbaumuseums Achthal führte.
Die kleine Bergbausiedlung Achthal erreichen wir über die Autobahn München-Salzburg. Von der Ausfahrt Neukirchen folgen wir einer kurvenreichen Kreisstraße nach Norden und erreichen schon nach 3 km den Ort Achthal. Eine im Wind flatternde Fahne mit der Aufschrift ÑBergbaumuseumì lässt uns dieses nicht übersehen. Das mit einem Doppelwalmdach gedeckte, stattliche Gebäude war einst der Mittelpunkt der Bergbausiedlung. An der Straße steht noch ein aus Schlacke, dem Abfallprodukt der Eisenerzeugung gebautes Wohnhaus für die Bergleute.
Nördlich vom Museum sind die zwei ehemaligen Werkshallen des Betriebes leer geräumt. Gleichwohl vermeint man noch das Hämmern der Arbeiter zu hören, die einst hier ihre schwere Arbeit verrichteten. Zwischen den beiden Werkshallen stand der Hochofen, der abgebrochen wurde. Die Kapelle Maria Schnee wurde an der Stelle der vom Feuer zerstörten alten Knappen-Kapelle erbaut. Schon der Name des Ortes Achthal erinnert an den Bach- Ache, vom lateinischen Aqua abgeleitet -, dessen Wasserkraft zum Betreib der Hammerwerke und anderer Maschinen notwendig war.
Eine eindrucksvolle Museums-Führung
Nun öffnet Sepp Winkler die schwere, mit Eisen beschlagene Eingangstür zum Museum und bietet uns, übrigens außerhalb der üblichen ÷ffnungszeiten, eine Führung als Privatissimum an. In der Eingangshalle können wir an Hand der chronologisch aufgeführten Jahreszahlen die wechselvolle Geschichte des Erzbergbaus in Achthal nachvollziehen. Dann führt uns Sepp Winkler in den Keller, in dem ein Bergwerksstollen nachgebaut ist. Der aus Holz erbaute, knapp mannshohe Stollen wird von senkrechten und waagerechten Balken abgestützt. Am Ende des Schachtes steht der Grubenhunt, ein Rollwagen, der auf einem Gleis aus dem Stollen gefahren werden kann. Zwei Kumpels sind gerade dabei, den Hunt mit dem aus den Wänden des Schachtes in Klumpen herausgeschlagenen Eisenerz zu beladen.
Ein Bergmann hält die Grubenlampe in der Hand, während sein Vordermann mit der Spitzhacke Erz aus der Wand herausbricht. Bei dieser schweißtreibenden, schweren Arbeit ist der ganze Mann gefordert. In dem engen Stollen ist die Belüftung schlecht. Das Dunkel und die Enge lasten auf dem Gemüt der Männer. Dazu kommt die körperlich äußerst anstrengende Arbeit. Nur wer diese menschliche Belastung bedenkt, wird auch die Einstellung der Kumpel zu ihrem Berg, ihren Stolz und ihre Bereitschaft, letztlich auch ihr Leben für den Bergbau einzusetzen, würdigen können.
Im Museum betrachten wir die im Bergbau eingesetzten Geräte, Pickel und Eisenhämmer. Später ersetzte dann die Sprengung die Handarbeit. Löcher wurden in die Wand gebohrt und mit Pulver gefüllt. Das Ende der mehrere Meter langen Zündschnur wurde angezündet. Dann hieß es, ein Vaterunser beten und sich in Sicherheit bringen. Manchmal kam der Bergmann mit dem Gebet nicht zu Ende. Die vielen Gräber auf den Friedhöfen in der Umgebung künden von den Opfern, die der Berg von den Menschen gefordert hat. In einer Vitrine sind verschiedene Bergwerkslampen ausgestellt. Während später Karbidlampen im Gebrauch waren, taten es in der Frühzeit des Bergbaus auch Kienspäne, die sich der Bergmann anzündete und mit den Zähnen festhielt, um die Hand für das Werkzeug frei zu haben.
Von Interesse sind die vielen Landkarten, sog. Grubenkarten, die im Original Aufschluss über die hohen vermessungstechnischen Kenntnisse geben, die schon in frühen Zeiten den Technikern die Grundlage für den Bau der Stollen lieferten. Die Zeichnungen der im Stollen hämmernden Bergleute sowie die Maß- und Entfernungseintragungen zeugen von hoher technischer Kenntnis, aber auch vom Sinn, die Karten künstlerisch zu gestalten.
In einem Modell ist das Kernstück der Eisenhütte zu sehen, der Hochofen. Die vielen Knöpfen, mit denen kleine Lämpchen an markanten Stellen angeschaltet werden können, lassen zunächst an ein Spielzeug denken. Tatsächlich handelt es sich aber um ein hochwertiges technisches Modell, das uns den Arbeitsablauf bei der Verhüttung des Eisenerzes anschaulich macht. Auf einer Rampe wird oben das Eisenerz in den zylindrischen Ofenschacht zusammen mit dem Brennmaterial – Holzkohle und Torf – eingefüllt. Über zwei Abflussrinnen wird das noch glühend heiße Roheisen und die ebenso glühende Schlacke abgeleitet. In Wasserbecken werden Eisen und Schlacke gesondert abgekühlt. Ein Massel Roheisen und ein Klumpen Schlacke sind gleich neben dem Modell zu sehen. Dem ständig in Betrieb befindlichen Hochofen musste über einen großen Blasebalg Luft zugeführt werden, um den Verbrennungsprozess laufend zu fördern.
Mittelalterliche Arbeit unter Tage und die Technik von heute
Noch vieles gibt es in den in ihrer Ausstattung übersichtlich eingerichteten Schauräumen zu bewundern. Dazu gehören neben den Arbeitsgeräten auch die festlichen Trachten der Bergmänner sowie ihre Fahnen und Orden. Die Bergleute, deren Arbeit ihr Leben bestimmte, waren in einer Zunft zusammengeschlossen und zeigten sich an Sonn- und Feiertagen in ihren Bergmannstrachten stolz in der Öffentlichkeit. Neben den bunten Fahnen und Trachten der Bergleute finden wir im oberen Stockwerk auch die Werkstücke ausgestellt, die aus dem in Achthal gewonnenen Eisen hergestellt wurden. Kunstvolle Geräte des täglichen Gebrauchs, aber auch Zierformen aller Art lassen das handwerkliche Geschick erahnen, das für diese Kunst erforderlich war.
Nun haben wir in den 25 Räumen des Museums, die über drei Stockwerke verteilt sind, vieles gesehen, was unser Bild von einer fremden, längst vergangenen Welt des Achthaler Eisenbergbau geprägt hat. Eine Rast auf der Bank vor dem Eingang lassen die Gedanken zu den eben gewonnenen Eindrücken nachwirken. Die Eisenzeit hat das Leben der Menschen grundlegend verändert. Eisen als beständiger, im Feuer schmied- und formbarer Werkstoff ließ sich für die Achsen und Reifen der Räder an den Wägen verwenden, mit denen die Römer über die Alpen zogen. Später taugte Eisen für Panzer und Kanonen in den Kriegen.
In unserem modernen Leben, in dem eiserne Werkzeuge, Türen und Schlösser aus Eisen zur Alltäglichkeit gehören, wo die Eisenbahn uns ein gewohntes Beförderungsmittel geworden ist, ist die Eisenzeit also noch nicht zu Ende. Soweit andere künstlich hergestellte Stoffe das Eisen verdrängt haben, hat sich dies aus der Sicht der Umweltverträglichkeit nicht gerade als vorteilhaft erwiesen.
Kommen wir noch einmal auf die harte Arbeit der Bergleute im Stollen zurück und vergleichen damit die Arbeitsbedingungen im modernen Bergbau, wo computertechnische Perfektion Einzug gehalten hat. Das Leben und die Arbeit der Bergleute haben sich grundlegend geändert. Geregelte Arbeitszeit, gesicherter Lohn und Versorgung bei Arbeitsunfällen sind längst zur Selbstverständlichkeit geworden. Die schweißtreibende Arbeit der Hauer unter Tage wird weitgehend von computergesteuerten Maschinen erledigt. Demnach müsste nach der Eisenzeit das goldene Zeitalter angebrochen sein. Nachdem wir die Bergleute in Achthal nicht mehr fragen können, bleiben wir mit diesen Gedanken allein. Auch diese Erkenntnis ist von einem Besuch des Bergbaumuseums mitzunehmen: Eine Veränderung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen bedingt nicht zwangsläufig deren Glück.
Das Bergbaumuseum Achthal ist vom 1. Mai bis 31. Oktober am Sonntag 10. 00 Uhr bis 12. 00 Uhr und am Dienstag bis Samstag von 13. 00 Uhr bis 16. 00 Uhr geöffnet. Sonderführungen für Gruppen nach Vereinbarung. Tel. 08666 7149 oder 1029.
Quelle: Sepp Winkler »Der Salzburger Erzbergbau am Teisenberg«.
DD