Dinosaurierabdrücke an der Decke einer französischen Höhle

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Kurios: Dinosaurier-Fußstapfen an der Decke einer Höhle

Forscher entdeckten in einer Karsthöhle in Südfrankreich ungewöhnliche Spuren aus dem Jura-Zeitalter

19. April 2020, 09:00


Die Karsthöhle von Castelbouc hielt eine paläontologische Überraschung bereit.
Foto: Rémi Flament/Journal of Vertebrate Paleontology

Mehr als 160 Millionen Jahre vor Lionel Richies "Dancing on the Ceiling" haben riesenhafte Dinosaurier Fußspuren hinterlassen, die Forscher nun an der Decke einer Höhle in Südfrankreich fanden. Im Zeitalter des Jura zogen hier drei Sauropoden an der Küste eines Meeres entlang, wie die Forscher im "Journal of Vertebrate Paleontology" berichten.

Zur Fundstelle
Tektonische Prozesse sorgen oft für ungewöhnliche Fundstellen und -positionen. Gesteinsschichten können im Zuge einer Gebirgsbildung aufgefaltet werden – Fossilien werden daher häufig in vertikaler Position entdeckt, etwa an der Flanke von Hügeln. Erosion ist ein weiterer entscheidender Prozess: Dadurch kann eine Schicht abgetragen werden, während die über ihr liegende samt den darin enthaltenen Spuren erhalten bleibt.

In Bergwerksstollen kommt es zwar oft zu Fossilienfunden, hier jedoch war die Fundstelle auch ohne extensive Vorarbeit zugänglich. "Zugänglich" unter Anführungszeichen freilich, immerhin liegt die Karsthöhle von Castelbouc 500 Meter unter der Erdoberfläche und ist nur über lange und enge Gänge erreichbar. Jean-David Moreau von der Université Bourgogne – Franche-Comté entdeckte die Spuren 2015 zufällig auf einer Höhlenerkundungstour.


Die Fußspuren an der Decke sind hervorragend erhalten geblieben.
Foto: Rémi Flament/Journal of Vertebrate Paleontology

Nun hat ein Team um Moreau den Fund nach eingehender Untersuchung im Detail präsentiert. Die Spuren lassen sich auf drei verschiedene Exemplare derselben Art zurückführen. Deren größtes hinterließ Fußstapfen, die 1,25 Meter messen. Sie sind teilweise so gut erhalten, dass man die einzelnen Zehen und Krallen erkennen kann. Als die Tiere hier vor 168 bis 166 Millionen Jahren durchzogen, muss der Boden weich gewesen und anschließend schnell ausgetrocknet sein, um in solcher Detailschärfe zu versteinern.

Die Form der Spuren weist eindeutig auf Sauropoden hin, eine der bekanntesten und in jeder Beziehung größten Dinosauriergruppen. Ihr typischer Körperbauplan: ein auf vier Säulenbeinen ruhender tonnenschwerer Rumpf, dazu ein langer Schwanz und ein langer Hals, an dem ein vergleichsweise winziger Kopf saß. Den konnten die Pflanzenfresser in weitem Umkreis herumschwenken, um die Vegetation abzuweiden.

Ichnotaxa
Die genaue Spezies ist anhand der Fußabdrücke nicht identifizierbar. Die Spuren haben indes die Bezeichnung Occitanopodus gandi erhalten, denn auch Spurenfossilien werden mit "Artnamen" versehen. Diese sogenannten Ichnotaxa sind von den herkömmlichen taxonomischen Bezeichnungen (die sich an Überresten des tatsächlichen Körpers orientieren) unabhängig. Immerhin kann dasselbe Tier unterschiedliche Spuren hinterlassen – oder umgekehrt können die Spuren verschiedener Arten gleich aussehen.


Der typische Körperbau eines Titanosauriers am Beispiel von Savannasaurus.
Illustration: APA/AFP/NATURE PUBLISHING GROUP

Während der Urheber so mancher Spur aus grauer Vorzeit frustrierend mysteriös bleibt, ließ sich der Fund aus der Höhle von Castelbouc aber zumindest der weiteren Verwandtschaft der Titanosaurier zuordnen. Obwohl im Körperbau der Sauropoden das Gemeinsame das Trennende überwiegt, lassen sie sich in eine Reihe von Untergruppen aufgliedern. Die Titanosauriformes waren eine davon, und eine sehr erfolgreiche dazu: Ihre Geschichte begann etwa zu Lebzeiten des nun entdeckten Tiers und dauerte bis zum Einschlag des Asteroiden vor 66 Millionen Jahren.

Einer der kleineren Giganten
Die Größe des Tiers allein aus seinen Fußspuren abzuleiten, ist schwierig, wie Moreau gegenüber dem STANDARD erklärte. Er schätzt, dass das kleinste der drei Exemplare, die hier einen Strandspaziergang machten, eine Schulterhöhe von etwa zweieinhalb Metern hatte. Das wäre weniger als bei einem Afrikanischen Elefanten, auch wenn der Dino aufgrund seines Halses und Schwanzes insgesamt größer gewirkt hätte.

Innerhalb seiner direkten Verwandtschaft hätte der Sauropode aus Südfrankreich aber bestenfalls im Mittelfeld gelegen. Denn erst im letzten Abschnitt ihrer langen Existenz, in der späten Kreidezeit, brachten die Titanosaurier ihre gewaltigsten Vertreter hervor: Spezies wie Argentinosaurus und Dreadnoughtus wetteiferten mit Längen von etwa 30 Metern und einer geschätzten Masse von 40 bis gar 70 Tonnen um den Titel des größten Landtiers aller Zeiten. (jdo, 19.4.2020)
Quelle: Kurios: Dinosaurier-Fußstapfen an der Decke einer Höhle - derStandard.at
 
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