Ehem. Sensenwerk Zeilinger in Himmelberg/Kärnten

josef

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#1
Am 25.08.2014 hatte ich die Gelegenheit, das ehemalige Sensenwerk „Gewerke Karl Zeilinger“ in Himmelberg bei Feldkirchen zu besuchen. Bereits seit dem 16. Jahrhundert ist Eisenverarbeitung im Gemeindegebiet von Himmelberg nachgewiesen. Dabei wurde bis ins 20. Jhdt. das Wasser des „Tiebel-Baches“ als Antriebsquelle genutzt. So ist auch in einem „Wiki-Bericht“ über die die Gemeinde Himmelberg zu lesen:
Entlang des Tiebels entwickelte sich ab dem 16. Jahrhundert die Eisenverarbeitung, und bis in das 20. Jahrhundert hinein war Himmelberg für seine Sensenschmieden bekannt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden in Himmelberg bis zu 250.000 Sensen jährlich hergestellt. Nur wenige Sensenbetriebe überlebten jedoch die Jahrhundertwende und in der Wirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit wurde die Produktion fast vollständig eingestellt. Eines der letzten Sensen-Gewerke war die Zeilinger-Schmiede „an der Tratten“.
Die Sensenerzeugung in der Zeilinger-Schmiede wurde 1956 (1958 ?) eingestellt. Die Gebäude mit den Produktionsanlagen und Werkzeugen blieben jedoch bis heute erhalten – vorbildlich betreut von der „Arbeitsgemeinschaft Kultur Himmelberg“ (AKH)!

Bildbericht Teil 1 von 5:

1. Das Schmiedegebäude von der B95 (Turracher Straße) aus gesehen. Die Objekte gleichen auch jenen als Ensemble erhaltenen Sensenwerken (Hammerschmieden) in Niederösterreich (Eisenwurzen) und den ehemaligen oberösterreichischen Werken im Enns-, Steyr- u. Almtal usw.. Sie bestehen aus Wohnhaus der Gewerke (Herrenhaus), Arbeiter- bzw. Schmiedewohnhäusern, den direkt an den Fluss- und Bachläufen gelegenen Schmiedebauten (Produktion - Hammerwerksgebäude) sowie diversen Nebengebäuden zur Lagerung der Holzkohle, Fertigwaren usw. .

2. Arbeiterwohnhaus,

3. Herrenhaus,

4. Nebengebäude (diente früher auch als Feuerwehrhaus, der Gewerke Zeilinger war ein großer Förderer der örtlichen Wehr).

5. Schmiedegebäude mit den erhaltenen Produktionseinrichtungen.

6. Älteste Bilddarstellung des Werkes.
 

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josef

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#2
Ehem. Sensenwerk Zeilinger in Himmelberg - Teil 2

Bildbericht Teil 2 von 5:

7. Hochgehaltene Tradition und Frömmigkeit – die Fahne des „Heiligen Florians“, dem Schutzpatron der Schmiede.

8. Auswahl der in der „Zeilinger Schmiede“ erzeugten Produkte: Oben – kurze Sensen für den Export in die Türkei, in der Mitte die uns allen bekannten Sensen und darunter ein Buschmesser, diese wurde sowohl nach Südamerika als auch Afrika exportiert.

9. Darstellung der Fertigungsstufen von einem Stück Stabstahl (-> Bröckel) bis zum fertigen Sensenblatt.

10. Blick in die düstere Schmiedehalle, im damaligen Betrieb kam noch eine geringe zusätzliche Beleuchtung durch die Feuer der Schmiedeöfen hinzu. Die Arbeitsbedingungen waren sicher nicht sie Besten, wenn man bedenkt, dass hier hektische Betriebsamkeit herrschte. Besonders durch ständiges hin- und her Laufen der Hilfskräfte (-> Kohlenbuben), welche mit Zangen die glühenden Werkstücke von den Öfen zu den Hämmern und zum Wiederaufwärmen zurück brachten. Dazu kam der Lärm der Hämmer und Schleifanlagen, das Surren der Transmissionsscheiben , Rauch aus den Öfen und Gestank der Ölbäder zum Härten der Sensen…

11. Das Wasser der Tiebel lieferte die Antriebskraft der Wasserräder für die Hämmer und Maschinen. Sehr früh installierte man eine Turbine mit Generator (-> das 3. E-Werk in Kärnten) und betrieb mittels Elektromotor eine entlang der Gebäudefront verlaufende Transmissionswelle, von der über Riemen die einzelnen Hämmer und Fertigungsmaschinen angetrieben wurden.

12. Gebäudefront der Schmiedehalle entlang der Tiebel. Früher gab es hier 3 Wasserräder, bis in dem hinten erkennbaren Anbau das Kleinkraftwerk installiert wurde, welches heute noch zur Stromerzeugung verwendet wird.
 

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josef

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#3
Ehem. Sensenwerk Zeilinger in Himmelberg - Teil 3

Bildbericht Teil 3 von 5:

13. Die entlang der Gebäudewand verlaufende Transmissionswelle mit den Rädern (Scheiben) für die Riemen zum Antrieb der Hämmer und Maschinen.

14. Der Flammofen zum Erhitzen der von langen Stahlstangen abgeschnittenen kurzen Stahlstücke (-> Bröckel) als Ausgangsmaterial für die Sensenfertigung. Die „Bröckel“ wurden im Ofen auf 900° - 1.000° erhitzt (-> hellkirschrot…). Die glühenden Stahlstücke wurden mittels Zangen von den „Kohlbuben“ (unterste Hierarchie in der Schmiedegesellschaft) zu den einzelnen Hämmern (-> Zainhämmer, Breithammer...) zur weiteren Bearbeitung -> „Zainen“ (Strecken zur gewünschten Sensenlänge) u. "Breiten" (Ausformung des Sensenblattes) gebracht. Nach einer gewissen Bearbeitungszeit kühlte das Werkstück aus und es musste mehrmals wieder zum Aufwärmen in das Ofenfeuer zurückgebracht werden.

15. Eine der mehreren Feuerstellen wurde zu Schauzwecken angeheizt…

16. Der Abzug der Esse innerhalb des Gebäudes zum Dach…

17. …und der schön renovierte Kamin außerhalb der Dachhaut.

18. Oberhalb der Ofenöffnung sind jede Menge Zangen aufgehängt, mit denen das glühende Material in der Schmiedehalle transportiert wurde.
 

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josef

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#4
Ehem. Sensenwerk Zeilinger in Himmelberg - Teil 4

Bildbericht Teil 4 von 5:

19. Der Breithammer zum Ausschmieden (-> Breiten) der Sense. Hier arbeitete der „Eßmeister“, der nach heutigen Bezeichnungen in etwa die „Meister- bzw. Vorarbeiterfunktion“ ausübte.

20. Zur Erhöhung von Kraft und Geschwindigkeit wurde der ursrüngliche „Schwanzhammer“ mit einem zusätzlichen Federpaket ausgestattet. Dadurch konnten 150 Hammerschläge/Minute erzielt werden. Zum „Breiten“ einer Sense war 3 maliges Erhitzen notwendig (-> Mittel-, Ort- und Spitzhitze…).

21. Rückseite des Breithammers, gut zu erkennen die Riemenscheibe über die der Riemen zur Scheibe an der Transmissionswelle lief. Die Hammerbewegungen wurden durch eine in der Mitte erkennbare Exzenterstange ermöglicht.

22. Die 3 „Zainhämmer“.

23. Nochmals die 3 „Zainhämmer“ von der anderen Seite.

24. Riemenantrieb eines Zainhammers.
 

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josef

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#5
Ehem. Sensenwerk Zeilinger in Himmelberg - Teil 5

Bildbericht Teil 5:

25. Härteofen zur Vergütung der Sensenblätter.
26. Ölwanne in der Härterei.
27. Ölbehälter zum Füllen der Härtewannen.
28. – 29. In der Schleiferei bekamen die Sensen ihren letzten „Schliff“…
30. …bevor sie hier noch ein Muster bzw. Markenzeichen „eingehämmert“ bekamen.
 

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josef

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#6
Das Sensenwerk fertigte in den beiden Weltkriegen auch fürs Militär:

Im WKI wurden Hufeisen für die Pferde der K.u.k. Armee hergestellt und im WKII wurde die Wehrmacht ebenfalls mit Hufeisen und Eispickel für die Gebirgstruppen beliefert.
 

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josef

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#8
Eine weitere ehemalige Schmiede in Himmelberg

Die Objekte der ehemaligen „Zeug- und Hackenschmiede Sussmann“ in Himmelberg sind ebenfalls erhalten. Die Gebäude der 1980 stillgelegten Schmiede sind vorbildlich renoviert und wurden einer anderen Nutzung zugeführt. Nur das ebenfalls vom Tiebel-Bach betriebene Kleinkraftwerk ist, wie bei der „Zeilinger-Schmiede“, noch in Betrieb wie früher.

1. Das Schmiedegebäude kurz nach der Betriebseinstellung 1980.
2. Das renovierte Gebäude heute.
3. -4. Der Fluder zum Kleinkraftwerk.
5. Herren- und Schmiedewohnhaus sind ebenfalls neu hergerichtet.
6. Produktionsstadien vom Stahlstück bis zur fertigen Hacke – Haupterzeugniss der ehemaligen Firma Sussmann, ausgestellt in der Schmiedehalle Zeilinger.

Bild 1 aus M.Wehdorn; „Baudenkmäler der Trchnik und Industrie in Österreich"; Band 2 Steiermark –Kärnten. Fotoa 2 – 6 Aufnahmedatum 27.08.2014
 

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josef

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#9
"Flodermühlen" am Tiebel-Bach

Im Zusammenhang mit dem "Energiespender Wasserkraft" durch den Tiebel-Bach ist in der "Zeilinger-Schmiede" auch eine Schautafel über "Floder-Mühlen" zu sehen. Dies ist eine besondere Form von Wassermühlen, bei denen das Wasserrad zum Antrieb des Mühlsteines horizontal (waagerecht) liegt und der Mahlstein ohne Getriebe direkt über die Welle des Wasserrades angetrieben wird.

Oberhalb von Himmelberg in Richtung "Tiebel-Quellen" gab es mehrere solche Mühlen. Eine ist angeblich noch erhalten, werde sie beim nächsten Besuch in Kärnten mal besichtigen.

Schematische Darstellung einer "Floder-Mühle" auf einer Schautafel:
 

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josef

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#10
2 Luftbilder von Himmelberg aus den 1930iger Jahren:

Links, schräg unter der Kirche vor der Straße das Schloss Biberstein und rechts, leicht schräg oberhalb vom Kirchturm, teilweise durch Bäume verdeckt, die Gebäude des ehemaligen Sensenwerkes der „Gewerke Karl Zeilinger“ (heller Schornstein am Dach...):
1547928802402.png

Die Objekte der ehemaligen „Zeug- und Hackenschmiede Sussmann“ (-> Beitrag #8) entlang des Tiebelbaches:
1547928885772.png
Bildquelle: Rechtsfreie Fotos aus dem ÖNB-Projekt Österreichische Nationalbibliothek Crowdsourcing
 
S

Senator74

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#11
Übrigens gibt es in Deutschfeistritz /Stmk ein (histor.) Sensenwerk, das man mit Führung besichtigen kann.
 

josef

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#12
Hinweis: Wie schon an anderern Stellen hingewiesen, ist die Reihenfolge der Fotos bei einigen Beiträgen seit der Software-Umstellung im Februar 2017 nicht mehr ident mit der ursprünglichen Einfügung/Reihung! Die Nummerierung der Bildtexte stimmt jedoch mit den Bildnummern überein und deshalb ist eine zeitaufwendige Umreihung der Bilder nicht notwendig!
 
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