Ehemaliger Industriestandort Neuberg an der Mürz

josef

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#1
Eisenwerk Neuberg

Vom einstigen großen Hüttenwerk der "Österreichischen Alpine Montangesellschaft" in Neuberg ist heute fast nichts mehr erhalten! Durch die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Ersten Weltkrieg und die Bestrebungen der ÖAMG, die zerstreuten Produktionsbetriebe soweit wie möglich am Standort Donawitz zu konzentrieren, führte 1924, ähnlich wie bereits 1901 der Hütte in Schwechat widerfahren, zur Schließung des Betriebes.

Eines der wenigen baulichen Hinterlassenschaften des Hüttenwerkes:
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Quelle: Arbeiterwohnhaus des ehem. Eisenwerkes (Lanau) (Neuberg an der Mürz) in Kulturatlas-STEIERMARK
 

josef

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#2
Dazu einige historische Ansichten von Neuberg mit dem Eisenhüttenwerk:

Die 8 Bilder im Anhang stammen aus dem "Ansichtskarten-Archiv der ÖNB" - Sammlung Neuberg an der Mürz:

1. Ansicht aus 1906 - Richtung Westen Blick über den Ort, im Mittelgrund die Schlote des Hüttenwerkes. Im Bereich vor den Schornsteinen, am Gelände des späteren ÖBF-Sägewerkes sind schon damals Aktivitäten der Holzwirtschaft zu erkennen.

2. Auf der Karte aus 1910, Richtung NW erkennt man ebenfalls links der Mürz Strukturen, die auf ein großes Holzlager schließen lassen. Links der Mürz verläuft die Anschlussbahn und ganz links verschwindet das Eisenwerk am Mürzbogen.

3. Ansicht aus 1922: Im Mittelgrund oberhalb des Ortes wieder der große Holzplatz, ob dort damals auch schon ein Sägewerk existierte, kann ich nicht sagen? Im Bereich oberhalb der Kirche erkennt man eine Schlackenhalde, rechts wieder die Schlote des Eisenwerkes, von dem Teile hinter dem zur Mürzschleife herabreichenden Hanges verdeckt sind...

4. Dieses Bild aus 1923, einem Jahr vor der Werksschließung, ist in Gegenrichtung der vorigen Fotos (grobe Richtung Ost) aufgenommen. Im Vordergrund der bei obigen Fotos teilweise durch den Berghang verdeckte Werksteil...

5. Ebenfalls aus 1923 stammt diese Aufnahme, wieder gegen Westen mit dem "Neuberger Münster" in Bildmitte rechts.

6. 1930 - 6 Jahre nach der Betriebsstilllegung sind noch die 3 Schlote zu sehen. Davor jede Menge Schnittholzstapel, was schon auf das Vorhandensein eines Sägewerkes schließen lässt.

7. Auf dem Bild aus 1931 fehlen schon 2 der großen Schlote! Wieder ist das Schnittholzlager gut auszumachen.

8. 1940 sind im Bereich des ehemaligen Eisenwerkes die Schlote bis auf 1 Stk. verschwunden. Im Bereich des späteren ÖBF-Sägewerkes ist schon der auch heute noch vorhandene Schlot zu sehen. Links der Bildmitte der Bahnhof Neuberg.
 

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josef

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#3
Zeitungsartikel aus 2014 anlässlich der vor 90 Jahren beendeten "Eisenhüttentradition" in Neuberg

4. August 2014
Vor 90 Jahren endete die große Neuberger Hüttentradition

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1924 wurde das Stahl- und Walzwerk in Neuberg stillgelegt. 500 Mitarbeiter verloren Arbeit und Brot

Von Gustl Damberger

Denkwürdiges Jubiläum für das Mürzer Oberland: Im Jahre 1924 - also vor genau 90 Jahren - wurde im einstigen Hüttenwerk der Alpine-Montan-Gesellschaft in Neuberg das Stahl- und Walzwerk stillgelegt. 500 Mitarbeiter verloren damals mit einem Schlag ihre Arbeit. Der Umstand, dass noch im selben Jahr eine Federnproduktion in Betrieb genommen wurde und damit 60 Mitarbeiter Beschäftigung fanden, konnte die Not der vielen Arbeitslosen im Neubergertal damals kaum lindern. Die Zahl der in der Neuberger Federnfabrik Beschäftigten stieg während des Weltkrieges wieder auf 200 Arbeiter und Angestellte. Nach 1945 gestaltete sich die Lage des Neuberger Betriebes wieder kritisch, sodass die Alpin-Montan-Gesellschaft das Federnwerk im Jahre 1951 schloss. Die Arbeiter und Angestellten wurden zu Pendlern in die Industriebetriebe des Mürztales - von Mürzzuschlag bis Kindberg.

Den Höchststand an Mitarbeitern erreichte das Neuberger Hüttenwerk im Jahre 1894 - also vor 120 Jahren - mit 1.331 Arbeitern und Angestellten. In diesem Jahr wurde auch ein Bessemer-Stahlwerk eröffnet und 1867 wurde der mit 18 Tonnen schwerste Dampfhammer der Monarchie in Neuberg in Betrieb genommen. Eine Produktionssteigerung brachte 1870 die Inbetriebnahme eines Martinofens. Es war der Dritte im Bereich der Monarchie. Aus dem in Neuberg produzierten Stahl wurden bis 1873 auch Lokomotiven gebaut. 1881 wurde das Unternehmen der "Neuberg-Mariazeller-Gewerkschaft" von der "Österreichisch-Alpine-Montangesellschaft" übernommen. Die folgenden Jahrzehnte brachten Rekorde in der Roheisen- und Stahlerzeugung. Die Erzbergbau-Betriebe im Neubergertal konnten den Erzbedarf nicht mehr decken, sodass zusätzlich Erze aus Vordernberg nach Neuberg transportiert wurden. 1894 wurden die beiden Neuberger Hochöfen außer Betrieb genommen. Das Stahl- und Walzwerk wurde mit Vormaterial aus anderen Alpine-Betrieben, vor allem aus Donawitz, versorgt und bis 1924 in Betrieb gehalten. Der Neuberger Stahl genoss in der Monarchie einen besonders guten Ruf. Waffenstahl wurde nach Steyr und Budapest geliefert. Auch die deutsche Kriegsmarine deckte einen wesentlichen Teil ihres Qualitätsstahlbedarfes mit Lieferungen aus Neuberg.
Mit dem Federnwerk wurde 1951 der letzte Betrieb der Alpine-Montan-Gesellschaft in Neuberg geschlossen. Nach 260 Jahren fand die Neuberger Stahlindustrie ihr Ende.


Autor: Angelika Kern aus Bruck an der Mur
Vor 90 Jahren endete die große Neuberger Hüttentradition
 

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#4
"Bessemer-Stahlwerk" der Hütte Neuberg

In meinem Fotoarchiv fand ich Bilder aus dem TMW (Abteilung Schwerindustrie) aus 2012, welches das zwischen 1866 - 1892 bestehende Bessemer-Stahlwerk in Neuberg zeigt. Das "Bessemer-Verfahren" wurde durch ein "Siemens-Martin" Stahlwerk, welches bis zur Betriebsschließung 1924 in Betrieb war, abgelöst:
 

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Senator74

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#5
Die Stahl-Industrie bzw. Eisenverarbeitung hatte meine Urgroßeltern nach Neuberg gelockt.
Seit Jahren ist dort aber nichtmal mehr die Holzverarbeitung von Bedeutung.
Eine Region stirbt, vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet. Auch das Werk in Wartberg (Fa. Pengg) hat schon ein Ablaufdatum. In Mürzzuschlag sind ein paar privatisierte Betriebe am Leben, ähnlich in Kapfenberg. Donawitz ist ein VOEST-Standort, dem ich mittelfristig Zukunft zubillige. Mehr ist wohl nicht zu hoffen.
 

josef

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#6
Sägewerk der Österreichischen Bundesforste (ÖBF)

Im direkten Anschluss bzw. auch auf Teilen des Geländes des ehemaligen Eisenhüttenwerkes befand sich ein großes Sägewerk der Österreichischen Bundesforste.
Betreffend historischer Daten konnte ich bisher nichts konkretes finden :(!
Die Betriebsschließung dürfte so ca. um das Jahr 2000 (Einstellung des Lokalbahn-Bahnbetriebes) erfolgt sein. Die Bausubstanz der noch vorhandenen Gebäude ist teilweise in sehr schlechten Zustand. Laut Auskunft von Anrainern wurde die technische Einrichtung des Sägewerkes nach der Stilllegung verkauft. Die riesigen brach liegenden Flächen der ehemaligen Stamm- und Schnittholzlagerplätze gleichen einer Grassteppe... Einige Objekte am eingezäunten Gelände dienen dem Anschein nach als Lager bzw. Garagen für ein Transportunternehmen.

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Bilder Teil 1:

1. - 8. Ein Überblick der trostlosen Industriebrache...
 

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josef

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#7
ÖBF-Sägewerk Neuberg - Teil 2:

9. Das weitmaschige Zaungeflecht erlaubte ein "durchstecken" des Objektives zwecks einiger nachfolgenden Zoombilder...
10. ...und dabei entdeckte ich die teilweise noch vorhandenen Gleisreste einer Roll- (Feld-)bahn.
11. Interessante Schienenanordnung: Da sich dies im Nahbereich des Normalspurgleis-Anschlusses befindet, könnte es sich zumindest links, um ein "Dreischienengleis" (Normalspur mit integriertem Gleis für Feld-(Roll-)bahn handeln? -> Meinung der "Spezialisten" ist gefragt!
12. -13. Die relativ neue Brücke über die Mürz in Stahl- Holzkonstruktion.
14. Knapp flussabwärts der Brücke befindet sich ein Stauwehr mit einem Kleinwasserkraftwerk.
15. Außerhalb der Einzäunung befindet sich ein altes Haus, die Wohnetage in Fachwerk-Bauweise ist aufgesetzt auf einem massiven Naturstein-Unterbau. Das Gebäude ist auf den Ansichtskartenbildern 3. und 7. des Beitrages #2, direkt am Fuß der zwischenzeitlich begrünten und bewachsenen Schlackenhalde zu erkennen.
16. "Grassteppe" des ehemaligen Rundholzlagerplatzes im Westen des Sägewerkes am Gelände des einstigen Eisenwerkes...
 

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Senator74

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#9
Danke!
Sind tw. Kindheitserinnerungen, auch wenn man den Friedhof nicht sieht. Dort sind meine Urgroßeltern begraben.
 

josef

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#10
Historische Fotos vom Neuberger Eisenwerk

Habe in einem nur mehr aus einigen zerflederten Restseiten bestehenden Buch aus 1928, "Die Montanindustrie in steirischen Landen", 2 historische Fotos des ehemaligen Hüttenwerkes Neuberg gefunden:

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Hochofenanlage Neuberg um ca. 1865...

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...und Puddelofen- und Walzwerk um 1860.

Beschreibung des "Puddelverfahrens", welches 1865/66 durch das neue "Bessemerverfahren" abgelöst wurde (-> siehe auch Beitrag #4).
 
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