Ende der 1950iger Jahre träumte man schon von E-Autos - aber mit handlichen Kernreaktoren als Energiequelle

josef

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#1
ATOMKRAFT? NEIN, TANKE!
Autos mit Kernreaktor als Energiequelle
Im Atomzeitalter träumten Autohersteller, allen voran Ford, vom Auto mit Kernreaktor als Antrieb. Gebaut wurden diese Fahrzeuge aber nie
Das waren halt noch E-Autos mit alltagstauglicher Reichweite, damals, Ende der 1950er-Jahre. Rund 8.000 Kilometer weit sollte ein Ford Nucleon mit einer Füllung kommen. Gebaut wurde der mehr als fünf Meter lange Wagen dann aber nie. Bis heute gibt es lediglich Modelle. Und ein E-Auto, wie wir es heute kennen, hätte er auch gar nie werden sollen.


Die verkehrte Deckenlampe im Heck des Nucleon ist der Reaktor für den Antrieb.
Foto: Ford Motor Company

Statt Strom aus Akkus sollte nämlich Atomenergie den Wagen antreiben. Ein geradezu handlicher Kernreaktor im Heck sollte den Strom für den Vortrieb erzeugen. Im Atomzeitalter musste auch die künftige Mobilität von der neuen, faszinierenden und so sauberen Energieform profitieren können, war man überzeugt. Magazine, die pseudowissenschaftlich die Zukunft vorab beschrieben, überschlugen sich regelrecht vor Begeisterung. An die Folgen eines Auffahrunfalls oder gar einer Massenkarambolage auf der Südosttangente dachte aus eh ziemlich logischen Gründen niemand. Die Fantasie wurde für Szenarien von selbstständig fahrenden Autos, die sicher bald auch fliegen werden können, gänzlich aufgebraucht. Und davon, dass es natürlich einmal möglich sein wird, überhaupt so kleine Reaktoren zu bauen.

Alte Zukunftsvisionen
Tankstellen sollten zu Tauschstationen für aufgebrauchte Reaktoren werden. Man träumte von Büros im Weltall, Zigaretten waren zwar nicht mehr nur gesund, aber gesundheitsschädlich auch nicht wirklich. Und eben, das Ende des Verbrennungsmotors war für die wahren Experten so gut wie besiegelt. Solche gab es auch in der Ford Motor Company.


Der FX-Atmos von Ford.
Foto: Ford Motor Company

Schon 1954 zeigten die Amerikaner auf der Chicago Motor Show mit dem FX-Atmos ein revolutionäres, neues Auto. Futuristisches Design, GFK statt Blech, kein Lenkrad mehr, Glasdach, Heckflossen, die an einen Kampfjet erinnerten – und dann noch die beiden Auspufföffnungen wie Raketendüsen. Während die Medien angeblich bereits darüber spekulierten, ob dies das erste Fahrzeug mit Atomantrieb sei, verlautbarte Ford nur kühl, dass der Wagen nie in Serie gehen werde, man den Antrieb also gar nicht diskutieren brauche.


Als ob eine Limousine mit einem Kampfjet fremdgegangen wäre, oder?
Foto: Ford Motor Company

1958 kam dann aber der eingangs beschriebener Nucleon auf die Welt. Als Modell. Im Maßstab 1:2,66. Es steht heute im Henry Ford Museum in Dearborn, in Michigan. Doch der Antrieb war bei ihm bereits komplett durchdacht. Ähnlich dem Antrieb von U-Booten, sollte durch Uran-Spaltung Wasserdampf erzeugt werden, der dann den Wagen antriebt.

Die Konkurrenz
Auch Studebaker Packard dachten beim Prototyp Astral, der 1958 in Genf gezeigt wurde, einen Nuklearantrieb an. Simca präsentierte in Genf, im Jahr darauf, ihre Idee vom Fulgur, einem Auto der Zukunft mit Strontium-Wechselgenerator und Vorderrädern, die bei höheren Geschwindigkeiten eingezogen werden. Ford hielt an der Antriebsreaktor-Idee sogar länger fest und präsentierte 1962, bei der Weltausstellung in Seattle, ebenfalls ein 3/8-Modell des sechsrädrigen Seattle-ite XXI.


Das Heck des Nucleon erinnert eher an ein Raumschiff.
Foto: Ford Motor Company

Zum Glück, ist man inzwischen geneigt zu sagen, wurde aus all diesen Ideen kein einziges reales Auto. Wer weiß, ob wir sonst heute überhaupt noch in der Lage wären, darüber zu diskutieren, ob Wasserstoff vielleicht doch noch den Durchbruch als Treibstoff der Zukunft schaffen wird. Aber wie damals gilt: In 70 Jahren wissen wir mehr. (Guido Gluschitsch, 6.1.2022)
Autos mit Kernreaktor als Energiequelle
 
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