Gerüchte aus dem Zauberwald
Von Susann Schönewald
Ein Mann geht um in Schmalkalden, ein Mann, der hinter dem Erdfall geheime Rüstungsstand-orte und Bunker vermutet.
Allerlei Gerüchte ziehen derzeit durch Schmalkaldens Straßen und Gassen: Oberschlaue wollen die Ursache des Erdfalls gefunden haben.
Schmalkalden - Seit dem Erdfall am 1. November bietet die Schmalkalder Unterwelt Stoff für Mythen. Einst in den Berg gehauene Stollen
sollen die Ursache gewesen sein, Bergbau, seit mehreren hundert Jahren betrieben. Die neueste Mär verbreitet Ralf Ehmann. Einen unterirdischen Rüstungsstandort hat er als mögliche Ursache für den Erdfall ausgemacht. Doch statt es bei diesem "Hirngespinst", so Peter Handy, Vorsitzender der Vereins für Schmalkaldische Geschichte und Landeskunde, zu belassen, hält Ehmann seit Tagen die Behörden auf Trapp. Diese versuchen, sich geduldig mit dem Mann auseinanderzusetzen, wie gestern Dr. Lutz Katzschmann von der Landesanstalt für Umwelt und Geologie. Der Krater sei fast bis auf das Niveau der Schmalkalde gebrochen, sagt er. Wo bitte schön soll da eine Maschinenhalle Platz gehabt haben?
Ehmanns Agieren ist dem Umweltministerium nicht entgangen. Alarmiert von Schmalkalder Bürgern versicherte gestern ein Ministeriumsvertreter per E-Mail, dass der Mann weder von Minister Reinholz, noch von anderen Mitarbeitern des Hauses beauftragt worden sei, Recherchen jedweder Art durchzuführen. Er handle ausschließlich auf eigene Faust, beunruhige die Anwohner durch vorgebliches Wissen, für dessen Richtigkeit es keinerlei Anhaltspunkte gebe. Mit der sorgfältigen Untersuchung der geologischen Situation im Bereich des Erdfalls seien ausschließlich Mitarbeiter der Landesanstalt für Umwelt und Geologie beauftragt und diese könnten sich als solche auch ausweisen, wie die Mitarbeiter des Bergamtes, der Bohr- und Vermessungsfirma. "Der macht uns total verrückt", schimpft eine Anwohnerin in der Bergstraße. Ehmann klingelt an Türen, wedelt mit topografische Karten umher, sprüht Kreuze auf den Boden, weil sich darunter Zugänge zu unterirdischen Objekten befinden könnten.
"Viele Leute haben Angst, erinnern sich an frühere Vorfälle und bringen diese natürlich mit dem Erdfall in Verbindung", erzählt die Schmalkalderin. Dem angeblichen Experten sollte man verbieten, die Stadt zu betreten.
Über soviel "Phantasie" kann Norbert Krah nur staunen. Der Professor im Ruhestand hat die Geschichte des Schmalkalder Eisenhandwerks und der Eisenindustrie publiziert. Rüstungsindustrie wurde in der Stadt überirdisch betrieben, wie in der "Löffelbude". Der immer wieder herangezogene ehemalige Wein- und Bierkeller sei während des zweiten Weltkrieges zum Luftsschutzbunker erweitert worden. Alles andere ist Humbug, schließt sich Krah den Vermutungen der Geologen an. Auch Peter Handy schüttelt mit dem Kopf. In einer Kleinstadt wie Schmalkalden wäre solch eine Anlage nicht geheim geblieben. Ralf Ehmann: Bei diesem Namen erwacht auch im Jonastalverein alter Groll, "ein Spinner", sagt ein Mitglied, der froh ist, dass sich der Erfurter offenbar verzogen hat. Vor nicht allzu langer Zeit war der "Code-Knacker" im Jonastal unterwegs, behauptete, dass es einen Geheimcode gebe, mit dem die Russen seit den 60er Jahren strategische Informationen und geheime militärische Objekte markiert hätten. Und dass es noch unentdeckte Nazibunker geben soll.
Quelle: Südthüringer Zeitung