Forschung in Kärntens Höhlenwelt

josef

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Forschung in Kärntens Höhlenwelt
Ein Forschungsprojekt beschäftigt sich derzeit mit Tropfsteinen, die bis zu 400.000 Jahre alt sind. 650 bekannte Höhlen gibt es in Kärnten, wovon viele mit einem elektronischen Kataster erfasst werden. Einige wurden aber noch gar nicht entdeckt.
Wann man eine Höhle überhaupt Höhle nennt ist immer noch ein kleines Streitthema, so Höhlenforscher Andreas Langer vom Naturwissenschaftlichen Verein für Kärnten. „Man sollte schon als ganzer Mensch in eine Höhle hineinpassen, in die hintersten Bereichen sollte kein Tageslicht hineinreichen. Wenn ein Hohlraum rund fünf Meter Längenausdehnung hat, sprechen wir von einer Höhle.“


Andreas Langer
Sinterfahne Franzisci Oberläufl, Obir

Welche Höhle in Kärnten die größte ist, kann man nur sehr schwer sagen, da die drei größten sehr unterschiedlich aufgebaut sind. Grundsätzlich unterscheidet man horizontale Höhlen von Schachthöhlen, die vertikal verlaufen: „Da haben wir die tiefste Höhle im Klondyke-Höhlensystem am Nassfeld im Bereich des Rosskofels. Das ist 700 Meter tief und hat einen Eingang in Österreich und einen auf italienischer Seite.“


Andreas Langer
Große Halle Bananenhöhle; Obir

Obirhöhlen bestehen aus mehreren Teilen
Das Obir-Höhlensystem ist ebenfalls sehr groß. Es hat viele Tropfsteinhöhlenteile. Dieses System ist nicht zusammenhängend, es gibt viele Einzelsysteme. Auch der Kalkstock Dobratsch hat sehr große Hohlräume, so Langer. Bekannt ist das Eggerloch auf der Napoleonwiese in Villach Warmbad. Mittlerweile wurde es mit einem Tor verschlossen, damit die Höhle nicht von Menschen zerstört werde.


Andreas Langer
Lieser Ursprung, Pöllatal

Viele Höhlen in Kärnten entstanden durch Erosion. Höhlen im Kalk- oder Dolomitgestein bilden sich durch kohlensäurehaltiges Wasser: „Regenwasser trifft auf den Humusboden des Waldes, reichert sich dadurch mit Kohlensäure an und wird zu einer Säure. Die Säure kann Kalk oder Dolomit lösen.“ Im Laufe vieler Jahre werde eine Spalte immer größer, bis sich erste Räume bilden. So werden die Hohlräume immer größer, so Langer.


Andreas Langer
Abstieg zum Siebenschläferschacht in Greifenburg

Wasser ätzt Höhlen aus Gestein
Im Bereich von Eisenkappel ätzt zum Beispiel das Wasser den Stein aus. Das Wasser kommt von unten, verdampft, steigt auf und löst den Felsen heraus, sagte Langer. Es bilden sich kugelförmige Hohlräume, eine weitere Variante der Höhlenbildung. In Bereichen, in denen es keine lösbaren Steine gebe, komme es zu Kluftzerreißungen, Abspaltungen, in denen Hohlräume entstehen können.

Auch Flüsse können Steine ausschwemmen und es entstehen kleine Höhlen. Bei jedem Gestein gibt es Höhlen, da Zerreißungen bei allen Gesteinsarten möglich sind. Ein Beispiel ist die Nixluke auf dem Klippitztörl, wo es Urgestein gebe. Die Höhle dort sei durch die Gebirgsauffaltung entstanden, weil ein Kalkteil mit aufgefaltet wurde und dort sei die Nixluke entstanden.


Andreas Langer
Siebenschläferschacht

Viel Leben in Höhlen
Höhlenforschung sei eine interdisziplinäre Wissenschaft, so seien auch Zoologen dabei, die sich mit den Höhlentieren beschäftigen. Auch Hydrologie, Geologie, Biologie und Mykologie fließen mit ein. Bei den Höhlentieren erkennt man jene, die ständig und nicht nur zeitweise in Höhlen leben daran, dass sie keine Augen haben. Sie brauchen sie in der ständigen Dunkelheit nicht. Auch die Hautfärbung ist unnötig, da es keine Sonne gibt. So seien die Tiere blind und farblos. Springschwänze, Käfer und auch Fische leben ständig in Höhlen. „Der Grottenolm ist auch ein solcher Höhlenbewohner“.

Die Fledermaus ist beispielsweise ein nicht ständiger Höhlenbewohner, sie benutzt die Höhle als Winterlager.


Andreas Langer
Dobratsch bei Villach, Großer Naturschacht

Zuflucht für frühe Menschen
Auch für die Menschen waren in der Urzeit die Höhlen Zufluchtsorte. Hier hat es 98 Prozent Luftfeuchtigkeit und fünf bis acht Grad: „Das scheint nicht besonders warm, für damals aber schon, den draußen hatte es oft minus 20 Grad.“ In Kärntens Höhlen wird zwar nicht nach menschlichen Spuren gesucht, aber doch einiges erforscht. Das aktuelle Forschungsthema beschäftigt sich mit den Tropfsteinen im Bereich Obir-Tropfsteinhöhlen in einem Teil, den man nicht besuchen könne.


Andreas Langer
Sinterfahne Bananenhöhle, Obir


Andreas Langer
Sintergang, Franzisci Oberläufl, Obir

Man versuche, zu ermitteln, welche Faktoren sich auf das Wachstum der Tropfsteine auswirke. Man erforsche auch das Alter, so Langer: „Wir haben Tropfsteinalter in der Höhle von zwei Steinen. Einer ist 5.000 alt, der andere gleich daneben 400.000 Jahre. Dieser Zeitraum ist bisher nicht erforscht worden. Nun schaut man, was ist auf unserer Welt während dieser Zeit passiert.“


Andreas Langer
Torbachhöhle, Pöllatal

Links:
Publiziert am 24.10.2017
http://kaernten.orf.at/news/stories/2873987/
 

josef

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#2
Während der Eiszeit taute es in Kärnten
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Forscher der Uni Innsbruck haben in den Obir-Höhlen kleine Kalzit-Kristalle gefunden und einen überraschenden Blick in die Klimageschichte geworfen. Die Kristalle zeigen, dass es während der stärksten Vergletscherung zu einem Tauen der Permafrostböden kam. Ursache war wohl ungewöhnlich viel Schneefall.
Online seit heute, 12.03 Uhr
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Der Fund sogenannter kryogener Höhlenkarbonate (CCC) weist auf ein Tauen der Permafrostböden oberhalb der Tropfsteinhöhlen vor rund 25.000 Jahren hin. Dies fällt jedoch in den Zeitraum der stärksten Vergletscherung in der letzten Eiszeit. Wie das zusammenpasst erklären die Forscher im Fachblatt „Nature Communications“.

Kilometerdicke Gletscher
Dass in etwa im Zeitraum vor 25.000 bis 20.000 Jahren die Gletscher über weiten Teilen des nördlichen Europas massiv anwuchsen, ist hinlänglich belegt. Die teils kilometerdicke Vergletscherung in der nördlichen Hemisphäre führte sogar dazu, dass der damalige Meeresspiegel in etwa 125 Meter unter dem aktuellen Wert lag. Wie genau es zu dem sogenannten letzteiszeitlichen glazialen Maximum mit seinem extremen Gletscherwachstum kam, beschäftigt die Wissenschaft immer noch, heißt es am Dienstag in einer Aussendung der Universität Innsbruck.

Obir Tropfsteinhöhlen
Obir Tropfsteinhöhlen von innen

Über den Höhlen taute es
Gabriella Koltai und Christoph Spötl vom Institut für Geologie der Universität Innsbruck fanden nun in den Obir-Höhlen bei Bad Eisenkappel (Kärnten) Kalzitkristalle, die sich in Eishöhlen bei Temperaturen knapp unter dem Nullpunkt bilden. Diese Höhlenkarbonate gelten als verlässliche Indikatoren für einen tauenden Permafrostboden. Mit anderen Worten bedeuten diese Funde, dass sich paradoxerweise während eines der kältesten Abschnitte des letzten Glazials der Permafrost über diesen Höhlen langsam erwärmte", so Spötl.
Da dieser Prozess logischerweise nicht von einer Klimaerwärmung in Gang gesetzt werden konnte, kommt für die Experten nur infrage, dass es im Alpenraum „in dem Zeitraum vor 26.500 bis 23.500 Jahren viel festen Niederschlag gegeben“ haben muss.
Obir Tropfsteinhöhlen
Sinterwand im Höhlensystem

Schnee isoliert Untergrund
Liegt nämlich viel Schnee über Permafrostboden führt das dazu, dass der Untergrund isoliert wird: „Eine Schneedecke ab etwa einem halben Meter hat einen starken Isolationseffekt, schirmt den darunter befindlichen Boden von der sehr kalten Winterluft ab und führt so zu einer Temperaturzunahme im Untergrund. Der Permafrost oberhalb der Obir-Höhlen taute damals nach und nach auf“, sagte Spötl. Es liege also der Schluss nahe, dass es sich in diesem Zeitraum von rund 3.000 Jahren um eine eher unübliche Kaltzeit im Alpenraum gehandelt haben dürfte.

Klima wurde feuchter
Im der Regel sind solche Epochen nämlich niederschlagsarm und trocken. Nicht so um den größten Gletschervorstoß in der letzten großen Kaltzeit: Denn da sei laut den neuen Erkenntnissen davon auszugehen, dass vor allem im Herbst und Winter ausgedehnte Schneefälle das Wachstum der Einpanzer befördert haben. Es habe also ein Wechsel von einem arktisch-trockenen zu einem feuchteren Klima stattgefunden.
Der Treiber dafür befand sich im damals eisbedeckten Nordatlantik, der damit als Lieferant von Feuchtigkeit in die Region ausfiel. Das Forschungsteam geht daher von einer durch ausgeprägte Südföhnlagen angetriebenen Südströmung aus dem Mittelmeerraum aus, die für ordentlich Schneenachschub sorgte.

Suche nach weiteren Belegen
Die neuen Erkenntnisse auf Basis der kleinen Höhlenkarbonate erlauben es den Forschern, dieses Phänomen „auf den Herbst und den Frühwinter einzuengen“, so Spötl. Da man jetzt wisse, dass CCC in heimischen Höhlen vorkommen, hoffen die Wissenschafter auf weitere Belege für ihre Beobachtungen aus den rund 17.500 Höhlen in ganz Österreich.
23.03.2021, red, kaernten.ORF.at/Agenturen

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