Frankreich fördert Atomkraftausbau

josef

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#1
Frankreich auf Pro-Atomkraft-Kurs
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Frankreich erneuert sein Bekenntnis zur Atomkraft, der wichtigsten Energiequelle des Landes. Präsident Emmanuel Macron kündigte am Dienstag über eine Milliarde Euro für den Bau kleiner Atomkraftwerke und zur Entwicklung neuer Technologien für den Umgang mit Atommüll an. Es ist das erste Mal seit Jahren, dass Frankreich erhebliche Investitionen in Aussicht stellt.
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Die Atomindustrie sei „ein Glück für das Land“, sagte Macron am Dienstag in seiner Rede vor Unternehmen und Studierenden im Elysee-Palast. Sie ermögliche es Frankreich, „zu den europäischen Ländern zu zählen, die am wenigsten CO2 bei der Stromproduktion ausstoßen“.

Doch nicht nur der Klimaaspekt, sondern auch die Unabhängigkeit von Gas oder Kohle aus anderen Staaten sind in der französischen Atomkraftdebatte immer wieder ein gewichtiges Argument. Befürworter verweisen stets auch auf die im europäischen Vergleich niedrigen Strompreise – gerade angesichts der aktuellen Preisentwicklung.

Enthusiasmus für Atomkraftabbau schwindet
Frankreich ist ein Atomenergieland – rund 70 Prozent des produzierten Stroms stammen aus Atomkraftwerken. Gleichzeitig gibt es dort dieselben Bedenken wie im Rest der Welt. Frankreich hat sich daher eigentlich verpflichtet, bis 2035 den Anteil des Atomstroms von rund 70 auf 50 Prozent herunterzufahren, ein Dutzend alte Reaktoren abzuschalten und zugleich erneuerbare Energien auszubauen.

Reuters/Arnd Wiegmann
Das Kernkraftwerk Fessenheim, Frankreichs ältestes Atomkraftwerk

Doch der Enthusiasmus für diesen Atomausstieg scheint zusehends zu schwinden. Gerade im Zuge der Klimadebatte versucht Frankreich derzeit gegen den Willen anderer Länder auch, Atomkraft von der EU als „grüne Investition“ anerkennen zu lassen und so Gelder mobilisieren zu können. Es brauche Atomkraft, um die Energiewende zu schaffen, so das Kernargument.

Wasserkraftstoffausbau mit Atomenergie
Macron scheint nun eine Doppelstrategie fahren zu wollen, die sowohl Atomkraftgegnern als auch -befürwortern entgegenkommen soll. Die Milliarde ist nämlich Teil eines 30 Milliarden Euro schweren Investitionspakets zum Ausbau der Industrie, das eine Langzeitstrategie ermöglichen soll. Die Stromproduktion und der Ausbau der Atomkraft soll nämlich die Produktion von grünem Wasserstoff ankurbeln, so Macron.

Reuters/Ludovic Marin
Macron hatte am Dienstag ein neues Investitionsprogramm für die Industrie präsentiert

Frankreich müsse außerdem in energieintensive Industrien wie Stahl, Zement und Chemie investieren, um dort klimaschädliche Emissionen zu verringern. Auch sollen bis 2030 in Frankreich zwei Millionen Elektro- und Hybridautos produziert werden. „Das Ziel ist erreichbar, wenn die großen Hersteller zusammenarbeiten“, sagte Macron. „Wir wollen einen positiven Kreislauf wiederfinden: erneuern, herstellen, exportieren und so unser Sozialmodell finanzieren“, sagte der Präsident.

Positiv besetztes Wahlkampfthema
Der Umgang mit Atomkraft ist in den letzten Monaten zu einem zentralen Thema im Wahlkampf für die Präsidentenkür im Frühjahr 2022 avanciert. Mehrere Parteien positionierten sich eindeutig als Verfechter der Kernenergie: Der konservative Kandidat Xavier Bertrand will mindestens drei neue Kraftwerke bauen lassen, Marine Le Pen vom rechten Rassemblement National gleich sechs. Der als Kandidat gehandelte, am rechten Rand verortete Autor Eric Zemmour will am liebsten zehn bauen.


DEBATTE
Welche Rolle spielt Atomkraft in der Klimakrise?


Auch die Kandidatin der Sozialdemokraten und Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, sprach sich für einen „Energiemix mit Atomkraft“ aus. Selbst die Grünen schieben den früher vehement geforderten Atomausstieg inzwischen verbal in die Zukunft. „Niemand sagt, dass wir morgen die Atomkraftwerke runterfahren“, sagte der grüne Präsidentschaftskandidat Yannick Jadot. Er rechne mit 20 Jahren bis zum Ausstieg. „Und wenn es fünf Jahre mehr sind, dann ist das eben so.“
Macron selbst hat seine Kandidatur noch nicht öffentlich verkündet. Mit dem bis zum Jahr 2030 ausgerichteten Plan zielt Macron aber weit über seine erste Amtszeit hinaus, weswegen französische Medien ihn auch in den anlaufenden Wahlkampf einreihen. Der konservative Kandidat Bertrand warf Macron bereits vor, „Wahlkampf mit dem Scheckbuch“ zu betreiben. Kritiker der Atomstrategie betonten zudem, dass der Fokus auf Kernenergie den Ausbau anderer erneuerbarer Energieformen wie Wasser- oder Windkraft behindern würde.

Probleme bei EPR-Kraftwerk
Die Kandidaten in Frankreich wollen vor allem auf den Europäischen Druckwasserreaktor (EPR) setzen. Derzeit wird in dem Land mit dem Kernkraftwerk Flamanville allerdings nur ein einziger solcher Reaktor gebaut, und das mit erheblichen Schwierigkeiten: Er geht frühestens 2023 ans Netz – mit elf Jahren Verspätung und nahezu viermal so teuer wie geplant. Auch über ein geplantes Endlager für Atommüll im lothringischen Bure ist noch nicht endgültig entschieden.
Macron sagte nun, verstärkt kleine, innovative Atomkraftwerke (Small Modular Reactors, SMR) bauen zu wollen. Diese sind aber derzeit nicht produktionsreif. Ein einziges Modell läuft derzeit in Russland. Die französische Atomindustrie hat wenig Interesse an den kleinen Reaktoren, weil sie relativ wenig Strom produzieren und somit herkömmliche Atomkraftwerke nicht ersetzen können.

13.10.2021, red, ORF.at/Agenturen
Milliardenpaket: Frankreich auf Pro-Atomkraft-Kurs
 

josef

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#2
ENERGIEWENDE
Frankreich baut den Atomstrom aus
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte den Bau von 14 neuen Atomkraftwerken an. Obwohl auch Windkraft ausgebaut wird, gibt es Widerstand

Viele Atomreaktoren in Frankreich sind in die Jahre gekommen. Acht Meiler sind landesweit außer Betrieb.
Foto: Reuters / Pascal Rossignol

Macron machte die Ankündigung am Donnerstag am ostfranzösischen Industriestandort Belfort, wo heute schon Turbinen des Typs Arabelle für Atomreaktoren gebaut werden. Der Präsident will, wie er sagte, die energetische Unabhängigkeit seines Landes sichern, um die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.

Als Hauptmittel sieht er die Kernkraft. Sie produziert seit Jahrzehnten gut 70 Prozent des französischen Stromkonsums, unter anderem auch für die in Frankreich verbreiteten Elektroheizungen. Bei seinem Amtsantritt von 2017 hatte Macron gelobt, diesen Anteil wie schon vorher geplant auf 50 Prozent herunterzufahren und dafür die erneuerbaren Energien zu fördern. Zu diesem Zweck – und auch als Konzession an die Grünen – legte er das elsässische Doppel-AKW Fessenheim still.

Kehrtwende
Nun vollzieht Macron eine Kehrtwende. In Belfort kündigte er den Bau von sechs Druckwasserreaktoren zweiter Generation an. Diese EPR2 sollen bis 2035 Strom liefern. Jeweils paarweise gebaut, sollen sie in Penly (Normandie), Gravelines (Nordfrankreich) sowie entweder in Bugey oder Tricastin (Rhonetal) entstehen. Der Preis für diese Meiler soll sich insgesamt zwischen 50 und 65 Milliarden Euro bewegen.

Macron bestellt zudem Studien für acht weitere EPR2, die bis 2050 ans Netz gehen sollen. Die insgesamt vierzehn Reaktoren sollen die ältesten der 56 bestehenden Atomkraftwerke ersetzen. Dazu investiert Macron eine Milliarde Euro in den Bau von Minireaktoren (SMR).

Laufzeiten verlängern?
Vermutlich wird die Regierung die AKW-Laufzeit generell verlängern. Denn die ganze französische Atomindustrie steckt in der Krise: Die Reaktoren kommen in die Jahre, doch die Atomingenieure haben ihr Know-how verloren, da sie seit zwanzig Jahren keinen Meiler gebaut haben. Das rächt sich nun beim Neubau des ersten EPR-Reaktors in Flamanville am Ärmelkanal: Er soll mit mehr als zehnjähriger Verspätung 2023 ans Netz gehen; die Kosten haben sich auf 19 Milliarden bereits versechsfacht.

Wegen technischer Pannen und Korrosion sind landesweit acht Reaktoren außer Betrieb.

Nuklear zur Nettonull
Die in Frankreich seit de Charles Gaulles Zeiten einflussreiche Nuklearindustrie hofft, aus den Fehlern in Flamanville zu lernen. Der Vorsteher von Électricité de France (EDF), Jean-Bernard Lévy, erklärte noch vor wenigen Tagen: "Ohne Atomkraft haben wir keine Chance, die Klimaneutralität zu erreichen." Weiter argumentiert er, China sei daran, Frankreich als zweitgrößte Atomnation (hinter den USA) abzulösen. Viele Länder würden in Zukunft chinesische und russische Reaktoren kaufen, die niedrigeren SicherheitsStandards entsprächen.

Parallel zum Atomkurs will Macron auch die erneuerbaren Energien ausbauen, und zwar vor allem die Windkraft. An den langen französischen Meeresküsten ist bisher kein einziger Offshore-Windpark in Betrieb. Nach Macrons Vorstellung sollen es bis 2050 deren 50 sein. Wie der Präsident die teilweise heftigen lokalen Widerstände in der Normandie, der Bretagne und am Atlantik brechen will, vermochte er nicht zu sagen. Dafür will er im gleichen Zeitraum die Fläche der Sonnenkollektoren verzehnfachen, wie er erklärte.

Es hagelt Kritik
In den ersten Reaktionen auf die Ankündigung drang viel Kritik durch. Greenpeace wirft dem Staatschef vor, er handle vor der Präsidentenwahl im April "opportunistisch". Auch der grüne Präsidentschaftskandidat Yannick Jadot fragte, warum Macron das AKW Fessenheim abgeschaltet habe, jetzt aber neue Meiler baue. Und warum er sich 2015 für den Verkauf des französischen Industrieflaggschiffs Alstom an die amerikanische General Electric starkgemacht habe – um das Geschäft nun wieder für teures Geld zuhanden von EDF zurückzukaufen.

Auch die konservative Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse geißelte Macrons Wankelmut: "Er hat Fessenheim geschlossen und wirft nun wieder die Kohlenwerke an." Die nuklearfreundliche Rechtsextremistin Marine Le Pen erklärte ebenfalls, Macron verfolge den nationalen Atomkurs nur halbherzig.
(Stefan Brändle aus Paris, 11.2.2022)
Frankreich baut den Atomstrom aus
 

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#4
ATOMENERGIE
Frankreich will 14 neue Atomkraftwerke bauen
Frankreich setzt massiv auf Atomenergie. Es will den Anteil der fossilen Brennstoffe am Energieverbrauch von derzeit mehr als 60 Prozent auf 40 Prozent bis 2035 reduzieren

AKW in Nogent-sur-Seine.
IMAGO/Januario Helder/ABACA

Paris – Frankreich will in den kommenden Jahren zusätzlich zu bereits geplanten sechs Atomkraftwerken acht weitere Meiler bauen – und damit weitaus mehr als bisher vorgesehen. Ein aktueller Gesetzesentwurf sehe zusätzlich zu den sechs beschlossenen Anlagen den Bau von acht weiteren AKW vor, die bisher als "Option" von der Regierung diskutiert worden seien, sagte Energieministerin Agnès Pannier-Runacher am Sonntag der Zeitung "Tribune Dimanche".

Insgesamt sei der Bau von 14 Reaktoren im Gespräch. Frankreich setzt massiv auf Atomenergie, um Kohlekraftwerke zu ersetzen und die CO2-Emissionen zu senken. Es will den Anteil der fossilen Brennstoffe am Energieverbrauch von derzeit mehr als 60 Prozent auf 40 Prozent im Jahr 2035 reduzieren.

Macron kündigte zusätzliche AKWs an
Laut der Energieministerin erfordert dieses Ziel ab 2026 den Bau weiterer Kraftwerke mit einer Leistung von 13 Gigawatt. Dies entspreche "der Leistung von acht" Reaktoren der Marke EPR, erklärte Pannier-Runacher und argumentierte: "Die historische Atomflotte wird nicht ewig halten."

Das von Frankreich entwickelte EPR-Reaktormodell sollte nach der Tschernobyl-Katastrophe von 1986 die Kernkraft wiederbeleben und mehr Leistung bei größerer Sicherheit bieten. Drei Reaktoren sind in Betrieb, einer in Finnland und zwei in China. Allerdings gab es nicht nur bei dem Bau in Finnland Probleme – auch bei EPR-Projekten in Frankreich und Großbritannien gibt es Verzögerungen und Kostenexplosionen. Der erste EPR-Reaktor in Frankreich soll nach Angaben des staatlichen französischen Energiekonzerns EDF Mitte 2024 in Flamanville in der Normandie zu Testzwecken ans Netz gehen – 17 Jahre nach Baubeginn und zu Kosten in der Höhe von 12,7 Milliarden Euro, viermal so viel wie ursprünglich vorgesehen.
(APA, 7.1.2023)
Frankreich will 14 neue Atomkraftwerke bauen
 
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