Grabungen am Schöckl im Grazer Bergland

josef

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Der Grazer Hausberg als römischer Kultplatz

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Hausberg, Ausflugsziel, Paragleiterstartplatz – und nun auch archäologische Grabungsstätte: Auf dem Schöckl im Grazer Bergland wird seit 2015 gegraben, nun werden die Funde im Archäologiemuseum im Schlosspark Eggenberg in Graz präsentiert.

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Nachgewiesen wurden bisher ein Kultgebäude und Hunderte Münzen und Opfergaben – allerdings ist nicht bekannt, welchen Göttern genau geopfert wurde. Es dürfte sich jedoch um den ganzen römischen Kanon gehandelt haben, so die Archäologen.

Kultgebäude beim Ostgipfel
Eine auffällige Häufung von Funden habe es im Bereich einer Doline beim Ostgipfel gegeben, in dessen Nähe sich auch ein elf mal zehn Meter großes Kultgebäude befand, dessen Grundrisse teils freigelegt werden konnten. Schon in damaliger Zeit – zwischen 230 und 270 nach Christus – dürfte der Plateaugipfel frei von Bewaldung gewesen sein. Bei entsprechendem Wetter reicht der Blick von hier bis zum slowenischen Triglav und den Bergen nördlich von Zagreb – was laut Archäologen auch ein Grund für die Wahl des Ortes gewesen sein dürfte. Um den Schöckl damals zu besteigen, brauchte man gut und gerne einen Tag.

Universalmuseum Joanneum/D. Modl
Überblick über das römische Fundmaterial vom Ostgipfel des Schöckls

Gefunden wurden bisher 91 Münzen aus der Zeit der Kaiser Titus (79 bis 81 n. Chr.) bzw. Constantinus II. (337 bis 361 n. Chr.). Eine „nahezu prägefrische“ silberne Tetradrachme (215 bis 217) hat es den Wissenschaftlern besonders angetan: „Sie stammt aus der Stadt Emesa, dem heutigen Homs in Syrien. Es ist durchaus möglich, dass ein Soldat die Münze mitbrachte und am Berg opferte“, so Karl Peitler, Leiter der Abteilung Archäologie und des Münzkabinetts im Schloss Eggenberg. Die Römer pflegten ihre Legionen und teils auch ihre Hilfstruppen nach einiger Zeit vom einen Ende des Riesenreiches ans andere zu verlegen. Bemerkenswert ist eine „stark weibliche Komponente“ am Fundplatz, nämlich Fragmente von Tonstatuetten, die Muttergottheiten im Sitzen darstellen.

Raketenstart- und Hexenplatz
Der zweite Teil der Sonderausstellung befasst sich mit moderneren Aspekten des Mons Sekkel – wie er im Mittelalter in der Gründungsurkunde des Klosters Seckau genannt wurde. Da war der Schöckl Raketenstartplatz, trigomometrischer Messpunkt, Hexenplatz – es ist noch nicht so lange her, da bezeichnete man im Großraum Graz eine ungepflegte Frauensperson als „Schöcklhex“. Der römische Name des Schöckl ist leider nicht überliefert. Eine Zeitlang habe man angenommen, er wurde Mons Gesacus genannt: „Aber von dem Berg wissen wir mittlerweile, dass er in Thrakien liegt“, so Kurator Manfred Lehner.

Bei den Grabungsarbeiten kam es laut Lehner gelegentlich auch zu komischen Erlebnissen: So herrschte einige Aufregung, als in einem Haufen von römischen Scherben ein einwandfrei mittelalterlicher Tonrest identifiziert wurde. Des Rätsels Lösung: Der Flugsportverein, der einen Bereich beim Ostgipfel als Paragleiterstartplatz nutzt, hatte zum Planieren des Geländes Aushub aus Graz verwendet – von der Baustelle zur Errichtung des Parkhauses des Innenstadtkaufhauses Kastner & Öhler.
01.08.2020, red, steiermark.ORF.at/Agenturen

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Der Grazer Hausberg als römischer Kultplatz
 
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