Hainburg: Mahnmal an Todesmarsch von jüdischen Zwangsarbeitern aus dem Lager Engerau

josef

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Mahnmal erinnert an „vergessene Wunde“

In der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag im Jahr 1945 begann ein Todesmarsch von 2.000 jüdischen Zwangsarbeitern von Bratislava nach Bad Deutsch-Altenburg (Bezirk Bruck an der Leitha). Eine neue Gedenkstätte erinnert daran.
Unmittelbar neben der mittelalterlichen Stadtmauer und dem historischen Osttor von Hainburg (Bezirk Bruck an der Leitha) ist eine mannshohe, gläserne Tafel in den Boden eingelassen. Links und rechts davon steht je eine Gleditschie, ein Baum der im Volksmund wegen seiner langen Dornen auch Christusdorn genannt wird. Auf der Tafel sind gebeugt gehende Menschen eingeätzt, dazu der Text „Die vergessene Wunde“ sowie Erklärungen zur Geschichte des Todesmarsches 1945.


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Gedenkstätte mit Erinnerungstafel aus Glas

Rabbi Gabor Finali aus Budapest hob bei der Eröffnung das Material Glas hervor, aus dem die Gedenksäule besteht: Glas als Symbol, wie verletzlich der Mensch ist und wie sensibel mit ihm umgegangen werden müsse: „We are fragile. We shood be very careful, what we say and what we do.“ Rabbi Mikhailo Kapustin aus Bratislava sang bei der Enthüllung des Mahnmals ein Gebet für die ermordeten Juden und Jüdinnen. Er sprach davon, dass die Nazi-Verbrecher nicht nur große Schuld auf sich geladen hätten, sondern dass mit dem Todesmarsch zum hohen Osterfest auch die monotheistischen Religionen diskreditiert wurden.

Gräueltaten in den letzten Kriegstagen
Am 29. März 1945, in der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag, wurde das Lager Engerau, im heutigen Stadtteil Petrzalka von Bratislava gelegen, aufgelöst. Der Todesmarsch für die ungarischen Jüdinnen und Juden führte über Wolfsthal und Hainburg nach Bad Deutsch-Altenburg. Ziel war das Konzentrationslager Mauthausen in Oberösterreich. Auf dem Weg wurden mehr als 100 Gefangene von SA-Männern und NS-Funktionären aus Wien erschossen, erschlagen, misshandelt oder sie starben an Erschöpfung.

Einer von ihnen war Rudolf Pevny: „Seine sterblichen Überreste sind, so wie die der anderen neun Personen, die auf der Gedenktafel angeführt sind, auf dem jüdischen Friedhof des Wiener Zentralfriedhofes bestattet worden. Im Exhumierungsprotokoll aus der Nachkriegszeit steht folgendes geschrieben: Die Leichen waren schlecht bekleidet, manche hatten überhaupt keinen Rock an. Sie trugen keine Schuhe an den Füßen, die meisten hatten erfrorene Füße“, schildert die Historikerin Claudia Kuretsidis-Haider vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.


Privatarchiv Karoly Kengyel
Portrait Rudolf Pewny, ein Opfer des Todesmarsches

„Nie wieder“ als Mahnung an unsere Generation
„Nie wieder“ steht auf der Gedenktafel, die 2017 in Bratislava am ehemaligen Eingang zum Lager Engerau/Petrzalka enthüllt wurde. In Wolfsthal gibt es seit dem Jahr 2011 einen Gedenkstein. In Bad Deutsch-Altenburg wurde das Grabmal für elf ermordete Juden 2014 um eine erklärende Steintafel ergänzt. Jetzt steht auch in Hainburg eine Gedenkstätte.


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Gedenktafel in Hainburg

Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie dieser Todesmarsch im März 1945, sollen nie wieder bei uns geschehen, dazu bedarf es Zivilcourage, Nächstenliebe und eines Staates, der sich für die Rechte und die Würde jedes einzelnen einsetzt, betonte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in seiner Festrede bei der Enthüllung in Hainburg: „Umso wichtiger muss es für uns heute sein, diese Basis der Rechtsstaatlichkeit, die Struktur unseres Gemeinwesens mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln zu erhalten und weiter zu entwickeln.“

Und Hainburgs Bürgermeister Helmut Schmid ergänzte: „Ich selbst bin in einer Zeit aufgewachsen, in der im Geschichtsunterricht viele historische Ereignisse behandelt wurden. Allerdings: Über unsere jüngere, schwierigere Geschichte wurde geschwiegen. Daher war es mir persönlich ein großes Anliegen, an die furchtbaren Ereignisse wenige Tage vor Kriegsende hier in Hainburg zu erinnern.“

Links:
Publiziert am 30.03.2018
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Route des Todesmarsches von Engerau nach Bad Deutsch Altenburg

http://noe.orf.at/news/stories/2904178/
 
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