Historische Lokalbahn Payerbach-Hirschwang "Höllentalbahn"

Bunker Ratte

Well-Known Member
#1
Durch Zufall, (bei der Durchreise) entdeckte ich den Ehemaligen Bahnhof Reichenau, wo die Elektrisch betriebene, historische Schmalspurbahn zwischen Payerbach und Hirschwang pendelt. Das Lokalbahnmuseum befindet sich in Hirschwang!
Zum Glück waren heute zwei nette Herrn vom Umformerwerk anzutreffen, die mir einen Einblick in die Technik gewährten.

Zitat Museumsbroschüre:
Betriebsführung: HPG Höllentalbahn-Projekt GmbH
Erhaltung und Betrieb erfolgen ausschließlich durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins Österreichische Gesselschaft für Lokalbahnen.

Fazinierende Technik
Für Technik-Interessierte bietet der Besuch einige Gustostückerln:
Der wieder errichtete Original -Triebwagen der Lokalbahn, die älteste betriebsfähige Schmalspur-Elektrolokomotive Europas und das Umformerwerk in Reichenau, wo Einblicke in die frühe Elektro-technik geboten werden.

Infos dazu unter: http://www.lokalbahnen.at/hoellentalbahn/fahrplan.html

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#3
Auf dieser Bahn (und in diesem Umformerwerk) hab ich viele Jahre meiner Jugend verbracht...leider ist die zweite Anlage (der leere Sockel) durch Fehlbedienung zerstört worden - falsche Schaltreihenfolge beim Synchronisieren (Aufschalten des zweiten Motor-Generatorsatzes ohne Anlauf). Dies wird auf der ersten Anlage durch nachträglich eingebaute Relais verhindert (vulgo "Schobersperre" nach einem ähnlichen, glimpflicher ausgegangenen, durch einen Herrn Schober verursachten Knall).
Die Bahn wurde 1917 ff. für die kriegswichtige Papierfabrik in Hirschwang errichtet, mit Rollmaterial des Karawankentunnelbaus, mit einer wesentlich einfacheren Linienführung (Spitzkehren auf beiden Seiten des Artzbergs, Tunnel durch den Artzberg). Die Spitzkehren sind auf der Reichenauer Seite noch im Gelände zu erkennen! Erst in den zwanziger Jahren erfolgte die endgültige, heute noch befahren Trassierung, samt Verlängerung zur Talstation der Raxbahn bei der Windbrücke, Betriebsaufnahme des Personenverkehrs 1926. Dafür baute Weitzer in Graz zwei Trieb- und vier Beiwagen.
 

HF130C

Well-Known Member
#5
Danke für die schönen Bilder der Umformeranlage Reichenau.

Diese Bahn war zu ihren Betriebszeiten (noch ohne museale Aktivitäten) oft Ziel von meinen Ausflügen, allerdings war meist die einzig vorhandene Diesellok unterwegs. Der elektrische Betrieb wurde nur bei Ausfall der Diesellok verwendet - und selbst da nicht immer, ich glaube 1973 war es das letzte Mal. Zur größten Not konnte man auch auf die Verschubdiesellok der Papierfabrik (Jung Typ ZL233) zurückgreifen. Auch eine Leihdiesellok des Gurktalbahnvereines war kurzfristig im Einsatz, bis sie kaputt gefahren war. Die Fragmente gibt es glaube ich heute noch. Endgültig aus war der elektrische Betrieb dann mit Anschaffung einer zweiten HF130C-Diesellok.

Diese Bahn war aber nicht nur wegen der unglaublich vielfältige Streckenführung ein beliebtes Ausflugsziel von mir, sondern wegen der spannenden Lektüre:
Die Papierfabrik bekam mit dieser Bahn Altpapier geliefert, und weil es bequemer war, waren die Waggons zwar mit Dach, aber ohne Seitenwände ausgeführt. Somit konnte man mit dem Stapler bequem die Paletten mit dem mäßig gut umschnürten Altpapier vom Normalspurwaggon auf die Schmalspurbahn umladen.
Die offenen Seitenwände hatten nun zur Folge, dass der Wind über die Paletten blies, und zusammen mit der Rüttlerei beim Fahren einzelne Papierfetzen, Blätter, aber auch ganze Hefte oder Zeitschriften neben den Bahnkörper fielen. Bei den Einheimischen hieß diese Dekoration der Landschaft die "Neupackvögerln"

Die lange Wartezeit auf den nächsten Zug (2-3 Zugspaare waren üblich ..) wurde nun mit der Sichtung der Neupackvögerl auf interessante Inhalte verbracht: Schulhefte mit Aufsätzen aus der DDR (mit ideologisch gefärbten Inhalten - damals eine unbekannte Welt für mich), mit Glück technische Zeitschriften aus der DDR, Zeitungen und Firmenkorrespondenz aus dem Ostblock, aber auch beschlagnahmte Zeitschriften aus Österreich, teils (heutzutage harmlose) Sexzeitschriften und -Kalender, aber auch Schriften mit ideologischen Inhalten. Man muss dazu wissen, dass in den 1970ern die Sammlung von Altpapier in Österreich (im Gegensatz zur DDR bzw. Ostblock) noch in den Kinderschuhen steckte.

Für Abwechslung in der Wartezeit auf den nächsten Zug war in jedem Fall gesorgt, man musste nur ein wenig in der Landschaft suchen .....
 

josef

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#6
Nachfolgend einige eingescannte Analogfotos vom September 2004 von der "N.Ö. Höllentalbahn":

1. E-Lok N. III als Schaustück am Bhf. Payerbach. Leider konnte ich trotz Aufhellung nicht mehr aus der "Schattenseite" rausholen... (Eine bessere Aufnahme zu der eigenwilligen Lokform gibt es im verlinkten "Wiki"-Beitrag...)

2. Die Gleisanlagen des Bhf. Reichenau an der Rax. Eine holprige Angelegenheit...

3. Ebenfalls am Bhf. Reichenau - damals abgestellte Güterwagen

4. Nochmals Bhf. Payerbach am Semmering-Abschnitt der Südbahn: ÖBB-Dampflok 95.112 als Lokdenkmal. Diese Lokreihe war vor der Elektrifizierung der Semmeringbahn als Vorspannlok auf der Bergstrecke eingesetzt.
 

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HF130C

Well-Known Member
#7
.... eigenwilligen Lokform ......
Die Loks wurde zumindest zwei Mal mit neuen Aufbauten versehen: Grund ist, dass sie als ehemalige Tunnelloks (siehe Wiki-Foto) für niedere Fahrleitungshöhen gebaut waren. Für den neuen Einsatzzweck in Hirschwang mit der höheren Fahrdrahtlage im Freien musste auch der Stromabnehmer höher gesetzt werden. Dies führte letztendlich zu diesen kuriosen Dachaufbauten, die nicht unbedingt als gelungen bezeichnet werden können. Sie wurden in der eigenen Werkstätte in Hirschwang (die übrigens nach wie vor in einer interessanten alten und sehenswerten Elektrodenfabrik untergebracht ist), hergestellt.
Naja, für die gefahrenen Geschwindigkeiten ist die Qualität des Oberbaus völlig ausreichend. Im Gegenteil, das Schotterbett sieht sogar sehr gepflegt und gewartet aus. Da gibts weit schlimmere Berg-und Talbahnen, auf denen sogar noch täglicher Betrieb herrscht.


Ebenfalls am Bhf. Reichenau - damals abgestellte Güterwagen
Die geschlossenen Güterwagen sind jedoch nicht die der Werksbahn (die hatten keine Seitenwände), sondern stammen von anderen Betrieben.
 
#8
Der Oberbau der "Höllentalbahn", v.a. im Abschnitt Reichenau - Hirschwang ist der klassische altösterreichische "Blumendraht", Bauart "XXX" (dreissig), AFAIK 6 Tonnen Achslast - heute schon sehr selten und unbedingt erhaltenswert. Die Bergstrecke haben wir damals (Mitte der Achtziger) größtenteils auf wesentlich schwerere Schienen umgebaut (meiner Erinnerung nach mit gebrauchten Schienen der Wiener Stadtbahn). Die Schotterzüge von Reichenau auf den Artzberg, bestehend aus der dieselelektrischen 2190.01 und einem vierachsigen Selbstentladewagen der StLB, geschoben die Kurhausschleife hinauf (27 Promille), mit zwei uneingesehenen Eisenbahnkreuzungen, Ampèremeter am Anschlag...nur nicht stehenbleiben...Augen zu und durch! Unvergeßlich! Und oben angelangt fragt mich dann einer der lieben Kollegen, warum ich die kochende Maschine nicht gleich abstelle...
Da fielen mir noch einige Gschichtln ein, leider war ich nie fotografisch tätig...
 

josef

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#9
Private „leisten“ sich die Höllentalbahn
1918 nahm die Höllentalbahn (Bezirk Neunkirchen) ihren Betrieb auf. Dass die elektrische Schmalspurbahn auch heute noch fährt, verdankt sie einer Gruppe von Bahnenthusiasten, von der die Bahn liebevoll erhalten und betrieben wird.
Die Geschichte der Schmalspurbahn begann während des Ersten Weltkrieges. Im Jahr 1916 suchte die Firma Schoeller und Co. wegen des steigenden Frachtaufkommens um Bewilligung einer Eisenbahntrasse an, die von ihrem Holzschleifereiwerk in Hirschwang (Bezirk Neunkirchen) zur etwa fünf Kilometer entfernten Südbahn führen sollte.

Zuvor wurde die Fracht mittels Pferden transportiert, durch die Bahnlinie entstand ein direkter Zubringer zur Südbahn. Innerhalb eines Jahres konnte die Materialbahn fertiggestellt werden. Sie nahm im Februar 1918 ihren Betrieb zwischen Hirschwang und Payerbach (Bezirk Neunkirchen) auf.


Archiv Österreichische Gesellschaft für Lokalbahnen
Der Beginn des Personenverkehrs, 1926

Ab 1926 folgte der planmäßige Personenverkehr zwischen Hirschwang und Payerbach. Neben dem Pendlerverkehr brachte die Bahn auch Ausflugsgäste zur Raxseilbahn. Als Anfang der 1960er-Jahre größere Investitionen für den Weiterbestand notwendig gewesen wären, wurde der Personenverkehr eingestellt. Der Güterverkehr wurde noch bis 1982 weiterbetrieben.

Bis zu 4.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit jährlich
1977 wurde der Verein „Österreichische Gesellschaft für Lokalbahnen“ gegründet, der seit 1979 einen Museumsbetrieb an den Wochenenden durchführt und seit der Einstellung des Güterverkehrs auch für die Erhaltung der Strecke sorgt.


ORF

Zwischen 3.300 und 4.000 Stunden wenden die ehrenamtlichen Helfer jedes Jahr auf, um die Höllentalbahn zu erhalten. In einer historischen Werkstätte bei der Endstation Hirschwang arbeiten sie an der Strecke und der Gleisfahrzeuge. An den Wochenenden betreuen sie ihre Gäste auf den Fahrten zwischen Hirschwang und Payerbach in originalgetreuen Uniformen.

Als Wahrzeichen der Bahn gelten die elektrischen Lokomotiven, die ursprünglich für den Bau des Karawankenbahntunnels (Kärnten) eingesetzt wurden. Sie zählen zu den ältesten betriebsfähigen Elektrolokomotiven der Welt. Die Höllentalbahn verkehrt an Samstagen und Sonntagen zwischen Juni und Oktober. Seit der Inbetriebnahme des Museumsverkehrs wurden 145.000 Fahrgäste befördert.

Bianca Steurer, noe.ORF.at

Link:
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Publiziert am 19.07.2018
Private „leisten“ sich die Höllentalbahn
 

HF130C

Well-Known Member
#11
Danke für den ausführlichen Bericht!

Die Bahnlinie Payerbach-Hirschwang ist aus mehreren Gründen ziemlich außergewöhnlich: Einerseits hat die Trassenführung mehr mit einer Industriebahn als mit einer Schmalspurbahn gemeinsam - das ist dem ursprünglichen Zweck und der Billigkeit des Baus geschuldet. Andererseits hat man dann doch den Personenverkehr mit stattlichen Triebwagen nach Schmalspurnormalien eingerichtet, Und natürlich kommt auch die Gleichstromelektrifizierung dazu, die die Strecke auszeichnet. Dazu noch landschaftliche Vielfalt - alles zusammen eine der interessantesten Schmalspurbahnen Österreichs.

Es ist wirklich zu hoffen, dass der Verein auch zukünftig in der Lage ist, die Bahn weiter am Leben zu erhalten. Die Unterstützung von Seiten der örtlichen oder staatlichen Institutionen ist m.W. leider enden wollend ....
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#13
Ein Video aus 1990 von der Höllentalbahn:


Quelle:
feldbahnfan

Museumsbahn Lokalbahn Payerbach - Hirschwang im Höllental zwischen dem Schneeberg und der Rax in Niederösterreich gelegen verkehrt an Wochenenden im Sommer. Schmalspurbahn mit 760 mm Spurweite und elektrischem Betrieb. Payerbach liegt an der Südbahnstrecke der ÖBB am Beginn der Semmeringbahn.
Weiter Infos siehe
Höllentalbahn - Einsteigen bitte!
 
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