Im Bodensee findet man Weltkriegsbomben, Relikte aus dem Mittelalter, historische Schiffe und menschliche Leichen

josef

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#1
Bodensee: Warum die Suche nach Vermissten schwierig ist
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Der Bodensee ist groß und tief, an der tiefsten Stelle ganze 250 Meter. Vieles von dem, was im Bodensee versinkt, wird lange nicht mehr gefunden. In den Tiefen des Sees befinden sich Weltkriegsbomben, Relikte aus dem Mittelalter, historische Schiffe – und die sterblichen Überreste von rund 100 Menschen.
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Seit 1947 führen die Behörden der Länder um den Bodensee eine Liste von den am See vermissten Personen. Derzeit dürften sich laut dem Kommandanten der Vorarlberger Seepolizei, Bernhard Aigner, die sterblichen Überreste von rund 100 Menschen im Bodensee befinden. Die Suche nach Leichen sei dann sinnvoll, wenn man weiß, wo eine Person genau versunken ist, sagt Aigner. Immerhin ist der Bodensee mit seinen über 500 Quadratkilometern größer als die gesamte Bundeshauptstadt Wien.

Suche: Tiefe, Temperatur und Zeitdauer entscheidend
Je länger eine Person im See vermisst werde, desto schwieriger sei auch die Suche, sagt Aigner, das habe mit Verwesungsprozessen zu tun. In einer Leiche entstehen Fäulnisgase, die diese in den ersten Tagen nach dem Absinken wieder zurück an die Wasseroberfläche befördern, dann entweichen die Gase wieder und die sterblichen Überreste sinken endgültig ab.

Ist dieser Prozess abgeschlossen, werde eine vermisste Person nur mehr selten gefunden, sagt Aigner. Auch Wassertiefe und die damit zusammenhängende Wassertemperatur spielen eine erhebliche Rolle. Ab einer Wassertiefe von 20 Metern ist der Wasserdruck so hoch, dass ein Auftreiben verhindert wird. Die niedrige Temperatur in diesen Tiefen verzögere zudem den Fäulnisprozess, sagt Aigner.

Leichen teilweise aus der Schweiz
Die Seepolizei findet laut eigenen Angaben durchschnittlich fünf Leichen pro Jahr im österreichischen Teil des Bodensees. Das ist relativ viel und habe auch mit einer gewissen Besonderheit zu tun, erklärt der Seepolizei-Kommandant Aigner: „Bei uns werden auch zum Teil die Leichen über den neuen Rhein in den Bodensee gespült und dann bei uns aufgefunden. Das ist meistens so, dass die Personen irgendwo in der Schweiz vermisst werden und dann bis in den Bodensee treiben.“

Auch Bombenblindgänger im Bodensee
Im Bodensee werden auch immer wieder Kriegsrelikte gefunden. Erst kürzlich fischte ein Angler bei Konstanz eine französische Handgranate aus dem zweiten Weltkrieg heraus. Passiert ist nichts, Spezialisten entsorgten die Granate fachgerecht. Solche Fälle gebe es immer wieder, aber nur sehr selten im österreichischen Teil des Bodensees, erklärt Aigner.

Davon betroffen sei vor allem Baden-Württemberg aufgrund von Bombenangriffen auf Friedrichshafen im zweiten Weltkrieg. Damals seien einige Bomben bzw. Granaten übrig geblieben, haben nicht ausgelöst und seien dann auch teilweise im Bodensee versunken, sagt Aigner. Im österreichischen Teil des Bodensees seien solche Bombenfunden in den vergangenen Jahren aber gar nicht vorgekommen.

Relikte auch aus dem Mittelalter
Neben Weltkriegsrelikten finden sich im See aber auch weniger gefährliche Überbleibsel aus alten Zeiten. Es gibt ganz berühmte Funde von sehr alten Segelbooten, die sogar bis zurück ins Mittelalter reichen, weiß Aigner.

Doch auch jüngere Funde haben viel Aufmerksamkeit bekommen. Eines der bekanntesten Schiffswracks liegt in der Nähe von Konstanz, in knapp 40 Metern Tiefe, nämlich die „Jura“, erklärt Aigner: „Die Jura ist ein Schaufelraddampfer gewesen, der aufgrund von einer Kollision 1864 gesunken ist. Der ist immer noch auf dem Grund des Bodensees. Seit 2004 steht er auch unter Denkmalschutz“. Heute ist das Wrack eine beliebte Destination für Taucher.
18.09.2022, red, vorarlberg.ORF.at
See: Warum die Suche nach Vermissten schwierig ist
 
#2
Im Bodensee verschwindet so Mancher. Es ist auch nicht ratsam ueberall im Bodensee zu schwimmen. Da gibt es Verbotszonen, von der Bodensee Wasserversorgung die dort Wasser ansaugt. Leider hat es hier schon einige Todesfaelle gegeben.
 
#3
Als auf dem Bodensee beruflich Aktiver bitte ich darum, nichts zu verwechseln. Mir sind keine Toten durch die Wasserentnahme bekannt, wäre auch technisch schwierig (Entnahme weit unter der Wasseroberfläche). Sehr wohl gibt es jedes Jahr Tote beim nahen "Teufelstisch", einer legendären Tauchstelle, die tückische Strömungen aufweist. Nicht umsonst herrscht dort Tauchverbot. Der "Teufelstisch" ist eine Felsnadel, die in der Nähe von Wallhausen am Südufer des Überlinger Sees bis knapp unter die Wasseroberfläche reicht (derzeit 50 cm).
 

josef

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#4
Wracks im Bodensee werden erforscht
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Auf dem Grund des Bodensees liegen zahlreiche bisher unerforschte Wracks von Schiffen und Flugzeugen. Vereinzelte waren schon in der Vergangenheit untersucht worden. Mit einem neuen Projekt ist es erstmals möglich, Wracks – vom steinzeitlichen Einbaum bis neuzeitlichen Sportboot – in größerer Wassertiefe zu identifizieren und systematisch zu erfassen.
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Wracks gelten unabhängig von ihrem Zustand als Kulturdenkmäler, so das baden-württembergische Landesamt für Denkmalpflege, das das vierjährige Projekt ins Leben rief: Ein untergegangenes Schiff sei wie eine Zeitkapsel, „die Fülle der Informationen, die ein solches Wrack bereithält, ist ein wahrer Schatz für die archäologische Forschung“.

Unter diesem Gesichtspunkt hat der größte See Mitteleuropas viel zu bieten. 571,5 Quadratkilometer intensiv befahrene Wasserfläche, im Dreiländereck Österreich-Deutschland-Schweiz, dem sogenannten Obersee, bis 254 Meter tief und aufgrund seines Kleinklimas wettertechnisch oft unberechenbar. Den sich über dem internationalen Gewässer rasch aufbauenden Stürmen fallen noch heute jedes Jahr Boote zum Opfer.

„MS Stadt Radolfzell“ wurde versenkt
Doch auch die kommerzielle Schifffahrt auf dem Bodensee verzeichnete in der Vergangenheit viele wetterbedingten Katastrophen und natürlich auch Unfälle aufgrund menschlichen Versagens. Die Gründe, warum manche Schiffe letztendlich am Seegrund landeten, waren mitunter auch kurios. Ein Beispiel ist das Schicksal der „MS Stadt Radolfzell“: Sie war 1926 von der Deutschen Reichsbahn als kleinstes von sieben neuen Passagierschiffen in Dienst gestellt worden. Weil die Motorenanlage jedoch nicht behebbare Schwierigkeiten bereitete, wurde sie bereits 1934 ausgemustert. Die Bodan-Werft sollte es umbauen, versenkte es allerdings vor der Argenmündung im Obersee – ein kompletter Neubau war für die Schiffsbauer billiger.

"Ludwig ging gleich mehrmals unter
Manche Schiffe gingen sogar mehrmals unter. Der erste Dampfer mit einem eisernen Rumpf auf dem Bodensee, die bayerische „Ludwig“, sank mit 13 Passagieren am 11. März 1861 in einer stürmischen Nacht nach einer Kollision mit der „Stadt Zürich“. Unglücksort war die Mündung des Alten Rheins, der Grenze zwischen der Habsburgermonarchie und der Schweiz. 1863 wurde das Schiff gehoben und erhielt den Namen „Rorschach“. Beladen mit Baumaterialien für die Eisenbahnlinie Bludenz-Lindau, geriet das Schiff Anfang der 1870er vor Lochau in einen schweren Sturm und sank erneut.

07.01.2023, red, vorarlberg.ORF.at/Agenturen
Wracks im Bodensee werden erforscht
 

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#5
„Seegfrörne“: Bodensee vor 60 Jahren zugefroren
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Vor 60 Jahren ist der Bodensee zum letzten Mal zugefroren. Wochenlang tummelten sich Zehntausende auf der 540.000 Quadratmeter großen Eisfläche. Genannt wird dieses Naturphänomen, das es höchstwahrscheinlich nicht mehr so schnell geben wird, „Seegfrörne“.
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Wenn der gesamte Bodensee komplett zufriert, dann spricht man von der „Seegfrörne“. Dieses Naturphänomen kommt selten vor – zum letzten Mal im Winter 1963. Damals waren die Voraussetzungen günstig: ein früher Wintereinbruch, anhaltende Kälte, kaum Wind und wenig Sonnenschein. Bereits zum Jahreswechsel sank die Quecksilbersäule auf fast minus 20 Grad. Mitte Jänner konnte der Bodensee im Bereich Untersee bereits überquert werden. Die Bodenseeschifffahrt musste sukzessive ihre Linien einstellen, bis schließlich Anfang Februar der ganze Bodensee von einer geschlossenen Eisdecke überzogen war.

Tausende Menschen auf dem See unterwegs
In dieser Zeit wagten sich Zehntausende Menschen auf den zugefrorenen See: zu Fuß, mit Schlittschuhen oder Skiern. Auch Mopeds, Autos und Segelschlitten waren unterwegs. Sogar Flugzeuge starteten und landeten auf dem See und führten Schauflüge durch.

Fotostrecke
Vorarlberger Landesarchiv
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Noch einige Fotos vom „Seegfrörne“ 1929:

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Vorarlberger Expedition über den See
Unter anderem starteten auch drei Vorarlberger eine Expedition über den See, sie überquerten mit Skiern den See von Bregenz nach Lindau. Vor allem das Packeis, das sich eineinhalb Meter hoch türmte, mitten im See, machte ihnen zu schaffen. Helmut Schöpf und Karlheinz Maier – damals Kapitän und Steuermann auf dem Bodensee – überquerten mit einem weiteren Kollegen den See. Sie starteten in Bregenz und waren nach eineinhalb Stunden in Lindau. „Die Stahlkanten waren kaputt – wir konnten die Skier nicht ausziehen und mussten damit drüberkraxeln“, sagte Schöpf in einem ORF-Interview vor einigen Jahren.

Eisprozession auf dem See
Zu den Highlights gehörte die traditionelle Eisprozession am 12. Februar. Seit 1573 ist es Brauch, bei einer „Seegfrörne“ eine Büste des Evangelisten Johannes zwischen dem deutschen Hagnau und dem Schweizer Münsterlingen über den See zu tragen. Sollte es wieder zu einer „Seegfrörne“ kommen, würde die Büste dann in einer feierlichen Prozession wieder zurück in die Pfarrei Hagnau gebracht. Nach Wochen anhaltender Kälte brachte der März Tauwetter – ab dem 9. März 1963 ließ die Tragfähigkeit des Eises langsam nach, und die „Seegfrörne“ ging zu Ende.

Früher galt die Bauernregel, dass jede Generation einmal über den gefrorenen Bodensee gehen kann. Diese alte Regel hat aber keine Gültigkeit mehr, denn seit 60 Jahren gab es keine „Eisgfrörne“ mehr, und dass es in absehbarer Zeit wieder eine geben wird, ist äußerst ungewiss.
21.01.2023, red, vorarlberg.ORF.at
„Seegfrörne“: Bodensee vor 60 Jahren zugefroren
 
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