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Dazu bericht bei ORF-Sbg.:
NS-Verbrechen: Kaserne wird umbenannt
In Salzburgs Nachbarstadt Bad Reichenhall bemühen sich Soldaten um die Umbenennung der Konrad-Kaserne. Diese ist nach einem General der Gebirgsjäger im Zweiten Weltkrieg benannt, der in Massenmorde an Zivilisten verwickelt war.

Das Verteidigungsministerum in Berlin unter dem zuständigen Minister Thomas de Maiziere (CDU) unterstützt die Bemühungen der Soldaten und kündigt nun die Umbenennung der Reichenhaller General-Konrad-Kaserne an. In dieser waren im Zweiten Weltkrieg auch viele junge Gebirgsjäger aus Salzburg, Tirol und anderen Teilen Österreichs stationiert.

Laut Historikern sei es noch bis in die 1970er-Jahre möglich gewesen, dass Politiker wie Franz-Josef Strauß (CSU) diverse Kasernen nach mutmaßlichen Kriegsverbrechen des Hitlerregimes benennen ließen. Es habe damals auch entsprechenden Druck auf die Politik durch Veteranenverbände gegeben und die Politik habe dem Druck nachgegeben.

1995 erste Umbenennungen: Dietl & Kübler
Die Konrad-Kaserne in Reichenhall ist einer der letzten Standorte deutscher Soldaten, die im Sinn der Demokratie umbenannt werden. Nach langer und harter Debatte hatte 1995 der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) verfügt, dass der Gebirgsjäger-Standort Füssen auf „Allgäu-Kaserne“ und der Stützpunkt Mittenwald auf „Karwendel-Kaserne“ umbenannt werden sollen. Beide waren bis dahin ebenfalls nach Gebirgsjäger-Generälen benannt gewesen, die laut Gutachten von Experten sehr aktiv in die verbrecherische Kriegsführung des NS-Regimes verstrickt waren: Eduard Dietl und Ludwig Kübler.

Nicht nur Schutzstaffel verübte Verbrechen
Die Kaserne in Reichenhall war 1966 auf Anregung von Franz-Josef Strauß nach dem General Rudolf Konrad benannt worden. General Konrad war laut Militär- und Zeithistorikern ein fanatischer Nationalsozialist und Antisemit.
Er gehörte zwar nicht zur nach 1945 als verbrecherisch eingestuften und auch gerichtlich so beurteilten Schutzstaffel (SS), sondern war Angehöriger der „Deutschen Wehrmacht“. Die Wehrmacht wurde noch Jahrzehnte später von Soldaten als „sauber“ hingestellt. Neuere Forschungen konnten jedoch auch deren Verwicklung in schwerste Kriegsverbrechen dokumentieren.

Als Gebirgsjäger der „Deutschen Wehrmacht“ im Kaukasus und anderen Teilen der früheren Sowjetunion soll auch General Rudolf Konrad kriminelle Kriegsführung und Massenmorde an Zivilisten mit befohlen haben. Nach Kriegsende blieb Konrad unbehelligt. Seine Taten wurden nie gerichtlich verfolgt. Von vielen wurde Konrad sogar als Held verehrt.

Nach Kreta in den Tod
Konrad begründete den so genannten Traditionsverband der Gebirgsjäger, in dem auch viele Österreicher Mitglieder waren. Von Bad Reichenhall aus wurden neben Bayern einst auch viele zwangsrekrutierte Salzburger und Tiroler in den Zweiten Weltkrieg geschickt. Hunderte starben neben Fallschirmjägern bei Angriffen auf britische Truppen. Diese sollten - gemeinsam mit Einheimischen - die griechische Insel Kreta vor Hitlerdeutschland beschützen und unterlagen nach fürchterlichen Verlusten auf beiden Seiten.

Ringel: Hitlers Mann in Salzburg
In Bad Reichenhall war auch Konrads Kampfgefährte Julius Ringel aktiv, ein gebürtiger Kärntner. Dieser General, Gebirgsjäger und Nationalsozialist war unter anderem auch militärischer Befehlshaber der Stadt Salzburg. Ringel wird von Historikern die Verantwortung für Massenmorde an griechischen Zivilisten auf Kreta zugeschrieben. Als Stadtkommandant soll er mit Gesinnungsgenossen in Salzburg auch die Niederschlagung des militärischen Widerstands gegen Hitler groß gefeiert haben - als das Attentat Stauffenbergs vom 20. Juli 1944 gescheitert war.

Minister de Maiziere treibt Reform voran
Seit Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) im Amt ist, sehen Beobachter einen starken Reformkurs und weitere Veränderungen in der „Traditionspflege“ des Militärs der Bundesrepublik Deutschland. Seit seinem Amtsantritt sei ein neuer Wind zu spüren, heißt es bei Soldaten. Ein früherer Sanitäter der Gebirgsjäger und nunmehr fertig ausgebildeter Arzt sagte dem ORF: „Es ist längst an der Zeit, dass hier etwas geschieht. Wir hören aus dem Ministerium, dass die Umbenennung bevorsteht. Ein neuer Name steht allerdings noch nicht fest.“

Schutz der Demokratie
Oberstleutnant Uwe Roth ist Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin. Er bestätigt die Informationen. Die Umbenennung der Reichenhaller Kaserne sei Teil eines Gesamtprogrammes, bei dem schon andere Standorte von Namen nationalsozialistischer Befehlshaber befreit wurden. Viele Initiativen und Vorschläge seien dabei von jungen Soldaten und Offizieren ausgegangen. Es gehöre zum Konzept einer modernen Armee westlicher Prägung, in der Staatsbürger in Uniform die Demokratie schützen, so der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin.

Bildung: Fresken als Lehrbeispiele
Diese Relikte sollen nun bei einer Umbenennung nicht entfernt - sondern künftig verstärkt für die Erwachsenenbildung eingesetzt werden. Oberstleutnant Roth sagt, hier gebe es schon länger Aktivitäten: „Das sind Sachzeugen unserer wechselvollen Geschichte. Die Geschichte der Kaserne in Bad Reichenhall wird bereits im Rahmen der Truppeninformation als Bestandteil der politischen Bildung unserer Soldatinnen und Soldaten behandelt.“

Viele Passanten
Wie man diese weithin sichtbaren Symbole von Hitlers Maschinerie - fast 70 Jahre nach Kriegsende - gegenüber der Bevölkerung und Gästen entschärfen bzw. didaktisch aufbereiten will, dazu gibt es derzeit noch keine Angaben. Die Kaserne liegt neben dem Weg bzw. der Zufahrtsstraße zum beliebten Massiv des Hochstaufen (1.771 Meter), wo viele Wanderer und Bergsteiger unterwegs sind.
Quelle: http://salzburg.orf.at/news/stories/2541304/
 
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