Krieg in Europa: Angriff Russlands auf die Ukraine

josef

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#81
ORF - Liveticker zu den Kämpfen in der Ukraine - Teil 9:
Fortsetzung von Beitrag #75:

25.10.: Ukraine: Kiews Kampf gegen iranische Drohnen

26.10.: Vom Schreibtisch aus: Putin wohnt Atomwaffenübung bei

27.10.: Westliche Satelliten als „Ziel“?: Moskau baut Drohkulisse weiter auf

28.10.: Video: Ukrainische Soldaten bereiten sich auf Winter vor: "Es ist die Hölle"

29.10.: 300.000 Reservisten: Kiew erwartet weitere Mobilisierung Moskaus

30.10.: Getreidedeal gekippt: Ukraine fordert Konsequenzen

31.10.: Kiew zu großen Teilen ohne Strom und Wasser

01.11.: Video: Elon Musks Starlink-Internet bringt Ukraine Vorteil im Drohnenkrieg

02.11.: Ukraine: Russland kehrt zu Getreideabkommen zurück

04.11.: Putin will inhaftierte Schwerverbrecher in die Ukraine schicken

05.11.: Abzug oder Falle: Rätseln über russische Strategie für Cherson

07.11.: Cherson: Kachowka-Staudamm laut Moskau beschädigt

08.11.: Ukraine: Gespanntes Warten in Cherson

09.11.: Cherson: Russland ordnet Abzug von Truppen an

10.11.: Cherson: Russischer Rückzug ruft Skepsis hervor

11.11.: Cherson: Russische Armee meldet kompletten Abzug

12.11.: Cherson befreit: „Historischer Tag“ für Ukraine

14.11.: Kreml erbost: Selenskyj feiert in Cherson Rückeroberung

15.11.: Wohnhäuser getroffen: Raketen auf Kiew und andere Großstädte

16.11.: Explosion in Polen: Rakete laut USA wohl nicht aus Russland

17.11.: Querschläger aus Ukraine: Raketentreffer in Polen kein NATO-Bündnisfall

18.11.: Ukraine: Dnipro dürfte länger Front bleiben

19.11.: Absage an Gespräche: Ukraine gegen „kurze Waffenruhe“

20.11.: US-Medien: Russland baut Kamikazedrohnen mit Iran

22.11.: Cherson: Umzug in „sicherere Regionen“ empfohlen

23.11.: Luftalarm in Ukraine: Auch Kiew unter Beschuss

24.11.: „Schlimmster Winter“: Wärmestuben sollen Leid in Ukraine lindern

Fortsetzung siehe Teil 10 -
Beitrag # 83
 
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#82
KRIEGSGRÄUEL
UN-Menschenrechtsbüro in Genf untersucht Videos nach Vorwürfen von Kriegsverbrechen
Videos zeigen laut russischer Seite die Erschießung sich ergebender Kämpfer durch ukrainische Soldaten. Laut Kiew setzten sich die Soldaten zur Wehr. Indes sorgt sich die IAEA um das AKW Saporischschja

Die grausamen Szenen in den Tötungsvideos sollen sich in dem ostukrainischen Dorf Makijiwka in Luhansk zugetragen haben. Es wurde Mitte November von der ukrainischen Armee zurückerobert.
Foto: AP

Seit Beginn des russischen Krieges in der Ukraine ist die Sorge wegen eines nuklearen Zwischenfalls in einem der von Russland besetzten Atomkraftwerke groß – insbesondere im AKW Saporischschja, das seit dem Wochenende wieder in den Schlagzeilen ist. Derweil hat die Uno angekündigt, umstrittene Tötungsvideos zu untersuchen. Ein Überblick über die Ereignisse am 271. Kriegstag:

  • Grauenhafte Videos: Seit Tagen zirkulieren in sozialen Medien Aufnahmen aus der ostukrainischen Stadt Luhansk, die laut einem aktuellen Bericht der "New York Times" authentisch sind. In einem der Videos liegen sich ergebende russische Soldaten unter ukrainischer Bewachung auf dem Boden hinter einem Bauernhof im Dorf Makijiwka, dann eröffnet ein aus dem Haus stürmender Mann das Feuer. Ein weiteres zeigt Leichen in einer Blutlache. Moskau spricht von Kriegsverbrechen. Kiew widerspricht: Der Mann, der das Feuer eröffnet habe, sei ein russischer Soldat gewesen. Die Ukrainer hätten sich verteidigt. Das UN-Menschenrechtsbüro von Hochkommissar Volker Türk untersucht die Videos nun jedenfalls. Das sagte eine Sprecherin am Freitag zu Reuters. Laut Genfer Konvention bzw. humanitärem Völkerrecht ist die Tötung von Menschen, die nicht mehr an Kampfhandlungen teilnehmen, ein Kriegsverbrechen.

  • Orte des Grauens: Nach dem Rückzug russischer Besatzer aus dem südukrainischen Cherson meldet Kiew die Entdeckung von vier russischen Folterstätten. In den Gebäuden hätten die russischen Besatzer Menschen illegal festgehalten und brutal gefoltert. Seit der Befreiung Chersons durch die ukrainischen Streitkräfte am 11. November hat Kiew wiederholt russische "Kriegsverbrechen" und "Gräueltaten" in der Region angeprangert.

  • Kämpfe verlagern sich nach Cherson-Rückzug gen Osten: Die aktuellen Kämpfe konzentrieren sich nach britischen Geheimdienstangaben nun auf Swatowe im Osten des Landes. Auch Präsident Wolodymyr Selenskyj berichtete jüngst von schweren Kämpfen in der Ostukraine: "Die heftigsten Gefechte finden nach wie vor in der Region Donezk statt."

  • Spiel mit dem Feuer: Das AKW Saporischschja ist nach Angaben beider Kriegsparteien am Wochenende erneut beschossen worden. Rafael Grossi, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), sprach von "Glück", dass es nicht zu einem potenziell schweren nuklearen Zwischenfall gekommen ist. Wer das Atomkraftwerk mit Artillerie beschieße, "spiele mit dem Feuer", warnte Grossi vor neuerlichem Beschuss. Sein Team wollte am Montag die Schäden der letzten Angriffe inspizieren. Moskau macht Kiew verantwortlich. Die Ukraine hat die Nato zum Schutz der Atomkraftwerke des Landes vor russischer Sabotage aufgerufen.

  • Mahnende Worte: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Parlamentarier aus den Bündnisstaaten vor nachlassendem Engagement für die Ukraine gewarnt. Er wisse, dass die Unterstützung der Ukraine mit Kosten verbunden sei und dass viele Menschen unter steigenden Kosten für Energie und Lebensmittel litten, sagte Stoltenberg bei einer Plenarsitzung der Parlamentarischen Versammlung der Nato in Madrid. Würde Russland den Krieg gewinnen, wäre der Preis allerdings noch höher, warnte er. Stoltenberg rechnet außerdem mit einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben über das bislang geltende Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Jeder sieht jetzt die Notwendigkeit für mehr Ausgaben", sagte er angesichts des Krieges in der Ukraine.

  • Luftraum über Polen: Unterdessen will Polen zusätzliche Patriot-Luftabwehrsysteme an der Grenze zur Ukraine in Stellung bringen. Das teilte Warschau in Bezugnahme auf ein entsprechendes Angebot aus Deutschland mit, wonach Berlin Polen bei der Absicherung seines Luftraums mit Eurofightern und Patriot-Luftverteidigungssystemen unterstützen könnte. Vergangenen Mittwoch war eine verirrte Rakete in Polen abgestürzt, dabei starben zwei Menschen. Diese scheint nach aktuellem Wissensstand eher von der ukrainischen Luftverteidigung abgefeuert worden zu sein – nicht von russischer Seite.

  • Gefährliche Nachbarschaft: Deutschland hat bei einer Moldau-Konferenz in Paris zusätzliche Hilfen der deutschen Bundesregierung in Höhe von gut 32 Millionen Euro zugesagt. Laut Frankreich kann die Republik Moldau wegen der russischen Angriffe auf die Infrastruktur in der Ukraine keinen Strom mehr aus dem Nachbarland beziehen. Zudem habe Russland seine Gaslieferungen nach Moldau stark eingeschränkt. Im Westen besteht die Sorge, dass Russland Moldau als Teil seiner Einflusszone beanspruchen könnte.
  • (fmo, Reuters, APA, 21.11.2022)
UN-Menschenrechtsbüro in Genf untersucht Videos nach Vorwürfen von Kriegsverbrechen
 

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#83
ORF - Liveticker zu den Kämpfen in der Ukraine - Teil 10:
Fortsetzung von Beitrag #81:


26.11.: Angriffe auf Infrastruktur: Moskau bricht wohl Völkerrecht

27.11.: Ukraine: Wieder schwere Angriffe auf Cherson

28.11.: Kälte, Schlamm, Krankheiten: Bachmut „wie Verdun 1916“

29.11.: „Kälte als Waffe“ Russlands: NATO plant Winterhilfen für Ukraine

03.12.: Ukraine: Russland erntete Weizen in Milliardenwert

04.12.: Ukraine: UNHCR rechnet mit mehr Binnenvertriebenen

05.12.: Symbolischer Akt: Putin fährt mit Auto über Krim-Brücke

06.12.: Russland: Ukraine attackiert russische Militärflughäfen

11.12.: Kämpfe im Osten: Ukraine sieht russische Taktikänderung

12.12.: Stadt ohne Strom: Lage in Odessa „sehr schwierig“

13.12.: Kampf verweigert: Drakonische Strafen für russische Soldaten

14.12.: Explosionen in Kiew: Ukraine meldet Drohnenabschuss

16.12.: Ukraine: Stromausfälle nach russischen Angriffen

19.12.: Probleme an der Front: Moskau schickt „kreative Brigaden“

20.12.: Drohkulisse oder Angriffsplan?: Belarus für Ukraine kaum einschätzbar

21.12.: Bachmut: Russen rücken in „östliche Festung“ vor

22.12.: Militärbasen wachsen: Russland rüstet in der Arktis stark auf

26.12.: Kiew meldet über 30 Raketen: Cherson erneut unter russischem Beschuss

29.12.: Charkiw bis Odessa: Schwere Raketenangriffe auf Ukraine

30.12.: Mehr Anschläge: Putin erhöht Strafen für Sabotage

31.12.: Russische Angriffe: Erneut Raketenhagel auf Kiew

Fortsetzung siehe Teil 11 -
Beitrag # 84
 
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#84
ORF - Liveticker zu den Kämpfen in der Ukraine - Teil 11:
Fortsetzung von Beitrag #83:

2023

01.01.: Ukraine: Drohnenangriffe in der Silvesternacht

02.01.: Ukraine-Krieg: Experten erwarten Waffenstillstand für 2023

03.01.: Rumoren in Russland: Kiew meldet nächsten erfolgreichen Schlag

04.01.: Viele Tote bei Angriff: Moskau gibt eigenen Soldaten Mitschuld

05.01.: Reisner: „Ukraine-Krieg ist Abnutzungskrieg“

06.01.: Panzer für Ukraine: Westen erhöht Einsatz

07.01.: Feier in Kiewer Höhlenkloster: Orthodoxe Weihnacht im Zeichen des Krieges

08.01.: „Waffenruhe“ vorbei: Explosionen in Charkiw

11.01.: Bachmut und Soledar: Russische Fortschritte mit unklarem Ziel

12.01.: Moskau: Rätseln über Motive für Kommandowechsel

13.01.: Soledar: Moskau meldet Einnahme – Kiew dementiert

14.01.: Ukraine: London prescht mit Panzerlieferung vor

15.01.: Mehr als 20 Tote: Kiew nennt Angriff auf Hochhaus „Terror“

16.01.: NATO-Chef: Mehr Waffen für Kiew „in naher Zukunft“

17.01.: „Kein Konflikt“: Kreml-Schlingerkurs mit Wagner-Gruppe

18.01.: Hubschrauberabsturz bei Kiew: Suche nach Absturzursache läuft

19.01.: Vor Ukraine-Treffen: Tauziehen um Panzer in heißer Phase

20.01.: Waffen für Ukraine: Weichenstellung in Ramstein

21.01.: Deutsche Kampfpanzer: Kiew kündigt Leopard-Training in Polen an

22.01.: Korruption und Streitigkeiten: Selenskyjs schwere Probleme in der Ukraine

23.01.: Panzer für Ukraine: Polen beantragt in Berlin Liefererlaubnis

25.01.: Leopard, Abrams, Challenger: Panzerallianz für Ukraine zeichnet sich ab

26.01.: Ukraine-Krieg: Opferzahlen im „Nebel des Krieges“

27.01.: Panzer für Ukraine: Auch Kampfjets kein Tabu mehr

29.01.: Raiffeisen und UniCredit betroffen: Ukrainische Sanktionen gegen ‚Kriegshelfer‘

31.01.: Bachmut: Erbitterter Kampf mit neuen Vorzeichen

Fortsetzung siehe Teil 12 -
Beitrag # 93
 
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#85
UKRAINE-KRIEG
Marder, Bradley und der AMX-10: Was können die Panzer für die Ukraine?
Die ukrainischen Streitkräfte werden mit amerikanischen und deutschen Schützenpanzern sowie einem leichten französischen Panzer ausgestattet. Doch Panzer ist nicht gleich Panzer


Deutschland liefert den Marder an die ukrainischen Streitkräfte.
Foto: FABIAN BIMMER, Reuters

Plötzlich ist alles anders: Monatelang weigerte man sich im Westen, Panzer an die Ukraine zu liefern, jetzt haben die USA, Deutschland und Frankreich angekündigt, schwereres Kriegsgerät zur Verteidigung der Ukraine vor dem russischen Angriff zur Verfügung zu stellen. Während die USA und Deutschland mit dem Bradley beziehungsweise Marder erprobte Schützenpanzer liefern, schickt Frankreich mit dem AMX-10 RC einen eher exotischen leichten Panzer. Doch worin liegen die Unterschiede? Was können die drei Fahrzeuge? Eine kurze Erklärung.

Der Marder, das Eisenschwein

Der Schützenpanzer Marder der deutschen Bundeswehr.
Foto: imago images/Sven Eckelkamp

Das längstgediente Militärfahrzeug des Trios ist der deutsche Marder, von Bundeswehrsoldaten auch liebevoll Eisenschwein genannt. In den 60er-Jahren konzipiert, ist der Marder der Prototyp eines Schützenpanzers des Kalten Krieges. Er wurde dazu entwickelt, mit dem Leopard-Kampfpanzer mitzuhalten und Infanterie ins Gefecht zu bringen und zu unterstützen. Der Marder hätte durch den Puma abgelöst werden sollen, nachdem jüngst aber gravierende Probleme mit dem neuen Hightech-Schützenpanzer der Bundeswehr auftraten und 18 von 18 eingesetzten Pumas während einer Übung ausfielen, muss der Marder wohl noch einige Zeit mithalten.

Der Marder ist mit 33 Tonnen auch deutlich leichter als der M2 Bradley. Auch wenn der Marder technisch nicht mehr der modernste Schützenpanzer ist, kann er es doch mit den russischen BMP-1 und BMP-2 aufnehmen. Und er hat einen weiteren Vorteil: Er ist in relativ großen Mengen verfügbar, so hat die Bundeswehr noch etwa 370 Stück im Einsatz. Der Marder verfügt über eine 20-mm-Maschinenkanone von Rheinmetall, die gegen ungepanzerte Ziele auf bis zu 2.000 Meter effektiv ist. Ab der Variante A3 verfügt der Marder auch über die Möglichkeit, Lenkwaffen vom Typ Milan abzufeuern. Die in die Ukraine gelieferte Variante dürfte aber nicht über Raketenbewaffnung verfügen. Deutschland wird 40 Marder, voraussichtlich in der Variante 1A3, an die ukrainischen Streitkräfte liefern.

Der Bradley, das Rückgrat der US-Armee

Der M2 Bradley
Foto: Baderkhan Ahmad

Wie der Marder ist auch der M2 Bradley ein Schützenpanzer, also ein Infantry Fighting Vehicle. Im Gegensatz zum Marder ist der Bradley gut ein Jahrzehnt jünger, aber dennoch eine Entwicklung des kalten Krieges. Der Bradley sollte den stark veralteten Schützenpanzer M113 ablösen und dabei gleichzeitig in der Lage sein, seine sowjetischen Konterparts auszuschalten. Dazu wurde der Bradley mit einer 25 mm Maschinenkanone des Typs Bushmaster ausgestattet, die sowjetischen BMP-1 und BMP-2 Schützenpanzer frontal durchschlagen kann. Die Bewaffnung ist stabilisiert, was bedeutet, dass der Richtschütze das Ziel beibehalten und bekämpfen kann, auch wenn das Fahrzeug in voller Bewegung ist. Eigentlich sollte der Bradley schon bei der US-Armee schon ausgemustert werden, aber die Nachfolgesuche gestaltet sich extrem schwierig, wie man hier nachlesen kann.

Der Bradley kann auch Kampfpanzern wie den russischen T-72, T-80 oder T-90 gefährlich werden, wenn die dünnere Seiten- oder Heckpanzerung getroffen wird. Für den Einsatz gegen Kampfpanzer ist allerdings ein TOW-Lenkflugkörper im Einsatz. In den Feldzügen im Irak konnte sich der Bradley auch ohne Unterstützung durch M1-Abrams-Kampfpanzer dank der Lenkraketen gegen russische T-72 gut durchsetzen.

Die aktuellste Variante des Bradley ist die A4 mit verbesserter Mobilität, leichteren Bauteilen sowie besseren elektronischen Kommandosystemen. Dieses Modell wird aber erst an die US-Armee geliefert, es ist daher unwahrscheinlich, dass die fortschrittlichere Variante des Bradley in der Ukraine auftaucht. Als wahrscheinlicher gilt, dass Bradleys in der Variante A2, wie sie während "Operation Desert Storm" im Jahr 1990 eingesetzt wurden, an die Ukraine geliefert werden.

Der AMX-10, der Exot

Der AMX-10 RC
Foto: APA/AFP/FRANCOIS NASCIMBENI

Während der Marder und der Bradley ganz klassische Schützenpanzer sind und Infanterie transportieren, sorgt der französische AMX-10 RC für etwas mehr Verwirrung. Wegen seiner schweren Bewaffnung mit einer 105-mm-Kanone wird er oft mit einem Kampfpanzer verwechselt. Tatsächlich handelt es sich um einen Spähpanzer, der sich aber auch in einem Begegnungsgefecht während dieser Aufgabe behaupten kann. Mit nur 16 Tonnen Gewicht ist der AMX-10 RC der leichteste Vertreter des Trios. Und: Der AMX-10 RC ist kein Battle-Taxi, wie Schützenpanzer gerne bezeichnet werden.

Die Panzerung schützt den AMX gegen russische Maschinenkanonen und panzerbrechende Geschoße bis 14,5 Millimeter. Die Kanone des leichten französischen Panzers kann auch Kampfpanzern sowjetischer Bauart wie dem in der Ukraine am häufigsten eingesetzten T-72 gefährlich werden. Jedoch ist die Waffe nicht stabilisiert, was gezieltes Feuer aus der Bewegung deutlich erschwert. Der AMX-10 wurde in Kampfeinsätzen im Tschad, während Operation Desert Storm 1991, im Kosovo, in Afghanistan sowie im Mali-Konflikt erfolgreich eingesetzt. Der aus den 70er-Jahren stammende AMX soll in den kommenden Jahren durch den EBRC Jaguar ersetzt werden.
(Peter Zellinger, 9.1.2022)
Marder, Bradley und der AMX-10: Was können die Panzer für die Ukraine?
 

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#86
UKRAINE-KRIEG
Großbritannien will nun auch Kampfpanzern des Typs Challenger 2 liefern:
Leopard und Challenger: Der Mythos "Kampfpanzer" erklärt - was ist ein Hauptkampfpanzer, wer bedient ihn, und wozu dient er? Eine Vorstellung der deutschen und der britischen Waffensysteme

Leopard 2 der spanischen Streitkräfte während einer Nato-Übung 2022.
Foto: INTS KALNINS, Reuters

Großbritannien will Kampfpanzer an die Ukraine liefern, das bestätigte ein Sprecher von Premierminister Rishi Sunak am Samstag. Deutschland ziert sich noch, doch kommt die Regierung von Olaf Scholz (SPD) zunehmend unter Druck, Leopard-2-Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen. Doch was sind der Leopard 2 und der Challenger 2 überhaupt?

Es handelt sich bei beiden Modellen um einen sogenannten Hauptkampfpanzer, im Nato-Jargon Main Battle Tank. Auch wenn es in manchen Ländern wie Schweden andere Auslegungen gibt, ist ein Hauptkampfpanzer üblicherweise ein gepanzertes Fahrzeug, das sich mithilfe von Gleisketten bewegt und über einen drehbaren Turm verfügt.

Seine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, andere Panzer zu bekämpfen, Stichwort "Duellfähigkeit", auch wenn die Unterstützung von Infanterie ebenfalls ein Einsatzzweck sein kann. Anders als bei Schützenpanzern gehört es aber nicht zum Job von Kampfpanzern, Soldaten auf das Schlachtfeld zu bringen.

Vierköpfige Besatzung mit eigenen Aufgaben
Beide Panzer werden von einer vierköpfigen Besatzung gesteuert: Fahrer, Ladeschütze, Richtschütze und Kommandant. Das ist um eine Person mehr, als die ukrainischen Streitkräfte gewöhnt sind, denn die T-72 und T-80 oder deren Abwandlungen verzichten auf den Ladeschützen und setzen stattdessen auf ein automatisches Ladesystem. In den meisten westlichen Panzern ist hingegen ein viertes Crewmitglied an Bord, vor allem, weil es nicht schadet, noch ein Paar Hände zusätzlich dabeizuhaben, die mit anpacken können. So bedient der Ladeschütze auch das Turm-MG beider Panzer im Standardkaliber 7,62 mm.

Die eigentliche Rolle des Ladeschützen ist aber deutlich anstrengender: Er muss die rund 20 Kilo schwere 120-mm-Munition aus dem Bunker im Turm holen und die Kanone laden – alles, während der Panzer durch ruppiges Gelände fährt. Ladeschützen übernehmen aber auch noch andere Rollen: So gehört es in der britischen Armee unter anderem zu dessen Auftrag, Tee zu kochen, weshalb der Challenger 2 über einen eigenen Teekocher verfügt. In Österreich ist der Ladeschütze übrigens für die Zubereitung des Kaffees zuständig, wie man beim Bundesheer erklärt.

Der Richtschütze ist hingegen für die Bedienung der Kanone sowie des parallel montierten Maschinengewehrs verantwortlich, während der Kommandant die Ziele vorgibt und den Überblick über das Geschehen behält und auch den Fahrer anweist.


Der Leopard 2A4, wie er auch vom österreichischen Bundesheer verwendet wird. Dieser ist mit 55 Tonnen deutlich leichter als die Nachfolgerversionen. So wiegt der 2A7V 66,5 Tonnen.
Foto: APA, dpa

Österreichs Bundesheer

Schneller Leopard, langsamer Challenger
Der Leopard 2 gehört dank des 1.500 PS starken Dieselmotors zu den schnelleren Vertretern seiner Art: Dieser lässt das bis zu 62 Tonnen schwere Fahrzeug auf rund 70 km/h beschleunigen, im Gelände liegt dieser Wert aber oft deutlich darunter. Der Challenger 2 ist dagegen deutlich langsamer. Obwohl er ähnlich schwer ist wie der Leopard 2, wird er nur von einem 1.200-PS-Motor angetrieben, was ihm eine Geschwindigkeit von maximal 59 km/h verleiht.

Die Panzerung beider Waffensysteme ist geheim, wobei nur bekannt ist, dass es sich um sogenannte Verbundpanzerung handelt, die aus mehreren Schichten unterschiedlicher Materialien bestehen. Diese kommt deshalb zum Einsatz, weil herkömmlicher gehärteter Stahl seit Ende des Zweiten Weltkriegs keinen ausreichenden Schutz mehr bietet. So dienen etwa Keramikplatten als zusätzliches Panzerungselement.

Glatt und gezogen
Auch bei der Bewaffnung unterscheiden sich die beiden Panzer. Zwar nutzen beide eine Kanone im Standardkaliber 120 mm, jedoch haben sich die Briten für einen gezogenen Lauf entschieden, während der Leopard 2 über eine Glattrohrkanone verfügt.

Kurz zur Erklärung: Ein gezogener Lauf bedeutet, dass sogenannte Züge und Felder in das Innere des Rohrs geschnitten werden, ganz wie bei einer Handfeuerwaffe. Das verleiht den daraus abgefeuerten Geschoßen einen Drall, was die Flugbahn stabiler macht und die Reichweite erhöht, aber zulasten der Durchschlagskraft geht. Der Challenger 2 kann so zwar Ziele aus bis zu acht Kilometern Entfernung beschießen, das ist in der Praxis aber nicht so relevant wie die Durchschlagsleistung.


Der britische Challenger 2 ist seit den frühen 90er-Jahren im Einsatz. Vorne am Rohr sind die "Kerben" des gezogenen Laufs gut zu erkennen.
Foto: APA/AFP/ADRIAN DENNIS

Geschoße wie Dartpfeile
Deshalb rüsten die Briten ihre Panzer nach und nach auf die Kanone des Leopard 2 von Rheinmetall um. Diese verschießt gegen gepanzerte Ziele ein sogenanntes Wuchtgeschoß mit der etwas sperrigen Nato-Bezeichnung "Armor Piercing Fin Stabilizied Discarding Sabot-Tracer" oder APFSDS-T. Am besten kann man sich dieses Geschoß wie einen Dartpfeil vorstellen. Es verlässt sich nicht auf zusätzliche Sprengladungen oder wie beim britischen Challenger auf Plastiksprengstoff, sondern einzig auf die kinetische Energie beim Aufprall.

Der Pfeil dringt durch die Panzerung und erzeugt allein durch die Wucht des Aufpralls eine Verdrängung der Panzerung. Dadurch entsteht ein Regen aus Metallsplittern im Inneren des gegnerischen Panzers, der die Besatzung töten soll. Darüber hinaus können Hohlladungsgeschoße abgefeuert werden. Diese verursachen beim Aufprall auf die Panzerung einen Strahl aus extrem heißem Metall, der sich durch die Panzerung brennt.


Die Munition des Leopard 2: Links ist die "Pfeilspitze" eines Wuchtgeschoßes zu erkennen. Nach dem Abfeuern zerfällt die Treibkäfig genannte Hülle und gibt ein Geschoß frei, das wie ein Dartpfeil aussieht.
Foto: VLADIMIR PRYCEK, EPA

Österreich setzt den Leopard 2 ebenfalls ein, aber in der älteren Variante A4 aus der Mitte der 80er-Jahre. Mittlerweile plant das Bundesheer aber eine umfassende Modernisierung, auf welche Ausbaustufe, ist bislang aber noch nicht geklärt. Die modernste Variante ist der Leopard 2A7V mit einer Klimaanlage, zusätzlicher Panzerung an der Front, einem verbesserten Getriebe und zusätzlichen Fahrassistenzsystemen.

Zukünftig sollen die Leopard 2 auch noch mit einem sogenannten Hardkill-System vom Typ Trophy HV ausgestattet werden. Dabei handelt es sich um ein in Frankreich und Israel entwickeltes System, das anfliegende Geschoße erkennt und mithilfe einer kurz vor dem Aufschlag gezündeten Explosion einen Splitterkegel erzeugt, der die angreifende Waffe zerstört.

Frage der Variante
Welche Varianten des Challenger 2 und des Leopard 2 an die Ukraine geliefert werden, ist noch unklar. Kurz zum politischen Hintergrund: Will ein Land Kampfpanzer aus deutscher Produktion an ein anderes weitergeben, muss die deutsche Bundesregierung zustimmen. Aktuell will die polnische Regierung Leopard 2 an die Streitkräfte der Ukraine liefern, darf dies aber noch nicht, weil die Erlaubnis aus Berlin fehlt.

Sollten tatsächlich polnische Panzer geliefert werden, dürfte es sich wohl um Leopard-2A4-Varianten handeln, ähnlich wie sie auch vom österreichischen Bundesheer verwendet werden.

Trotz des ernsten Themas bat das ukrainische Verteidigungsministerium bereits im Vorjahr um eine Lieferung von Leopard 2.
(Peter Zellinger, 15.1.2023)
Leopard und Challenger: Der Mythos "Kampfpanzer" erklärt
 

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#87
Russlands Parade-Panzer werden zum Massengrab für die eigenen Truppen
Moskau - Die Bilder gleichen sich. Immer wieder sind im Ukraine-Krieg zerstörte russische Panzer zu sehen. Manche sind völlig ausgebrannt, bei anderen sind die Türme abgesprengt, mitunter sind schwer verwundet oder gar tote Soldaten zu beklagen. Die enorm hohen Verluste Russlands an Panzern gehören laut Fachleuten zu den größten Problemen, mit denen Russland seit Beginn der Invasion zu kämpfen hat.

Die Zahlen, die die in den Niederlanden ansässige Forschungsgruppe Oryx nennt, sind in der Tat verheerend. Demnach wurden bis zum 9. Januar insgesamt 944 russische Panzer zerstört, 73 wurden beschädigt, 60 von Russland aufgegeben und 533 von den Ukrainern erbeutet. Als neutrale Beobachterin nimmt Oryx nur Fälle in ihre Statistik auf, bei denen ein handfester Beweis für eine Beschädigung oder Zerstörung vorliegt. In der Regel ist das ein glaubwürdiges Foto des betreffenden Panzers. Der ukrainische Generalstab gibt die Zahl der zerstörten russischen Panzer mit 3080 an (Stand: 9. Januar).


Russland muss im Ukraine-Krieg den Verlust zahlreicher Panzer erdulden. © SAMEER AL-DOUMY/AFP

Um sich das Ausmaß der Verluste vor Augen zu führen, genügt ein Blick auf die Zahl der Panzer, über die die gesamte russische Armee zu Beginn des Ukraine-Kriegs verfügt hat. Nach Angaben des Center for Strategic and International Studies (CSIS, deutsch: Zentrum für internationale und strategische Studien) waren dies etwa 2800 Panzer.

Russische Panzer erweisen sich im Ukraine-Krieg als enorm anfällig
Tatsächlich sind die russischen Panzer in der Tat sehr anfällig für die High-Tech-Raketen, die die Ukraine zur Verteidigung benutzt. „Das eigentliche Problem für Panzer ist, dass sie kaputtgehen“, sagte Vadym Yunik, Entwickler privater Kampfdrohnen, in einem Interview mit Kyiv Post. „In diesem Krieg ist alles, was still sitzt, verwundbar“, sagte Yunik. „Panzer sind mit einer Drohne leicht zu finden und einer, der sich nicht bewegt, ist ziemlich leicht zu treffen.“

James Lewis vom CSIS sprach in einem Interview mit der Moscow Times sogar davon, dass Russlands Unfähigkeit, eine Antwort auf moderne Panzerabwehrwaffen zu finden, die Zukunft der Panzereinsätze infrage stelle. „Panzer werden immer noch einen Platz haben, aber ihre Zukunft wird aufgrund ihrer Verwundbarkeit eine geringere Rolle spielen“, sagte er.

Kann Russland seine Panzerflotte rechtzeitig wieder aufrüsten?
Ob es Russland möglich sein wird, ihre Panzerflotte im Ukraine-Krieg wieder aufzustocken, ist fraglich. So war Russlands wichtigste Produktionsstätte Uralwagonsawod in Nischni Tagil dem ukrainischen Magazin Defense Express selbst vor dem Krieg nur in der Lage, 20 bis 30 moderne Panzer pro Monat herzustellen oder aufzurüsten.

Jetzt machen Russland die westlichen Sanktionen zu schaffen, da wichtige Komponenten nicht in Russland hergestellt werden. Das gilt auch für Russlands Wunderwaffe, den Panzer T-14, den ein britischer Stabsoffizier einst als revolutionärsten Kampfpanzer der Welt bezeichnet hat. Bisher ist der T-14 in mehreren Paraden über den Roten Platz gefahren, im Ukraine-Krieg kam er allerdings noch nicht zum Einsatz.

Russische Panzerreserve: nur ein Hirngespinst Moskaus?
Auch die Panzerreserve, die zu Beginn des Krieges angeblich 8000 Fahrzeuge umfasste, scheint mehr oder weniger nur ein Hirngespinst zu sein. So beging Ende März 2022 der Kommandant des 13. Garde-Panzerregiments laut ukrainischen Geheimdienstberichten Suizid, nachdem er erfahren hatte, dass 90 Prozent der Panzer, mit denen seine Einheit in den Krieg ziehen sollte, in Wirklichkeit völlig verrostet waren.

Bis Juni war Russland, das Land mit der theoretisch größten Panzerflotte der Welt, darauf angewiesen, angeblich 41 generalüberholte T-62-Panzer, die ursprünglich für den Export nach Afrika bestimmt waren, nach Cherson zu schicken, um das dortige Gebiet zu stützen. Bis Oktober 2022 hatte die Ukraine Cherson eingenommen und nach eigenen Angaben mindestens 38 der größtenteils veralteten T-62 erbeutet oder zerstört. (cs)
Erstellt: 19.01.2023,
von: Christian Stör
Russlands Parade-Panzer werden zum Massengrab für Putins Soldaten
 
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#88
Der neuralgische Punkt:
Warum werden viele russische Panzer zerstört?

Russlands Präsident Wladimir Putin glaubte beim Einmarsch in die Ukraine an ein leichtes Spiel. Militärisch schien die russische Armee haushoch überlegen. Doch mit der Gegenwehr der ukrainischen Streitkräfte verliert Putin nicht nur Soldaten, sondern auch Material. Ein neuralgischer Punkt scheinen die russischen Panzer zu sein.
Wie hoch die Verluste der russischen Streitkräfte sind? Unklar. Nach Angaben der Ukraine immens. Was Propaganda ist, was nicht, ist nur schwer zu unterscheiden. Angesichts der vermuteten Schlagkraft, mit der die russische Armee in den Krieg gezogen ist, bieten die Aufnahmen und Videos zerstörter russischer Panzer und Konvois dennoch ein erstaunliches Bild. Gerade bei den gepanzerten Fahrzeugen hätte man angenommen, dass Russland hier absolut überlegen ist.

Aber blickt man auf die Geschichte des im Krieg eingesetzten T-90 zurück, ist der Panzer wohl doch eher veraltet. Der erste Prototyp entstand bereits im Jahr 1989, trug die Bezeichnung Objekt 188 und war schlicht ein umgebauter T-72B mit der Feuerleitanlage des T-80U und einer neuen Reaktivpanzerung (ERA) vom Typ Kontakt-5, die das Fahrzeug vor feindlichem Beschuss schützen soll. Die ersten Experimente mit einer Reaktivpanzerung wurden in der Sowjetunion bereits im Jahr 1949 durchgeführt. In den 1960er Jahren gab es dann erste Prototypen.

Die Reaktivpanzerung

Die Reaktivpanzerung ist eine besondere Art, Panzer vor Beschuss zu schützen, und wird vorzugsweise von Russland und Israel genutzt.
(Foto: dpa)

Bei der Reaktivpanzerung werden Kacheln auf die Verbundpanzerung aufgebracht, die aus einer Metallplatte und einer Schicht Sprengstoff bestehen. Trifft jetzt ein Projektil auf diese Kachel, explodiert die Sprengstoffschicht und schleudert die Metallplatte dem Projektil entgegen. So kann die Granate nicht ihre volle Kraft an der Panzerung entfalten, die dann den Rest der Sprengkraft abfängt. Das Problem bei der Reaktivpanzerung ist, dass das nur einmal funktioniert. Ist die Kachel von der Panzerung verschwunden, kann nur noch die eigentliche Verbundpanzerung bei nachfolgendem Beschuss schützen.

Hinzu kommt, dass die Reaktivpanzerung je nach Art des Beschusses ihre Grenzen hat. Während Hohlladungen, also Geschosse, die sich in der Panzerung festkrallen und per Druck und Hitze ins Innere vordringen, gut abgewehrt werden, bietet die Reaktivpanzerung gegen sogenannte Tandemhohlladungen und gegen Hartkerngeschosse, die allein durch ihre Wucht beim Aufschlag die Panzerung durchbrechen, kaum Schutz. Hinzu kommt, dass diese Art des Schutzes eine verheerende Wirkung auf die eigenen Soldaten haben kann, die sich als Fußtruppen in der Nähe des Panzers befinden und durch die Gegenexplosion der Sprengstoff-Kachel verletzt oder getötet werden.

Vorteile der Reaktivpanzerung
Letztlich hat die Reaktivpanzerung den Vorteil, dass die passive Panzerung leichter sein kann, der Panzer somit schneller unterwegs ist, weniger Sprit verbraucht und längere Strecken zurücklegen kann. Der T-90 kann beispielsweise 375 Kilometer und mit externen Tanks 550 Kilometer zurücklegen. Allerdings hat das Gewicht des T-90 im Vergleich mit dem T-72 auch wegen der weiterentwickelten Panzerung auf 46,5 Tonnen zugenommen, was es notwendig machte, den Motor zu ersetzen. Seit 2004 wird der im Traktorenwerk in Tscheljabinsk gebaute W-92 S2, ein V-12-Dieselmotor mit 1006 PS, genutzt, der den T-90 bis zu 65 km/h schnell macht.



Die im Jahr 2015 angekündigte Runderneuerung der russischen Landstreitkräfte hat aus Geldmangel nie stattgefunden.
(Foto: dpa)

Allerdings bleibt zu bedenken, dass der T-90 wie schon erwähnt auf der Basis des T-72B umfassend modernisiert wurde. Von der Mitte der 1990er Jahre bis 2005 war es den russischen Streitkräften aus Geldmangel aber kaum möglich, ausreichend T-90 zu kaufen. Es wird damit gerechnet, dass sich etwa 600 Fahrzeuge im Bestand der russischen Streitkräfte befinden, zehn Prozent davon in der Version T-90A. Die im Jahr 2015 angekündigte Runderneuerung der Landstreitkräfte hat bis heute aus Geldmangel nicht stattgefunden.

T-72 - die Mutter des T-90
Werfen wir noch einen Blick auf den T-72, der ab 1972 von der damaligen Sowjetarmee in Dienst gestellt wurde. Angetrieben wird der von einem V-12-Dieselmotor mit maximal 840 PS. Die Reichweite beträgt 450 Kilometer, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 60 km/h. Bereits im ersten Tschetschenienkrieg im Jahr 1994 offenbarten der T-72 und die Weiterentwicklung T-80 Schwächen. Bei dem Versuch, die tschetschenische Hauptstadt Grosny zu erobern, wurden sie mit Panzerfäusten des Typs RPG-7 und RPG-22 - beide aus russischer Produktion - zerstört. Vorzugsweise wurde von hohen Gebäuden auf den schwächer gepanzerten hinteren Teil der Turmdecken und die Motorabdeckung gefeuert. Die Turmwaffen des Panzers selbst konnte nicht so weit erhöht werden, um den Angreifern Paroli zu bieten.

In Grosny wurde nahezu der gesamte Panzerbestand der 131. "Maikop"-Brigade zerstört. Ob es sich dabei um den Typ T-72A oder T-72B handelte, ist heute strittig. Fakt ist, dass die Panzer sich als ungeeignet für den Straßenkampf erwiesen und in Zukunft ihr Einsatzgebiet vorzugsweise im großen Abstand zu gegnerischen Stellungen eingesetzt wurden, um die Reichweite von über 6000 Metern der 125-Millimeter-Bordkanonen ausnutzen zu können. Wobei die Kampfbeladung des T-72 aus 44 Schuss besteht.


Eine Panzerstellung mit einem T-72 im Jahr 2017 in Mossul im Irak.
(Foto: dpa)

Auch im Zweiten Golfkrieg 1990 und im Irakkrieg 2003 machten die T-72, T-72M und T-72M1 keine gute Figur. Etwa 30 bis 40 Prozent der irakischen Panzer wurden aus der Luft zerstört, die verbliebenen im offenen Gelände in provisorischen Stellungen. Im Kaukasus-Konflikt im August 2008 setzten die georgischen Streitkräfte Panzer ein, um die südossetische Hauptstadt Zchinwali zu besetzen. Dort zerstörten die örtlichen Milizen mehrere T-72 mit Panzerfäusten, andere wurden durch die russische Luftwaffe aufgebracht.

Natürlich werden in der Ukraine nicht mehr die alten T-72 eingesetzt, sondern entsprechende Weiterentwicklungen. Es dürften hier die drei Hauptkampfpanzertypen T-72 B3/B4 und T-90M von den russischen Truppen genutzt werden. Trotz wesentlicher Verbesserungen in der Bewaffnung und in der Panzerung scheinen aber bestimmte neuralgische Punkte geblieben zu sein. Andernfalls wäre es nicht zu erklären, dass die ukrainischen Streitkräfte offenbar in der Lage sind, die Panzer zu vernichten.

Rein rechnerisch gesehen ist jeder verlorene Panzer auch ein harter Schlag für die russische Regierung. Ein T-72 wird im Durchschnitt mit 22 Millionen Rubel, das sind umgerechnet derzeit knapp 233.000 Euro, berechnet.
Quelle: ntv.de
Warum werden viele russische Panzer zerstört?
 

josef

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#89
Der "Jack in the box"-Effekt:
Die tödliche Schwachstelle der russischen Panzer



Im Laufe des Kriegs in der Ukraine mehren sich die Bilder von russischen Panzern, bei denen der Panzerturm abgesprengt wurde.
(Foto: Collage, Fotos dpa)
Bei den russischen Kampffahrzeugen scheint es ein eklatantes Problem zu geben: abgesprengte Panzertürme. Die Schwäche vor allem der T-72 Kampfpanzer ist so gravierend, dass nicht nur das Fahrzeug zerstört, sondern auch die Besatzung getötet wird. Der Westen kennt das Problem. Und hat daraus für seine Panzer-Konstruktion gelernt.
Die Lage im Krieg zwischen der Ukraine und Russland ist unübersichtlich. Vor allem, was die materiellen Verluste der einzelnen Kriegsparteien betrifft. Aufgrund jüngster Fotos, auf denen abgesprengte Panzertürme zu sehen sind, mutmaßt der britische Verteidigungsminister Ben Wallace in einem auf CNN veröffentlichten Artikel, dass Russland bis jetzt etwa 580 Kampfpanzer verloren hat.


Zerstörter russischer Panzer vom Typ T-72 in der Region um Kiew.
(Foto: dpa)

Doch Experten entnehmen den Bildern noch mehr: Sie gehen davon aus, dass die russischen Panzer an einem Fehler leiden, der in der Fachsprache als "Jack in the box" bezeichnet wird. Im Deutschen könnte man diesen Ausspruch wohl am ehesten mit "Springteufel" übersetzen. Letztlich bedeutet es nichts anderes, als dass die zusätzlichen Granaten für die Glattrohrkanone der Kampfpanzer in den Türmen gelagert werden.
Selbst ein indirekter Treffer des Turms kann also dazu führen, dass hier eine Kettenreaktion ausgelöst wird, die die eigene Munition im Panzer zur Explosion bringt. Wenn das passiert, wird ein Vorrat von bis zu 40 Granaten zur Detonation gebracht. Die daraus resultierende Druckwelle reicht aus, um den Turm des Panzers in die Höhe eines zweistöckigen Hauses zu katapultieren.

Auch die Panzerbesatzung wird getötet
Die Explosion im Panzer reißt aber nicht nur die Kanzel ab, sondern tötet auch die dreiköpfige Besatzung, bestehend aus Kommandant, Fahrer und Richtschütze. "Wer hier nicht in den ersten Sekunden des Beschusses aus dem Panzer kommt, der wird einfach nur geröstet", erklärt Nicholas Drummond, ein auf Landkrieg spezialisierter Analyst der Verteidigungsindustrie und ehemaliger Offizier der britischen Armee, gegenüber CNN.


Nicht nur Kampfpanzer wie der T-72 sind von dem Fehler der Munitionslagerung betroffen.
(Foto: dpa)

Drummond sieht den "Jack in the box"-Effekt aber nicht nur bei den russischen Kampfpanzern wie dem T-72, sondern auch bei Infanterie-Fahrzeugen wie einem BMD-4, der ebenfalls drei Besatzungsmitglieder und weitere fünf Soldaten transportiert. Auch der BMD-4 ist nach Aussagen des Spezialisten aufgrund der Lagerung seiner Munition im Innenraum ein "fahrender Sarg".

Für Moskau ist das Problem besonders ärgerlich, denn westliche Militärs hatten den Schwachpunkt bereits während der Golfkriege gegen den Irak im Jahr 1991 und 2003 erkannt. Eine große Zahl der von der irakischen Armee benutzten T-72-Kampfpanzer ereilte nämlich das gleiche Schicksal. Laut Drummond hat es Russland versäumt, entsprechende Veränderungen an den Panzern vorzunehmen, um sie vor der Selbstzerstörung zu schützen. Zwar wurde mit dem T-90, dem Nachfolger des T-72 und T-80, erneut die Panzerung des Fahrzeuges verbessert, aber die Munitionslagerung im Inneren nicht verändert, was auch die moderneren Systeme anfällig macht.

Westen hat aus den Fehlern gelernt
Natürlich gibt es auch Gründe, warum die Munitionslagerung in den russischen Kampffahrzeugen so und nicht anders erfolgt. Die Idee und der Vorteil besteht nämlich darin, dass Platz gespart wird. Das wiederum ermöglicht es, den Panzer sehr flach zu bauen, damit er im Kampfeinsatz schwerer zu treffen ist.


Bis zu 40 Granaten können im Inneren eines T-72 explodieren.
(Foto: dpa)

Das Wissen um diesen Schwachpunkt hat übrigens dazu geführt, dass westliche Panzer nach einem anderen Prinzip gebaut werden, das es ermöglicht, die Munition so zu lagern, dass die Besatzung bei einem "Jack in the box" unbeschadet bleibt. Drummond verweist hier auf den Stryker-Schützenpanzer der US-Armee, der nach dem ersten Irak-Krieg entwickelt wurde. "Hier ragt der Turm, in dem sich die gesamte Munition befindet, nicht in den Mannschaftsraum", erklärt Drummond. "Sollte also der Turm getroffen und abgesprengt werden, bleibt die Mannschaft unbeschadet", so der Experte auf CNN.

Andere westliche Panzer wie der M1 Abrams schützen sich, indem ein Besatzungsmitglied die einzelnen Granaten aus einem versiegelten Fach holt und sie von dort zum Abschuss in die Kanone bringt. Zwischen jedem Schuss wird das Munitionsfach geschlossen, was beim Beschuss des Panzers garantiert, dass sich immer nur eine Granate im Turm befindet.

Für Russland gibt es zwei Probleme

Bei der Detonation der Munition im Panzer wird unter Umständen auch die Besatzung getötet.
(Foto: dpa)

Doch wie dem auch sei, es ist im Laufe des Kriegsgeschehens ausgesprochen schwierig, festzustellen, wie viele russische Panzer bis dato tatsächlich zerstört wurden. Legt man aber die oben erwähnten Berechnungen des britischen Verteidigungsministeriums zugrunde, würde das bedeuten, dass auch ein erheblicher Teil der Besatzungen getötet wurde. Und die sind nicht leicht zu ersetzen. Gegenüber CNN erklärt der ehemalige Panzersoldat bei den finnischen Streitkräften, Aleski Roinila, dass die Ausbildung einer funktionierenden Panzerbesatzung bis zu einem Jahr dauern kann.
Russland hätte also das Problem, nicht nur die Panzer, sondern auch deren Besatzungsmitglieder ersetzen zu müssen. Kaum vorstellbar, dass das in den Turbulenzen des Krieges ohne Weiteres möglich ist.
Quelle: ntv.de
Von Holger Preiss
Die tödliche Schwachstelle der russischen Panzer
 

josef

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#91
Beiträge und Links zum Ukraine-Krieg

Ich möchte zu den von mir hier eingestellten Beiträgen und Verlinkungen zum russischen Einmarsch in die Ukraine nur kurz festhalten, dass es sich dabei nur um reine militärtaktische und technische Hintergrundinformationen im Rahmen der Themensetzung des Forums handelt!

Ich verurteile die Kriegshandlungen mit den katastrophalen Auswirkungen auf Leib und Leben der Bevölkerung und der Soldaten beider Seiten sowie der sinnlosen Zerstörung von Sachwerten auf das schärfste!

Ich hoffe auf die Rückkehr von Vernunft und Einsicht in den Gehirnen der Verantwortlichen und eine baldige Konfliktlösung am Verhandlungstisch an Stelle des Schlachtfeldes...

lg
josef
 
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#92
HIGHTECH-KRIEG
Münchner Start-up liefert 105 Aufklärungsdrohnen an die Ukraine
Die Fluggeräte von Quantum Systems sind rund 20 Millionen Euro wert – dafür bezahlen wird allerdings nicht die Ukraine

Ursprünglich waren die Drohnen nicht für den Kriegseinsatz konzipiert – das Start-up rüstete über die Jahre aber nach.
Foto: Quantum Systems

Leise surrend schweben sie über dem Schlachtfeld – rund 40 Aufklärungsdrohnen des Münchner Start-ups Quantum Systems sind bereits in der Ukraine im Einsatz. Ihre Aufgabe ist klar: die feindlichen Linien ausspionieren sowie Truppenbewegungen des Feindes beobachten und dokumentieren.

Demnächst sollen über 100 weitere Drohnen die ukrainischen Streitkräfte verstärken, gab der Chef des Start-ups, Florian Seibel, am Mittwoch auf einer Konferenz bekannt. Rund 20 Millionen Euro kostet diese Bestellung. Bezahlt wird sie aus der Ukraine-Hilfe der Bundesrepublik Deutschland.

Wichtiger Faktor im Krieg
"Der große Vorteil von Drohnen ist, dass sie bei der Aufklärung kein Menschenleben in Gefahr bringen", wird der ehemalige General des Heeres der Bundeswehr, Hans-Lothar Domröse, im "Handelsblatt" zitiert. Rund 30 Kilometer Reichweite haben die Drohnen, also in etwa jene Distanz, die auch Artillerie abdecken kann. Die Unscheinbarkeit der Drohnen und ihre Wendigkeit seien weitere Faktoren, warum dieses neue Kriegsgerät in den letzten Jahren so an Relevanz gewonnen hat.

Initial waren die Drohnen von Quantum Systems nicht für solche Einsätze geplant. Das 2015 gegründete Start-up musste deshalb seine Produkte nachrüsten. So kommen die Drohnen mittlerweile ohne GPS-Signal aus, da dieses von den russischen Streitkräften immer wieder gestört werden kann. Die kommende Generation der fliegenden Beobachter wird laut dem Firmenchef KI-gestützt sein. Diese soll dem Piloten der Drohne vorschlagen können, welche Objekte von Relevanz sein könnten und näher betrachtet werden sollen. Mit aktiven Waffensystemen werden die Drohnen aber auch künftig nicht ausgestattet, verspricht das Unternehmen.

Waffenlieferungen
Die Lieferung von Waffen oder generell Kriegsgerät war in den letzten Tagen großes Streitthema in Europa. Nach langen Diskussionen wurde schließlich der Export von deutschen Kampfpanzern an die Ukraine genehmigt. Auch die US-Regierung tendiert mittlerweile zur Lieferung ihrer Abrams-Kampfpanzer, berichtete vor wenigen Tagen das "Wall Street Journal". Als Teil eines größeren diplomatischen Deals, also in Abstimmung mit Deutschland, könnte noch diese Woche eine Entscheidung fallen, so anonyme US-Offizielle.
(aam, 27.1.2023)

Link
Quantum Systems

Münchner Start-up liefert 105 Aufklärungsdrohnen an die Ukraine
 

josef

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#93
ORF - Liveticker zu den Kämpfen in der Ukraine - Teil 12:
Fortsetzung von Beitrag #84:

2023:

01.02.: Korruptionsrazzien: Auch Ex-Förderer Selenskyjs im Visier

02.02.: Kampfjets für Kiew: Borrell hält Sinneswandel für möglich

05.02.: Panzer für Ukraine: Allianz laut Berlin noch nicht komplett

07.02.: Neue Offensive?: Russisches Militär übt „laufend Druck“ aus

09.02.: Rekrutierung eingestellt: Wagner fand kaum noch Häftlinge für Front

10.02.: Ukraine sieht „neue Offensive“: Angriffe auf Energieinfrastruktur in Ukraine

12.02.: Mariupol: Besatzer wollen aus Ruinen Straßen bauen

14.02.: Treffen der Kontaktgruppe: Neue Zusagen für Ukraine

15.02.: Über Kiew gesichtet: Ukraine meldet Abschuss mehrerer Ballons

16.02.: Front in Ukraine: Zweifel an russischer Schlagkraft

17.02.: Angriffe auf Ostukraine: Kiew ruft zu Flucht aus Bachmut auf

18.02.: Legion „Freiheit Russlands“: Russen im Kampf für die Ukraine

19.02.: Ukraine-Krieg: G-7-Warnung an Russlands Unterstützer

20.02.: „Welt steht an Ihrer Seite“: Biden überraschend zu Besuch in Kiew

21.02.: Atomwaffen: Putin setzt letzten Abrüstungsvertrag aus

22.02.: Aus der Ukraine geflüchtet: Hoffnung auf Rückkehr, Ankunft im Alltag

23.02.: UNO-Chef warnt vor Ausweitung des Krieges

24.02.: Selenskyj: „2023 wird Jahr des Sieges“

25.02.: UNHCR in der Ukraine: „Es ist nicht die Zeit, mit Hilfe aufzuhören“

28.02.: Bachmut: Kiew befürchtet „völlige Zerstörung“

Fortsetzung siehe Teil 13 -
Beitrag # 101
 
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josef

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#94
T-14 Armata: Russlands angeblicher Wunderpanzer ist eine gefährdete Spezies
Handelt es sich bei dem T-14 um eine technologische Sensation, oder ist er bloß Putins Propagandapanzer?
Hintergrund

Der T-14 Armata drehte bislang nur Runden für die Fernsehkameras – und selbst das verlief nicht ohne Ausfälle.
Foto: IMAGO/Alexey Maishev

Beinahe unzerstörbar, technologisch revolutionär und schwerbewaffnet, das alles kombiniert mit der Beweglichkeit einer russischen Ballerina – so stellte die Moskauer Führung im Jahr 2015 erstmals den neuen T-14 Armata vor. Doch der vermeintliche russische Superpanzer blieb gleich bei der ersten offiziellen Ausfahrt auf dem roten Platz liegen und musste während der pompösen Siegesparade abgeschleppt werden – während Weltkriegspanzer des Typs T-34 am Stolz der russischen Armee vorbeizogen. Mit den westlichen Panzerlieferungen zur Verteidigung der Ukraine hat nun Russland angekündigt, den T-14 Armata ebenfalls auf das Schlachtfeld zu führen. Doch handelt es sich beim Armata um eine Wunderwaffe oder eine Luftnummer?

Vielversprechende Technik – in der Theorie
Die Technik verspricht auf dem Papier einiges. Der größte Unterschied zu westlichen Panzern ist zweifelsohne der unbemannte und von der Wanne aus ferngesteuerte Turm. Der Turm ist bei Kampfpanzern üblicherweise besonders exponiert. Im Westen sind Kommandant, Richt- und Ladeschützen im Turm positioniert, während der Fahrer als Einziger in der Wanne sitzt. Im Armata sind alle drei Crewmitglieder in der Wanne untergebracht. Die Mannschaft sitzt also in einem besonders stark gepanzerten Teil des Panzers, was deren Überlebensfähigkeit deutlich erhöhen soll.

Doch dieses Konzept führt neben den unbestrittenen Vorteilen auch zu handfesten Problemen. Zum einen wäre da die Fähigkeit zur Gefechtsfeldbeobachtung: Von einem klassischen Turm aus hat die Mannschaft eben einen deutlich besseren Überblick – und im Notfall kann man einfach den Kopf durch die Luke stecken. Gleichzeitig erfordert der unbemannte Turm ein hohes Maß an Automatisierung und wirft Fragen der Zuverlässigkeit und Reparaturfähigkeit auf. Das gesamte Fahrzeug wird mit volldigitalen Systemen von der Wanne aus gesteuert. So ist etwa im Westen unklar, ob die Crew bei einer Fehlfunktion in das Innere des Turms gelangen und diese selbst beheben kann, oder ob im Fall einer Störung der Einsatz abgebrochen werden muss.

Aber zu behaupten, unbemannte Türme wären im Westen unbekannt, wäre falsch. Bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren experimentierten Nato-Mitgliedsstaaten mit derartigen Entwürfen – sie wurden jedoch alle aufgrund der oben genannten Probleme und des unzureichenden Stands der damaligen Technik verworfen.

Vollständige digitale Kontrolle
Damit die Besatzung dennoch einen Überblick über das Geschehen behält, verfügt der Armata über sechs Kameras, die für die Beobachtung der Umgebung sorgen sollen. Der Kommandant verfügt dazu noch über ein ferngesteuertes Periskop. Dessen Bilder werden auf Bildschirme im Inneren des T-14 übertragen. Außerdem steht der Besatzung eine digitale Lagekarte zur Verfügung, in der Feindpositionen aber laut ersten Berichten manuell eingetragen werden müssen.

Mit nur 55 Tonnen Gewicht und einer angeblichen Spitzengeschwindigkeit von 90 Stundenkilometern wäre der Armata den westlichen Panzermodellen deutlich überlegen – er wäre nicht nur leichter, sondern auch um bis zu 20 Stundenkilometer schneller als etwa der Leopard 2. Doch auch hier gibt es erhebliche Zweifel, ob die Leistungsdaten nicht doch nur auf dem Papier stimmen. Laut einem Bericht aus der Europaniederlassung der unabhängigen russischen "Novaya Gazeta" hat Russland aktuell massive Probleme, den 1.500 PS starken Dieselmotor zu produzieren, da die dafür nötigen westlichen Präzisionswerkzeuge fehlen.

Auf dem Papier gewaltige Feuerkraft
Die 125-Millimeter-Kanone des T-14 wurde für das Panzerprogramm neu entwickelt. Es handelt sich dabei um eine Glattrohrkanone aus der Waffenfabrik No. 9 in Jekaterinburg. Laut dem deutschen Panzerexperten Rolf Hilmes soll diese ein neues Wuchtgeschoss namens BPS-1 Vakuum abfeuern können. Dieses soll in der Lage sein, 950 Millimeter von gewalzter homogener Panzerung zu durchschlagen. Sollten diese Daten stimmen, sei die Durchschlagsleistung tatsächlich größer als die der aus der 120-Millimeter-Kanone des Leopard-2A6 abgefeuerten Wuchtgeschosse.


Foto: YURI KOCHETKOV, EPA

Erkauft wird das allerdings mit einer deutlich geringeren Rohrlebensdauer. Nach 200 bis 280 Schuss muss dieses ausgetauscht werden. Außerdem kann aus der Kanone eine Rakete vom Typ Sprinter verschossen werden, die angeblich gepanzerte Ziele in einer Entfernung von bis zu acht Kilometern bekämpfen kann. Laut russischen Angaben sollen KI-Systeme der Crew beim Zielen der Hauptwaffe helfen, laut Angaben des staatlichen russischen Technologieunternehmens Rostec reiche es schon aus, wenn der Schütze ein Ziel nur ungefähr anvisiert, den Rest würde das System selbst kalkulieren.

Im Gegensatz zu anderen russisch/sowjetischen Kampfpanzern wie dem T-72 und T-90 ist der Armata deutlich größer. So ist die Wannenlänge um 178 Zentimeter gewachsen, während das Turmdach um 32 Zentimeter höher liegt. Zum Schutz vor anfliegenden Geschossen soll der T-14 über ein sogenanntes Hardkill-System vom Typ "Afganit" verfügen. Dabei werden aus außen angebrachten Werfern Granaten abgefeuert, die feindliche Geschosse bekämpfen.

Nur eine Handvoll sind einsatzbereit, wenn überhaupt
All diese auf dem Papier fortschrittliche Technik kostet auch: So dürfte der Stückpreis eines Armata bei rund 5,7 Millionen Euro liegen. Um diesen Preis bekommt die russische Armee drei Kampfpanzer vom Typ T-90. Hergestellt wird der T-14 von Uralwagonsawod, dem größten Panzerhersteller der Welt. Hier werden auch gleichzeitig die älteren Modelle T-72 und T-90 produziert.

Die erheblichen Kosten, die bereits erwähnten Schwierigkeiten in der Produktion und die westlichen Sanktionen dürften die Pläne der russischen Streitkräfte, den Armata ins Feld zu führen, durchkreuzt haben. Bis 2020 sollten 80 Prozent der russischen Panzertruppen mit T-14 Armata ausgestattet sein, was etwa 2.800 Panzern entspricht.

Westliche Nachrichtendienste gehen aber davon aus, dass nur eine Handvoll T-14 Armata überhaupt existieren. Auf einem Propagandavideo der russischen Streitkräfte sind acht Stück gleichzeitig zu sehen – ob es sich dabei um echte einsatztaugliche Panzer oder Versuchsmodelle handelt, ist aber unklar.

Experten zweifeln
Auch das britische Verteidigungsministerium geht davon aus, dass der T-14 nur in vernachlässigbaren Mengen zur Verfügung steht. Seit Dezember wurden die angeblichen Superpanzer in einer Ausbildungsstätte im Süden Russlands gesichtet.

"Der Einsatz des T-14 ist für Russland wahrscheinlich eine Entscheidung mit hohem Risiko. Die elfjährige Entwicklungszeit des Programms wurde durch Verzögerungen, die Reduzierung der geplanten Flottengröße und Berichte über Herstellungsprobleme beeinträchtigt. Eine zusätzliche Herausforderung für Russland ist die Anpassung seiner Logistikkette an den T-14, da er größer und schwerer ist als andere russische Panzer", heißt es in dem Bericht. "Sollte der T-14 tatsächlich in der Ukraine eingesetzt werden, dann nur aus Zwecken der Propaganda", so das Verteidigungsministerium abschließend.

Ähnlich skeptisch fällt auch die Einschätzung von Ralf Raths, dem Direktor des Deutschen Panzermuseums Munster, in einem Interview mit T-Online aus: "Der Armata ist bislang nur vor den Fernsehkameras hin und her gerollt. Deswegen kann auch niemand im Westen etwas Genaueres über ihn sagen. Wenn wir nun aber den Umstand betrachten, wie sich alle Welt über den wahren Zustand der russischen Armee getäuscht hat, ist so gut wie nichts unmöglich. Wladimir Putins 'Superpanzer' könnte eine Luftnummer sein."
(Peter Zellinger, 2.2.2023)
T-14 Armata: Russlands angeblicher Wunderpanzer ist eine gefährdete Spezies
 

josef

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#95
Panzer sind Herausforderung für Ukraine
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Bei einem Lokalaugenschein beim Welser Panzerbataillon 14 zeigte sich, dass die Ukraine selbst nach dem Erhalt von westlichen Kampfpanzern noch einige Herausforderungen zu meistern haben wird. Die Ausbildung dauert Monate, aufwendig ist auch die Logistik.
Online seit heute, 15.24 Uhr
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48 Kampfpanzer Leopard 2A4 zählen zum Panzerbataillon 14, erklärte dessen Kommandant Oberst Jörg Loidolt. Rechne man die Fahrschulgeräte und eine strategische Reserve dazu, komme man auf bis zu 58 Stück Kampfpanzer je Bataillon. Eine Panzerkompanie besteht aus drei Zügen mit jeweils vier Panzern, dazu kommt noch ein Kommandofahrzeug. Rund 160 Berufssoldaten sind derzeit an dem schweren Gerät tätig, zudem sind noch etliche Milizsoldaten am Panzer ausgebildet.

APA/HELMUT FOHRINGER

Die Ausbildung in Österreich dauere etwa dreieinhalb Monate, erklärt Loidolt. Das Team eines Panzers, das aus drei Personen und einem Kommandanten besteht, muss bestens auf das Gerät und aufeinander eingespielt sein. Die Abläufe müssen sitzen, weshalb sie möglichst oft – meist am Simulator – trainiert werden. Der „Drill“, wie man es im Militärjargon nennt, hilft, sich auch in brenzligen Situationen zu konzentrieren und die Beengtheit des Kampfgeräts zu ignorieren.

APA/HELMUT FOHRINGER

Zum Umgang mit dem „eigenen“ Panzer kommt dann noch die Zugs- und Kompanieausbildung, also das strategische Zusammenwirken im Verbund. Das benötigt wieder wochenlanges Training, sodass unterm Strich mindestens ein halbes Jahr an Ausbildungszeit einzuplanen ist. Zeit, die die Ukraine wohl nicht hat. „Es ist davon auszugehen, dass die Ukraine einsatzerfahrene Panzersoldaten zur Ausbildung an westlichen Kampfpanzern schickt. Daher kann man dort gewisse Zeiten einsparen. Aber ein neues Modell zu erlernen ist trotzdem zeitintensiv. Und wenn ich zu viel einspare, kann ich am Gefechtsfeld vielleicht nicht so reüssieren, wie ich mir das vorgestellt habe“, so Loidolt.

Drei Liter Diesel pro Kilometer
Eine große Herausforderung in der Praxis ist die Logistik: Ein Leopard-Panzer braucht etwa drei Liter Diesel pro Kilometer. Mit einem Tankinhalt von 1.200 Litern kommt man somit auf eine Reichweite von maximal 400 Kilometern. Im Einsatz benötigt man also auch Tankwagen, zudem einen Sanitäts- und einen Bergepanzer sowie natürlich Techniker – wobei diese mittlerweile weniger in die Kategorie Mechaniker denn Mechatroniker fallen.

APA/HELMUT FOHRINGER

Mit welcher Stärke eine Panzertruppe am Feld auftreten muss, hängt u.a. davon ab, ob man in der Offensive oder in der Defensive ist. Zur Verteidigung rechnet man mit einem Schlüssel von eins zu zwei – also ein eigener Panzer auf zwei gegnerische – , führt man selbst den Angriff, ist drei zu eins angezeigt. Eine Kompanie kann in etwa eine Breite von rund 800 Metern verteidigen. Die verwendete Pfeilmunition trifft – die entsprechende Ausbildung der handelnden Personen vorausgesetzt – über eine Entfernung von bis zu 2.500 Metern aus der Fahrt heraus punktgenau.
06.02.2023, red, ooe.ORF.at/Agenturen

Panzer sind Herausforderung für Ukraine
 

josef

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#96
MILITÄRTECHNIK
BMPT Terminator: Der angebliche russische Wunderpanzer geht in Rauch auf
Russlands Propaganda kündigte einmal mehr eine Superwaffe an. Die entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als Recyclingprojekt aus alten Sowjetbeständen

Ein BMPT Terminator, links und rechts an der äußeren Wannenfront sind die beiden automatischen Granatwerfer zu erkennen. Diese fehlen beim Terminator 2.
Foto: SHAMIL ZHUMATOV, Reuters

Der Terminator sollte Russland den Sieg über die Ukraine bringen. Bewaffnet wie eine ganze Armeeeinheit, sollte er mehrere Ziele zu Land und in der Luft gleichzeitig bekämpfen und die Kriegsführung für immer zugunsten Russlands revolutionieren. Jetzt wurde das erste derartige Fahrzeug terminiert, und der vermeintliche Wunderpanzer wirkt wie das Resultat eines Bastelprojekts mit Zutaten aus der Sowjetunion.

Der BMPT Terminator war von Anfang an ein Experiment und ist weder in der Kategorie Kampfpanzer zu Hause, noch lässt er sich als Schützenpanzer deklarieren, weshalb er im Westen gerne als Unterstützungsfahrzeug für Kampfpanzer umschrieben wird. Wörtlich steht BMPT für "Boyevaya Mashina Podderzhki Tankov" oder zu Deutsch etwas unhandlich: Panzerunterstützungs-Kampffahrzeug.

Wozu das alles?
Doch warum braucht ein Kampfpanzer überhaupt Unterstützung? Gerade in unübersichtlichem Gelände, wie im bergigen Terrain oder in dicht bebauten Städten, sind Kampfpanzer extrem verwundbar, weil sie von allen Richtungen angegriffen werden können. Gleichzeitig können die Waffensysteme von Kampfpanzern oft nicht hoch genug zielen, um etwa feindliche Infanterie im sechsten Stockwerk eines Hochhauses anzugreifen.

Dazu kommt, dass die Crew meist nur über sehr eingeschränkte Sicht verfügt. Das ist der Grund, warum Panzerbesatzungen außerhalb aktiver Kampfhandlungen und vor Fernsehkameras die Köpfe aus den offenen Luken stecken: Das ist oft die einzige Möglichkeit, einen umfassenden Überblick über die Umgebung zu haben. Diese Erfahrung machte die Sowjetunion in Afghanistan und Russland in Tschetschenien, als ganze Panzereinheiten durch Angriffe von erhöhten Positionen oder im dicht bebauten Gebiet vernichtet wurden.

Deshalb wurde der Terminator entwickelt. Er soll die russischen Kampfpanzer unterstützen und Bedrohungen ausschalten, bevor sie den T-72, T-80 oder T-90 gefährlich werden können, während sich die Kampfpanzer um die harten Ziele kümmern. Die russische Armee erfand also eine eigene Waffengattung.

Der Terminator sollte den Soldaten am Boden ersetzen
In manchen Propagandakanälen sah man sogar das Ende des Soldaten am Boden gekommen, der BMPT würde all dessen Aufgaben übernehmen können. In der Theorie soll ein BMPT Terminator mit einer Vielzahl an Waffen bis zu fünf Ziele, egal ob Flugzeug, Infanterie oder Kampfpanzer, gleichzeitig ausschalten. Mit Stolz verkündete die russische staatliche Nachrichtenagentur RIA im Mai 2022 den Einsatz des Terminators in der Ukraine. Jetzt ist der Nimbus der Superwaffe dahin: Am Donnerstag gingen Bilder um die Welt, wie ein einsamer Terminator von ukrainischer Artillerie nahe Kreminna im Gebiet Luhansk zerstört wurde.

Dabei hat die russische Propaganda den BMPT einmal mehr als "unzerstörbar" vermarktet. Der Name "Terminator" wurde für den internationalen Markt gewählt, um diesen Anspruch der unzerstörbaren Maschine noch zu untermauern. Die Anlehnung an die US-Kultfilme dürfte demnach nicht zufällig passiert sein. Richtig erfolgreich waren diese Marketingbemühungen nicht: Russland konnte bislang nur zehn Stück des BMPT verkaufen – an Kasachstan.

Alte Sowjetteile, neu zusammengesetzt
"Einzigartig" mag das Kampffahrzeug also sein, "neu" ist dagegen ein Begriff, der in der Realität nur eine teilweise Berechtigung hat. Tatsächlich wurde der BMPT zum Großteil aus altem Sowjetmaterial zusammengebaut.

Als Basis diente einmal mehr das "Arbeitstier" der russischen Armee, das Chassis des Kampfpanzers T-72 aus den 1970er-Jahren. Für den in der Ukraine eingesetzten und verwirrenderweise BMPT-72 genannten Terminator 2 wurden alte eingemottete T-72 umgebaut, Neubauten gibt es, anders als beim Terminator 1, nicht. Für den Umbau wird der Turm des T-72 entfernt und durch die Terminator-Variante ausgetauscht, ebenso wird ein neuer Dieselmotor eingebaut, was das gesamte Gefährt um sieben Tonnen schwerer macht. Wie beim Armata ist der Turm unbemannt und wird von der fünfköpfigen (Terminator 1) oder dreiköpfigen (Terminator 2) Crew von der Wanne aus ferngesteuert.

Auf dem Papier beeindruckend
Laut dem Hersteller Uralvagonzavod soll ein BMPT zwei Schützenpanzer vom Typ BMP und einen kompletten Infanteriezug ersetzen können. Das Waffenarsenal hat es jedenfalls in sich: Als Primärwaffe dienen zwei Maschinenkanonen 2A42 im Kaliber 30 mm, die noch aus der Sowjetära stammen. Diese sind stabilisiert, das heißt, sie können auch aus der Fahrt abgefeuert werden. Die Waffen verfügen über 850 Schuss und können so insgesamt 85 Sekunden lang feuern, bevor die Munition ausgeht.

Diese Kanonen lassen sich deutlich höher richten als etwa beim T-72. Der russische Kampfpanzer kann seine Kanone nur um -6 bis +14 Grad nach oben und unten schwenken, während der Terminator einen Bereich von -5 bis +45 Grad abdeckt. Komplettiert werden die Doppelgeschütze durch ein koaxiales 12,7 mm Maschinengewehr.

Ebenfalls aus der späten Sowjet-Ära stammen die vier Lenkwaffen vom Typ 9M120 Ataka, zwei davon sind auf jeder Turmseite montiert. Diese lasergesteuerten Raketen sollen je nach Variante Panzer, Flugzeuge und Infanterie bekämpfen können.

Die ungewöhnlichste Ausstattung des BMPT sind die doppelten Granatwerfer vom sowjetischen Typ AGS-17D, einem vollautomatischen Werfer für 30 mm-Munition, gespeist aus einem Gurt mit jeweils 600 Schuss. Dieser dient hauptsächlich zur Abwehr von Infanterie. Je ein Werfer befindet sich an der Seite des Fahrzeugs und wird von einem eigenen Crewmitglied bedient.

Das macht den BMPT doppelt ungewöhnlich, wird er doch von einer fünfköpfigen Crew, bestehend aus Kommandant, Richtschütze, Fahrer und zwei Granatenschützen bedient. Üblicherweise besteht eine sowjetisch/russische Panzerbesatzung aus drei Personen. Beim BMPT-72, wie er in der Ukraine eingesetzt wird, fehlen die beiden Granatwerfer.

Der Turm ist weniger gut geschützt
Gesteuert wird die Bewaffnung mithilfe eines modernen computergestützten Feuerkontrollsystems. Das Visier des Schützen verfügt neben dem optischen Kanal auch über eine Wärmebildfunktion sowie einen Kanal für den Abschuss der Lenkwaffen. Der Kommandant verfügt über ein eigenes Periskop für die Rundumsicht.

Da es sich eigentlich um einen umgebauten T-72 handelt, ist das 48 Tonnen-Fahrzeug schwer gepanzert, wobei der unbemannte Turm deutlich schwächer geschützt sein dürfte als die Wanne. So sind Teile der Waffensysteme wie die Raketenwerfer nur vor kleinkalibrigem Feuer und Splittern einigermaßen sicher. Angetrieben wird das Fahrzeug von einem 1000 PS-Dieselmotor.

Ein seltener Anblick mit fragwürdiger Performance
Der Verlust eines Terminator 2 auf dem Schlachtfeld wiegt für Russland besonders schwer. Nicht nur wurde einmal mehr eine vermeintlich unzerstörbare russische Superwaffe außer Gefecht gesetzt, der Verlust eines einzelnen Exemplars ist bereits ein grober Rückschlag. Wie beim T-14 Armata dürfte Russland nur über eine geringe zweistellige Zahl dieser Fahrzeuge verfügen. Westliche Sanktionen führten dazu, dass das Kampffahrzeug nie in die Massenproduktion gehen konnte.

Bislang wurde der Terminator 2 auch nur sehr vorsichtig und eher für die Fernsehkameras eingesetzt. Belegt ist ein Kampfeinsatz nahe Luhansk, Ende Mai 2022, als Teile der russischen 90. Panzerdivision versuchten, die Straße zwischen Lysychansk und Bachmut zu beschießen. Einige russische Kampfpanzer wurden von einem Terminator begleitet, die russischen Kräfte zogen sich aber bald zurück, weil die ukrainische Artillerie das Feuer eröffnet hatte. Die russische Propaganda behauptet zwar, einzelne Terminator hätten ganze Verteidigungsstellungen der ukrainischen Streitkräfte zerstört, nennt aber weder Ort noch Zeitpunkt der angeblichen Siege.

Da der Terminator 2 eigentlich nur ein Umbau eines T-72 ist, wirbt der Hersteller mit geringen Anschaffungskosten. Laut Schätzungen des US-Magazins "Task & Purpose" belaufen sich diese aber immer noch auf drei Millionen US-Dollar pro Stück. Ein herkömmlicher T-72 kostet knapp die Hälfte davon.

Russland arbeitet schon am Terminator 3
Trotz der geringen Stückzahl und der bislang nicht vorhandenen Leistung auf dem Gefechtsfeld ist bereits ein Nachfolgefahrzeug in Entwicklung: Der Terminator 3 soll auf dem russischen "Superpanzer" T-14 Armata basieren, zwei mit 57 mm Kaliber beinahe doppelt so große Maschinenkanonen erhalten und mit modernen Lenkwaffen ausgestattet sein. Auch der Doppel-Granatwerfer soll in einer neuesten Variante zurückkehren.

Aber nicht nur das: Der Terminator 3 soll vollständig fernsteuerbar sein und über autonome Fähigkeiten auf dem Schlachtfeld verfügen. Dass Russland in der Lage ist, so ein Fahrzeug in relevanten Stückzahlen herzustellen, gilt aber als nahezu ausgeschlossen. Schon die Produktion des T-14 ist nie richtig angelaufen – so wie jene der Vorgänger des Terminator 3.
(Peter Zellinger, 11.2.2023)
BMPT Terminator: Der angebliche russische Wunderpanzer geht in Rauch auf
 

josef

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#97
Mehr Details zum "Terminator1 und 2" aus einem "Truppendienst-Artikel":

Panzerunterstützungsfahrzeug „Terminator“
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RUSSISCHER BMPT „TERMINATOR 2“.
(FOTO: VITALY V. KUZMIN/CC BY-NC-ND)

Panzerunterstützungsfahrzeuge, wie der russische „Terminator“, haben eine eigene Rolle in der modernen mobilen Kriegsführung. Das Panzerunterstützungsfahrzeug ist aufgrund seines äußerst hohen Selbstschutzes, seiner Feuerkraft und Mobilität einzigartig.

Link zum Artikel:
https://www.truppendienst.com/themen/beitraege/artikel/panzerunterstuetzungsfahrzeug-terminator
 

josef

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#98
MILITÄRTECHNIK
Panzerkiller statt Drohnenabwehr: Wie Russland Marker-Roboter einsetzen will
Unbemannte Bodenfahrzeuge sollen umgerüstet und gegen die neuen Panzer der Ukraine eingesetzt werden. Experten bezweifeln die Einsatztauglichkeit

Marker-Roboter sollen nach Angaben Russlands mit entsprechenden Waffenmodulen so umgerüstet werden, dass sie gegen Panzer eingesetzt werden können.
Foto: Androidnaya Technika

Die Zusage für mehr als 100 westliche Kampfpanzer sorgte Ende Jänner für Erleichterung in der Ukraine. In Russland hat man die Nachricht über die Panzerlieferungen erwartungsgemäß marginalisiert – im Hintergrund wird der Einsatz möglicher Gegenmaßnahmen dennoch geplant. Eine Ankündigung mutet auf den ersten Blick futuristisch an: Ein modularer Kampfroboter unter der Bezeichnung Marker soll so umgebaut werden, dass er zur Gefahr für Panzer wie den Leopard 2 oder den M1 Abrams wird.

Schlüsselfigur hinter dieser Initiative ist Dmitri Rogosin. Der ehemalige Leiter der russischen Weltraumagentur Roskosmos leitet eine Gruppe von Militärberatern, die sich "Wölfe des Zaren" nennt. Dort sei man sich einig, dass die "Marker in der verbleibenden Zeit, bevor die Abrams und Leopards in der Ukraine eintreffen, vorbereitet werden sollten, um sie zusammen mit ihren Besatzungen zu zerstören", sagte Rogosin bereits am 26. Jänner auf seinem Telegram-Kanal.

Gegenüber der Staatsagentur RIA Novosti hat Rogosin erklärt, dass bereits im Februar vier dieser Marker-Roboter in Aufklärungs- und Angriffsversionen zum Einsatz kommen. Dank eines elektronischen Katalogs im optischen Erkennungssystem sollen Marker – mit entsprechenden Bildern feindlicher Fahrzeuge trainiert – nun auch in der Lage sein, andere Panzer erkennen und bekämpfen zu können. Diese Charakteristik war für die Drohne bislang noch unbekannt.

Prestige-Projekt seit 2019
Die Entwicklung der Marker ist an sich keine Neuheit und gilt schon seit 2019 als ein Prestige-Projekt von Androidnaya Technika und der Advanced Research Foundation, die als russisches Gegenstück zur US-amerikanischen DARPA verstanden werden kann. Im Oktober 2021 etwa vermeldete der Hersteller, dass die Roboterplattform Marker auf dem russischen Weltraumbahnhof Wostotschny erfolgreich getestet wurde, um Arbeiten im Sinne der "autonomen Patrouille der zugewiesenen Schutzrouten von Objekten der Weltrauminfrastruktur am Boden durchzuführen, Eindringlinge zu entdecken, sie zu identifizieren und abzufangen."


Foto: Androidnaya Technika

Die größte Besonderheit ist wohl die Vielseitigkeit der Drohne, mit der sie eingesetzt werden kann. Wahlweise auf Rädern oder über Kettenantrieb kann das rund drei Tonnen schwere Fahrzeug von einem menschlichen Piloten ferngesteuert werden, über ein integriertes System aber auch vollkommen autonom agieren.

Laut Angaben von Androidnaya Technika verfügt der Unterbau des Marker über sechs unabhängige Drehachsen und eine optoelektronische Einheit. Darunter ist das System zu verstehen, mit dem der Marker seine Umgebung wahrnimmt und sie in elektronische Daten umwandelt. Auf dem Fahrzeug selbst können zwei unterschiedliche Module installiert werden, die unabhängig voneinander eingesetzt werden können. Ein Betrieb des Roboters soll mehr als zwei Tage lang ohne Unterbrechung möglich sein.

Eine Drohne mit und gegen Drohnen
Ursprünglich wurde der Marker für die Aufklärung getestet: Die modulare Bauweise ermöglicht eine Vielzahl von Aufsätzen, darunter auch eine Plattform zum Starten kleiner Flugdrohnen, mit dem Zweck, die Umgebung im Verbund mit dem Marker auszukundschaften. Videos zeigen, dass das Fahrzeug mit entsprechender Modifizierung etwa auch dazu eingesetzt werden könnte, Truppen mit Nachschub zu versorgen.

Vor der Ankündigung, den Marker gegen Panzer einsetzen zu wollen, waren die Hersteller bemüht, seine Vorzüge zudem als kostengünstige Flugabwehr gegen tieffliegende Drohnen hervorzuheben. Mit entsprechendem Modul und Radar ausgestattet, könne das System Luftziele in einem kleinen Bereich erkennen und die Koordinaten weitergeben – entweder an die Waffen am Fahrzeug selbst oder an andere Einheiten.

Technisches Experiment auf dem Schlachtfeld
Mag die Funktionsweise in vorgefertigten Werbevideos noch reibungslos wirken, weil die Drohne Übungen in einer kontrollierten Umgebung ausführt, stellen tatsächliche Kampfsituationen solche Systeme vor ganz andere Herausforderungen. Das russische Militär hat schon 2018 unbemannte Bodenfahrzeuge vom Typ Uran-9 im Syrien-Krieg eingesetzt und sah sich laufend vor erhebliche Probleme gestellt: Neben einer geringen Reichweite wurden auch häufig Systemausfälle und Kontrollverluste beklagt, sodass die den Drohnen zugewiesenen Aufgaben nicht erfüllt werden konnten. Auf eine lange Routine in der Nutzung dieser neuen Technologien dürfte man unter realen Bedingungen jedenfalls noch nicht zurückgreifen können.


Foto: Androidnaya Technika

Für einen experimentellen Charakter der Marker spricht auch der Umstand, dass es insgesamt nur fünf dieser Drohnen geben soll. Davon gleich vier Stück in die Ukraine zu entsenden macht sie zudem nicht besonders verzichtbar. "Interessant ist, dass Marker immer als Proof-of-Concept vorgestellt wurde, als Vorzeigeprojekt für Anwendungen der allgemeinen künstlichen Intelligenz", sagt Samuel Bendett, Mitglied des Russia Studies Program und Adjunct Senior Fellow am Center for New American Security gegenüber der Fach-Seite "Task & Purpose". Seiner Ansicht nach werfe der geplante Einsatz deshalb "mehr Fragen als Antworten" auf.

Keine Wunderwaffe
Auch Frank Umbach, Forschungsleiter am Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies (CASSIS) an der Universität Bonn, glaubt nicht an Panzerkiller oder eine "Wunderwaffe" in Form von UGVs (Englisch für "unmanned ground freeride vehicle") und interpretiert solche Ankündigungen als russische Propaganda. Gegenüber dem STANDARD führt Umbach zudem noch einen weiteren Aspekt an, weshalb der Einsatz dieser Technologie das russische Militär vor Schwierigkeiten stellen dürfte. "UGVs dürfen nicht für sich alleine betrachtet werden, sondern sind immer Teil eines Kampfverbandes mit Schützen-, Spähpanzer und Artillerie. Dieses 'Gefecht der verbundenen Waffen' beherrschen die russischen Streitkräfte aber nicht besonders, sie sind zu stark von tradierten zentralistischen Befehlsstrukturen charakterisiert", sagt der Experte.

Unklar bleibt nicht zuletzt auch die konkrete Bewaffnung, die für den Einsatz des Markers im Ukraine-Krieg vorgesehen ist. Bekannt ist bislang nur eine Kombination aus schwerem Maschinengewehr und einem Block aus zwei Raketenwerfern, wie sie über verfügbares Bildmaterial und Videos zu erkennen ist. Und von wahrscheinlichen Problemen der Navigation und Wartung abgesehen hätte es diese Kombination jedenfalls schwer, Kampfpanzer wie den Leopard 2 oder den M1 Abrams gefährden zu können – und somit der Bezeichnung "Panzerkiller" gerecht zu werden.

(Benjamin Brandtner, 20.02.2023)
Panzerkiller statt Drohnenabwehr: Wie Russland Marker-Roboter einsetzen will
 

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#99
UKRAINE
Ein Jahr im Bann des Krieges
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„Ich habe die Entscheidung für eine Militäroperation getroffen.“ Mit diesen Worten hat der russische Präsident Wladimir Putin in der Nacht auf 24. Februar 2022 den Angriff auf die Ukraine – und damit den größten Krieg in Europa seit 1945 – gestartet. Doch der vom Kreml erhoffte Blitzsieg wurde es nicht: Vom Westen unterstützt, entpuppte sich die Ukraine als zumindest ebenbürtiger Gegner. Nun, ein Jahr voller Wendungen an den Fronten später, sind die Auswirkungen des Krieges weiter omnipräsent – und die Zukunft völlig unklar.
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Krisendiplomatie kurz vor Kriegsbeginn, Warnungen und Appelle, das alles hatte nichts gebracht: Kurz nach Putins Fernsehansprache fielen russische Truppen in der Ukraine ein, der Beschuss von mehreren Städten begann. International wurde der Angriff scharf kritisiert. Der Schock saß dennoch tief: In der westlichen Öffentlichkeit hatten viele einen Krieg im Jahr 2022 nicht für möglich gehalten.

Und noch eine andere weit verbreitete Annahme erwies sich als falsch: Die auch von vielen, wenn auch nicht allen Experten als übermächtig eingeschätzte russische Armee scheiterte mit dem Versuch eines Blitzkrieges. Heute weiß man: Russland versuchte mit Truppen am Flughafen Hostomel zu landen, um von dort aus Fallschirmjäger in die Hauptstadt Kiew zu schicken, um Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gefangen zu nehmen. Doch der Plan schlug fehl: Russische Spezialeinheiten wurden auf und nahe dem Flughafen von ukrainischen Truppen vernichtend geschlagen.

Wehrhafte Ukraine
Präsident Selenskyj tauschte Anzug gegen Militärkleidung, wurde über Nacht zum militärischen Führer und sprach seitdem der ukrainischen Bevölkerung jeden Abend in einer Videobotschaft Mut zu – und forderte gleichzeitig vom Westen Unterstützung. Schon in den ersten Tagen des Krieges entstanden Bilder, die über soziale Netzwerke verteilt vor allem die westliche Wahrnehmung prägten: Menschen, die sich gegen russische Panzer stellten, Zivilbevölkerung, die in den Straßen Molotowcocktails gegen den Aggressor herstellte. Gleichzeitig begann eine beispiellose Fluchtwelle. Millionen Menschen flüchteten aus der Ukraine – vor allem Frauen und Kinder, da wehrfähigen Männern mit wenigen Ausnahmen die Ausreise untersagt wurde.

Konvoi als Symbol der Schwäche
Russland bombardierte Kiew und vor allem die östliche Stadt Charkiw und konnte auch schnell Erfolge verbuchen. Cherson im Süden wurde ebenso eingenommen wie Melitopol. Aber auch erste Zweifel an der russischen Stärke wurden bald laut: Schon am 28. Februar war auf Satellitenbildern ein Dutzende Kilometer langer Militärkonvoi zu sehen, der sich vom Norden aus Richtung Hauptstadt Kiew schlängelte.

Fotostrecke
Reuters/Gleb Garanich
Zerstörtes Wohngebäude nach dem Einschlag einer Rakete in Kiew in den ersten Kriegstagen
Reuters/Ukrainian Presidential Press Service
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Beratern bei einer seiner ersten abendlichen Videobotschaften

AP/Efrem Lukatsky
In den Straßen von Kiew bauten Zivilisten Molotowcocktails

Reuters/Fabrizio Bensch
Zehntausende – vor allem Frauen und Kinder – ergriffen schon in den ersten Kriegstagen die Flucht. Die meisten passierten die Grenze nach Polen.

APA/AFP
In Russland wurden Proteste gegen den Krieg gleich an den ersten Tagen mit harter Hand unterdrückt

EBU/RUC1R
Die russischen Staatsmedien folgen seit Beginn des Krieges der Kreml-Propaganda: Die Moderatorin Marina Owsjannikowa sorgte für einen seltenen Augenblick

Reuters/Maxar Technologies
Satellitenaufnahme des kilometerlangen russischen Militärkonvois in der Ukraine: Über Tage gab es kein Vorankommen – dann löste er sich auf

Doch Tag um Tag verging, ohne dass ein Fortschritt zu sehen war. Zwei Wochen später hatte sich der Konvoi aufgelöst – und eine der Schwachstellen der russischen Armee war offenbar: schwere Probleme bei Kommandostrukturen, Logistik und Nachschubrouten.
In Russland präsentierte Putin seinen Angriffskrieg als „militärische Spezialoperation“, um die Ukrainer zu „entnazifizieren“. Zensurgesetze wurden verschärft, Proteste gegen den Krieg im Keim erstickt. Zehntausende Russinnen und Russen, wie viele genau weiß niemand, verließen aus Angst das Land.

Belastung für die ganze Welt
Hektisches Treiben herrschte auf dem internationalen politischen und diplomatischen Parkett: Binnen weniger Wochen schnürte etwa die EU vier Sanktionspakete gegen Russland. Zahlreiche Firmen schlossen sich dem Boykott an und stellten ihre Geschäfte in Russland ein. Moskau wiederum drohte mit einem Stopp an Gaslieferungen – eine Drohung, die das Land Wochen später auch teilweise umsetzen sollte.

Und schon nach kurzer Zeit hinterließ der Krieg riesige wirtschaftliche Spuren – nicht nur in Russland, sondern auf dem Weltmarkt. Die Preise für Energie stiegen enorm – und auch für Getreide, nachdem der Großexporteur Ukraine seine Ernten nicht mehr verschiffen konnte. Weite Teile der Welt, allen voran Europa, kämpfen nun gegen eine in dieser Höhe schon seit Jahrzehnten nie da gewesene Inflation.

Massaker in Butscha stoppte Verhandlungen
Die schon Ende Februar gestarteten Friedensverhandlungen starteten schleppend, zunächst in Belarus, anschließend in der Türkei konnte keine Annäherung erreicht werden. Die Gespräche endeten Anfang April: Die russischen Truppen hatten den Versuch, Kiew einzukesseln, endgültig abgebrochen – und nach ihrem Abzug aus dem Norden der Hauptstadt bot sich ein schreckliches Bild. In Butscha und anderen Orten wurden Hunderte Leichen von Zivilistinnen und Zivilisten gefunden, teils in Massengräbern verscharrt, teils auf offener Straße liegend.

Mariupol als Symbol der Zerstörung
Auch eine zweite Stadt wurde später zum Symbol für die Gräuel des Kriegs: Die südostukrainische Hafenstadt Mariupol wurde von russischen Truppen von Beginn an beschossen. Ein Theater, in dessen Keller sich wohl Hunderte Menschen versteckten, wurde bombardiert. Mehrere Wochen tobte noch ein Kampf um das Stahlwerk Asow-Stahl, in dem sich ukrainische Kämpfer, darunter hauptsächliche Mitglieder des ultrarechten Regiments Asow, verschanzten, ehe auch sie aufgaben. Zehntausende flüchteten aus der einstigen 400.000-Einwohner-Stadt. Unzählige wurden – mit oder gegen ihren Willen – nach Russland gebracht. Und wie viele Tausende Menschen in der Stadt starben, ist bis heute unklar.

Fotostrecke mit 4 Bildern
Reuters/Alkis Konstantinidis
In Butscha und anderen Orten nördlich von Kiew wurden Anfang April nach Abzug der russischen Truppen Hunderte Leichen gefunden
Reuters/Pavel Klimov
Das zerbombte Theater von Mariupol

Reuters
Wochenlang wurde das riesige Asow-Stahlwerk beschossen

Reuters/Alexander Ermochenko
Die Stadt Mariupol gleicht einer einzigen Ruine – hier ein ehemaliges Wohnhaus

Militärische Rückschläge für Russland
Für Russland war die Einnahme vor allem ein symbolischer Erfolg – denn gleichzeitig gab es herbe Schlappen: Mitte April wurde die „Moskwa“, das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte, durch Raketentreffer versenkt. Mitte Mai endete ein Querungsversuch des Flusses Siwerskyj Donez in einem Desaster. Die Kritik an der Militärführung wurde vor allem seitens der einflussreichen russischen Militärblogger immer lauter. Es dauerte auch Wochen, bis die russische Armee die Zwillingsstädte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk in Luhansk im Juli endlich einnehmen konnte.

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Kriegshandlungen in der Ukraine (und auf der Krim, die 2014 von Russland annektiert wurde) von 24.2.2022 bis 10.2.2023 laut Konfliktbeobachtungsstelle ACLED nach Art der Gefechte

Für internationale Besorgnis sorgten immer wieder die Gefechte rund um das von russischen Truppen eingenommene Atomkraftwerk Saporischschja. Immerhin durfte die Internationale Atomenergieorgansiation (IAEA) das Gelände immer wieder begutachten. Und ein kleiner diplomatischer Erfolg konnte im Sommer erreicht werden. Auf Vermittlung der Türkei wurde unter Schirmherrschaft der UNO ermöglicht, dass Schiffe mit Getreide ukrainische Häfen verlassen dürfen – was zu leichter Entspannung auf dem Weltmarkt führte.

Ukraine in der Gegenoffensive
Auf dem Schlachtfeld begann sich spätestens im August das Blatt zu wenden: Die Ukraine deutete eine Offensive in der südlichen Region Cherson an, woraufhin Russland dort seine Truppen verstärkte. Völlig überraschend startete die Ukraine aber – unterstützt durch westliche Waffen, vor allem aber militärische Aufklärung – dann eine Gegenoffensive im Osten im Raum Charkiw. Die russische Verteidigungslinie brach zusammen, die Ukraine konnte in wenigen Tagen erhebliche Gewinne erzielen.

Fotostrecke
AP/Ukrainian Presidential Press Office
Beim Versuch, den Fluss Siwerskyj Donez zu überqueren, erlitten die russischen Truppen herbe Verluste
APA/AFP/Andrey Borodulin
Rund um das von Russland besetzte AKW Saporischschja tobten immer wieder Kämpfe

APA/AFP/Aris Messinis
Wochenlang wurde die Stadt Sjewjerodonezk beschossen, ehe Russland sie einnehmen konnte

AP/Leo Correa
Mit einer Gegenoffensive im Raum Charkiw eroberte die Ukraine einige Städte zurück. Hier Selenskyj auf Frontbesuch in Isjum.AP/Ukrainian Presidential Press OfficeJubel in Cherson nach der BefreiungIMAGO/TASS/Moya FeodosiyaExplosion an der Krim-Brücke

Cherson zurückerobert
Putin reagierte im Dezember mit der Ausrufung einer Teilmobilmachung, Zehntausende neue Soldaten sollten das Ruder herumreißen. Gleichzeitig stockte auch die Söldnergruppe Wagner von Jewgeni Prigoschin auf: Zu der bestehenden Truppe an Elitesoldaten wurden aus russischen Gefängnissen Häftlinge rekrutiert, die schlecht ausgebildet an die vorderste Front geschickt wurden.

Doch das Heft hatte weiter die Ukraine in der Hand: Am 8. Oktober, einen Tag nach Putins Geburtstag, detonierten Bomben an seinem Prestigeprojekt, der Krim-Brücke. Im November schließlich mussten sich die russischen Truppen nach Vorstößen der Ukraine in der Region Cherson hinter den Fluss Dnipro zurückziehen – auch die gleichnamige Hauptstadt wurde befreit.

Raketen auf Infrastruktur
Schon zuvor hatte Russland mit einer neuen Militärspitze seine Strategie geändert: Mit Raketen und Drohnen wurde die Strominfrastruktur des Landes systematisch beschossen. Zwar konnte die Ukraine im Laufe der Zeit mehr dieser Angriffe abwehren, die Schäden waren dennoch enorm.
Seit mehreren Monaten konzentrieren sich nun die Kämpfe am Boden auf Bachmut in Donezk. Die komplett zerstörte Stadt konnte anders als der auch lang umkämpfte Vorort Soledar noch nicht von den Russen eingenommen werden. Die strategische Bedeutung der Stadt ist vernachlässigbar – doch durch die Dauer der Kämpfe und die vielen Toten dabei ist sie für beide Seiten symbolisch wichtig.

Erwartet wird, dass der seit Monaten geführte Stellungs- und Abnützungskrieg weitergeht, beide Seiten aber im Frühjahr mit neuen Offensiven Landgewinne erzielen wollen. International standen die politischen Debatten vor allem im Zeichen von zusätzlichen Waffenlieferungen an die Ukraine, allen voran Panzerlieferungen wurden diskutiert – die Umsetzung schleppt sich bisher.

Kein Plan für Frieden
Ein Frieden ist nicht in Sicht – vor allem weil praktisch alle bisherigen Friedenspläne vorsahen, dass die Ukraine zumindest ein Stück ihres Territoriums an Russland abtritt. Das ist nicht nur aus ukrainischer Sicht undenkbar: Russland würde für seinen Angriffskrieg auch noch „belohnt“ und könnte – so die Furcht – weitere Länder nach dem Vorbild des Ukraine-Angriffs attackieren. Zehntausende Fälle von Kriegsverbrechen wirft die Ukraine Russland vor, zumindest die schrecklichsten davon werden bereits von internationalen Organisationen untersucht.
Auch wie die internationale Politik wieder gekittet werden kann, ist unklar: Expertinnen und Experten glauben, dass das bestenfalls in einer Zeit nach Putin möglich ist. Und sinnbildlich für die in Brüche gegangene wirtschaftliche Kooperation ist die Pipeline „Nord Stream 1“, die nach ungeklärten Explosionen im September schwer beschädigt wurde. Doch ein Jahr Krieg hinterlässt vor allem Zehntausende Tote, wie viel genau weiß niemand, ein in Schutt und Asche gelegtes Land und unendliches Leid und Traumata.
24.02.2023, Christian Körber, ORF.at/Agenturen

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Ukraine: Ein Jahr im Bann des Krieges
 

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KRIEGSGERÄT
Wer hat der Ukraine welche Waffen geliefert?
Die Ukrainer kämpfen um ihren Staat – und wären ohne westliche Waffenlieferungen wohl besiegt. Die Partner wägen neue Zusage sorgfältig ab, doch Monat für Monat kommt mehr
Infografik

Von Helmen über Flugabwehrkanonenpanzer (abgebildet ein Gepard) bis hin zu Kampfpanzern deutscher Bauart, war es ein langes Jahr für den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz.
Foto: EPA/Morris MacMatzen

Helfen, ohne selbst Kriegspartei zu werden: Die Waffenlieferungen an die Ukraine waren und sind für ihre westlichen Partner eine Gratwanderung. Doch der brutale Angriffskrieg Russlands hat gezeigt, wie sich scheinbar tief verankerte Einstellungen auch ändern, wie sich Debatten verschieben können.

Ende Jänner 2022, knapp ein Monat vor dem Überfall, wurde in Deutschland noch breit diskutiert, ob die Bereitstellung von 5.000 Gefechtshelmen angesichts des drohenden Ausmaßes der Invasion zynisch sei – oder bereits eine Provokation für Moskau darstelle. Das Wort Waffenlieferungen wollte zu diesem Zeitpunkt kaum ein Politiker in den Mund nehmen. In Krisengebiete liefere man nicht, schon gar keine letalen Waffen. Das habe schon seine "Vorgängerin so gehalten, und das war richtig. Und das bleibt auch richtig", sagte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) damals.

Rund ein Jahr später gab Scholz nach langem Hin und Her nicht nur sein Veto gegen die Lieferung polnischer Leopard-2-Panzer deutscher Bauart auf, sondern bot selbst dutzende an. Aktuell werden die Leoparden gewartet, die Logistik ihrer Überstellung ausgearbeitet.

Der deutsche Kanzler wurde für seine zögerliche Art stark kritisiert. Vor allem die osteuropäischen Staaten und ukrainischen Diplomaten forderten mehr Mut. Scholz aber ging es stets um enge Abstimmung mit Frankreich, vor allem aber mit den USA, dem wichtigsten westlichen Partner der Ukraine. Er lasse sich von außen nichts einreden, was die Sicherheit der deutschen Bevölkerung vielleicht gefährde, sagte er – und mahnte, immer auch Putins Reaktion einzuberechnen.

Dennoch änderte sich mit Fortdauer des Krieges die Art der Waffenlieferungen vor allem qualitativ: Zunächst entsandte der Westen, wie es ein hochrangiger Diplomat ausdrückte, "sowjetisches Klumpert" aus Altbeständen in die Ukraine, dann schrittweise besseres, moderneres, westliches Gerät. Gemeinsam mit dem von Russland erbeuteten Gerät entwickelte die Ukraine eine schlagkräftige Armee, die dem russischen Aggressor zumindest die Stirn bietet.

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Wichtige Waffenlieferungen an die Ukraine
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Zunächst gab es im Rahmen des sogenannten Ringtauschs aber viele sowjetische Panzer aus den Altbeständen der Ex-Ostblockstaaten, wofür diese im Gegenzug modernere westliche Panzer erhielten. Ab Jänner 2023 sagten die transatlantischen Partner dann direkt moderne Kampfpanzer zu. Kanzler Scholz forderte auf der Münchner Sicherheitskonferenz die Staaten jedenfalls auf die Versprechungen zu halten. Am 14. Februar begannen ukrainische Soldaten ihr Training an Kampfpanzern des Typs Leopard 2 in Polen.

Gemessen an Zahlen in Relation zum jeweiligen Bruttoinlandsprodukt liegen die baltischen Staaten und osteuropäische Staaten wie Polen und Bulgarien vorne, was die militärische Hilfe für die Ukraine betrifft. In absoluten Zahlen kann dem größten Geldgeber, den USA, aber niemand das Wasser reichen. Und diese Waffen sind es schließlich, die den Unterschied ausmachten, dass die Ukraine heute noch in dieser Form existiert.

Abseits der militärischen Hilfe, die etwa Österreich als militärisch-neutraler Staat nicht zu liefern bereit ist, gibt es noch die humanitäre Hilfe. In den neuesten Zahlen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft liegt Österreich da an erster Stelle, sofern man es pro Kopf rechnet.

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(TEXT: Fabian Sommavilla, GRAFIKEN: Robin Kohrs, Michael Matzenberger, 24.2.2023)
Wer hat der Ukraine welche Waffen geliefert?
 
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