Mauterndorf: Umstrittener Ehrenbürger Göring

josef

Administrator
Mitarbeiter
#1
Umstrittener Ehrenbürger Göring: Neue Expertise
In Mauterndorf wird Freitagabend ein neues Gutachten über die Ehrenbürgerschaft Hermann Görings, des zweiten Mannes im „Dritten Reich“, in der Lungauer Gemeinde präsentiert. Es könnte Konsequenzen haben, sagt der Bürgermeister.


ORF
Die Ehrenbürgerwürde für Hermann Göring in Mauterndorf wurde nie offiziell aberkannt

Die Gemeinde Mauterndorf verlieh Adolf Hitlers Stellvertreter Göring bereits wenige Tage nach dem Anschluss im Jahr 1938 die Ehrenbürgerwürde. Nach dem Zweiten Weltkrieg erkannte der Ort diese Ehrenbürgerschaft nie offiziell ab - mit dem Argument, dass sie ohnehin mit Görings Tod erloschen sei.

Diese Haltung in Mauterndorf sorgte in den letzten Jahren aber immer wieder für Kritik. Denn schließlich wurden woanders - etwa in der Stadt Salzburg - Ehrenbürgerschaften von NS-belasteten Personen sehr wohl aberkannt. Auch das Land Salzburg schuf dazu die rechtliche Möglichkeit - mehr dazu in
Aberkennung von Ehrentiteln rechtlich fixiert (salzburg.ORF.at; 13.1.2016).

Dokumente rund um Verleihung 1938 untersucht
Die neue Gemeindechronik von Mauterndorf, die Freitagabend vorgestellt wird, könnte jedoch zu einem Umdenken führen. Die beiden Historiker Hanno Bayr und Klaus Heitzmann präsentieren die Ergebnisse ihrer Forschungen zur Ehrenbürgerschaft Görings. Dazu sollen sie auch historische Dokumente ausgegraben haben, die die Verleihung 1938 betreffen, sagt der Mauterndorfer Bürgermeister Wolfgang Eder (ÖVP).

Denn aus den Jahren 1938 bis 1945 seien dazu keine Gemeindeprotokolle vorhanden, sagt der Bürgermeister. Damit sei die Rechtmäßigkeit dieser Ehrenbürgerschaft nicht einmal zu hundert Prozent gesichert. Was die beiden Historiker herausfanden, ist noch geheim. Deshalb wird die Präsentation am Abend in der Burg Mauterndorf auch mit Spannung erwartet.


ORF
Hermann Göring hatte die Burg Mauterndorf - das Wahrzeichen des Ortes - geerbt

Bürgermeister will Klarheit schaffen
Das Gutachten kann Konsequenzen haben: Sollte Görings Ehrenbürgerschaft sicher nachzuweisen sein, dann kündigt der Mauterndorfer Bürgermeister eine nachträgliche Aberkennung an. Dazu will er sich rechtlichen Rat beim Land Salzburg holen. Eder hatte die beiden Historiker beauftragt, für die neue Ortschronik zum 800. Geburtstag von Mauterndorf ein für alle Mal die Fragen rund um die Ehrenbürgerschaft Görings zu durchleuchten.

Persönliche Beziehung zu Mauterndorf
Hermann Göring hatte langjährige persönliche Beziehungen zu Mauterndorf: Er erbte die Burg Mauterndorf, das Wahrzeichen der Ortes, von der Witwe seines Patenonkels. In seiner Jugend war er mit seinen Eltern oft auf der Burg. Hermann Görings Bruder Albert wuchs dort praktisch auf - mehr dazu in
Im Lungau aktiv: Görings „guter Bruder“ (salzburg.ORF.at; 15.5.2012).

Publiziert am 17.03.2017
http://salzburg.orf.at/news/stories/2831564/
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#3
Rund 400 Interessierte verfolgten die Präsentation der neuesten Forschungsergebnisse am Freitagabend :
Göring in Mauterndorf: Beweist Dokument die Ehrenbürgerschaft?
Die Gemeinde Mauterndorf (Lungau) will dem NS-Verbrecher Hermann Göring weiter die Ehrenbürgerschaft nicht aberkennen. Neueste Begründung: Hitlers Vize sei nie Ehrenbürger gewesen. Ein neues Dokument wirft Fragen auf.

Für die Jahre zwischen 1938 und 1945 gab es – offiziell - keine Gemeindeprotokolle aus Mauterndorf - bis vor zwei Wochen. Da erhielt der Historiker Hanno Bayr eine anonyme E-Mail mit einem Protokoll zu einer konstituierenden Gemeindevertretungssitzung im Jahr 1938, nachdem Österreich beim „Anschluss“ von den Nazis ausgelöscht worden war.


Salzburger Stadtarchiv / Franz Krieger
Hitlers Stellvertreter und Wahl-Lungauer Göring beim Spatenstich für die Tauernkraftwerke in Kaprun mit vielen seiner Pinzgauer Fans

Dokument von 1938 aufgetaucht
In diesem Protokoll ist von der Ernennung Hermann Görings zum Ehrenbürger von Mauterndorf die Rede, schildert Historiker Hanno Bayr: „Es kann eigentlich nur eine Versammlung der Ortsgruppe der NSDAP sein. Die sind aus der Illegalität gekommen und könnten sich bei einem revolutionären Akt als Gemeindevertretung konstituiert haben. Wie das vor sich gegangen ist, das wissen wir nicht. Und in dieser Sitzung ernennen sie den Göring zum Ehrenbürger von Mauterndorf.“

Appell an die Bevölkerung
Bayr vermutet, dass Privatpersonen noch weitere Gemeindesitzungsprotokolle aus dem „Tausendjährigen“ bzw. „Dritten Reich“ besitzen könnten. Er appelliert an die Bevölkerung, diese herauszugeben.

Bisher hatte sich die Gemeinde immer mit dem Argument gewehrt, die Ehrenbürgerschaft sei mit dem Tod Görings ohnehin erloschen. Der wurde 1946 schuldig gesprochen - wegen verschiedener Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und der Vorbereitung eines Angriffskrieges. Göring kam der Hinrichtung durch Selbstmord zuvor. Es gibt in Mauterndorf auch den Standpunkt, dass laut Kriegsverbrechergesetz bei rechtskräftigen Verurteilungen zu Lebzeiten - wie bei Göring - ohnehin alle Ehrenbürgerschaften erloschen wären.

Immerhin soll nun in der neuen und geplanten Gemeindechronik eine Ehrenbürgerschaft Görings nicht mehr - wie bisher - erwähnt werden. Das hat Bürgermeister Wolfgang Eder (ÖVP) bei einer Veranstaltung am Freitagabend angekündigt. Rund 400 Interessierte verfolgten die Präsentation der neuesten Forschungsergebnisse am Freitagabend.

Spender der Wasserleitung
Hitlers Stellvertreter, Oberbefehlshaber der „Deutschen Luftwaffe“ und „Reichsjägermeister“ Hermann Göring war Schlossherr in Mauterndorf und hatte im Lungau besonders viele Fans. Er soll der Gemeinde auch die Wasserleitung spendiert haben. Die Salzburger Historikerin Susanne Rolinek schrieb dazu ein Kapitel im zeithistorischen Reiseführer
„Im Schatten der Mozartkugel“ - erschienen im Czernin-Verlag.

Laut bisheriger Chronik war er Ehrenbürger
Bürgermeister Eder zeigte sich überrascht von der Entwicklung, dass nun ein neues Dokument der konstituierenden NSDAP-Gemeindevertretungssitzung von 1938 aufgetaucht ist: „Ich glaube, dass wir richtig liegen. In der neuen Ortschronik wird Hermann Göring nicht mehr als Ehrenbürger aufscheinen. Wir sind auch richtig gelegen, dass er nie rechtmäßiger und legitimer Ehrenbürger der Marktgemeinde Mauterndorf war.“

Bleibt für viele Interessierte noch immer die Frage, warum die Ehrenbürgerschaft bisher in der Mauterndorfer Chronik von 1967 überhaupt erwähnt wurde - wenn es diese Ehrung des NS-Verbrechers gar nicht gegeben haben soll.

Forschung noch immer in den Kinderschuhen?
Der Lungauer Regionalhistoriker Klaus Haitzmann sagt, allein schon durch Görings Verurteilung zum Tod als Kriegsverbrecher sei dessen Ehrenbürgerschaft erloschen.

Andere Historiker und Vertreter anderer Wissenschaftsdisziplinen widersprechen solchen Thesen. Und für viele bestätigt sich durch die Debatten in Mauterndorf neuerlich, dass auf den Ebenen vieler Gemeinden, Bezirke und Regionen die Erforschung des Nationalsozialismus noch immer in den Kinderschuhen stecke - nach mehr als 70 Jahren des Verdrängens und Verschweigens.


Links:
Publiziert am 18.03.2017
http://salzburg.orf.at/news/stories/2831826/
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#4
Achtung: Mit dem Link im ORF-Beitrag zum Literaturhinweis "Im Schatten der Mozartkugel" ist nicht nur der dortige Beitrag über die Burg Tamsweg, sondern auch der Gesamtinhalt des Buches abrufbar!

-> Inhaltsverzeichnis öffnen -> gewünschten Artikel anklicken...
 
Zuletzt bearbeitet:
#6
Die Ehrenbuergerschaft erlischt meines Wissens mit dem Tod der Person. Eine Aberkennung dessen ist eigentlich nicht notwendig. Ich denke nicht, dass irgendjemand fuer diese Person so etwas wie Ehre empfindet.
 

Varga

Mann aus den Bergen
Mitarbeiter
#7
Auch wenn die Gemeinde, Göring offiziell die Ehrenbürgerschaft aberkennt, ändert das nichts an der Tatsache, dass sie annodazumal verliehen wurde. Ein Makel wird für immer bleiben. Ruhig bleiben währe besser.

Gruss
Varga
 
Oben