Mellach: Österreichs letztes Kohlekraftwerk schließt mit Ende der heurigen Heizsaison

josef

Administrator
Mitarbeiter
#1
Kraftwerk Mellach: Innovation statt Kohle

1581943522462.png
Mit Ende dieser Heizsaison wird das letzte Kohlekraftwerk in Österreich Geschichte sein. Es steht in Mellach im Süden von Graz und ist seit 1986 in Betrieb. Nun soll am Standort Mellach ein Innovationszentrum mit den Schwerpunkten Wasserstoff und neue Speichertechnologien entstehen.
Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen
Der Verbund-Standort in Mellach soll das Symbol des Richtungswechsels in der Energiewirtschaft werden. So entsteht am zwölf Hektar großen Standort in Mellach ein Innovations- und Forschungszentrum mit den Schwerpunkten grüner Wasserstoff und neue Speichermöglichkeiten.

Aus Sonne und Wind wird Wasserstoff
Bereits angelaufen ist der Testbetrieb für ein spezielles Wasserstoff-Produktionsverfahren, bei dem mit Überschuss-Strom aus Sonne und Wind Wasserstoff produziert wird, sagt Robert Zechner vom Verbund: „Dieser Wasserstoff wird dann auch künftig im Gaskraftwerk Mellach als Brennstoff verwendet werden können. Das heißt, Österreichs leistungsstärkstes Kraftwerk, das derzeit ausschließlich mit fossilem Erdgas betrieben wird, wird dann hinkünftig auch zum Teil mit grünem Wasserstoff, als teilweise klimaneutral betrieben werden können.“

In Zusammenarbeit unter anderem mit der Technischen Universität Graz wird also versucht, schrittweise den Wasserstoff als Brennstoff für das Gaskraftwerk einzusetzen. Das Projekt nennt sich „Hotflex“, die sogenannte Hochtemperatur-Elektrolyseanlage befindet sich derzeit gerade in der Phase der Inbetriebsetzung.

Gasturbinen in Mellach arbeiten weiter
Das Kohlekraftwerk Mellach, welches nun mit Ende der Heizsaison geschlossen wird, wurde 1986 mit einer Leistung von 246 Megawatt in Betrieb genommen. Seit damals hat es im Winter vor allem den Großraum Graz mit Fernwärme versorgt.

Wenn Windstrom oder Sonnenstrom im Netz fehlen, wird das Gasturbinenkraftwerk Mellach mit einer Leistung von 838 MW weiter zur Netzstützung herangezogen werden. In Zukunft aber eben auch mit Strom aus Wasserstoff.
17.02.2020, steiermark.ORF.at
Kraftwerk Mellach: Innovation statt Kohle
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#3
Aus für Österreichs letztes Kohlekraftwerk

1587150795210.png
Das letzte Kohlekraftwerk Österreichs in Mellach in Graz-Umgebung hat den Betrieb eingestellt – es war das letzte Kraftwerk, das noch mit Steinkohle Strom und Wärme erzeugt hat.
Online seit heute, 11.31 Uhr
Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen Per Mail verschicken
Mit dem Schließen endet laut Verbund die „Ära der Kohlestromversorgung in Österreich“. Das letzte Kohlekraftwerk produzierte laut Verbund-CEO Wolfgang Anzengruber 34 Jahre lang Strom und Wärme für die steirische Landeshauptstadt Graz. Etwa 80 Prozent der gesamten in Graz benötigten Fernwärme – insgesamt mehr als 30 Mrd. Kilowattstunden Strom sowie 20 Mrd. Kilowattstunden Fernwärme – seien in Mellach produziert worden.

Standort weiterhin mit Erdgas „abrufbereit“
Der Verbund wird die Kraftwerksanlage in Mellach für die Anforderungen der sogenannten Engpassvermeidung auf der Brennstoffbasis Erdgas betriebsbereit halten – das Kraftwerk kann somit bei Bedarf kurzzeitig zur überregionalen Stromnetzstützung abgerufen werden. In dieser Funktion steht auch das benachbarte Gaskombikraftwerk Mellach regelmäßig im Einsatz.

Am Weg von „Old zu New Economy“ bleibe Mellach ein wichtiger Standort für den Verbund, der „ideale Voraussetzungen zur Entwicklung von Zukunftstechnologien“ biete, so der Verbund. „Der Umbau des Standortes zu einem Innovationsgelände ist ein gutes Beispiel, wie der Weg aus der fossilen Energiewelt hin zu einer innovativen und erneuerbaren Zukunft passieren kann“, so der Staatssekretär im Umweltministerium, Magnus Brunner.

„Weiterer Schritt Richtung Ökostrom“
Die für den Klimaschutz zuständige Ministerin Leonore Gewessler lobte den Schritt: „Österreich steigt damit endgültig aus der Verstromung von Kohle aus und macht einen weiteren Schritt zum Ausstieg aus fossilen Energien.“ Bis zum Jahr 2030 werde man Österreich zu 100 Prozent auf Ökostrom umstellen. Das Energiesystem werde sauber, leistbar und vor allem sicher umgebaut – das bringe auch wirtschaftliche Unabhängigkeit, denn derzeit gebe Österreich zehn Milliarden Euro für Importe von Kohle, Öl und Gas aus, so Gewessler.

In den vergangenen 15 Jahren wurden alle Kohlekraftwerksblöcke wie etwa in Dürnrohr, Voitsberg, Zeltweg oder St. Andrä stillgelegt; die noch älteren Ölkraftwerke wie etwa Neudorf-Werndorf oder Pernegg wurden oder werden bis zur „grünen Wiese“ rückgebaut.

Global 2000 spricht von „historischem Tag“
„Die Menschen in unserem Land können aufatmen. Wir alle werden von sauberer Luft und einer Verbesserung der Gesundheit profitieren. Jetzt gilt es, den Umbau zu einem 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basierenden Energiesystem in allen Bereichen noch viel entschlossener voranzutreiben“, sagt Johannes Wahlmüller, Klima-und Energiesprecher der Umweltorganisation Global 2000 in einer Aussendung.

Auch von „Erneuerbare Energie Österreich" (EEÖ) kommt Zupruch: „Mit der Schließung des Kohlekraftwerkes Mellach wurde in Österreich das Ende des fossilen Zeitalters eingeläutet“, sagt Christoph Wagner, EEÖ-Präsident. Bis zur von der Bundesregierung angekündigten Klimaneutralität 2030 sei es aber noch ein weiter Weg. Gerade jetzt – in der sich anbahnenden Wirtschaftskrise – seien breite Investitionen in Erneuerbare Energie nicht nur ein Garant für klimafreundliche Energie, sondern auch in zukunftsfähige Arbeitsplätze, so Wagner.
17.04.2020, red, steiermark.ORF.at/Agenturen

Link:
Aus für Österreichs letztes Kohlekraftwerk
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#4
UKRAINE-KRIEG
Verbund soll stillgelegtes Kohlekraftwerk Mellach reaktivieren
Den vierten Tag in Folge ist in Österreich weniger Gas aus Russland eingelangt. Nun soll das Kohlekraftwerk Mellach für den Ernstfall reaktiviert werden

Baumgarten an der niederösterreichisch-slowakischen Grenze ist einer der großen Gashubs in Europa. Dort kommt der Großteil des in Österreich benötigten Erdgases an, bis jetzt ohne große Schwankungen.
Foto: AFP / Joe Klamar

Seit Donnerstag kommt deutlich weniger Gas über Pipelines aus Russland in Österreich an. Moskau bleibt dabei, dass die verminderten Gasflüsse über die Ostseepipeline Nord Stream 1 technischen Problemen geschuldet seien, namentlich dem Ausfall einer Siemens-Turbine, die in Kanada gewartet und sanktionsbedingt nicht an die russische Betreibergesellschaft übergeben werden darf.

Von der 60-prozentigen Liefermengeneinschränkung ist vor allem Deutschland betroffen, aber auch Österreich. Deswegen hat Sonntagabend das Krisenkabinett der Bundesregierung getagt. Nach knapp zwei Stunden Beratung zwischen Bundeskanzler Karl Nehammer, Wirtschaftsminister Martin Kocher und Energieministerin Leonore Gewessler von den Grünen das Ergebnis: Der Stromkonzern Verbund sei angewiesen worden, das im Frühjahr 2020 nach 34 Betriebsjahren stillgelegte Kohlekraftwerk Mellach bei Graz zu reaktivieren. – für den hoffentlich nicht eintretenden Ernstfall, dass kein Gas mehr aus Russland nach Österreich kommen sollte, wie es heißt.

Bei Verbund weist man darauf hin, dass die Ertüchtigung des stillgelegten Fernheizkraftwerks bei Graz gewisse Zeit in Anspruch nehme, auch müsse erst die zur Verfeuerung benötigte Kohle beschafft werden. Umso wichtiger sei es, die Weichen jetzt zu stellen, damit das Kraftwerk im Herbst notfalls einsetzbar sei, hieß es im Energieministerium nach Ende des Krisengipfels auf STANDARD-Anfrage.

Verminderter Gasfluss schürt Ängste
Die geringeren Gasmengen, die seit Tagen aus Russland kommen, schüren in weiten Teilen Europas Ängste. In Lubmin an der Ostsee trifft die 2011 in Betrieb gegangene Nord Stream 1 an Land. Deutschland bezieht normalerweise sehr viel Gas daraus. Betroffen ist aber auch Frankreich, das wegen des Druckabfalls seit Tagen kein Gas mehr aus Russland bekommt. Auch Italien berichtet von einem 50-prozentigen Lieferrückgang. Desgleichen Tschechien und Österreich, wobei Österreich den Großteil des in Russland gekauften Gases über Leitungen bezieht, die durch die Ukraine und die Slowakei laufen.
Trotz des verminderten Gasflusses sind die Speicher in den vergangenen Tagen und Stunden weiter befüllt worden. Insgesamt fassen die in Österreich befindlichen unterirdischen Speicher rund 95 Terawattstunden (TWh), das entspricht in etwa einem Jahresbedarf an Gas. Damit verfügt Österreich pro Kopf über die größte Speicherkapazität in Europa.

Speicher zu 42 Prozent gefüllt
Aktuelle Daten von Sonntag zeigen, dass die Speicher zu 41,89 Prozent gefüllt sind. Noch am Freitag lag der Füllstand im Schnitt bei 40,20 Prozent. Zum Vergleich: Gegen Ende der Heizsaison im März waren die Speicher nur noch zu 12,0 Prozent gefüllt.
Nachdem kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine am 24. Februar die Gaspreise im Großhandel kurzfristig auf bis zu 215 Euro je Megawattstunde (MWh) schnalzten, haben OMV und Co den Preisrückgang in den vergangenen Wochen auf etwa 80 Euro je MWh zum verstärkten Einspeichern genutzt. Seit der Ankündigung und Durchführung der Lieferkürzung am Donnerstag sind die Preise wieder auf über 120 Euro je MWh gestiegen.

Komplizierte Preisformel
Aber hat die OMV als Hauptimporteur von Gas nach Österreich nicht ohnehin Fixpreise mit dem russischen Verkäufer Gazprom? Die Vertragsausgestaltung ist ein streng gehütetes Geheimnis; normalerweise ist solchen sehr komplexen Preisformeln auch ein variables Element eingebaut, das die Preisschwankungen am Spotmarkt abbildet. Höhere Preise im Großhandel bedeuteten deshalb auch höhere Abnahmepreise für die OMV, wenn auch in abgeschwächter Form.

Die OMV hat Insidern zufolge zwei Verträge mit Gazprom abgeschlossen. Einen im Umfang von 60 TWh pro Jahr, der Lieferungen, die in Baumgarten an der niederösterreichisch-slowakischen Grenze übergeben werden, betrifft. Ein zweiter mit etwa 40 TWh hat Lubmin als Übergabepunkt, wo Nord Stream 1 endet. Damit versorgt die OMV hauptsächlich Kunden in Deutschland, ein kleinerer Teil des Gases geht auch physisch nach Österreich.

Stabile Lieferungen
In Baumgarten komme Gas wie gehabt an. Geringere Mengen aufgrund notwendiger Wartungsarbeiten seien üblich und würden durch vorgezogene oder nachfolgende höhere Liefermengen ausgeglichen, hieß es zuletzt bei der Regulierungsbehörde E-Control.

Haushalte müssten selbst bei einem Totalausfall der Lieferungen zumindest kurzfristig nichts befürchten und sich im Gasverbrauch auch nicht einschränken. Großverbraucher aus der Industrie hingegen würden informiert, dass die Versorgungslage schwieriger werde und sie versuchen sollten, darauf zu reagieren. 2009, als es schon einmal kritisch war mit der Gasversorgung, hat das gereicht, weil Spitzen im Verbrauch abgemildert wurden.
(Günther Strobl, 19.6.2022)
Verbund soll stillgelegtes Kohlekraftwerk Mellach reaktivieren
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#5
Mellach: Biomasse theoretisch möglich
1655890807699.png

Seit der Ankündigung der Bundesregierung, das Fernheizwerk Mellach wieder für den Betrieb mit Kohle umrüsten zu wollen, hat es viel Kritik gegeben. Die Forderung, das Kraftwerk künftig mit Biomasse zu betreiben, würde großen Aufwand bedeuten, wäre aber möglich.
Online seit heute, 6.31 Uhr
Teilen
Das Fernheizwerk Mellach kann mit Kohle beheizt rund 260.000 Haushalte mit Strom versorgen. 2020 wurde der Betrieb mit Kohle eingestellt, derzeit ist das Werk voll auf das Verheizen fossiler Brennstoffe ausgelegt. Der Verein Energypeace fordert einen Umstieg auf Biomasse.

Großer Umrüstungsaufwand
Grundsätzlich sei ein Betrieb mit Biomasse möglich, sagt Verbund-Betriebsstellenleiter Christof Kurzmann-Friedl: „Der Techniker kann vieles möglich machen. Viele Komponenten des Fernheizkraftwerkes Mellach könnten hier genutzt werden, um es als Biomassekraftwerk betreiben zu können.
Jedenfalls geeignet wären die Dampfturbine und die Hauptkühlanlage.“


Dazu:
Biomasse als Option für Mellach?


Allerdings müsste in einigen Bereichen auch deutlich umgerüstet werden, ergänzt der Experte: „In gewissen Maßen wäre der Kessel vielleicht nützbar, hier müsste man aber bereits sehr stark adaptieren. Die Mahlanlage müsste komplett umgestellt werden auf Biomasse. Der Umrüstaufwand wäre wesentlich größer.“

Umstellung würde sehr lange dauern
Dazu komme – abgesehen von den noch nicht berechneten Kosten – der Zeitfaktor: „Unser Auftrag ist, so schnell wie möglich eine Alternative für Gas zu schaffen. Das schaffen wir auf Steinkohlebasis relativ rasch. Eine theoretische Umrüstung auf Biomasse würde viel länger dauern und auch nicht die Aufgabe erfüllen, die an uns gestellt worden ist“, meint Kurzmann-Friedl.

Auch die Auslegung des Kraftwerkes, das Strom für 260.000 Haushalte samt Fernheizbetrieb liefern soll, brächte eine große Herausforderung: Wie soll die benötigte Menge an Biomasse beschafft werden? „Der Heizwert von Biomasse ist im Vergleich zu Steinkohle geringer. In dieser jetzigen Leistungsgröße wäre der Biomassebedarf sehr groß. Da müsste man sich anschauen, woher man diese Menge überhaupt bekommen könnte“, so der Werksleiter. Außerdem wäre auch der nötige Lagerplatz ein Problem.
22.06.2022, red, steiermark.ORF.at
Mellach: Biomasse theoretisch möglich
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#6
ENERGIEKRISE
Von der schwierigen Suche nach Kohle und Trassen für Mellach
2020 sind die letzten Kohlenfuhren in Mellach bei Graz eingelangt. Dann lief das Kraftwerk mit Gas, dann das Aus. Jetzt soll es mit Kohle zurück an den Start

Rund 400.000 Tonnen Steinkohle müssten in die Steiermark gebracht werden, um das Kohlekraftwerk Mellach wieder in Betrieb zu nehmen. Wie und woher weiß noch niemand.
Foto: getty images

Schon von weitem sieht man drei Schlote in den Himmel ragen, unten grau, zur Öffnung hin rot-weiß-rot. Die Mur, die bei Mellach eine Schleife zieht, rahmt den Kraftwerkspark, den Österreichs größter Stromkonzern Verbund seit den 1980er-Jahren in der Nähe von Graz betreibt, vom Westen her ein.

Eigentlich sollte aus einem der Schlote, dem des früheren Fernheizkraftwerks, nie mehr Rauch aufsteigen. Es ist Ende März 2021 stillgelegt worden. Das nur einen Steinwurf entfernte Gas- und Dampfkraftwerk Mellach, mit 850 Megawatt (MW) Österreichs leistungsstärkste Anlage, dient hauptsächlich der Netzstützung und wird auch zur Produktion von Fernwärme genutzt. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die seither Fahrt aufnehmende Gaskrise stellen gerade alles auf den Kopf.

Plötzlich wieder gefragt
Plötzlich ist wieder Kohle gefragt. Der feste, aber auch deutlich mehr CO2 emittierende und somit klimaschädlichere Brennstoff soll helfen, im Notfall Gas einzusparen – Gas, das bei einem möglichen Totalstopp der Lieferungen aus Russland dringender für Haushalte und Industrie als zur Verstromung benötigt wird. So zumindest die Theorie. In der Praxis zeigen sich allerlei Probleme und Komplikationen.



Das Einfachste scheint noch die Umrüstung zu sein. Als ein von Kohle- auf Gasbetrieb umgemodeltes Kraftwerk hat Mellach nur im Winter 2020/21 Strom produziert – und das auch nur fallweise, wenn der Bedarf entsprechend hoch war. Nun müssen alle Teile inspiziert, poröse Dichtungen gewechselt, schadhafte Teile ersetzt werden. "Alles machbar", sagen Experten, wenn auch nicht in Windeseile, wie sich das viele wünschen würden.

Fehlendes Kohlenpersonal
Das nächste Problem, das vor Inbetriebnahme des Kraftwerks gelöst werden muss, ist die Personalfrage. Um ein Kohlekraftwerk in der Dimension von Mellach mit 250 MW Leistung zu betreiben, sind bis zu 50 Mitarbeiter, nötig – Mitarbeiter mit einschlägiger Erfahrung, die es aber nicht wie Sand am Meer gibt.

Angesichts der lang geplanten Schließung des Kraftwerks sind keine neuen Ressourcen am Standort aufgebaut worden. Andere Kohlestandorte sind noch früher geschlossen worden. In Dürnrohr in Niederösterreich etwa, wo der Verbund und der Landesenergieversorger EVN seit den 1980er-Jahren zwei Steinkohle-Kraftwerksblöcke betrieben haben, sind die Abbrucharbeiten weit fortgeschritten. Ende April 2015 wurde der Verbund-Teil des Kraftwerks mit rund 400 MW vom Netz genommen, Anfang August 2019 hat die EVN ebendort ihren Block 2 stillgelegt.

Auch der Großteil der ehemaligen Kohlenleute in Mellach ist mit Schließung des Kraftwerks im Frühjahr 2021 in Pension gegangen, ein kleinerer Teil ist an anderen Verbund-Standorten untergekommen. Zum Teil müssten Personen, die das Wissen im Umgang mit Kohle noch haben, mittels attraktiver Angebote aus dem Ruhestand geholt werden.

Zwei lange Kohlenzüge jeden Tag
Bleiben die Beschaffung der Kohle und der Transport derselben in die Steiermark. Verbund-Chef Michael Strugl sagte dem STANDARD, dass an die 400.000 Tonnen Steinkohle beschafft werden müssten, um das Kraftwerk betreiben zu können. Umgelegt auf 365 Tage im Jahr entspricht das zwei langen Kohlenzüge, die Tag für Tag be- und entladen werden müssten.

Der Großteil der bis Frühjahr 2020 in der Steiermark verstromten Kohle kam aus Polen, ein kleinerer aus Russland, fallweise gab es auch Lieferungen aus anderen Ländern. Umgeschlagen wurde die Kohle überwiegend in Koper; dann wurde sie per Bahn über Slowenien nach Mellach gebracht. Russland fällt als Lieferant wegen des Kohlenembargos, das ab August gilt, als Lieferant aus. Nicht jede Kohle eignet sich aber für jedes Kraftwerk gleich gut.

Im März 2020 wurde in Mellach die letzte Steinkohle verstromt. Nun soll der feste Brennstoff wieder ein Revival erfahren, wenn die Not groß ist.
Foto: apa / afp / joe klamar

"Die Qualität, die man für den Einsatz in Mellach braucht, gibt es in Polen und in Australien", sagt einer mit den Gegebenheiten Vertrauter. Polen falle aus, weil die selbst so viel Kohle wie nie bräuchten, um gut durch den Winter zu kommen. Bleibe im wesentlichen Australien. Der lange Schifffahrtsweg mache die ohnehin schon teure Kohle noch um einiges teurer.

Preishoch bei Kohle
Diese Woche ist der Preis der Kohle auf 426 Dollar je Tonne gestiegen, was aufgrund der Schwäche der europäischen Einheitswährung im Moment auf ungefähr denselben Wert in Euro hinausläuft. Zum Vergleich: Vor einem Jahr kostete Kohle mit 50 Dollar deutlich weniger.

Dann ist noch völlig unklar, wie die Kohle in die Steiermark kommt. "Mellach liegt bekanntlich an keinem Hochseehafen. Im Moment bekommt man nicht einmal Züge mit Diesel von Rotterdam nach Österreich – alle Züge und Trassen sind belegt", sagt der Insider.

Die Hauptfrage sei, wann der Start mit welchen Mengen stattfinden soll, das heißt, wie viel Vorlaufzeit für eine Wagenbeschaffung am Markt im Rahmen der für die ÖBB Rail Cargo Group relevanten gesetzlichen Ausschreibungsregeln zur Verfügung stehe. "Die Frage der frei verfügbaren Güterwagons ist abhängig vom Zeitpunkt der benötigten Transporte", sagt ein Sprecher der ÖBB-Güterverkehrssparte.

Fehlende Rechtsgrundlage
Auch die Verfügbarkeit von freien Trassen sei schwierig zu beurteilen, da aktuell sowie in den kommenden Monaten und Jahren umfangreiche Baumaßnahmen an der europäischen Bahninfrastruktur durchgeführt würden. "So ist die Hauptfrage, über welchen Leitungsweg die Kohle angeliefert werden soll – das heißt welcher Hafen bzw. welche Grube –, um die Trassenverfügbarkeit beurteilen zu können."

Auch bei Verbund gesteht man ein, dass die Beschaffung alles andere als trivial ist. "Noch sind wir beim Sondieren", sagt CEO Strugl. Um Kohle zu kaufen, Trassen zu bestellen und mit den notwendigen Umrüstarbeiten zu beginnen, brauche man eine Rechtsgrundlage. Die fehlt aber bis dato.

Anders als bisher kommuniziert, könne ein Kohlekraftwerk auch nicht kurzfristig angeworfen und nur wenige Stunden in Betrieb genommen werden, wenn es gerade einen akuten Versorgungsengpass gibt. "Man kann ein Kohlekraftwerk nicht so flexibel einsetzen wie ein Gaskraftwerk. In Deutschland produzieren Kohlekraftwerke Bandstrom, laufen also Tag und Nacht", sagt der Insider. Könnte also sein, dass der eine Schlot in Mellach doch längere Zeit wieder raucht, nicht nur zwischendurch für ein paar Stunden. Sofern die zuvor genannten Probleme gelöst werden.
(Günther Strobl, 14.7.2022)

Zum Weiterlesen:
Mellach wird womöglich wieder Kohledorf – was macht das mit der Gemeinde?
Wie die Welt mit Kohle ihre Klimaziele verheizt

Von der schwierigen Suche nach Kohle und Trassen für Mellach
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#7
Kraftwerk Mellach: Keine Reaktivierung
Im Sommer hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) angekündigt, dass aufgrund eines drohenden Gasmangels das Kohlekraftwerk Mellach reaktiviert werden soll. Auf Nachfrage des ORF Steiermark sagte die Ministerin am Donnerstag, dass die Reaktivierung vom Tisch sei.
Online seit heute, 12.41 Uhr
Teilen
„Wir haben aktuell andere Prioritäten“, sagte Gewessler am Donnerstag im Rahmen eines Biomassekongresses in Graz, angesprochen auf die Reaktivierung des Kohlekraftwerkes Mellach. Man habe andere Maßnahmen gesetzt und sei für den restlichen Winter gut gerüstet.

Die Ankündigung der Regierung im Juni 2022 sorgte für einen Paukenschlag: Das Fernheizkraftwerk Mellach, das bis 2020 mit Kohle betrieben wurde, sollte wieder auf einen Betrieb vorbereitet werden. Grund war die Unsicherheit rund um Gaslieferungen aus Russland – mehr dazu in Mellach: Wie schnell könnte Kraftwerk starten? (20.6.2022).

Opposition stimmte gegen Reaktivierung
Die gesetzliche Grundlage fand im Nationalrat allerdings keine entsprechende Mehrheit. Im August stimmte die Opposition geschlossen gegen die Erdgas-Lenkungsmaßnahmen-Verordnung – mehr dazu in Keine Mehrheit für Mellach-Reaktivierung (23.8.2022).

„Der Plan war, es für diesen Winter in die Umsetzung zu bringen. Die SPÖ hat diesem Vorschlag nicht zugestimmt. Wir haben es dann Gott sei Dank durch andere Maßnahmen geschafft in einer Situation zu sein, wo wir sagen können, die Versorgungssicherheit ist gewährleistet“, sagte Gewessler.
19.01.2023, red, steiermark.ORF.at

Kraftwerk Mellach: Keine Reaktivierung
 
Oben