So, so. In Stulln hat es einen "Schlag gehalten".
Dr. Hofmann nimmt im vorgestellten Buch auch Bezug auf einen Spiegel-Artikel vom 14.12.1981 und zitiert den Geschäftsführer Grüter des Berg- und Chemiewerkes Stulln in Bezug auf die Ankunft der Züge mit Verlagerungsgut aus Falkenhagen im April 1945, die Verbringung von Silber und einige Kesselwagen mit dem Inhalt Chlortrifluorid.
Da steckt aber ein etwas merkwürdiger Vorfall dahinter. Ich habe mal den Artikel rausgekramt. Klingt zwar etwas reißerisch und konfus, ist aber nicht uninteressant:
Gift in Erna
Haben brisante Treibstoffe, die 1945 auf "Führerbefehl" unter die Erde gebracht wurden, das Chemiewerk Stulln im Boden versinken lassen?
Josef Kederer, 26, Laborant im Zweigbetrieb Stulln der Vereinigten Aluminium-Werke (VAW), leitete am 14. November die Nachtschicht in der Abteilung Chemie. Während eines Kontrollgangs hörte er einen "dumpfen Schlag". Es hatte mächtig reingehauen: Ein zwölf Meter hohes Silo mit Aluminiumfluorid war halb im Boden versunken.
"Wie bei einer Sanduhr, die abläuft" (Kederer), bildete sich auf dem Werksgelände im bayrischen Stulln ein Riesenkrater, der im Lauf von drei Stunden alles verschlang - drei Silos, einen 72 Meter hohen Kamin, Mannschafts- und Büroräume, den fabrikeigenen Wassertank samt Gebäude, einen vollbeladenen Eisenbahnwaggon.
...
Bei der Fracht aus Falkenhagen seien auch einige Kesselwagen mit dem Treibstoffzusatz Chlortrifluorid dabeigewesen. Doch diese gefährliche Chemikalie habe er sofort "wieder auf die Reise geschickt" zum oberbayrischen Bergwerksort Penzberg.
Ganzer Artikel
Ich zitiere mal aus dem Buch von Dr. Hofmann die Quellen zur Verlagerung:
BAMA, RW 4/v. 720a
Generalquartiermeister Heer Nr. 1/01 182/45g.Kdos 4. Feb. 45
...unter Bezug auf einen Führerbefehl auf Meldung des Generalquartiermeisters vom 2.2.45 wird angewiesen:
Die Räumung aller Kampfstoff und Kampfstoffmunition fertigenden und lagernden Dienststellen sowie Firmen unter dem Stichwort "Zunft". (In der Auflistung der betroffenen Objekte ist auch Seewerk bei Falkenhagen genannt.)
BAKO, R 25/193
MONTURON GmbH, Rdschr. 914/45/IVa/Pr. v. 28. Feb. 1945 an Montan Industriewerke GmbH betr. Betriebsstillegungen und Verlagerungen
* MONTAN wird in Kenntnis gesetzt, daß N-Betrieb wegen Einbeziehung des Oderbruchgebietes in die Kampfzone stillgelegt worden ist.
* Auf Weisung des OKH im Einvernehmen mit dem Technischen Amt im Führungshauptamt der SS sind am 10.2.1945 60 Waggons mit Spezialapparaten und Maschinen sowie 5 leere Kesselwagen nach Stulln (Bayern) abgefahren worden. Die Verbringung eines zweiten Zuges mit Betriebseinrichtungsgegenständen der N-Anlage nach einer Ausweichstelle ist in Aussicht genommen.
Nun mag ja ein anderes Ereignis das Unglück ausgelöst haben, aber in diesem Zusammenhang ist interessant, daß in Stulln selbst eine sehr gefährliche Substanz hergestellt wurde, nämlich hochreine Flußsäure (99,8-99,9%):
BIOS-Final-Report No.261, Item No.22 v. 28.02.46, "Hydrofluorid Acid-Vereinigte Flußspatgruben GmbH Stulln"
Die Fabrik (in Stulln) war eine von einem Paar:
- Die in Stulln war entworfen für die Erzeugung von reinem HF und KF, und die in Falkenhagen...für die elektrolytische Herstellung von elementarem Fluor aus diesen Materialien sowie von Chlortrifluorid für Zwecke der Wehrmacht. (Vermtl. Angaben von Dr. Glupe, den die Briten als offensichtlich guten Kenner der Fluorchemie bezeichneten.)
[Das benannte "Silber" sind höchstwahrscheinlich die Silberkathoden der Elektrolyseanlage aus Falkenhagen.]
Gruß
Dieter