Neuerscheinung: „Graz Biografie“

josef

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„Graz Biografie“: Neue Blicke auf die Stadt
Von der Jungsteinzeit bis zum Kulturhauptstadtjahr – die Geschichte der Stadt Graz ist beachtlich und umfassend. Drei Experten fassten nun Vergangenheit und Gegenwart der Landeshauptstadt auf rund 500 Seiten in einem Buch zusammen.
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Wolfram Dornik vom Stadtarchiv, Otto Hochreiter vom Graz Museum und der Archäologe Georg Tiefengraber bieten mit ihrer „Graz Biografie“ einen kompakten, leicht lesbaren und reich bebilderten Überblick über die Geschichte der steirischen Landeshauptstadt.

Jüngste Funde geben Aufschluss
Laut den urgeschichtlichen Funden reicht die Siedlungsgeschichte von Graz bis in die Jungsteinzeit und konkreter noch in die Kupfersteinzeit um 3.000 vor Christus zurück. Innerhalb der Stadtgrenzen seien in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehrere aufschlussreiche archäologische Funde gemacht worden; außerdem gibt es Einblicke in die Besiedlungsgeschichte vor der Stadtwerdung. Eine weitere Stütze sind auch die Abbildungen von historischen Objekten und Illustrationen.

Gründungsdatum der Stadt „gefälscht“
Zum konkreten Gründungsdatum von Graz räumt Dornik mit einem lange tradierten Irrtum auf: „Eine Stadtgründungs- oder Stadterhebungsurkunde für Graz fehlt.“ Zwar habe im späten 19. Jahrhundert eine Urkunde von „1128“ als Bezeugung gegolten, dass eine Siedlung rund um den Schloßberg zur Stadt angewachsen war – inzwischen sei jedoch geklärt, dass die Datierung der Urkunde gefälscht und sie jedenfalls später – in die 1140er- bis 1190er-Jahre zu datieren sei, wie der Grazer Historiker betont.

„Der historische Moment, in dem die Entwicklung zur Stadt am ehesten deutlich wird, ist jene Urkunde, in der Markgraf Otakar III. im Jahr 1164 – vielleicht auch später – dem nördlich von Graz gelegenen Zisterzienserstift Rein drei ‚Hofstätten‘ am Fuße des Schloßberges zur Errichtung eines Stadthofes schenkte“, schildert Dornik. Jedenfalls sei für Graz das schrittweise Entwickeln zur Stadt im 12. Jahrhundert fassbar und es stehe fest: „Zur Stadt wird die Stadt in der Mitte des 12. Jahrhunderts“.

Immer ein bisschen „im Hintergrund“
Fest stehe aber auch: „Graz ist nicht Wien, weder Mozartstadt noch Wintersportmetropole, sondern stand immer ein klein wenig hinter den großen Stadtgeschwistern“, wie der Blick zurück in die Geschichte erkennen lässt. Im Laufe der Zeit hatte das aber auch Vorteile: So sei die Stadt vom 30-jährigen Krieg verschont geblieben, auch die türkischen Truppen hatten sie nicht massiv ins Visier genommen, und selbst die Rote Armee zielte 1945 stärker auf Wien als auf Graz.

Teilweise schwierige Vergangenheit
Die großen Katastrophen der vergangenen Jahrhunderte habe die Stadt den Umständen entsprechend gut, wenn auch nicht unbeschadet überstanden, „denn die Grazerinnen und Grazer fügten sich selbst mehr als genug schwere Wunden zu“, wie Dornik festhält und im Buch ausführlich darstellt: „Die jüdische Bevölkerung wurde dreimal aus der Stadt vertrieben, zuletzt im 20. Jahrhundert. Diese letzte Vertreibung verursachte die tiefsten Wunden“, so Dornik.

Das Zusammenspiel aus der Selbstunterwerfung unter die Ideologie des Nationalsozialismus – Stichwort „Stadt der Volkserhebung" – und der Mittäterschaft vieler Grazerinnen und Grazer brachte ein besonders schweres Erbe mit sich, dessen Aufarbeitung noch viele Generationen beschäftigen wird“, ist sich Dornik sicher.

Von Kultur bis Politik der Gegenwart
Otto Hochreiter, Leiter des Graz Museum, blickt in seinem Textbeitrag auf die jüngste Stadtgeschichte zurück: Er konstatiert in seiner rund 30-seitigen Analyse ausgehend von 2003 – Graz als Europäische Kulturhauptstadt – bis 2021 (die Wahlniederlage von Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) und Ablöse durch Elke Kahr, der ersten kommunistischen Bürgermeisterin der Stadt) eine Entwicklung hin zu einer „gespaltenen Stadt“, geht mit der zeitgenössischen Stadtplanung ins Gericht und ortet seit 2017 "eine weitere Vertiefung der Gräben zwischen den Lagern und Verschärfung des politischen Klimas.
22.11.2022, red, steiermark.ORF.at

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