Rätsel über die Entstehung der Ringe des Saturns gelöst

josef

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#1
Rätsel gelöst: Saturn verdankt seine Ringe einer verlorenen Welt
Auch seine ungewöhnliche Schräglage dürfte auf einen vor mehr als 100 Millionen Jahren zerborstenen großen Mond zurückzuführen sein

Der Saturn beschäftigt Planetenforscherinnen und -forscher nicht nur wegen seiner Ringe. Auch die ungewöhnliche Achsenneigung bereitet Kopfzerbrechen.
Foto: Nasa

Der Saturn zählt fraglos zu den seltsameren Planeten unseres Sonnensystems, und das liegt nicht unbedingt allein an seinem charakteristischen Ringschmuck. Eines der größten Rätsel stellt seine merkwürdige Ausrichtung im Raum dar: Wie an den Ringen deutlich erkennbar wird, ist die Rotationsachse des Gasriesen um 26,7 Grad gegenüber der Umlaufebene des Planeten um die Sonne geneigt.

Astronominnen und Astronomen vermuteten lange Zeit, dass die gekippte Lage des Saturn von gravitativen Wechselwirkungen mit seinem übernächsten Nachbarn Neptun herrührt – zumindest rotiert die Neigung des Saturn wie ein schräg stehender Kreisel mit annähernd demselben Tempo wie die Umlaufgeschwindigkeit des Neptun auf seinem Weg um die Sonne. Naheliegend also, dass die Forschenden hier einen Zusammenhang vermuteten.

Verlorener Gleichklang
Beobachtungen der Nasa-Raumsonde Cassini, die den Saturn und seine Monde von 2004 bis 2017 im Visier hatte, ließen mittlerweile erhebliche Zweifel an dieser Theorie aufkommen. Eine aktuelle Arbeit wirft diese These nun endgültig über den Haufen und bietet stattdessen eine alternative Erklärung. Wie ein Astronomenteam vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und anderen Forschungsinstitutionen anhand aktualisierter Modelle nachweisen konnte, mögen die beiden Planeten zwar durchaus einst im Schwerkrafteinklang gewesen sein, mittlerweile aber hat sich Saturn der Anziehungskraft von Neptun entzogen.

Was aber war dann die Ursache für die Achsenneigung des Ringplaneten? Das Team um MIT-Forscher Jack Wisdom hat eine neue Hypothese vorgestellt, die nicht nur den Schrägstand von Saturn erklären würde, sondern auch die Herkunft des Ringsystems. In seiner im Fachjournal "Science" präsentierten Studie schlägt das Team vor, dass Saturn, der heute von 83 Monden umkreist wird, einst mindestens einen weiteren beherbergt hat.


Blick auf die Ringe des Saturn von der Seite, im Vordergrund der Mond Titan.
Foto: NASA

Chrysalis' Untergang ...
Dieser zusätzliche Trabant, den die Forschenden Chrysalis getauft haben, umkreiste Saturn vermutlich mehrere Milliarden Jahre lang, wobei er gemeinsam mit den anderen Monden dafür sorgte, dass die Achsenneigung des Gasriesen in Resonanz mit dem Neptun blieb.

Vor etwa 160 Millionen Jahren aber wurde der Orbit von Chrysalis instabil, wie die Berechnungen der Forschenden zeigten, und der Mond kam dem Saturn immer näher, bis die Gezeitenkräfte den Trabanten schließlich auseinanderrissen. Der Verlust des Mondes reichte offenbar aus, um Saturn aus Neptuns Griff zu befreien und seine Schräglage unabhängig vom Einfluss durch den nachbarlichen Eisriesen gleichsam zu fixieren.

... und Überleben als Ring
Zusätzlich lässt sich mit diesem Modell auch der Großteil des Materials erklären, aus dem sich die Saturnringe gebildet haben. Während die Hauptmasse des zerschmetterten Himmelskörpers in der dichten Atmosphäre des Saturn verglühte, verblieb ein kleiner Teil davon in der Umlaufbahn und zerfiel dabei in immer kleinere Fragmente, um schließlich die typischen Ringe des Planeten zu formen.

Vor allem der relativ späte Entstehungszeitpunkt der Ringe hat den Expertinnen und Experten bisher stets Kopfzerbrechen bereitet. Diese Lücke könnte durch die neue Hypothese geschlossen werden, meinen die Autorinnen und Autoren. Aufgrund der Simulationen gehen sie davon aus, dass Chrysalis etwa so groß war wie Iapetus, der mit einem Durchmesser von 1.470 Kilometern drittgrößte Saturnmond. "Unsere These ist eine ziemlich gute Geschichte, aber wie jedes Resultat muss sie nun von anderen untersucht und bestätigt werden", sagt Wisdom.
(tberg, 16.9.2022)

Studie
Science: "Loss of a satellite could explain Saturn's obliquity and young rings."

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Rätsel gelöst: Saturn verdankt seine Ringe einer verlorenen Welt
 

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#2
SPEKTAKULÄRE ENTDECKUNG
Saturn hat nun mehr Monde als alle anderen Planeten zusammen
Bisher kannte man 83 Saturnmonde, nun erhielt der Ringplanet dank neuester Beobachtungen 62 weitere kleine Monde dazu
Im vergangenen Februar verkündeten Astronominnen und Astronomen die Entdeckung von zwölf neuen Jupitermonden. Mit dem Zuwachs kam der größte Planet im Sonnensystem auf 92 Monde, was ihm den nötigen Vorsprung verschaffte, um Saturn (der damals bei 83 von der Internationalen Astronomischen Union anerkannten Monden stand) von der Spitze zu verdrängen. Lange konnte sich Jupiter dort aber nicht ausruhen. Aktuelle Beobachtungsdaten katapultierten den Saturn im Rennen um den Planeten mit den meisten Monden nun weit nach vorn: Insgesamt wurden 62 neue Monde entdeckt, die den Saturn umkreisen – allesamt freilich Winzlinge.

Damit steigt die offizielle Gesamtzahl der Monde um den Ringplaneten auf 145. Der Saturn ist nunmehr zumindest bis auf weiteres der einzige Planet mit mehr als 100 Trabanten. "Der Saturn hat nicht nur die Anzahl seiner Monde fast verdoppelt, er hat jetzt mehr Monde als alle anderen Planeten des Sonnensystems zusammen", sagte Brett Gladman, Astronom an der Universität von British Columbia, der an den Beobachtungen beteiligt war.


Der Ringplanet ist wieder Mondkönig: Kein anderer Planet im Sonnensystem hat mehr Trabanten um sich geschart.
Foto: Reuters/NASA/JPL-Caltech

Mühsame Mondsuche
Die Entdeckung der neuen Saturnmonde ist im Grunde keine große Überraschung, sondern illustriert vor allem, wie effektiv moderne Techniken zum Aufspüren von kleinen Himmelskörpern im Umfeld der Riesenplaneten geworden sind – auch wenn die Suche nach den kleinen Monden immer noch eine ziemliche Herausforderung ist. Die Helligkeit von Jupiter und Saturn überstrahlt aus Sicht der Erde alles um sie herum. Kleine, lichtschwache Objekte lassen sich in diesem Gleißen nur sehr schwer ausmachen.

Dass dies dennoch gelingt, ist einer Methode zu verdanken, bei der zahllose über Jahre hinweg geschossene Bilder der Gasriesen stapelweise übereinander gelegt und miteinander verglichen werden. Auf diese Weise identifizierte ein Team um den Astronomen Edward Ashton, derzeit am Academia Sinica Institute of Astronomy and Astrophysics in Taiwan tätig, neue Saturnmonde mit Durchmessern von kaum 2,5 Kilometern. Kann man bei so winzigen Brocken überhaupt noch von einem Mond sprechen?

Mond oder Ringmaterial
Fachleute würden sie tatsächlich eher natürliche Satelliten nennen, und die Kriterien für diese Kategorie sind recht großzügig gefasst: Unabhängig von Masse, Form oder Zusammensetzung muss das betreffende Objekt lediglich auf einer stabilen Umlaufbahn um einen größeren Himmelskörper kreisen. Das Fehlen einer Grenzgröße rächt sich, wenn man den Übergangsbereich zwischen den kleinsten Monden und den größten Ringbrocken betrachtet. Letztlich ist die Bezeichnung "Mond" also rein konventionell.


Die Aufnahme der Nasa-Sonde Cassini zeigt den Saturnmond Titan, den nach dem Jupitermond Ganymed zweitgrößten Mond im Sonnensystem. Die meisten der nunmehr 145 Monde des Ringplaneten sind dagegen winzige Brocken.
Foto: NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute

Es reicht allerdings nicht aus, ein Objekt in der Nähe eines Planeten zu entdecken, um mit Recht zu behaupten, man habe einen neuen Mond gefunden. Für einen gesicherten Mondstatus sind viele Bildanalysen erforderlich, bei denen Serien von aufeinanderfolgenden Bildern übereinander gestapelt werden, um so Signale zu verstärken, die auf Einzelaufnahmen nicht erkannt werden könnten. 2019 nutzten Ashton und seine Kolleginnen und Kollegen diese Technik, um das nähere Umfeld von Saturn mit dem Canada-France-Hawaii Telescope (CFHT) zu scannen. Bis zum Jahr 2021 führte das Team regelmäßig Beobachtungen durch, die letztlich in einer reichen Ausbeute mündeten: 62 neuen Monde konnten die Forschenden in mühevoller Kleinarbeit aufspüren.

Punkte verbinden, aber auf die harte Tour
"Der Fährte dieser Monde zu folgen glich ein wenig dem Linienpuzzle 'Punkt-zu-Punkt', denn wir mussten die zahlreichen Erscheinungen der Monde in unseren Daten zu brauchbaren Umlaufbahnen verbinden", sagte Ashton. "Mit dem Unterschied jedoch, dass wir hier 100 verschiedene Figuren auf derselben Seite vor uns hatten – man weiß nicht, welcher Punkt zu welcher Bahn gehört."

Alle neu entdeckten Monde gehören zu den "irregulären" Saturnmonden, die den Gasriesen auf weiten, elliptischen Bahnen in einem geneigten Winkel zu den Orbits seiner 24 "regulären" Monde umkreisen. Vorerst wurden ihnen nur Zahlen- und Buchstabenkombinationen als Bezeichnungen zugewiesen, doch am Ende sollen sie je nach Kategorie – gemäß den Namenskonventionen für den Saturn – einen gallischen oder nordischen Namen erhalten oder nach einem Gott der kanadischen Inuit benannt werden. Gladman meinte, sein Team werde sich mit den Ältesten der Inuit beraten und sie um Vorschläge bitten, die dann der IAU zur Genehmigung vorgelegt werden.

Die Grafik zeigt die Bahnen von vier der neuen Monde auf ihrer Umlaufbahn um Saturn (schwarzer Kreis in der Mitte) im Zeitraum 2019 bis 2021. Die farbigen Punkte markieren die beobachtete Position jedes Mondes, die strichlierten Kurven geben die Umlaufbahnen wieder, die sie miteinander verbinden.
Grafik: Edward Ashton et al./University of British Columbia

Saturn bleibt wohl Mondkönig
Es sei zwar möglich, dass Jupiter den Saturn irgendwann einmal wieder überholt, was die Zahl der Monde betrifft – sehr wahrscheinlich sei das jedoch nicht, meinen die Forschenden. Die neuesten Ergebnisse scheinen vielmehr zu bestätigen, dass der Saturn in Sachen Mondbesitz letztlich als endgültiger Sieger hervorgeht. "Wir glauben, dass es etwa dreimal so viele Saturnsatelliten wie Jupitersatelliten gibt", sagte Gladman.

Viele von ihnen sind die Überreste einer vergleichsweise jungen Kollision zweier Monde, die vermutlich auch ihren Beitrag zum ikonischen Ringsystem beigesteuert hat. "Je weiter man die Grenzen moderner Teleskope ausreizt", sagte Gladman, "desto mehr Beweise finden wir dafür, dass ein mittelgroßer Mond, der den Saturn im Rückwärtsgang umkreiste, vor etwa 100 Millionen Jahren auseinandergerissen wurde."

Junger und flüchtiger Ringschmuck
Zu dieser Zeit besaß der Saturn vielleicht schon einen Teil seiner Ringe, möglicherweise trug diese Kollision aber erst zu ihrer Entstehung bei: Laut einer aktuell im Fachjournal "Science Advances" erschienenen Studie weist Staub um den Gasplaneten nämlich auf ein Geburtsdatum der Saturnringe vor höchstens 400 Millionen Jahren hin – sie wären damit deutlich jünger, als Fachleute lange Zeit angenommen hatten. Zu diesem Resultat kamen Astronominnen und Astronomen um Sascha Kempf von der University of Colorado in Boulder, USA, bei der Analyse von Daten, die die Nasa-Raumsonde Cassini zwischen 2004 und 2017 gesammelt hat.


Die Ringe des Saturn sind von vergänglicher Schönheit. Man vermutet, dass sie nur wenige hundert Millionen Jahre Bestand haben.
Foto: Reuters/NASA, ESA, A. Simon, M.H. Wong

Winzige Steinkörnchen strömen nahezu ständig durch das Sonnensystem, manche davon bleiben unter anderem auch im Ringsystem hängen. So ähnlich wie die Dicke der Staubschicht auf einem Möbelstück etwas darüber verrät, wie lange nicht mehr Staub gewischt wurde, offenbarten die von Cassinis "Cosmic Dust Analyzer" registrierten Partikel, seit wann es das Ringsystem des Saturn bereits gibt. Zu ganz ähnlichen Resultaten kam auch ein Team um Richard Durisen von der Indiana University in Bloomington. Die in der Fachzeitschrift "Icarus" veröffentlichte Arbeit prophezeit den Ringen zudem kein allzu langes Überleben.

Glücklicher Anblick
Anhand von Cassini-Daten und Modellberechnungen kamen Durisen und sein Kollege Paul Estrada vom Ames Research Center der Nasa zu dem Schluss, dass die Ringe mit einer erstaunlich hohen Geschwindigkeit an Masse verlieren. Vielen Tonnen Material regnen demnach pro Sekunde auf den Gasriesen hinab, die verbleibende Lebensdauer der Ringe rechnet sich laut Durisen und Estrada allenfalls in hundert Millionen Jahren. Vielleicht haben wir Menschen also nur außerordentliches Glück gehabt, den Saturn während seiner prächtigen, aber kurzen Ringepisode beobachten zu können.
(Thomas Bergmayr, 16.5.2023)

Studien
Saturn hat nun mehr Monde als alle anderen Planeten zusammen
 

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#3
Gewaltige Wasserfontäne auf Saturnmond Enceladus entdeckt
Forschungsteam beobachtete mit dem James Webb Space Telescope eine Wasserdampfwolke, die 10.000 Kilometer ins All hinausreicht
Wasser in flüssiger Form gilt als wesentliche Zutat für die Entstehung von Leben, zumindest wenn die Erde als beispielhaft gelten mag. Doch unser Heimatplanet dürfte nicht der einzige Himmelskörper im Sonnensystem sein, der Wasser in bedeutendem Umfang besitzt. Kandidaten dafür haben Forschende bereits einige ausgemacht. Ganz oben auf der Liste steht der Saturnmond Enceladus.

2005 schickte die Nasa-Sonde Cassini Bilder von Enceladus, die für Aufsehen sorgten: Die Aufnahmen zeigten auf der Südhälfte der nur 500 Kilometer großen Eiskugel mineralienreiche Wasser- und Eisfontänen, die aus der sogenannten Tigerstreifen-Region hervorschießen. Als Quelle dieser Auswürfe aus zu Eiskörnchen gefrorenem Dampf vermuten Astronominnen und Astronomen unter dem rund 30 Kilometer dicken Eispanzer einen zehn Kilometer tiefen Ozean aus flüssigem Wasser. Weitere Bestätigung dieser Annahme lieferten Schwerefeldmessungen des Mondes, die auf eine signifikante Masseansammlung rund um den Südpol hinweisen.


Unter der Oberfläche des Saturnmondes Enceladus vermuten Forschende einen tiefen Ozean aus flüssigem Wasser.
Illustr.: NASA/JPL-Caltec

Spektakuläre Überraschung
Nun hat ein Forschungsteam erstmals auch mit dem neuen Super-Weltraumteleskop James Webb (JWST) im Rahmen des Beobachtungszyklus 1 einen Blick auf den aktiven Saturnmond geworfen. Die Ergebnisse sorgten für eine spektakuläre Überraschung: Den Wissenschaftern gelang die Entdeckung einer gewaltigen Wasserdampfwolke, die rund 10.000 Kilometer ins All hinausreichte. Die Gruppe schätzt, dass bei diesem Ereignis aus einer Spalte im Eis mindesten 300 Liter Wasser pro Sekunde ausströmte.

Angesichts dieser außerordentlichen Untersuchungsdaten erhielt das Team um Christopher Glein vom Southwest Research Institute (SwRI) in San Antonio, Texas, die Zusage für weitere Beobachtungszeit im Zyklus 2 des JWST. Im Fokus sollen dann vor allem chemische Verbindungen in der Riesenfontöne sowie auf der Oberfläche des Mondes stehen, wovon sich die Wissenschafter Informationen über eine mögliche Lebensfreundlichkeit der Ozeanwelt versprechen.

"Enceladus ist eines der dynamischsten Objekte im Sonnensystem und ein vorrangiges Ziel bei der Suche nach Leben jenseits der Erde", sagte Glein. Seit die Nasa-Raumsonde Cassini zum ersten Mal einen Blick auf Enceladus werfen konnte, habe der außergewöhnliche Mond immer wieder für Erstaunen gesorgt, so der Experte für außerirdische Ozeanografie.


Die aktuellen James-Webb-Bilder zeigten eine rund 10.000 Kilometer lange Wolke aus Wasser.
Fotos: NASA/ESA/CSA/Alyssa Pagan (STScI)/Geronimo Villanueva (NASA-GSFC)

20-mal größer als der Eismond
Die jüngsten Beobachtungen mit dem Nahinfrarot-Spektrografen des JWST seien da keine Ausnahme gewesen: "Als ich mir die Daten ansah, dachte ich zuerst an einen Irrtum", erklärte Geronimo Villanueva vom Goddard Space Flight Center der Nasa, Hauptautor der Studie, die nun für eine Veröffentlichung im Fachjournal "Nature Astronomy" angenommen wurde. Eine Preprint-Version des Artikels hat die Nasa auf ihrer Website als PDF-Dokument zur Verfügung gestellt. Villanueva sei geradezu schockiert gewesen von der beobachteten Eiswolke, die mehr als 20-mal so groß ist wie der Durchmesser des Mondes. "Die Ausdehnung der Wolke geht weit über das hinaus, was wir uns bisher vorstellen konnten", sagte der Forscher.

Die außerordentliche Empfindlichkeit des James Webb Space Telescope lieferte auch Hinweise auf das weitere Schicksal des ausgestoßenen Wassers von Enceladus: Auf seiner fast perfekt kreisförmigen Umlaufbahn, auf der er den Saturn in einem mittleren Abstand von 177.680 Kilometer über dessen Wolkenobergrenze in 33 Stunden umrundet, hinterlässt der Mond eine regelrechte Wasserspur in Form eines Torus. Die JWST-Daten deuten darauf hin, dass etwa 30 Prozent des Wassers in der Umlaufbahn des Mondes verbleiben, während sich die übrigen 70 Prozent im Rest des Saturnsystems verteilen.

Mehr als nur ein flüchtiger Blick
"Die Webb-Beobachtungen veranschaulichen zum ersten Mal, welche Rolle die Wasserdampfschwaden des Mondes bei der Bildung des Torus spielen", sagte Silvia Protopapa vom SwRI. Die Expertin für die Analyse der Zusammensetzung von Eiskörpern im Sonnensystem blickt der nächsten Gelegenheit für die Beobachtungen von Enceladus mit dem JWST gespannt entgegen: "Dies ist ein beeindruckendes Zeugnis für die außergewöhnlichen Webb-Fähigkeiten. Ich freue mich sehr, Teil des Teams von Zyklus 2 zu sein, wenn wir mit der Suche nach neuen Hinweisen auf lebensfreundliche Bedingungen und die Aktivitäten auf Enceladus beginnen."


Aus der Tigerstreifen-Region (hier links) treten Wasserfontänen hervor, die wahrscheinlich vom Ozean unter der Eiskruste gespeist werden.
Foto: NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute

Hatte es sich bei den aktuellen Bildern nur um einen ersten flüchtigen Blick des Webb Telescope auf Enceladus gehandelt, so will das Team um Glein beim Zyklus 2 viel genauer hinschauen. Da sich das Signal-Rausch-Verhältnis im Vergleich zu Zyklus 1 um bis zu einem Faktor 10 erhöht, haben die Forschenden hohe Erwartungen.

Energie und Chemie für Leben?
"Wir werden dann nach spezifischen Indikatoren für die Lebensfreundlichkeit suchen. Dazu zählen auch Signaturen von organischer Chemie und Wasserstoffperoxid", sagte Glein. "Wasserstoffperoxid ist besonders interessant, weil es viel stärkere Quellen für metabolische Energie liefern kann als das, was wir bisher identifiziert haben. Cassini hat uns keine eindeutigen Informationen über die Verfügbarkeit solcher starker Oxidationsmittel auf Enceladus gegeben."

Letztlich werden die im Zyklus 2 gesammelten Daten auch als Grundlage für die geplante Enceladus-Mission Orbilander dienen. Vermutlich würde man dann nämlich mehr Klarheit darüber haben, ob sich das aus dem Mondinneren stammende Wasser weit über die Oberfläche von Enceladus verteile oder nur in der Nähe des Südpols zu finden sei, so Glein. "Diese nächsten Beobachtungen könnten uns helfen, festzustellen, ob Orbilander Zugang zu Ozeanproben in der Nähe des Äquators hat, was uns helfen könnte, früher zu Enceladus zurückzukehren." (Thomas Bergmayr, 31.5.2023)

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#4
AUSSERIRDISCHES LEBEN
Forschende fanden weiteren Lebensbaustein auf Saturnmond Enceladus
In den Ozeanen des Saturnmonds wurden Phosphate entdeckt. Enceladus rückt damit erneut in den Fokus für die Suche nach außerirdischem Leben
Eine Oberflächentemperatur von minus 200 Grad Celsius und eine Landschaft von Eisvulkanen, die gefrorene Materie ins All schleudern, klingen aufs Erste nicht besonders heimelig. Der Saturnmond Enceladus zählt dennoch zu den aussichtsreichsten Kandidaten für außerirdisches Leben in unserem Sonnensystem. So darf es wenig verwundern, dass der Eismond Forschende schon länger fasziniert – eine neue Entdeckung sorgt nun weiter für Begeisterung.


Bei einem Besuch der Raumsonde Cassini bei Enceladus im Jahr 2009 entstanden Aufnahmen derGeysire, die aus dem inneren Ozean des Mondes Eiskristalle ins All schleudern.
REUTERS/NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute

Indem Forschende Archivdaten der Raumsonde Cassini neu auswerteten, konnten sie zeigen, dass in den Ozeanen unter den Eispanzern Phosphor in Form von Phosphaten vorhanden sein dürfte, wie sie in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts "Nature" berichten. "Wir haben das nicht erwartet. Wir haben nicht danach gesucht", sagte Frank Postberg, Planetenforscher an der Freien Universität Berlin und Leiter der Studie. Die Daten stammen von der US-amerikanisch-europäischen Raumsonde Cassini, die 2017 ihre Untersuchungen von Saturn und seinen Monden abgeschlossen hat.

Voraussetzungen für Leben erfüllt
Konkret untersuchten die Forschenden Daten von 345 Eiskörnern, die von Geysiren auf Enceladus ins All geschleudert werden und von Ozeanen stammen, die unter einer dichten Eisschicht liegen. Sie stießen dabei auf Teilchen, von denen anschließende Laborexperimente zeigten, dass es sich dabei um Phosphate handelt. "Unsere geochemischen Experimente und die damit verbundene Modellierung zeigen, dass sich die hohen Phosphatkonzentrationen aus einer erhöhten Löslichkeit von Phosphaten ergeben, die nicht nur auf Enceladus, sondern generell unter den speziellen Bedingungen im äußeren Sonnensystem gegeben sein sollten", sagt Postberg. "Das sind gute Nachrichten für eine ganze Reihe von Ozeanwelten jenseits des Jupiters." Durch die Entdeckung von Phosphaten in den Eiskörnern ist der erstmalige Nachweis von Phosphor in einem außerirdischen Ozean erbracht.


Die Raumsonde Cassini war bis 2017 bei Saturn und seinen Monden unterwegs.
imago images/Elenarts/Nasa

Phosphor gilt neben Sauerstoff, Kohlenstoff, Wasserstoff und Schwefel als essenzieller Baustein für die Entstehung von Leben. Bei irdischem Leben ist Phosphor beispielsweise in der DNA zu finden, aber auch in Knochen und Zähnen. Die Entdeckung von Phosphor im Ozean von Enceladus ist umso erstaunlicher, als man bisher davon ausgegangen war, dass Phosphor im Kosmos äußerst selten sei. Überraschenderweise ist die Phosphorkonzentration in Enceladus' Ozean um mehrere hundert Mal höher als in irdischen Ozeanen.


Aus der Ferne sieht der Saturnmond Enceladus wie ein tiefgefrorener Eisball aus. Doch unter kilometerdicken Eispanzern beherbergt er tiefe Ozeane.
REUTERS/NASA/JPL/Space Science Institute

Suche geht weiter
"Mit dieser Entdeckung ist nun bekannt, dass der Ozean von Enceladus die strengste Voraussetzung für Leben erfüllt", sagt der Geochemiker Christopher Glein vom Southwest Research Institute in San Antonio, Texas, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Der nächste erforderliche Schritt ist für ihn: "Wir müssen zu Enceladus zurückkehren, um zu sehen, ob der bewohnbare Ozean tatsächlich bewohnt ist." Vorschläge für weitere Missionen zu dem Eismond werden derzeit von der US-Weltraumagentur Nasa wie auch von der europäischen Weltraumorgansistion Esa geprüft. (Tanja Traxler, 20.6.2023)

Link zur Studie:
Nature: "Detection of phosphates originating from Enceladus’s ocean"

Forschende fanden weiteren Lebensbaustein auf Saturnmond Enceladus
 
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