Schiffbautechnische Versuchsanstalt Wien: "Kreuzfahrtschiffe in Turbulenzen"

josef

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Kreuzfahrtschiffe in Wien in Turbulenzen
Wie reagieren Schiffe bei hohen Wellen oder Sturmböen? In einer Wiener Versuchsanstalt wird das mit Miniaturmodellen getestet. Geprüft werden Schiffe aller Art, von der Yacht bis zum Kreuzfahrtriesen - auch die Costa Concordia war dabei.
Obwohl Wien kein Meer hat, können hier Schiffe gegen meterhohe Wellen ankämpfen. Ein eigenes Laborbecken produziert sie in der Schiffbautechnischen Versuchsanstalt auf der Brigittenauer Lände auf Knopfdruck - in der jeweils gewünschten Höhe.


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Der holländische Gastanker besteht den Wellentest

Den Wellentest bewältigen muss beim „Wien heute“-Lokalaugenschein gerade ein holländischer Gastanker, genauer gesagt ein wenige Meter langes Modell des 120-Meter-Schiffs. Stefan Brandstetter steuert es händisch durch das Beckenmeer, zuerst durch einen Drei-Meter-Seegang, dann durch fünf Meter hohen Wellen, ebenfalls maßstabsgetreu in Miniaturform.

Schiffe auch schon untergegangen
Der Testkapitän ist zufrieden: „Es könnte auch noch der eine oder andere Meter mehr sein“, schildert der Messtechniker. „Wir haben auch schon Modelle, die untergegangen sind, weil sie sich mit Wasser gefüllt haben. Bei dem ist das alles kein Problem.“


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Der Wellentest ist einer von rund 80 verschiedenen Tests, die in der Versuchsanstalt möglich sind. Überprüft werden etwa auch der Treibstoffverbrauch, die Stabilität bei einem Leck oder das Design von Schiffsschrauben - denn schon kleine Fehler können hier zu großen Schäden führen.

Millimeterarbeit in hauseigener „Werft“
In einem Windkanal wird unter anderem das Verhalten der Schornsteine auf Kreuzfahrtschiffen getestet. Dazu werden auch die Schiffsdecks im Detail nachgebaut. Nur so kann man ausschließen, dass die Schornsteine später die Passagiere einnebeln, etwa wenn es einmal stürmisch wird. Weil die Schiffe oft die neuesten Protoypen sind, gilt hier strenge Geheimhaltung.

Gebaut werden die Schiffsmodelle für die Versuche in der hauseigenen Werkstatt - eine Millimeterarbeit. „Wir bauen bei den größeren Modellen in Maßstäben von 1:10 oder 1:80, und wenn man da einen Millimeter multipliziert, gibt das schon viel her. Da muss man genau sein“, so Modelltischler Jörg Enzfelder.

Branchenriese trotz Mini-Besatzung
16 Mitarbeiter hat die Firma, bei der Konkurrenz sind es oft mehrere hundert. Trotzdem sei man unter den wichtigsten fünf in Europa, gerade weil man so klein sei, erzählt Direktor Clemens Strasser: „Wir können relativ rasch reagieren und können die Services relativ schnell anbieten. Von der Bestellung bis zum Versuch vergehen maximal drei Wochen.“ Man sei damit viel flexibler als größere Versuchsanstalten.

Die Kunden sind große Schiffshersteller, wie Aida oder MSC. Rund zwei Millionen Euro Umsatz macht das Unternehmen im Jahr. Viele der getesteten Schiffe würden gerade erst entwickelt, sagt Strasser, andere müssten umgebaut oder verbessert werden. Auch die Costa Concordia ist in der Versuchsanstalt übrigens einst getestet worden, aber die Fehler des Kapitäns lassen sich nicht simulieren - mehr dazu in news.ORF.at.


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Das Laborbecken wird auf Knopfdruck zum Meer

Schiffe getestet werden im Brigittenauer Labor schon seit mehr als hundert Jahren - gegründet wurde die Versuchsanstalt bereits 1912. „Da hat Österreich die drittgrößte Flotte der Welt gehabt und man hat sich gedacht, man braucht eine Versuchsanstalt, die diese Schiffe testen kann“, so Direktor Strasser.

Drei Standorte seien damals zur Wahl gestanden: Triest, Pula und eben Wien. „Man hat sich letztendlich für Wien entschieden, weil das näher zu den Kriegsmagistraten und dem Kriegsministerien war“, erzählt Strasser. Die Designs der Schiffe mögen sich seit damals stark verändert haben - vieles in der Versuchsanstalt selbst ist hingegen alles andere als neu: Die Ausrüstung stammt großteils noch aus dem Gründungsjahr.

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Publiziert am 22.04.2018














http://wien.orf.at/news/stories/2908297/
 
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