Auf Gelände des LKH in Hall
In Tirol ist auf dem Gelände der Psychiatrie des Landeskrankenhauses in Hall ein Gräberfeld mit NS-Opfern entdeckt worden, wie am Montag bekanntwurde. Die rund 220 Personen sollen großteils dem NS-„Euthanasie“-Programm zum Opfer gefallen sein. Ein auf dem Gelände geplantes Bauprojekt wurde sofort gestoppt. Experten sollen nun die Identität der Toten herausfinden und das Gräberfeld historisch aufarbeiten. Die Opfer waren zwischen 1942 und 1945 bestattet worden.
Opfer des NS-„Euthanasie“-Programms
In Tirol ist ein Gräberfeld mit Überresten von etwa 220 Personen entdeckt worden, die dem NS-„Euthanasie“-Programm zum Opfer gefallen sein dürften. Nach Angaben des Landeskrankenanstaltenbetreibers TILAK befindet sich das Gräberfeld im Bereich der Psychiatrie des Landeskrankenhauses in Hall.
Ein dort geplantes Bauprojekt sei vorerst gestoppt worden. Eine Expertenkommission soll zunächst den Fund aufarbeiten. Laut TILAK sollte für das Projekt eigentlich der alte Anstaltsfriedhof ausgegraben werden. Im Zuge der Vorbereitungen hätten Nachforschungen dann aber ergeben, dass die Verstorbenen zwischen 1942 und 1945 bestattet worden seien. Es bestehe der Verdacht, dass die Toten „zumindest teilweise“ Opfer des NS-„Euthanasie“-Programmes seien.
Die laufenden Arbeiten seien vorerst gestoppt worden. Nach Angaben der TILAK habe es bisher keine Grabungsarbeiten gegeben. Eine Expertenkommission sei eingerichtet, um den Fund aufzuarbeiten. Dazu gehöre die Identifizierung der Toten, die wissenschaftlich korrekte Bergung des Friedhofs, die geschichtliche Aufarbeitung und die Klärung rechtlicher Fragen.
Historiker: Zahl „exorbitant hoch“
Der Innsbrucker Historiker Horst Schreiber sagt, dass die Zahl von 220 Toten „exorbitant hoch“ sei. Bisher sei man von rund 100 Opfern ausgegangen. Schreiber erklärt, dass bereits seit einigen Jahren der Verdacht bestehe, dass man während dieser Zeit Hunderte Menschen in Hall verhungern habe lassen. Gerichtsmediziner müssten nun die Todesursache klären. Das sei auch nach so vielen Jahren möglich, sagt Schreiber.
Sollte sich herausstellen, dass die Opfer in Hall mit Giftspritzen getötet wurden, sei das für die Historiker völlig neu. Es hätte zwar Pläne für ein „Euthanasie“-Programm mit Giftspritzen für Hall gegeben, diese wurden aber damals von der NS-Führung abgelehnt, sagt der Historiker Schreiber.
30.000 Menschen in Schloss Hartheim ermordet
In Österreich gilt Schloss Hartheim in Alkoven (Bezirk Eferding) in Oberösterreich als bekannteste und wissenschaftlich am besten aufgearbeitete nationalsozialistische „Euthanasie“-Anstalt. In Hartheim, das von 1940 bis 1944 die „Euthanasie“-Anstalt betrieb, wurden nahezu 30.000 körperlich und geistig beeinträchtigte sowie psychisch kranke Menschen ermordet. Sie waren teils Bewohner der Landesheil- und Pflegeanstalten, teils arbeitsunfähige Häftlinge aus den Konzentrationslagern Mauthausen, Gusen und Dachau sowie Zwangsarbeiter.
1995 wurde der Verein Schloss Hartheim mit dem Ziel gegründet, einen angemessenen Ort der Erinnerung, des Gedenkens und der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu schaffen. 2003 schließlich wurde mit einer Gedenkstätte und der Ausstellung „Wert des Lebens“ der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim aus Mitteln des Landes und Bundes errichtet. Er dient der Reflexion über Voraussetzungen und Folgewirkungen der NS-„Euthanasie“ und Eugenik und dokumentiert die Geschehnisse im Nationalsozialismus. Zudem werden in Hartheim die Denkmuster und Ideen dargestellt, die in immer wieder neuen Ausformungen entstehen und wirksam werden können. Der Gedenkort thematisiert darüber hinaus den heutigen Umgang der Gesellschaft mit beeinträchtigten Menschen.
Hitlers „Euthanasie“-Erlass
Rückdatiert auf den Kriegsbeginn am 1. September unterschrieb Hitler im Oktober 1939 ein fatales Dokument: den „Euthanasie“-Erlass. Demnach konnte „nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden“.
Es war das Todesurteil für rund 300.000 psychisch kranke und behinderte Menschen. Sie fielen der systematischen NS-Tötungsmaschinerie zum Opfer, weil ihr Leben nach Maßstäben der Nazi-Ideologen „lebensunwert“ war. Zynischerweise trug der Massenmord die Bezeichnung „Euthanasie“ - griechisch: schöner, leichter Tod. Jahrzehntelang blieben nach dem Krieg der Massenmord an den Behinderten und die rund 400.000 Zwangssterilisationen im Dritten Reich weitgehend ein Tabuthema.
In Tirol ist auf dem Gelände der Psychiatrie des Landeskrankenhauses in Hall ein Gräberfeld mit NS-Opfern entdeckt worden, wie am Montag bekanntwurde. Die rund 220 Personen sollen großteils dem NS-„Euthanasie“-Programm zum Opfer gefallen sein. Ein auf dem Gelände geplantes Bauprojekt wurde sofort gestoppt. Experten sollen nun die Identität der Toten herausfinden und das Gräberfeld historisch aufarbeiten. Die Opfer waren zwischen 1942 und 1945 bestattet worden.
Opfer des NS-„Euthanasie“-Programms
In Tirol ist ein Gräberfeld mit Überresten von etwa 220 Personen entdeckt worden, die dem NS-„Euthanasie“-Programm zum Opfer gefallen sein dürften. Nach Angaben des Landeskrankenanstaltenbetreibers TILAK befindet sich das Gräberfeld im Bereich der Psychiatrie des Landeskrankenhauses in Hall.
Ein dort geplantes Bauprojekt sei vorerst gestoppt worden. Eine Expertenkommission soll zunächst den Fund aufarbeiten. Laut TILAK sollte für das Projekt eigentlich der alte Anstaltsfriedhof ausgegraben werden. Im Zuge der Vorbereitungen hätten Nachforschungen dann aber ergeben, dass die Verstorbenen zwischen 1942 und 1945 bestattet worden seien. Es bestehe der Verdacht, dass die Toten „zumindest teilweise“ Opfer des NS-„Euthanasie“-Programmes seien.
Die laufenden Arbeiten seien vorerst gestoppt worden. Nach Angaben der TILAK habe es bisher keine Grabungsarbeiten gegeben. Eine Expertenkommission sei eingerichtet, um den Fund aufzuarbeiten. Dazu gehöre die Identifizierung der Toten, die wissenschaftlich korrekte Bergung des Friedhofs, die geschichtliche Aufarbeitung und die Klärung rechtlicher Fragen.
Historiker: Zahl „exorbitant hoch“
Der Innsbrucker Historiker Horst Schreiber sagt, dass die Zahl von 220 Toten „exorbitant hoch“ sei. Bisher sei man von rund 100 Opfern ausgegangen. Schreiber erklärt, dass bereits seit einigen Jahren der Verdacht bestehe, dass man während dieser Zeit Hunderte Menschen in Hall verhungern habe lassen. Gerichtsmediziner müssten nun die Todesursache klären. Das sei auch nach so vielen Jahren möglich, sagt Schreiber.
Sollte sich herausstellen, dass die Opfer in Hall mit Giftspritzen getötet wurden, sei das für die Historiker völlig neu. Es hätte zwar Pläne für ein „Euthanasie“-Programm mit Giftspritzen für Hall gegeben, diese wurden aber damals von der NS-Führung abgelehnt, sagt der Historiker Schreiber.
30.000 Menschen in Schloss Hartheim ermordet
In Österreich gilt Schloss Hartheim in Alkoven (Bezirk Eferding) in Oberösterreich als bekannteste und wissenschaftlich am besten aufgearbeitete nationalsozialistische „Euthanasie“-Anstalt. In Hartheim, das von 1940 bis 1944 die „Euthanasie“-Anstalt betrieb, wurden nahezu 30.000 körperlich und geistig beeinträchtigte sowie psychisch kranke Menschen ermordet. Sie waren teils Bewohner der Landesheil- und Pflegeanstalten, teils arbeitsunfähige Häftlinge aus den Konzentrationslagern Mauthausen, Gusen und Dachau sowie Zwangsarbeiter.
1995 wurde der Verein Schloss Hartheim mit dem Ziel gegründet, einen angemessenen Ort der Erinnerung, des Gedenkens und der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu schaffen. 2003 schließlich wurde mit einer Gedenkstätte und der Ausstellung „Wert des Lebens“ der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim aus Mitteln des Landes und Bundes errichtet. Er dient der Reflexion über Voraussetzungen und Folgewirkungen der NS-„Euthanasie“ und Eugenik und dokumentiert die Geschehnisse im Nationalsozialismus. Zudem werden in Hartheim die Denkmuster und Ideen dargestellt, die in immer wieder neuen Ausformungen entstehen und wirksam werden können. Der Gedenkort thematisiert darüber hinaus den heutigen Umgang der Gesellschaft mit beeinträchtigten Menschen.
Hitlers „Euthanasie“-Erlass
Rückdatiert auf den Kriegsbeginn am 1. September unterschrieb Hitler im Oktober 1939 ein fatales Dokument: den „Euthanasie“-Erlass. Demnach konnte „nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden“.
Es war das Todesurteil für rund 300.000 psychisch kranke und behinderte Menschen. Sie fielen der systematischen NS-Tötungsmaschinerie zum Opfer, weil ihr Leben nach Maßstäben der Nazi-Ideologen „lebensunwert“ war. Zynischerweise trug der Massenmord die Bezeichnung „Euthanasie“ - griechisch: schöner, leichter Tod. Jahrzehntelang blieben nach dem Krieg der Massenmord an den Behinderten und die rund 400.000 Zwangssterilisationen im Dritten Reich weitgehend ein Tabuthema.