Triftanlagen - Schwemmkanäle

#1
Ich wohne in Wien, bin Pensionist und erforsche Schiffs- und Schwemmkanäle. Darüber gibt's auch schon drei Bücher von mir, über den Wiener Neustädter Kanal, über den Schwarzenbergischen Schwemmkanal und über den "Raxkönig" Georg Hubmer.
Ich muss zugeben, dass ich bei jedem Treffen immer wieder Neues erfahre und entdecke, deswegen bin ich auch hier im Forum gelandet.
Bitte auch um Nachsicht, wenn ich noch nicht alles so zusammenbringe, wie es sich in einem Forum gehört.
LG Fritz
 

josef

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#2
Hallo Fritz,
zuerst einmal das obligatorische "herzliche Willkommen" im Forum!

Du "beackerst" da ein sehr interessantes Themengebiet! Zum "Wiener Neustädter Kanal" bzw. dessen Umfeld haben wir ja schon Beiträge im Forum. Zum "Schwarzenbergischen Schwemmkanal" im Dreiländer-Eck um den Plöckenstein im Böhmerwald und die Holzbringungsanlagen von Hubmer im Raxgebiet sind mir hier noch keine Beiträge untergekommen. Soweit mir bekannt, hat G. Hubmer sogar einen Tunnel geschlagen, um Holz von der Steiermark nach NÖ. bzw. weiter Richtung Wien zu schwemmen...

Ein Beitrag bzw. Beiträge darüber würden sicher auf Interesse stoßen, unter "Transport- und Verkehrswege in Österreich" ist genug Platz vorhanden :)
Bitte auch um Nachsicht, wenn ich noch nicht alles so zusammenbringe, wie es sich in einem Forum gehört.
Keine Angst, bei Problemen helfen wir schon weiter...

lg
josef
 
#3
Ja, dieser Schwemmtunnel von Georg Hubmer wird immer wieder zitiert und oft auch falsch. Wenn ich es zusammenbringe, dann hänge ich auch mal ein paar Bilder an meinen Beitrag, weiß aber noch nicht, wie das geht und wie man die richtige Größe einstellt.
Nur kurz soviel: Er ging nicht von der Steiermark nach Niederösterreich sondern vom damaligen Viertel ober dem Wienerwald in das Viertel unter dem Wienerwald (vom Mostviertel zum Industrieviertel). Die in der Biedermeierliteratur angegebenen Daten, die bis heute immer wieder übernommen wurden, dürften falsch sein, denn mehrmalige GPS-Messungen haben gezeigt, dass er viel kürzer war als berichtet.
Aber kennt einer der Leser hier den Schwemmtunnel im Weinsberger Forst, die "Berglucken"?
Demnächst also mehr.
LG
Fritz
 
#4
Holzschwemmtunnel "Berglucken" usw.

Hier also einmal drei Bilder von der "Berglucken", die zum Thema "unterirdisch" sicher gut passen. Die Berglucken war wahrscheinlich der erste Tunnel in Österreich, der für eine Holzschwemme errichtet wurde. Er wurde beim Bau der Weitenbachschwemme für Joseph von Fürnberg gesprengt, um Wasser einer Ysperquelle in den Weitenbach umzuleiten. Er war rund 200 Meter lang und wurde 1782 vollendet. Der angehängte Plan zeigt die Situation. Der Stollen ist vermutlich schon bald nach dem Ende der Schwemme 1811 eingestürzt und nur die tiefen Einschnitte davor und danach erinnern daran.
Für jene, die die Reste der Berglucken suchen wollen: Die Autobuslinie zwischen Gutenbrunn und Bärnkopf hat eine Haltestelle "Berglucken", von der die Einschnitte leicht zu finden sind.
Der Endpunkt der Weitenbachschwemme war beim Schloss Luberegg, vor dem die Scheiter gestapelt und dann auf Donauschiffe Richtung Wien verladen wurden.
LG
Fritz

Basiskarte: Austrian Map Fly 4
 

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josef

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#5
Weinsberger Forst

Fritz, besten Dank :bravo:
Der Endpunkt der Weitenbachschwemme war beim Schloss Luberegg
Dort sind heute noch Leuchttürme an der ehemaligen Donaulände (heute Altarm) zu sehen. Diese dienten zum Ausleuchten des Holzumschlagplatzes Schloss Luberegg – Wikipedia

Die Transportrichtung der Holzbringung aus dem riesigen Waldgebiet änderte sich nach der Ansiedlung eines Sägewerkes 1877 in Gutenbrunn (Kronprinz-Rudolf Dampfsäge). Nach Fertigstellung der Bahnstrecke Schwarzenau-Zwettl-Martinsberg im Jahre 1906 wurde am Endbahnhof in Martinsberg verladen. Ab 1919 wurde das Sägewerk Gutenbrunn als "Körner-Werke AG" zu einem Großbetrieb der Branche mit zeitweise über 500 Beschäftigten ausgebaut und das Waldgebiet mit einer über 30 km langen Waldbahn, Spurweite 760 mm erschlossen. Weiters wurde das Sägewerk Gutenbrunn und der Bahnhof Martinsberg mit einer Industriebahn verbunden (ebenfalls 760 mm Spurweite). Bedingt durch die damalige Wirtschaftskrise musste das große Sägewerk in Gutenbrunn 1933 den Betrieb einstellen. 1935 wurden die umfangreichen Waldbahnanlagen abgetragen, heute dienen Teilstrecken der ehemaligen Bahntrasse als Langlaufloipe...

Genauere Beschreibung, Streckenpläne und Bildmaterial zu der Waldbahn gibt es in den Büchern von

Manfred Hohn; Waldbahnen in Österreich - Band 1: Wien 1980 u.
Manfred Hohn; Waldbahnen in Österreich - Band 2; Wien 2003


lg
josef
 
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#8
Hallo Joe,
dann ist ja der "Ausgebrannte Stein" viel älter als die "Berglucken", allerdings auch viel kürzer! Diese dürfte aber mit Schwarzpulver gesprengt worden sein, das, wenn Wikipedia recht hat, schon um 1250 erwähnt wurde.
Ich kenne die Topografie nicht, aber gab es denn keine Möglichkeit, den Kanal am Hang zu führen, ohne den "Ausgebrannten Stein" durchzubrechen? Zum Beispiel wie bei einem "Gefluder" einer Mühle durch Aufständern eines Holztrogs, der um dieses Hindernis geführt wird?
Grüße,
Fritz
 
#10
Hallo Stoffi,
keine Angst und keine Verwirrung! Georg Hubmer stammt aus Gosau, hat zuerst 2 Jahre mit seinem Bruder Johann im Weinsberger Forst gearbeitet, dann 2 Jahre am Ötscher, dann 6 Jahre auf der Herrenalpe bei Lunz am See und zuletzt bis zu seinem Tod in Naßwald und am "Gscheidl". Die Geschichten um Naßwald sind mit vielen Legenden garniert, aber ein wahrer Kern stimmt!
Du kannst ja einmal auf dem Link in Wikipedia nach unten scrollen und findest dort den Link auf mein Buch über seine Lebensgeschichte.
LG,
Fritz (Lange)
 

josef

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#13
Bärnkopf - Weinsberger Forst

Ein paar Bilder aus der Vorwoche als Ergänzung zu Beitrag #4 von @FriLa zur Holzbringung mittels Schwemmkanälen usw. aus dem "Weinsberger Forst" zur Donau:

Der Schlesinger-Teich bei Bärnkopf wurde vor ca. 200 Jahren ebenfalls zum Zwecke der "Holzschwemme" errichtet. Das zu transportierende Holz wurde dabei auf einer Strecke über ca. 20 km von 900 m Seehöhe ins ca. 230 m hoch gelegene Donautal "runtergeschwemmt". Mittels eines Dammes mit einer Wehranlage wurde das Wasser von einigen Bächen zum idyllisch gelegenen "Schlesinger Teich" aufgestaut und zum "Schwemmen" durch öffnen des Wehres abgelassen... (-> ähnlich einer "Klause").
 

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Joe

Fehlerkramrumschlager a. D. :)
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#16
Hallo Joe,
dann ist ja der "Ausgebrannte Stein" viel älter als die "Berglucken", allerdings auch viel kürzer! Diese dürfte aber mit Schwarzpulver gesprengt worden sein,
Gerade erst gesehen... Entschuldigung.

Der "Ausgebrannte Stein" heißt so, weil er durchs "Feuersetzen" ausgehöhlt wurde.
Der Stein wurde also heiß gemacht und dann mit Wasser abgeschreckt. Dadurch platzte ein Teil des harten Steins ab bzw. wurde so mürbe, dass man mit Schlägel und Eisen arbeiten konnte.
Gruß
Joe
 
#17
Bergluckn...

Es ist eine reizvolle und naheliegende Idee, dass Hubmer bei der Bergluckn mit der Idee zu einem Schwemmstollen konfrontiert wurde, die er dann später am Gscheidl selber in Angriff nahm.
Weiß da jemand etwas genaueres? Fakt ist, Hubmer war dort. Und der Bergluckn-Tunnel ist noch gut erkennbar; Länge ziemlich genau 200m.
Apropos, @ Fitz: Auf welche überlieferte Länge des (ersten) Hubmer-Stollen beziehst du dich wenn du sagst, die reale Länge war wesentlich kürzer? Ich bin da einmal wie ein Verrückter (Ansicht meiner Kinder) durch den Wald geklettert und gekrochen und habe mit GPS so ca. 350m gemessen (ich müsste die Originaldaten jetzt suchen). Der zweite Stollen, der war nach meiner Erinnerung so bei 450m und damit wesentlich kürzer als die manchmal kolportierten 750 (?) Meter.
 

josef

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#18
Hallo @Forscherlein,
ein herzliches Willkommen im Forum und besten Dank für die "Einstiegsbeiträge"!
Zur Klärung der Fragen an @FriLa sende diesen bitte eine PN, Fritz war schon einige Monate hier nicht aktiv...

lg
josef
 
#19
Zum Schlesingerteich passen thematisch auch die beiden Rosenhofer Teiche bei Sandl im Mühlviertel, knapp an der Grenze zu NÖ in der Nähe der B38. Es handelt sich hierbei auch um Holzschwemmstauteiche, deren Abflüsse in die Waldaist und dann Aist münden (Es gab da ein Problem beim Hochwasser 2002, als deren Dämme zu bersten drohten, und das gesamte Aisttal (wieder) evakuiert werden musste. Mit Sandsäcken konnten aber die Dämme soweit stabilisiert werden, dass die Gefahr einer großen Flutwelle gebannt werden konnte).
 

josef

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#20
Ysperklamm - ehemalige Holzschwemmstrecke "Ysperschwemme"

Wie in vorigen Beiträgen bereits beschrieben wurden große Mengen an Brennholz für die Versorgung der Großstadt Wien, bis in die 1930iger Jahre des vorigen Jahrhunderts, am Wasserweg transportiert. So auch aus den ca. 800 – 1.100 Meter hoch gelegenen riesigen Forsten des „Weinsberger Waldes“ im Grenzbereich des Wald- und Mühlviertels.

Eine solche historische „Schwemmstrecke“ führte auf der „Großen Ysper“ über ca. 25 km Länge vom in ca. 850 m Seehöhe gelegenen „Ödteich“ durch die Ysperklamm auf rund 550 m und dann durch das Yspertal südwärts um bei „Ysperdorf“ (auf einigen Karten auch mit I statt Y geschrieben…) auf ca. 240 m Höhe die Donau zu erreichen.

Bereits 1599 wurde auf der Hochfläche oberhalb der Ysperklamm ein Damm errichtet, wodurch der Ödteich entstand. Das in den Wäldern geschlägerte Holz wurde im Winter zum Teichufer gebracht, dort geschnitten und aufgestapelt. Bis zum Frühjahr jeden Jahres wurde das Wasser im Teich aufgestaut und im März zur „Holzschwemme“ wieder abgelassen. So wurden die 70 – 75 cm langen „Klafterscheiter“ durch die Klamm ins Tal und weiter in ca. 5 Stunden zur Donau geschwemmt. Die letzte derartige „Triftung“ fand 1929 statt.

Auf einer Schautafel am oberen Beginn der Ysperklamm ist zu lesen:
Bei der Holztrift ging es alles andere als romantisch zu! Sobald die Scheiter die Klamm erreichten, stürzten sie mit Getöse über die Felsabhänge hinunter, wurden teilweise hoch in die Luft geschleudert, überschlugen sich mehrmals, andere wieder sausten wie Geschosse an dem Hilfspersonal vorbei… Manchmal musste auch Dynamit eingesetzt werden, um Verklausungen zu lösen. Ungefähr 50.000 Raummeter Holz wurden pro Schwemmsaison zur Donau transportiert. Bis zu 500 Menschen waren bei dieser gefährlichen Arbeit beschäftigt.

Im Frühjahr 1956 sammelte sich bei der Schneeschmelze im "Ödteich" so viel Wasser, dass der Damm brach und sich die Wassermassen durch die Klamm ins Tal ergossen. Während nach dieser Flut in der Ysperklamm die schwer beschädigten Steig- und Brückenanlagen wieder instand gesetzt wurden, unterblieb die Instandsetzung des "Ödteichdammes". Die ehemalige Teichfläche ist heute bewaldet und wird nur mehr vom Gerinne der Großen Ysper durchzogen…

Fotos Teil 1: (Alle Aufnahmen vom 22.09.2015)

1. GE-Bild vom Bereich der Schwemmstrecke vom Ödteich bis zur Donau.
2. Info-Tafel auf 850 m Seehöhe oberhalb der Klamm.
3. Altes Bild des ehemaligen „Ödteiches“ auf der Info-Tafel.
4. Wald am ehemaligen Teichgrund.
5. Blick vom Rest der Dammkrone auf den Teichgrund.
6. Einige „Klafterscheite“ als Schaustücke…
 

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