Original geschrieben von indy
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@PeMü
Wie kommst Du darauf... ohne Reaktor keine Bombe (meine Meinung).
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hi philip,
die ersten hypothetischen (da keine beweise für deren existenz vorliegen) deutschen leistungsreaktoren dürften aus technologischen gründen schwerwassermoderiert gewesen sein. bei deuterium liegt die neutronenabsorptionsrate (neigung zum einfangen thermischer neutronen in relativen einheiten) bei 1!!!!! damit ist deuterium in form von deuteriumoxid (schweres wasser) der beste verfügbare moderator. mit diesem moderator läßt sich auch das nur zu 0,7% im natururan (U238) vorhandene isotop U235 als spaltstoff in einem reaktor nutzen. nur U235 läßt sich bekanntlich spalten. ein mit D2O moderierter reaktor wird also auch bei natururan kritsch => das dürfte daher auch die erste deutsche leistungsreaktorvariante gewesen sein. kohlenstoff C-12 würde unter bestimmten umständen ebenfalls als moderator in einem derartigen "natururan"-reaktor nutzbar sein, da die neutronenabsorptionsrate bei diesem element bei 10 liegt. bei enrico fermis angeblich welterstem reaktorversuch mit dem versuchsreaktor CP-1 unter einer tribüne im stadion von chicago (lt. gängiger geschichtsschreibung) am 2. dezember 1942 wurde ebenfalls graphit (40 000 graphitblöcke) als moderator benutzt. im kern waren ca. 30t natururan eingebracht. es wurde bei fermis reaktor keine energie ausgekoppelt, der reaktor diente nur versuchszwecken. der nachweis gelang, da der reaktor wie gewünscht kritisch wurde.
bei leichtwasserreaktoren würde das alles nicht funktionieren, da wasserstoff eine neutronenabsorptionsrate von 650 besitzt. um in diesem fall den neutronenverlust zu kompensieren, muß der anteil von U235 im spaltstoff auf 2 bis 4% erhöht werden.
ich denke, es lag damals in deutschland wahrscheinlich schon im bereich des technisch machbaren, den für heterogene leichtwasserreaktoren benötigten anreicherungsgrad von 2 bis 4% mittels UF6 und dem gasdiffusionsverfahren, dem energiegünstigeren ultrazentrifugen-trennverfahren oder dem trenndüsenverfahren zu erzielen. eindeutige beweise für diese these fehlen aber!
wie oben bereits beschrieben, dürften die ersten deutschen leistungsreaktoren (siederohr- / siedewasser- oder druckwasserreaktoren) aber zur umgehung der technologischen schwierigkeiten bei den anreicherungsverfahren nicht mit angereichertem uran, sondern nur mit natururan als spaltstoff und schwerem wasser als moderator konzipiert gewesen sein.
zu deinen atombomben:
für eine U235-atombombe benötigt man aufgrund waffenphysikalischer prinzipien einen anreicherungsgrad von >90%, besser noch >99%. um über die trennverfahren auf eine genügend große menge U235 (kritische masse) zu gelangen, ist natürlich ein extremer technischer aufwand nötig. beim gasdiffusionsverfahren müssen z.B. 2500 stufen kaskadiert werden, um einen anreicherungsgrad von bis zu 4% zu erzielen. nach jeder stufe muß man das UF6 neu komprimieren, damit ist der energieaufwand sehr hoch.
beim zentrifugenverfahren müssen dagegen "nur" 10 bis 30 trennstufen kaskadiert werden. ABER => da der gasdurchsatz bei zentrifugen sehr gering ist, müssen viele zentrifugen parallel geschaltet werden. dabei sind dann insgesamt bis zu 150 000 zentrifugen im einsatz.
interessant ist das trenndüsenverfahren mittels UF6 und He. den vorgang muß man ca. 400 - 500 mal durchlaufen, um einen anreicherungsgrad von 2 - 4% zu erzielen.
aus diesen gründen favorisierst du offenbar den reichsdeutschen bau einer kernwaffe mit Pu239. dieses element kommt aber in der natur fast nicht vor und ist demzufolge in einem reaktor zu erbrüten. ABER => die erzeugung von Pu239/94 erfolgt durch einfangen eines neutrons aus U238/92 über U239/92 => Np239/93 zum isotop Pu239/94. diese kernumwandlung wird aber nur durch schnelle neutronen (E > 0,1 MeV) hervorgerufen. da in einem konventionellen reaktor (auch schwerwasser) der moderator bekanntlich dazu eingesetzt wird, um die schnellen neutronen zur spaltung der U235-kerne abzubremsen (E = 0,025 eV), gibt es damit eine diskrepanz in deiner gedankenkette reaktor = Pu239 = bombe.
in einem leichtwasserreaktor entstehen pro 1 kg uran während der üblichen einsatzzeit der brennelemente nur ca. 10g Pu239 => zum richtigen erbrüten mit der entsprechenden quantität ist also ein spezieller reaktortyp notwendig => der schnelle brutreaktor. schnell bezieht sich hier auf die verwendung von schnellen neutronen. der reaktorkern ist bei diesem reaktortyp wesentlich kompakter aufgebaut. die spaltstoffkonzentration muß deutlich höher liegen als bei konventionellen leichtwasserreaktoren => damit scheidet also schon ein früher deutscher schwerwassermoderierter natururanreaktor aus.
da in diesem schnellen brutreaktor ausschließlich schnelle neutronen zur verwendung kommen, darf kein moderator benutzt werden. wasser als kühlmittel kommt auch nicht in frage, da es die neutronen ebenfalls zu schnell auf niedrige geschwindigkeiten abbremst (moderiert). des weiteren könnte wasser die extremen wärmemengen, die durch die hohe spaltstoffkonzentration im reaktorkern entstehen, nicht schnell genug abführen.
aus diesem grund wird ein derartiger reaktor flüssigmetallgekühlt. man verwendet natrium, dessen schmelzpunkt bei 98°C und dessen siedepunkt bei 883°C liegt. ein kleiner vorteil von natrium => natrium siedet nicht bei den entstehenden reaktortemperaturen => der entstehende druck ist mit ca. 10bar im primärkreislauf (radioaktiv) relativ gering.
in den brennelementen dieses speziellen reaktortyps wird nun ein teil des nicht spaltbaren U238 durch schnelle neutronen in spaltbares Pu239 umgewandelt (erbrütet).
du siehst, die technische realisierung eines brutreaktors ist die hohe schule des reaktorbaus. meiner meinung nach war das in den anfangszeiten der deutschen reaktortechnologie mitte der 40iger jahre noch nicht machbar. man sammelte noch jede menge erfahrungen mit dem bau konventioneller siedewasser- oder druckwasserreaktoren. damit dürfte sich eine deutsche Pu239-bombe auch etwas relativieren.
ich halte es aber durchaus für möglich, daß man um 1944 schon den weltersten leistungsreaktor (siederohr- / siedewasser- oder druckwasserreaktor) in deutschland baute, der über eine dampfturbine + generator elektrische energie erzeugte. offiziell wird ja behauptet, daß erst am 20. dezember 1951 im US-bundesstaat idaho mit dem versuchsreaktor EBR1 das 1. mal elektrische energie aus der kernspaltung gewonnen wurde. ich habe so ein gefühl, daß das nicht stimmt und nur zur wahrung des gesichtes der amerikaner veröffentlicht wurde. die amis (und die russen) haben mit großer sicherheit genaue unterlagen der damaligen zeit, die beschreiben, welche deutschen projekte bereits erfolgreich realisiert wurden. in den vergangenen 58 jahren war für die russen / amis genügend zeit, entsprechende realisierte prototypen in deutschland rückbauen zu lassen => damit gibt es natürlich auch keinen körperlichen beweis mehr für diese überlegungen.
glück auf
peter