Werner Heisenberg

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hebbel

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#41
Also wieder nix...:lol1:
Soll ich Dirs mit Buntstiften aufmalen? Es geht hier vordergründig um die Person Werner Heisenbergs und nicht um das A-Bumsengeschwurbel. Dafür gibt es hier im Forum genügend Threads.
Aber danke für den Hinweis, daß man in Heisenberg Privatkorrespondenz während des Krieges nichts bezüglich der A-Bombenfrage finden kann. Da wäre hier bestimmt niemand darauf gekommen.

Heisenberg konnte bezüglich seiner wissenschaftlichen Reputation schon sehr gut selbst auf sich aufpassen.

Ein Brief Heisenbergs an Goudsmit vom 3. Oktober 1948

"Lieber Goudsmit,
Haben Sie vielen Dank für Ihren Brief. Es ist ja immer leichter, sich über Tatsachen als über Motive zu verständigen, und ich war daher sehr froh darüber, daß Sie sich jetzt durch Studium der Geheimberichte davon überzeugt haben, daß wir tatsächlich seit 1940 wußten, daß man aus einem Pile einen Atomsprengstoff gewinnen kann (Weizsäcker, Houtermans), und daß wir seit 1942 (Luftwaffenbericht) auch wußten, daß es sich dabei im das Element 94 (Pu) handelt. An dieser Feststellung liegt mir viel, denn sie tangiert die entscheidende Behauptung Ihres Buches, mit der Sie, soviel ich sehe, die Gesamtstimmung des Buches begründet haben. Im Text Ihres Buches stehen ja (S. 138/139) die folgenden Sätze:

"It was not until more than a full day alter the first announcement of Hiroshima that Heisenberg began to understand how he and his colleagues had completely missed the basic principle of the atom bomb. It was only then that he finally came to understand that we had used the uranium pile merely to produce material - plutonium - and out of this new substanoe had made the bomb. The pile itself was never intended to be a bomb.
Heisenberg called his colleagues together and explained to them what it was all about. They ware amazed, and crestfallen. It was all so simple. How could
they ever have missed it? And how could they ever survive such a blow to German scientific prestige?
Heisenberg spoke to an Associated Press reporter about "Germany's uranium pile, which I was building up to create energy for machines and not for bombs ... As the world now knows, the explosive, plutonium, is produced in such a uranium pile."

Heisenberg's statement is a beautiful example of how to use half-truths. It is true that the German scientists were working on a uranium machine and not the bomb, but it is true only because they failed to understand the difference between the machine and the bomb. The-bomb was what they were after.
And what the whole world knows now about plutonium, the German scientists did not know until they were told about it after Hiroshima."
...
Es kommt mir, wie ich schon sagte, sehr darauf an, daß Sie einsehen, daß diese Sätze wirklich falsch sind. Die richtige Formulierung wäre etwa gewesen:
"Die deutschen Physiker kannten den Unterschied zwischen Uranmaschine und Atombombe. Sie wußten auch seit 1940 von der Möglichkeit, Atomsprengstoff aus dem Uranbrenner zu gewinnen und wußten seit 1942, daß es sich um das Element 94 (PU) handelt. Sie wußten wenigstens soviel über die Herstellung und die Konstruktion von Atombomben, daß sie sich darüber klar waren, daß die Herstellung von Bomben in Deutschland während des Krieges nicht gelingen konnte. Aus diesem Grund blieb ihnen die moralische Entscheidung, ob sie Atombomben machen sollten erspart, und sie haben nur an der Uranmaschine gearbeitet."

[Heisenberg bleibt "verbissen" "am Ball. :D]

In der Plutoniumfrage haben Sie in Ihrem letzten Brief zugegeben, daß diese Formulierung richtig gewesen wäre. Hinsichtlich der schnellen Neutronen und damit des Unterschiedes zwischen Uranbrenner und Bombe machen Sie noch Vorbehalte.

[Er bittet dann Goudsmit, einen Geheimbericht Houtermans - Kettenreaktionen durch Kernspaltung mit schnellen Neutronen - zu studieren. Und so weiter...So ging auch diese Freundschaft* zu Ende, was sich hier schon andeutet->]

"Zu dem übrigen Inhalt Ihres Briefes möchte ich im Augenblick ungern etwas schreiben, weil ich viele Formulierungen darin für unrichtig halte, aber durch eine kritische Diskussion nicht gerne die Gegensätze zwischen uns noch vermehren will."

--------------
* Goudsmit hat sich dahingehend geäußert. In seinem Antwortbrief an ein befreundetes Ehepaar (dieses hatte ihm mitgeteilt, daß Heisenberg zu Vorträgen in die USA einreisen werde, was ihnen unverständlich sei, da Heisenberg Nazi und Antisemit wäre) schreibt er, daß er Heisenberg schon lange kenne und ihm zum Freund wurde (he became a friend of mine). Er bezeichnet Heisenberg als Genie und tritt dem Nazivorwurf|irrtum entschieden entgegen. Sehr deutlich wendet er sich gegen den Vorwurf|Irrtum, Heisenberg sei antisemitsch eingestellt. Never ever...
Goudsmit macht Heisenberg in diesem Brief an das Ehepaar nur einen "Vorwurf: Dessen, seiner Meinung nach, "Überpatriotismus" ("Deutschland braucht mich."). Er beklagt dies regelrecht und stellt dies auch an den Angeboten dar, die Heisenberg aus den USA vor dem Krieg bekam. Goudsmit hätte Heisenberg offensichtlich gern auf der "richtigen" Seite gesehen und bedauerte dessen Entscheidung.

Quelle: Goudsmit

LG
Dieter
 
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hebbel

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#42
Das klingt ja bei GOUDSMIT schon versöhnlicher und vor allem sehr ehrlich und nachdenklich. Nicht so wie die "GOUDSMIT-Formel" "He saved physics, he did not save physicists" oder "He fought the Nazis not because they were bad, but because they were bad ... for German science", die er fast jedem deutschen Physiker zugedachte.
Die Fellows der Royal Society, Sir Nevill MOTT und Sir Rudolf PEIERLS haben einen Nachruf auf ihr Mitglied HEISENBERG verfasst und PEIERLS hatte das Manuskript GOUDSMIT geschickt und dessen Meinung zur Darstellung der Nazizeit und des Schaffens HEISENBERGs in dieser Zeit erbeten.

Aus dem Brief an PEIERLS:
"Armin HERMANN, den ich um seine Meinung gefragt hatte [1] behauptet, daß ich jetzt "softer" zu HEISENBERG bin, als in meinem 1947 geschriebenen Buch. Ich hatte Zeit nachzudenken. Ich glaube das wir ärgerlich darüber waren, daß dieser große Physiker, unser Idol, nicht besser war wie wir selbst, daß er nicht die humanitäre Führungsrolle repräsentierte (einnahm), die wir erhofften. Tat das irgendwer unter unseren prominenten Kollegen? Zum Beispiel LAUE, BLACKETT oder FRANCK?"

[1]
Sehr interessant. Dr. Armin HERMANN hatte eine Biographie über HEISENBERG verfasst und stand zeitweise mit GOUDSMIT in Kontakt. GOUDSMIT hatte ihm seine Version eines Nachrufes geschickt. [Der war wirklich "brav", nachdenklich und (selbst)kritisch. Chapeau.]

[More interesting stuff coming soon. :D Die HOUTERMANS-Version über das ominöse Treffen HEISENERG - BOHR ist schon sehr interessant.]

LG
Dieter
 
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hebbel

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#43
Ich habe mal heute mal "Meine liebe Li!" und "Der Teil und das Ganze" angelesen. Ich bin sehr beeindruckt. Ich schau´mal, was sich in verkürzter Darstellung daraus gewinnen lässt.*

*Aber nur, weil man nicht alles lesen kann. :D Das lohnt sich wirklich.
Dieter
 
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hebbel

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#45
Joachim, in "Meine liebe Li! " ist soviel Liebe drin; ich denke, da muss ich nichts kommentieren/kolportieren. (Ich käme mir als Ferkel vor.)

Für den anderen "Kram". Ich bin dabei, es zu formulieren.

LG
Dieter
 
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hebbel

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#46
Die nachfolgenden Zitate und Wiedergaben sind dem Buch Werner HEISEMBERGs "Der Teil und das Ganze. Gespräche im Umkreis der Atomphysik.", Piper, ISBN 978-3-492-22297-6, 8. Auflage 2010 (1. Auflage August 1996) entnommen.

In der Wiedergabe enthalte ich mich bewußt wertender Kommentare.

Die Entscheidung, in Deutschland zu verbleiben

Kapitel 12 "Revolution und Universitätsleben (1933)"

"Als ich zu Beginn des Sommersemesters 1933 in mein Leipziger Institut zurückkehrte, war die Zerstörung schon im vollen Gange."
Mehrere seiner "tüchtigsten" Seminarteilnehmer hatten Deutschland bereits verlassen, andere trafen hierzu bereits Vorbereitungen. Auch sein "ausgezeichneter" Assistent Felix BLOCH hatte sich zur Auswanderung entschlossen. [Im Winter zuvor hatten Felix BLOCH, Werner HEISENBERG, Niels und Christian BOHR, sowie Carl Friedrich von WEIZSÄCKER noch einen gemeinsamen, längeren Ski/Winterurlaub in einer Hütte oberhalb Bayrischzell verbracht.]
Vor diesem Hintergrund stellte sich auch Werner HEISENBERG die Frage, ob sein Verbleib in Deutschland noch Sinn habe. Er führt als Beispiel für die Eingriffe in den Univeritätsbetrieb den Fall eines Fakultätskollegen, des Mathematikers LEVY [wahrscheinlich Prof. Dr. phil. Friedrich Wilhelm Daniel LEVI] an, der seines Postens enthoben wurde, obwohl er viele hohe Kriegsauszeichnungen erhalten hatte. Dies empörte insbesondere die jüngeren Fakultätsmitglieder wie Friedrich HAND [Sicher ist da Friedrich HUND, der mit HEISENBERG befreundet war, gemeint.], Carl-Friedrich BONHOEFFER und Bartel Leendert van der WAERDEN * [Zu van der WAERDEN s.a.hier.] Diese hatten erwogen, von ihren Stellungen zurückzutreten.

In der Folge ersuchte er Max PLANCK um eine Unterredung und fuhr nach Berlin.

PLANCK zeichnete gleich ein düsteres Bild. "Sie kommen, um bei mir Rat in politischen Fragen zu holen, aber ich fürchte, ich kann Ihnen keinen Rat mehr geben. Ich habe keine Hoffnung mehr, daß sich die Katastrophe für Deutschland und damit auch für die deutschen Universitäten noch aufhalten läßt."
Um das zu untermauern, berichtete Max PLANCK von einem Gespräch mit HITLER, welches er erst wenige Tage zuvor geführt hatte.
[Ich zitiere die Wiedergabe der PLANCKschen Bemerkungen durch W. HEISENBERG mal wörtlich, weil PLANCKs Einschätzungen ein Schlüssel zur Psyche HITLERs sind und weil Erich FROMM in seiner Psychoanalyse HITLERs zu den gleichen Schlüssen kommt und nachweist, daß dies bereits in HITLERs Jugend sichtbar angelegt war.]

"Ich hatte gehofft, ihm klarmachen zu können, welch enormen Schaden man den deutschen Universitäten und insbesondere auch der physikalischen Forschung in unserem Lande zufügt, wenn man die jüdischen Kollegen vertreibt; wie sinnlos und zutiefst unmoralisch eine solche Handlungsweise wäre, da es sich ja zum größten Teil um Menschen handelt, die sich völlig als Deutsche fühlen und die im letzten Kriege so wie alle ihr Leben für Deutschland eingesetzt haben. Aber ich habe bei Hitler keinerlei Verständnis gefunden - oder schlimmer, es gibt einfach keine Sprache, in der man sich mit einem solchen Menschen überhaupt verständigen kann. Hitler hat, so schien mir, jeden wirklichen Kontakt mit der Außenwelt verloren. Er empfindet das, was der andere sagt, bestenfalls als eine lästige Störung, die er sofort übertönt, indem er immer wieder die gleichen Phrasen über die Zersetzung des geistigen Lebens in den letzten 14 Jahren, über die Notwendigkeit, diesem Verfall in letzter Minute Einhalt zu gebieten usw., deklamiert. Dabei hat man den fatalen Eindruck, daß er diesen Unsinn selber glaubt und sich die Möglichkeit dieses Glaubens eben durch das Ausschalten aller äußeren Einflüsse sozusagen mit Gewalt verschafft; denn er ist von seinen sogenannten Ideen besessen, er ist keinerlei vernünftigem Einspruch zugänglich und wird Deutschland in eine entsetzliche Katastrophe führen."

HEISENBERG berichtete dann über die Vorgänge in Leipzig. PLANCK war von der Erfolglosigkeit der demonstrativen Niederlegung der Professur von vornherein überzeugt. Seine Argumente lassen sich in der Überschätzung des Einflusses der Universitäten und der geistig geschulten Menschen, daß die Öffentlichkeit von diesem Schritt praktisch nichts erfahren würde, die Zeitungen, wenn überhaupt, nur in hämischen Ton berichten und daraus niemand ernsthafte Folgerungen ziehen würde, zusammenfassen. PLANCK führt das Gleichnis von der in Bewegung geratenen Lawine an, die man nicht mehr in ihrem Lauf beeinflussen kann.
Max PLANCK weiter: "Wieviel sie zerstören, wie viele Menschenleben sie vernichten wird, das ist durch die Naturgesetze schon entschieden, auch wenn man es noch nicht weiß. Auch Hitler kann den Lauf der Ereignisse nicht mehr wirklich bestimmen; denn er ist ja in einem viel höherem Maße ein von seiner Besessenheit Getriebener als ein Treibender. Er kann nicht wissen, ob die Gewalten, die er entfesselt hat, ihn schließlich hoch emporheben oder jämmerlich vernichten werden."
PLANCK legt HEISENBERG dar, daß ein Rücktritt, "bis zum Ende der Katastrophe" nur Auswirkungen auf ihn selber haben würde und alles was er tut, bestenfalls erst "nach dem Ende" wirksam wird. Das Wirken während der Zeit der Katastrophe in Hinblick auf das Ende und "das Danach", sieht PLANCK als zentralen Betrachungspunkt der Problemstellung an. Er argumentiert, daß HEISENBERG nach einem Rücktritt im günstigsten Falle eine Stellung im Ausland suchen müsste. "Was in ungünstigeren Fällen geschehen würde, will ich lieber nicht ausmalen." Er würde dann mit vielen anderen eine Stelle suchen müssen, vielleicht sogar einem Menschen in größerer Not die Stelle wegnehmen. Er wäre dort außer Gefahr und könnte ruhig arbeiten und nach dem Ende der Katastrophe mit gutem Gewissen, "nie Kompromisse mit den Zerstörern Deutschlands" geschlossen zu haben, nach Deutschland zurückkehren. Er gibt aber zu bedenken, daß während dieser Abwesenheit er selbst und die Menschen in Deutschland anders geworden sind, was dann hinsichtlich eines Wirkens nach dem Ende hinderlich wäre.

Max PLANCK entwickelt dann das gegenteilige Szenario des Verbleibs in Deutschland, aus dem HEISENBERG eine Aufgabe ganz anderer Art erwächst. Er betont nochmals, daß er, HEISENBERG, die Katastrophe nicht aufhalten kann und um des Überlebens willen immer wieder Kompromisse wird schließen müssen. Er kann versuchen, "Inseln des Bestandes" zu bilden, indem er junge Menschen um sich sammelt, ihnen zeigt, wie man gute Wissenschaft macht und dadurch auch die alten, richtigen Wertmaßstäbe vermittelt und bewahrt. Er, PLANCK, kann nicht wissen, wieviel von diesen "Inseln" nach der Katastrophe noch übrig sein wird, aber er sieht selbst in kleinsten Gruppen Kristallisationskeime für ein "Danach". Er ist der Meinung, daß alle, die etwas ausrichten können und nicht wegen rassischer Gesichtspunkte auswandern müssen, "versuchen sollten hierzubleiben und eine fernere Zukunft vorzubereiten." PLANCK sieht die Schwierigkeiten und Gefahren und ist sich durchaus bewußt, daß die eingegangenen Kompromisse später mit Recht vorgehalten und vielleicht auch bestraft werden würden. "Aber vielleicht muß man es trotzdem tun." Er würde es niemand verdenken, der sich anders entscheidet, weil er das Leben in Deutschland unerträglich findet, das Unrecht nicht mehr mit ansehen kann. "Aber in einer solchen entsetzlichen Situation, wie wir sie jetzt in Deutschland vorfinden, kann man nicht mehr richtig handeln." Bei jeder Entscheidung die man trifft, ist man am Unrecht in irgend einer Art und Weise beteiligt. Deshalb mache es auch keinen Sinn, Ratschläge zu geben oder anzunehmen. Das Gespräch endet mit dem nochmaligen Hinweis PLANCKs, daß er, HEISENBERG, nicht viel Unglück bis zum Ende der Katastrophe wird verhindern können. "Aber denken Sie bei ihrer Entscheidung an die Zeit, die danach kommt."

Natürlich entwickelte Werner HEISENBERG seine eigenen Szenarien, Gleichnisse und sonstigen Gedanken zur Frage des Auswanderns oder des Verbleibs, aber PLANCKs Argumentation leuchtete ihm ein: An die Zeit nach dem Ende denken, junge Leute sammeln, Inseln des Bestandes bilden, diese jungen Leute möglichst lebendig durch die Katastrophe bringen und nach dem Ende wieder neu aufbauen. Er dachte auch wiederum an die Kompromisse, wegen derer man später mit Recht bestraft werden würde - "und vielleicht noch Schlimmeres." Er sah das als eine klar gestellte Aufgabe, währen man "draußen" eigentlich überflüssig war, da es dort nur Aufgaben gab, die von anderen besser geleistet werden konnten. Als er nach Leipzig zurückkehrte stand sein Entschluß fest, wenigstens vorläufig an der Uni Leipzig zu verbleiben.

* Dazu gibt es noch etwas zu sagen. Das hängt mit der Goudsmit-Formel zusammen.

LG
Dieter
 
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hebbel

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#47
Hinsichtlich der Quelle gilt das im Vorpost Geschriebene.

Werner Heisenberg trifft seine persönlichen Vorbereitungen für den Kriegsfall

Kapitel 14 "Das Handeln des Einzelnen in der politischen Katastrophe (1937 - 1941)"

Das Kapitel beginnt mit einem Stimmungsbild, welches die Bedrückung polyglotter, geistig geschulter Menschen ausdrückt.
HEISENBERG erschienen die Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg, soweit er sie in Deutschland verbracht hatte, als eine Zeit unendlicher Einsamkeit. Er spürte die Isolation durch die anderen Länder und das sich nun im Ausland die Gegenkräfte zu formieren begannen. An eine Besserung der Zustände von innen heraus war nicht zu denken. Er spricht von der Vereinsamung des Einzelnen in Deutschland, die die Schwierigkeiten der Kommunikation, man verwendete eine vorsichtige, zurückhaltende Sprache, die mehr verschleierte als mitteilte, mit sich brachte. Die Begriffe der völligen Sinn- und Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und Demütigung fallen. Ihm wird klar, wie schwierig es werden wird, die im PLANCKschen Sinne selbstgestellte Aufgabe zu erfüllen. [Zweifellos befindet er sich in einer psychischen Krise, aber dann trat Elisabeth SCHUMACHER in sein Leben.]

Im Sommer 1938 musste er für zwei Monate Militärdienst bei den Gebirgsjägern in Sonthofen leisten und sie standen mehrfach mit allen Waffen bereit, in Richtung tschechische Grenze transportiert zu werden. Dies war ihm ein Hinweis auf kommendes.

Im Dezember 1938 "geschah in unserer Wissenschaft noch etwas ganz Unerwartetes". [Ich führe die Entdeckung der Kernspaltung deshalb an, weil dies sehr schnell Bedeutung erlangte.]

Werner HEISENBERG: "Wenn ein Schiff in einen Orkan fahren muß, so werden vorher die Luken dicht gemacht, Seile gespannt und alle beweglichen Teile festgebunden oder festgeschraubt, um dem Unwetter mit dem höchsten erreichbaren Grad von Sicherheit begegnen zu können."

Aus diesem Grund suchte er im Frühjahr 1939 für seine Familie ein Landhaus im Gebirge, in das Frau und Kinder flüchten könnten, "wenn die Städte zerstört würden." Den Blick von Terasse des Hauses in Urfeld kannte er schon aus Bildern des Vorbesitzers Lovis CORINTH.

Eine zweite Sache war noch zu erledigen. Er hatte viele Freunde in Amerika und verspürte das Bedürfnis, diese vor dem Krieg noch einmal zu sehen. Zudem hoffte er auf deren Mithilfe nach dem Ende der Katastrophe. So reiste er im Sommer 1939 in die Staaten ein und hielt Vorlesungen an den Universitäten von Ann Arbor und Chicago. [An diese Zeit erinnert sich auch GOUDSMIT. Auch wie er und FERMI versucht hatten, HEISENBERG zur Emigration zu bewegen. HEISENBERG hat wohl teilweise auch bei GOUDSMIT gewohnt. HEISENBERG erwähnt GOUDSMIT in diesem Zusammenhang aber nicht.]

Er suchte FERMI in dessen Wohnung auf und es entspann sich folgender Disput:

FERMI fragte HEISENBERG wohl unumwunden, was er denn noch in Deutschland wolle. Er könne den Krieg nicht verhindern und er wird Dinge tun und mitverantworten müssen, die er nicht tun und mitverantworten wolle. Er würde ihn, HEISENBERG, ja verstehen, wenn er irgendetwas Gutes bewirken könnte, aber hierfür sei die Wahrscheinlichkeit doch sehr gering. In den USA könne er neu anfangen und er verwies darauf, daß er, FERMI, in Italien ein großer Mann gewesen war, hier aber wieder ein junger Physiker sei, was unvergleichlich schöner wäre. Warum wolle er nicht den ganzen Ballast abwerfen, hier gute Physik machen und am Aufschwung der Naturwissenschaften in diesem Land teilhaben? Weshalb wolle er auf dieses Glück verzichten?

HEISENBERG antwortete, daß er dem gut nachfühlen könne und er sich tausendmal dasselbe gesagt habe. Er beschreibt das Entfliehen aus der Enge Europas in diese Weite als ständige Versuchung, seit er das Land vor zehn Jahren kennenlernte. Er meint, daß er damals hätte auswandern sollen.

"Morsche", more to come.

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#48
Nur nebenbei" Das zur Debilität gezwungene Land". Besser kann man es nicht ausdrücken. :lol1:

Scheint aktuell zu sein.

:D
Dieter
 
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#49
Hinsichtlich der Quelle gilt das im Vorpost Geschriebene.

Werner Heisenberg trifft seine persönlichen Vorbereitungen für den Kriegsfall

Kapitel 14 "Das Handeln des Einzelnen in der politischen Katastrophe (1937 - 1941)"

Das Kapitel beginnt mit einem Stimmungsbild, welches die Bedrückung polyglotter, geistig geschulter Menschen ausdrückt.
HEISENBERG erschienen die Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg, soweit er sie in Deutschland verbracht hatte, als eine Zeit unendlicher Einsamkeit. Er spürte die Isolation durch die anderen Länder und das sich nun im Ausland die Gegenkräfte zu formieren begannen.
An eine Besserung der Zustände von innen heraus war nicht zu denken. Er spricht von der Vereinsamung des Einzelnen in Deutschland, die die Schwierigkeiten der Kommunikation, man verwendete eine vorsichtige, zurückhaltende Sprache, die mehr verschleierte als mitteilte, mit sich brachte.
Die Begriffe der völligen Sinn- und Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und Demütigung fallen. Ihm wird klar, wie schwierig es werden wird, die im PLANCKschen Sinne selbstgestellte Aufgabe zu erfüllen.
[Zweifellos befindet er sich in einer psychischen Krise, aber dann tritt Elisabeth SCHUMACHER in sein Leben.]

Im Sommer 1938 musste er für zwei Monate Militärdienst bei den Gebirgsjägern in Sonthofen leisten und sie standen mehrfach mit allen Waffen bereit, in Richtung tschechische Grenze transportiert zu werden. Dies war ihm ein Hinweis auf kommendes.

Im Dezember 1938 "geschah in unserer Wissenschaft noch etwas ganz Unerwartetes". [Ich führe die Entdeckung der Kernspaltung deshalb an, weil dies sehr schnell Bedeutung erlangte.]

Werner HEISENBERG: "Wenn ein Schiff in einen Orkan fahren muß, so werden vorher die Luken dicht gemacht, Seile gespannt und alle beweglichen Teile festgebunden oder festgeschraubt, um dem Unwetter mit dem höchsten erreichbaren Grad von Sicherheit begegnen zu können."

Aus diesem Grund suchte er im Frühjahr 1939 für seine Familie ein Landhaus im Gebirge, in das Frau und Kinder flüchten könnten, "wenn die Städte zerstört würden." Den Blick von Terasse des Hauses in Urfeld kannte er schon aus Bildern des Vorbesitzers Lovis CORINTH.

Eine zweite Sache war noch zu erledigen. Er hatte viele Freunde in Amerika und verspürte das Bedürfnis, diese vor dem Krieg noch einmal zu sehen. Zudem hoffte er auf deren Mithilfe nach dem Ende der Katastrophe. So reiste er im Sommer 1939 in die Staaten ein und hielt Vorlesungen an den Universitäten von Ann Arbor und Chicago. [An diese Zeit erinnert sich auch GOUDSMIT. Auch wie er und FERMI versucht hatten, HEISENBERG zur Emigration zu bewegen. HEISENBERG hat wohl teilweise auch bei GOUDSMIT gewohnt. HEISENBERG erwähnt GOUDSMIT in diesem Zusammenhang aber nicht. :)]

Er suchte FERMI in dessen Wohnung auf und es entspann sich folgender Disput:

FERMI fragte HEISENBERG wohl unumwunden, was er denn noch in Deutschland wolle. Er könne den Krieg nicht verhindern und er wird Dinge tun und mitverantworten müssen, die er nicht tun und mitverantworten wolle. Er würde ihn, HEISENBERG, ja verstehen, wenn er irgendetwas Gutes bewirken könnte, aber hierfür sei die Wahrscheinlichkeit doch sehr gering.
In den USA könne er neu anfangen und er verwies darauf, daß er, FERMI, in Italien ein großer Mann gewesen war, hier aber wieder ein junger Physiker sei, was unvergleichlich schöner wäre. Warum wolle er nicht den ganzen Ballast abwerfen, hier gute Physik machen und am Aufschwung der Naturwissenschaften in diesem Land teilhaben? Weshalb wolle er auf dieses Glück verzichten?

HEISENBERG antwortete, daß er dem gut nachfühlen könne und er sich tausendmal dasselbe gesagt habe. Er beschreibt das Entfliehen aus der Enge Europas in diese Weite als ständige Versuchung, seit er das Land vor zehn Jahren kennenlernte.
Er meint, daß er damals hätte auswandern sollen. Jetzt aber habe er sich entschlossen, einen Kreis junger Leute um sich zu sammeln, die auch nach dem Krieg dafür sorgen können, daß es in Deutschland gute Wissenschaft gibt. Diese Leute jetzt im Stich zu lassen, empfände er als Verrat.
Seine Reputation gegenüber den Jüngeren auszunutzen und so eine Stellung im Ausland zu bekommen, kommt für ihn auch nicht in Frage.
Noch habe er die Hoffnung, daß ein Krieg nicht lange dauern würde, da nach seinen Beobachtungen fast niemand den Krieg wünscht und wenn die Verlogenheit der sogenannten Friedenspolitik des Führers offenbar würde, sich das Volk schnell von Hitler und seinen Anhängern lösen würde.
Er gibt aber zu, daß man das nicht wissen kann.

FERMI hakt nach und spricht das Problem der Kernspaltung an. Er spricht über die Möglichkeit der Kettenreaktion und gibt zu bedenken, daß es zu technischen Anwendungen in Form von Maschinen oder Atombomben kommen kann, deren Entwicklung im Krieg wohl von beiden Seiten rasch vorangetrieben werden würde und in die die Atomphysiker in dem Land, in dem sie leben, durch die Regierung veranlasst, eingebunden würden.

"Das ist natürlich eine schreckliche Gefahr, mag ich geantwortet haben, und ich sehe sehr wohl, daß solche Dinge geschehen können." HEISENBERG sieht sehr wohl die Problematik des Tuns und der Mitverantwortung des Wissenschaftlers, stellt aber die Frage in den Raum, ob man davor geschützt sei, wenn man auswandert.
Zudem habe er den Eindruck, daß die technische Entwicklung in diesem Bereich, auch wenn sie durch die betreffende Regierung mit hoher Dringlichkeit betrieben würde, langsamer voranschreitet, sodaß ein Krieg zu Ende sein wird, bevor es zu einer technischen Anwendung der Atomenergie kommen wird. Er äußert wiederum, daß er die Zukunft nicht kenne.

FERMI fragt zurück, ob er, HEISENBERG, es nicht für möglich hält, daß Hitler den Krieg gewinnen wird.
HEISENBERG antwortet mit einem überzeugten "Nein" und führt aus, daß moderne Kriege mit Technik geführt werden und die Isolation Deutschlands von allen anderen Großmächten habe bewirkt, daß auch das technische Potential auf deutscher Seite unvergleichlich geringer ist, als auf der Seite der wahrscheinlichen Kriegsgegner.
Dies ist ihm so eindeutig, daß er manchmal sogar zu hoffen wagt, daß Hitler in Kenntnis dieser Tatsache es nicht wagen wird, das Risiko einens Krieges auf sich zu nehmen. Ihm ist natürlich klar, daß dies Wunschdenken ist und er führt auch Hitlers Irrationalität als Gegenargument an, die die Wahrheit einfach nicht sehen will.

FERMI: "Und trotzdem wollen Sie nach Deutschland zurückkehren?"

HEISENBERG antwortet, daß er nicht weiß, ob die Frage ihm noch so gestellt ist. Er argumentiert, daß jeder Mensch in einen bestimmten Sprach- und Denkraum hineingeboren wurde, in dem er am besten wirken kann. [1] In jedem Land kommt es früher oder später zu Revolutionen und Krieg. Es kann doch kein vernünftiger Rat sein, jeweils vorher auszuwandern, zumal ja gar nicht alle auswandern können. Die Menschen müssten lernen, die Katastrophen zu verhindern, aber nicht einfach vor ihnen fliehen. Ihm ist klar, daß man das nicht von jedem Menschen verlangen kann. Jeder muß die Entscheidung für sich allein treffen und man kann in dieser Situation nicht wissen, ob man recht oder unrecht handelt.

"Nun habe ich mich vor einer Reihe von Jahren dafür entschieden, in Deutschland zu bleiben - vielleicht war die Entscheidung falsch, aber ich glaube, ich sollte sie jetzt nicht ändern. Denn daß entsetzlich viel Unrecht und Unglück geschehen würde, habe ich damals schon gewußt, an den Voraussetzungen für die Entscheidung hat sich also gar nichts geändert."

FERMI findet das schade, gibt aber der Hoffnung Ausdruck, daß sie sich nach dem Krieg wieder sehen.

Werner HEISENBERG suchte dann von sich aus das Gespräch zu diesem Thema mit George PEGRAM, "dem Experimentalphysiker an der Columbia-Universität..der älter und erfahrender war als ich und dessen Rat mir viel bedeutete."
PEGRAM riet ihm mit Wohlwollen zur Auswanderung, konnte aber HEISENBERGs Motive für einen Verbleib in Deutschland nicht verstehen. Ihm war wohl einfach unverständlich, so HEISENBERG, daß jemand in ein Land zurückkehren wolle, von dessen Niederlage man selbst im unmittelbar bevorstehenden Krieg überzeugt war.

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PEGRAM war der Vorstand des Department of Physics der Columbia Universität und wollte HEISENBERG als Gastprofessor für ein Semester oder länger gewinnen.
Dazu führte er Verhandlungen mit HEISENBERG (U.a. Briefe vom 3.1 und 31.3. 1938 von PEGRAM an HEISENBERG). HEISENBERG lehnte wohl anläßlich seines Besuches im Sommer 1939 ein weiteres Angebot der Columbia University ab, äußert aber zugleich in einem Brief an Wolfgang PAULI nach seiner Rückkehr im August 1939 Bewunderung: "In Amerika hab ich viel Freude an der dortigen Physik gehabt; es gibt eine Menge zu lernen."

Er kennt auch die Ursachen für den amerikanischen Erfolg. In einem undatierten Manuskript aus der Zeit mit dem Titel "Die Fortschritte der amerikanischen Physik" schreibt er, daß "der folgerichtige Fortschritt der amerikanischen Forschung, den man in allen Ländern mit Bewunderung anerkennt, schon seit einer Reihe von Jahren in engster und intensivster Zusammenarbeit von Technik, experimenteller und theoretischer Physik" geschieht.
Er wies darauf hin, daß trotz des desolaten Zustandes der Physik in NS-Deutschland ein gewisser Aufschwung zu verzeichnen sei. Er stützt sich dabei auf die bevorstehende Fertigstellung der Hochspannungsanlagen des KWI und hoffte, daß es gelingen wird, "den Vorsprung der amerikanischen Physik in nicht allzuferner Zeit wieder einzuholen."

Er wußte genau, was er da ausschlägt [1] und an Angeboten hate es offenbar nicht gemangelt. Schon am 7. August 1933 frug Rudolf LADENBURG bei HEISENBERG an, ob er geneigt wäre, die im Herbst 1935 in Princeton freiwerdende Professur für mathematische Physik (eine Dauerstellung) anzunehmen.

Quelle: Sources in the History of Mathematics ans Physical Sciences 11, Wolfgang Pauli, Wissenschaftlicher Briefwechsel mit Bohr Einstein, Heisenberg
u.a., Band III, Volume III, Springer, ISBN 3-540-54911-0, 0-387-54911-0

[1] Brief Werner HEISENBERGs an seine Frau Elisabeth, begonnen (Lafayette) am Dienstag, den 11.7.1939:

"... Meine Vorlesung geht ganz ordentlich vorwärts und die Leute passen sehr gut auf. Es macht mir Freude, hier vorzutragen. In Leipzig sähe man in der gleichen Vorlesung nur den zehnten Teil von Leuten, die die Sache wirklich verstehen."

...Donnerstag mittag (13.7.) "Heut früh hatte ich wieder ein langes Gespräch mit dem Head of Department, der mich gerne öfters hierher einladen will. Auch bin ich von anderer Seite mehrfach gefragt worden, unter welchen Bedingungen ich ganz hierher ginge. Die Licht- und Schattenseite sind beide so ungeheuerlich deutlich.* Ich werde in jeder Weise fabelhaft behandelt. Ich hätte hier sofort zehn mal so viele gescheite Schüler wie bei uns. Es würde also wohl auch aus meiner Arbeit mehr herauskommen. Aber wir sind eben hier nicht zu Hause. Die Kinder würden Englisch sprechen und in einer uns fremden Atmosphäre aufwachsen. Das wäre garnicht schön und deshalb bleiben wir eben zu Hause.*"

In einem anderen Brief beschreibt er eine Wirkung, die auch FERMI andeutete: "Ich hab das Gefühl, ich werde hier jünger und beweglicher. ... Amerika hat merkwürdige Wirkungen, auch bei mir."

* Was man wie weit vertieft und welche Worte man wählt, hängt auch davon ab, ob man sich mit einem tatsächlichen oder vermeintlichen Zensor anlegen will. Nur als Hinweis.

Quelle: Werner Heisenberg und Elisabeth Heisenberg, "Meine liebe Li!", Der Briefwechsel 1937 bis 1946, Residenz Verlag, Herausgegeben von Anna Maria Hirsch-Heisenberg, ISBN 978-3-7017-3247-0

LG
Dieter
 
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#50
Ei, ei, ei. Die Obituaries haben es aber in sich. Hat sich GOUDSMIT schon zusammengerissen, so hat der HEISENBERG-Schüler Edward TELLER einen Nachruf abgeliefert, der es in sich hat. TELLER ahnte, daß HEISENBERG sein eigenes Spiel spielte. Er, TELLER, der ahnen mußte, daß sein Lehrer seine Tätigkeit mißbilligen mußte, hat überhaupt keine Zweifel an HEISENBERGs Nachkriegsbetrachtungen. TELLER hätte sich ja auch über seinen Lehrer, ob seines Erfolgs, stellen können. Ausgerechnet das charakterliche Enfant terrible tut es aber nicht. Faszinierend.

LG
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#51
Einen Tag nach HEISENBERGs Tod kamen RABI, GOUDSMIT und UHLENBECK zu einer Pressekonferenz der "American Physical Society" zusammen. [Abgedruckt in Science News, 6. März 1976]

Man redete über HEISENBERGs Verdienste u.s.w.
Der Artikel schließt mit "He saved physics; he did not save physicists." Goudsmit concludes.

In der Ausgabe vom 20. März wurde eine Leserzuschrift abgedruckt, die den Titel "One Heisenberg did save" trägt.
Es wird auf GOUDSMITs Bemerkung "He saved physics; he did not save physicists." Bezug genommen und der Unterzeichner, Edwin K. GORA, schreibt, daß er Grund zur Annahme habe einer der Physiker zu sein, welche geschützt wurden.

GORA erzählt folgende Geschichte:

Bei Ausbruch des Krieges war er Assistent an der Warschauer Universität und arbeitete an seiner Doktorarbeit. Im frühen November 1939 leitete der ein Kolloquium zu einer neueren Theorie HEISENBERGs. Am nächsten Tag informierte sie ein deutscher Offizier, daß Hitler die Liquidation aller polnischen Intellektuellen angeordnet habe und gab ihnen den Rat zu verschwinden.
GORA kontaktierte HEISENBERG, welcher ihn umgehend nach Leipzig einlud. HEISENBERG arrangierte, daß GORA als ausländischer Student geführt wurde und verschaffte ihm einen Teilzeitjob als Straßenbahnschaffner. Hierdurch konnte er eine permanente Aufenthaltserlaubnis für Deutschland erlangen.

Dies funktionierte 1940 hindurch und er konnte Seminare und Vorlesungen HEISENBERGs besuchen.
1941 wurde er durch die Gestapo aufgegriffen, aber später wieder freigelassen. Soweit er weiß, geschah dies Dank HEISENBERGs Intervention. Man hatte ihn als "Deutschfeindlicher Pole" [GORA bringt den Begriff in Englich und Deutsch] eingestuft, was normalerweise Konzentrationslager und schlechte Überlebenschancen impliziert.
Nach diesem "Vorfall" war es ihm nicht mehr erlaubt, Institutsräumlichkeiten aufzusuchen, aber HEISENBERG arrangierte private Treffen mit ihm und versorgte ihn auch weiterhin mit Material, welches er für seine Doktorarbeit benötigte, die möglicherweise ohne Nennung der Institutsadresse publiziert werden würde. ("Quantentheorie der Strahlungsdämpfung", Z.F.Physik 120, 121, 1943)

GORAs Darstellung der Geschichte endet hier, aber ein paar Dinge kann man noch dazu sagen.
Das Promovendenverzeichnis der Uni gibt den 24. / 27. November 1942 als Tag(e) der mündlichen Prüfung an. Gutachter sind Werner HEISENBERG und Friedrich HUND.
In der Dissertation "Die physikalischen Arbeiten des jungen B. L. van der Waerden" von Martina Schneider ist angeführt: "Van der Waerden, Hund und Gadamer halfen ihrem Kollegen Heisenberg bei der Promotion Goras, indem sie Goras Arbeit mit begutachteten (Hund) und ihn in Physik (Hund), Mathematik (van der Waerden) und Philosophie (Gadamer) prüften."

GORA verblieb wohl zunächst in Deutschland und heiratete 1945 Erika Buschmann. 1948 emigrierte er in die USA.

Quelle: Artikel in Science News, 6. März 1976 und 20. März 1976 [AIP, Goudsmit papers, SIII, B11, F99)

LG
Dieter
 
H

hebbel

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#52
Wenn man diesen alten Spiegel-Artikel liest, könnte man schon deuten, weshalb es u.a. FERMI und PEGRAM waren, die HEISENBERG zum Verbleib in den USA bewegen wollten. FERMI und SZILARD hatten schon aufgrund ihrer Motivlage "weiter" gedacht, berechnet und experimentiert. EINSTEIN belegt das.

LG
Dieter
 
H

hebbel

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#53
Nix Kammler :ichsagnix:

Aber hübsch ist das auch. Klick. (Leider in English, aber ich kenne da jemanden, der eine Übersetzung besorgen könnte. :D :lol1:)
Quelle: NARA-OPA

Keine Aufregung. Das dieser Brief den "Wettlauf" mit den Deutschen um die A-Bumse eingeläutet hat, ist barer Unsinn. Hält sich aber ganz ordentlich :D

In gewisser Weise "witzig" ist es trotzdem. Wie man den C.F.v. WEIZSÄCKER "markiert" hat... :D

LG
Dieter
 

SuR

... wie immer keine Zeit ...
Mitarbeiter
#54
Wen es interessiert: die Bibliothek des Hörbiger-Instituts zur Welteislehre befindet sich jetzt im Bestand des Technischen Museums Wien.
 
#56
Werner Heisenberg, Farm Hall und die kritische Masse.

Recently published und nicht nur für angehende Kernwaffenexperten und Mathematiker von Interesse.

Preprint 467
Carl H. Meyer & Günter Schwarz - The Theory of Nuclear Explosives That Heisenberg Did not Present to the German Military

https://www.mpiwg-berlin.mpg.de/de/resources/preprints

Freund einer gepflegten Kernkettenreaktion werden auch gefallen an

Preprint 414 finden.
Viktor J. Frenkel - Professor Friedrich Houtermans – Arbeit, Leben, Schicksal. Biographie eines Physikers des zwanzigsten Jahrhunderts. Herausgegeben und ergänzt von Dieter Hoffmann, unter Mitwirkung von Mary Beer
 
#57
Bis jetzt ist ja eine mögliche Atombombenentwickung in Deutschland vor 1945 nur aus Historikersicht betrachtet worden. Doch Historiker denken anders als Physiker. Während historische Quellen selten widerspruchsfrei sind, machen selbst kleinste Diskrepanzen eine physikalische Theorie wertlos.

Darum hatte Hitler keine Atombombe
.
Die Nazis hätten gewusst, wie man Nuklearwaffen baut – nur die Mittel fehlten, meinen Historiker bisher. Der Physiker Manfred Popp deutet die Originalquellen ganz anders.
Fazit: Die Latte der Historiker für die Fähigkeit, eine Bombe zu bauen, lagen viel zu niedrig.

Ganzer Artikel hier
 
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