Renato Schirer stellte wieder einmal einen seiner interessanten und fundierten Berichte zum Zeitraum 1938-45 für die Veröffentlichung im Forum zur Verfügung!
Diesmal handelt es sich um einen Artikel über den Aufbau und Organisation der Luftraumüberwachung in den damaligen Alpen- und Donaugauen. Der von Renato gestaltete Themenkomplex erschien als Artikelserie ab 2016 in mehreren Ausgaben der „öfh-Nachrichten“. Wegen des Umfanges teilte ich die einzelnen Kapitel des mir zugegangene PDF-Dokumentes auf mehrere Teilbeiträge auf, die im Anschluss zu finden sind.
Im Namen ALLER User des Forums möchte ich mich bei Renato auf das herzlichste für die Bereitstellung der Fachbeiträge bedanken!
lg
josef
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DIE ANFÄNGE DER LUFTRAUMÜBERWACHUNG IN DEN DONAU- UND ALPENREICHSGAUEN
Teil 1 von 5:
© Renato Schirer, nachfolgende Beiträge sind ab 2016 als Fortsetzungs-Artikeln in verschiedenen Ausgaben der öfh-Nachrichten erschienen:
Ursprünglich war die Überwachung des Luftraumes im Deutschen Reich eine Aufgabe des paramilitärischen Reichsflugmeldedienstes. Doch diese Organisation wurde noch vor Kriegsbeginn in die Luftwaffe überführt und im Rahmen der Mobilmachung wesentlich verstärkt.1 Das galt besonders für das Gebiet der im März 1938 okkupierten Republik Österreich.
Hier hatte man bereits unmittelbar nach dem Anschluss mit entsprechenden Vorsorgen begonnen, um für den Fall einer Mobilmachung die Aufstellung der zahlreich benötigten Flugwachen sicherzustellen. Dafür wurden die bereits organisatorisch bestehenden Flugwachkommandos (Fluko) in Wien, Amstetten, Vöcklabruck, Bruck an der Mur und Lend in die neu aufzustellenden Flugmelde-Reservekompanien übernommen, denen zum Teil bis zu 50 Flugwachen unterstellt waren.2 Für den Personalersatz und die Ausbildung dieser Kompanien gab es die Flugmelde-Ergänzungskompanie 8/17 in Klosterneuburg.
Mit dem Beginn des Krieges wurde die Flugmeldeorganisation beträchtlich ausgeweitet, was auch mit einer Änderung der noch im Frieden zugeteilten Nummern der Flugmelde-Reservekompanien verbunden war.
Entlang der Reichsgrenze wurde im Abstand von zehn bis zwanzig Kilometer eine Flugwachlinie eingerichtet und entlang dieser die Flugwachen stationiert. Als Standorte wählte man zumeist hochgelegene Geländepunkte aus, die gute Sicht- und Horchmöglichkeiten nach allen Seiten boten. Auch im Landesinneren gab es solche Flugwachlinien, hier allerdings in Abständen von 50 bis 70 Kilometern, um so das Reichsgebiet zu unterteilen. Zusätzlich zog man auch noch konzentrische Kreise um die Schwerpunkte der Luftverteidigung und postierte hier ebenfalls Flugwachen.3 Der dafür erforderliche personelle und materielle Bedarf war erheblich, sollte doch jede Flugwache auch rund um die Uhr besetzt sein. Die Luftbeobachter wurden mit hochwertigen Ferngläsern ausgerüstet und sollten mittels Feldfernsprecher ständig mit ihrem Flugwachkommando in Verbindung stehen. Für besonders wichtige Wachen war eine zusätzliche Funkverbindung vorgesehen, welche die Drahtverbindung überlagerte, was aber im Bereich der Ostmark, mangels Funkgeräte, nicht zum Tragen kam.
Das zu Kriegsbeginn geplante Flugmeldenetz in der südlichen Reichshälfte (Ausschnitt -nach Karl Otto Hoffman, Ln.-, Die Geschichte der Luftnachrichtentruppe, Neckargemünd 1967).
Die Anzahl der Flugwachen konnte recht unterschiedlich sein, ihre Zahl hing in erster Linie vom Gelände ab, aber auch die aktuelle Bedrohungssituation spielte eine Rolle. Vor allem hatte der geforderte Grad der Einsatzbereitschaft einen wesentlichen Einfluss auf den Personalbedarf. Die einzelnen Flugwachen waren jeweils regional unter einem Flugwachkommando zusammengefasst.
Dieses diente als zentrale Auswertestelle und wurde von einer Reserve-Flugmeldekompanie betrieben. Hier zeichnete man die eingehenden Meldungen auf einer Karte im Maßstab 1:300000 ein, wobei Verbände als Striche und Einzelflugzeuge als Punkte dargestellt wurden. Die eigenen Bewegungen zeichnete man in Blau ein, die feindlichen in Rot und unbekannte Flugobjekte wurden in schwarzer Farbe eingetragen.
Dem Flugwachkommando wurden auch alle Flugwegankündigungen“, von eigenen Flugzeugen und Verbänden, übermittelt, soweit sie den Überwachungsbereich berührten.4 Grundsätzlich war jede Flugwache mittels Telefon ständig mit der Auswertezentrale verbunden, wo für jeweils drei Flugwachen ein Arbeitsplatz zur Aufnahme der eingehenden Meldungen vorgesehen war.
1 Nach 1935 übernahm die Luftwaffe den damals bereits bestehenden Flugmeldedienst in ein Reservedienstverhältnis, militarisierte ihn zum 1.4.1937 durch Angliederung an die Flakwaffe. Ab dem 1.5.1938 gehörte der Flugmeldedienstdann der Luftnachrichtentruppe an. Vgl. dazu: Karl-Heinz Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933-39, Stuttgart 1967, S.113 und Karl Otto Hoffmann, Ln. – Die Geschichte der Luftnachrichtentruppe Band 2, Neckargemünd 1968, S. 297 f.
2 Die Inbetriebnahme des Flugwachkommandos Wien (7/17), Amstetten (12/17), Vöcklabruck (14/17) erfolgte am 1.9.1938, jenes in Bruck an der Mur (15/17) am 1.11.1938 und in Lend (13/17) am 1.1.1939. Das für Innsbruck ursprünglich vorgesehene Flugwachkommando 16/17 entfiel, da jenes in Innsbruck vom Luftgau VII (München) eingerichtet wurde.
3 Allgemeine Angaben zu den Flugwachen in der Ostmark finden sich in folgenden lokalhistorischen Arbeiten: Franz Wilhelm Doschek, Beitrag zur Geschichte der Luftraumüberwachung an der niederösterreichischen Ostgrenze in den Jahren 1939-1945, Historische Schriftenreihe Band 11, Eigenverlag des Zeitgeschichtlichen Dokumentationsarchiv Asparn an der Zaya 1993, S. 6—31 und bei Franz Josef Schober, Der Luftkrieg über dem Bezirk Radkersburg 1939- 1945, Eigenverlag der Kulturinitiative Ratschendorf, Ratschendorf 1989, S. 3f. Über das Fluko Lend veröffentlichte Hermann Hinterstoisser einen Bericht in der Zeitschrift Pallasch, Heft Nr. 6, S. 73-79.
4 Diese Flugwegankündigungen mussten Abflugzeit, Zahl und Baumuster der Flugzeuge und den voraussichtlichen Flugweg, sowie die Angaben zu einem vorgesehenen Rückflug enthalten.
Fortsetzung siehe Teil 2...
Diesmal handelt es sich um einen Artikel über den Aufbau und Organisation der Luftraumüberwachung in den damaligen Alpen- und Donaugauen. Der von Renato gestaltete Themenkomplex erschien als Artikelserie ab 2016 in mehreren Ausgaben der „öfh-Nachrichten“. Wegen des Umfanges teilte ich die einzelnen Kapitel des mir zugegangene PDF-Dokumentes auf mehrere Teilbeiträge auf, die im Anschluss zu finden sind.
Im Namen ALLER User des Forums möchte ich mich bei Renato auf das herzlichste für die Bereitstellung der Fachbeiträge bedanken!
lg
josef
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DIE ANFÄNGE DER LUFTRAUMÜBERWACHUNG IN DEN DONAU- UND ALPENREICHSGAUEN
Teil 1 von 5:
© Renato Schirer, nachfolgende Beiträge sind ab 2016 als Fortsetzungs-Artikeln in verschiedenen Ausgaben der öfh-Nachrichten erschienen:
Ursprünglich war die Überwachung des Luftraumes im Deutschen Reich eine Aufgabe des paramilitärischen Reichsflugmeldedienstes. Doch diese Organisation wurde noch vor Kriegsbeginn in die Luftwaffe überführt und im Rahmen der Mobilmachung wesentlich verstärkt.1 Das galt besonders für das Gebiet der im März 1938 okkupierten Republik Österreich.
Hier hatte man bereits unmittelbar nach dem Anschluss mit entsprechenden Vorsorgen begonnen, um für den Fall einer Mobilmachung die Aufstellung der zahlreich benötigten Flugwachen sicherzustellen. Dafür wurden die bereits organisatorisch bestehenden Flugwachkommandos (Fluko) in Wien, Amstetten, Vöcklabruck, Bruck an der Mur und Lend in die neu aufzustellenden Flugmelde-Reservekompanien übernommen, denen zum Teil bis zu 50 Flugwachen unterstellt waren.2 Für den Personalersatz und die Ausbildung dieser Kompanien gab es die Flugmelde-Ergänzungskompanie 8/17 in Klosterneuburg.
Mit dem Beginn des Krieges wurde die Flugmeldeorganisation beträchtlich ausgeweitet, was auch mit einer Änderung der noch im Frieden zugeteilten Nummern der Flugmelde-Reservekompanien verbunden war.
Entlang der Reichsgrenze wurde im Abstand von zehn bis zwanzig Kilometer eine Flugwachlinie eingerichtet und entlang dieser die Flugwachen stationiert. Als Standorte wählte man zumeist hochgelegene Geländepunkte aus, die gute Sicht- und Horchmöglichkeiten nach allen Seiten boten. Auch im Landesinneren gab es solche Flugwachlinien, hier allerdings in Abständen von 50 bis 70 Kilometern, um so das Reichsgebiet zu unterteilen. Zusätzlich zog man auch noch konzentrische Kreise um die Schwerpunkte der Luftverteidigung und postierte hier ebenfalls Flugwachen.3 Der dafür erforderliche personelle und materielle Bedarf war erheblich, sollte doch jede Flugwache auch rund um die Uhr besetzt sein. Die Luftbeobachter wurden mit hochwertigen Ferngläsern ausgerüstet und sollten mittels Feldfernsprecher ständig mit ihrem Flugwachkommando in Verbindung stehen. Für besonders wichtige Wachen war eine zusätzliche Funkverbindung vorgesehen, welche die Drahtverbindung überlagerte, was aber im Bereich der Ostmark, mangels Funkgeräte, nicht zum Tragen kam.
Das zu Kriegsbeginn geplante Flugmeldenetz in der südlichen Reichshälfte (Ausschnitt -nach Karl Otto Hoffman, Ln.-, Die Geschichte der Luftnachrichtentruppe, Neckargemünd 1967).
Die Anzahl der Flugwachen konnte recht unterschiedlich sein, ihre Zahl hing in erster Linie vom Gelände ab, aber auch die aktuelle Bedrohungssituation spielte eine Rolle. Vor allem hatte der geforderte Grad der Einsatzbereitschaft einen wesentlichen Einfluss auf den Personalbedarf. Die einzelnen Flugwachen waren jeweils regional unter einem Flugwachkommando zusammengefasst.
Dieses diente als zentrale Auswertestelle und wurde von einer Reserve-Flugmeldekompanie betrieben. Hier zeichnete man die eingehenden Meldungen auf einer Karte im Maßstab 1:300000 ein, wobei Verbände als Striche und Einzelflugzeuge als Punkte dargestellt wurden. Die eigenen Bewegungen zeichnete man in Blau ein, die feindlichen in Rot und unbekannte Flugobjekte wurden in schwarzer Farbe eingetragen.
Dem Flugwachkommando wurden auch alle Flugwegankündigungen“, von eigenen Flugzeugen und Verbänden, übermittelt, soweit sie den Überwachungsbereich berührten.4 Grundsätzlich war jede Flugwache mittels Telefon ständig mit der Auswertezentrale verbunden, wo für jeweils drei Flugwachen ein Arbeitsplatz zur Aufnahme der eingehenden Meldungen vorgesehen war.
1 Nach 1935 übernahm die Luftwaffe den damals bereits bestehenden Flugmeldedienst in ein Reservedienstverhältnis, militarisierte ihn zum 1.4.1937 durch Angliederung an die Flakwaffe. Ab dem 1.5.1938 gehörte der Flugmeldedienstdann der Luftnachrichtentruppe an. Vgl. dazu: Karl-Heinz Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933-39, Stuttgart 1967, S.113 und Karl Otto Hoffmann, Ln. – Die Geschichte der Luftnachrichtentruppe Band 2, Neckargemünd 1968, S. 297 f.
2 Die Inbetriebnahme des Flugwachkommandos Wien (7/17), Amstetten (12/17), Vöcklabruck (14/17) erfolgte am 1.9.1938, jenes in Bruck an der Mur (15/17) am 1.11.1938 und in Lend (13/17) am 1.1.1939. Das für Innsbruck ursprünglich vorgesehene Flugwachkommando 16/17 entfiel, da jenes in Innsbruck vom Luftgau VII (München) eingerichtet wurde.
3 Allgemeine Angaben zu den Flugwachen in der Ostmark finden sich in folgenden lokalhistorischen Arbeiten: Franz Wilhelm Doschek, Beitrag zur Geschichte der Luftraumüberwachung an der niederösterreichischen Ostgrenze in den Jahren 1939-1945, Historische Schriftenreihe Band 11, Eigenverlag des Zeitgeschichtlichen Dokumentationsarchiv Asparn an der Zaya 1993, S. 6—31 und bei Franz Josef Schober, Der Luftkrieg über dem Bezirk Radkersburg 1939- 1945, Eigenverlag der Kulturinitiative Ratschendorf, Ratschendorf 1989, S. 3f. Über das Fluko Lend veröffentlichte Hermann Hinterstoisser einen Bericht in der Zeitschrift Pallasch, Heft Nr. 6, S. 73-79.
4 Diese Flugwegankündigungen mussten Abflugzeit, Zahl und Baumuster der Flugzeuge und den voraussichtlichen Flugweg, sowie die Angaben zu einem vorgesehenen Rückflug enthalten.
Fortsetzung siehe Teil 2...
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