Sand ist nach Wasser die zweithäufigste ausgebeutete Ressource der Welt.
Vor allem zum Bauen wird der Rohstoff eingesetzt. Aufgrund des hohen Verbrauchs und der mancherorts verheerenden Folgen des Abbaus warnt die UNO vor einer globalen Sandkrise und fordert Lösungen. Dabei könnten recycelte Bau- und Abbruchabfälle eine Rolle spielen. Statt neuen Sandes wird vorhandener Beton aufbereitet und wiederverwendet.
Beim Wort Sand denken wohl viele an weit entfernte weiße Urlaubsstrände und weniger an graue Hochhäuser und Straßenschluchten. Sand umgibt uns im Grunde ständig, etwa in Form von Beton in Gebäuden, Asphalt auf den Straßen, in Glas und in Kosmetikartikels. Der Hunger nach der Ressource Sand ist enorm, vor allem in der Bauindustrie kommt er zum Einsatz. Laut dem Bericht „Sand und Nachhaltigkeit“ des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) aus dem Jahr 2022 werden um die 50 Milliarden Tonnen Sand und Kies jährlich verbraucht.
Sand ist in unserem Alltag allgegenwärtig. Für ein Einfamilienhaus werden durchschnittlich 200 Tonnen Sand benötigt. Für einen Kilometer Autobahn rechnet man mit 30.000 Tonnen Sand.
Suche nach Alternativen
„Es kann so nicht weitergehen. Ich glaube, es ist allen in der Branche klar, dass der enorme Sandverbrauch ein Problem ist“, erzählt die Materialforscherin Agathe Robisson. Sie leitet den Forschungsbereich Baustoffe und Materialtechnologie an der Technischen Universität Wien. Die Suche nach Alternativen zu neuem Sand sei ein großes Thema für Baustoff- und Konstruktionsfirmen. Sowohl Firmen als auch die Forschung arbeiten an neuen Möglichkeiten, so Robisson.
Neben der Anerkennung von Sand als strategischer Ressource fordert das UNO-Umweltprogramm rechtliche Rahmenbedingung beim Abbau und der Verwaltung von Sandressourcen. Denn in vielen Regionen fehlt es an rechtlichen Regulierungen, zum Teil werden der Abbau und der Handel mit Sand illegal betrieben.
Auch im UNO-Sandbericht werden neue Methoden, die Sand ersetzen können, als Lösungsvorschlag angeführt. Zudem sei ein verantwortungsvoller Umgang mit der Ressource entscheidend, da Sand schneller verbraucht wird, als er auf natürliche Weise entsteht.
Aus Alt wird Neu
Dabei könne Recycling ein zentraler Lösungsansatz sein, befindet Robisson. Für die Materialforscherin stellen Baubestände eine relevante Bezugsquelle dar: „Wir haben ein Problem mit Bau- und Abbruchabfällen, und wir haben ein Problem mit Sand.“ Mit ihrem Team forscht sie zu rezyklierten Beton. Dabei geht es vereinfacht gesagt darum, dass alter Beton zerkleinert wird. Aus dem daraus entstehenden Pulver wird neuer Beton gewonnen.
Effiziente Trennverfahren, bei denen etwa Gipse, Beton und Metalle separiert werden, seien dabei entscheidend. Auf die Frage, ob ein Umstieg auf Recycling-Methoden wirklich eine Chance darstellt, erwidert die Forscherin: „Ich glaube, es gibt keine andere Lösung.“ Sie sehe keinen anderen natürlichen Werkstoff, der statt Sand genutzt werden kann. (Bergbauexperte Christian Heiss)
Umdenken notwendig
Urban Mining – also die Aufbereitung und Wiederverwertung von Material aus Bauwerken und Straßen – ist in der Baubranche ein großes Thema, meint auch Christian Heiss vom Lehrstuhl Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft an der Montanuniversität Leoben. Man habe zwar nach dem Recycling-Verfahren nicht mehr die ursprüngliche Qualität, doch das sei auch nicht überall notwendig, etwa beim Straßen- und Wegebau.
Das Recycling von Baurohstoffen bzw. von mineralischen Rohstoffen generell wird zukünftig auch in Österreich an Bedeutung gewinnen, muss aber als interdisziplinäre Herausforderung an die Gesellschaft angesehen werden, da damit nicht nur Probleme gelöst, sondern womöglich auch neue geschaffen werden. (Bergbauexperte Christian Heiss)
„Der Mensch muss umdenken,“ so Heiss im Hinblick auf die Suche nach nachhaltigen Lösungen. Früher wurden nur zehn Rohstoffe beim Bau eines Hauses verarbeitet. Heute habe man bereits in einem Fenster mehr verarbeitete Rohstoffe als vor hundert Jahren in einem ganzen Haus. „Je mehr Rohstoffe eingebaut werden, desto schwieriger ist das Recycling.“ Die Rohstoffe müssten so gut es geht naturbelassen verwendet werden, damit sie später wieder dem Kreislauf des Recyclings hinzugefügt werden können. Daher sei Recycling momentan sehr aufwendig und weniger lukrativ.
Recycling als vager Begriff
In Österreich sei die Recycling-Quote bereits sehr hoch, so der Fachverband der Stein- und keramischen Industrie der Wirtschafskammer Österreich. Im Jahr 2021 wurden von 4.190.000 Tonnen Betonabbruch 13.000 Tonnen deponiert und der Rest wiederverwendet. Mit der Menge an rezykliertem Material könne jedoch der Bedarf der Bevölkerung nicht annähernd gedeckt werden, heißt es in der Stellungnahme. Der Ersatz von Primärrohstoffen durch Sekundärstoffen liege aufgrund der Langlebigkeit der Produkte derzeit bei rund zehn Prozent in Relation zum Gesamtbedarf.
Recycling sei ein vager Begriff, betont Robisson und merkt an, dass Recycling-Beton in Österreich vor allem für den Straßenunterbau verwendet wird. Dabei könnten ihrer Ansicht nach das Material durch entsprechende Wiederaufbereitung effizienter eingesetzt und mehr Rohstoffe eingespart werden. Das Potenzial von Recycling-Beton sei nicht voll ausgeschöpft. „Der Lebenszyklus des Betons ist nur unzureichend optimiert“, so die Forscherin, das müsse sich ändern.
Im Vergleich zu den meisten anderen Materialien weist Beton einen sehr geringen Energie- und Kohlenstofffußabdruck auf. Doch aufgrund der enormen Mengen ist Beton für etwa sieben Prozent der weltweiten CO2-Emissonen verantwortlich. Großes Potenzial wird der Carbonatisierung zugesprochen. Dabei handelt es sich um eine natürliche chemische Reaktion von Beton mit CO2 aus der Luft, wobei das Gas teilweise aufgenommen und eingelagert wird. Durch Recycling kann dieser Prozess verstärkt werden, da neue Oberflächen entstehen, die weiter carbonatisieren können.
Abbau mit Folgen
Je nachdem, wo Sand abgebaut wird, kann das drastische Auswirkungen haben. Wird Sand etwa an der Küste abgegraben, kann das zu Erosionen und einer Versalzung des Grundwassers und somit zu einer Bedrohung der Wasserversorgung führen. Zudem wird der natürliche Schutz vor Sturmfluten beeinträchtigt, was angesichts des steigenden Meeresspiegels durch die Erderwärmung nicht unbedeutsamer wird. Die Artenvielfalt wird gefährdet, Menschen an Ort und Stelle haben mit negativen Auswirkungen auf ihre Lebensmittelproduktion und die Fischerei zu kämpfen. Zudem wird der Sand mit schweren Geräten abtransportiert, was das umliegende Gebiet beeinflusst.
Sandabbau im Küstengebiet kann zu enormen negativen Folgen führen, etwa zu Erosionen und zur Versalzung des rundwassers
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Durch das Absaugen von Sand aus dem Meer werden Ökosysteme geschädigt und umliegende Sandmassen ins Rutschen gebracht. Die UNO-Plattform Global Marine Sand Watch setzt sich für eine Überwachung der Sandgewinnung aus Meeren ein.
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Da Wüstensand zum Bauen ungeeignet ist, lässt Dubai Sand aus Australien importieren
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Rund 50 Milliarden Tonnen Sand und Kies werden laut UNO-Umweltprogramm jährlich verbraucht
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In vielen Regionen fehlt es an rechtlichen Vorgaben für den Abbau der Ressource Sand
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Enorme Folgen hat auch das Absaugen von Sand aus dem Meer, da Ökosysteme teilweise oder ganz zerstört werden. Zudem werden Sandmassen ins Rutschen gebracht, was im äußersten Fall dazu führen kann, dass ganze Inseln – wie etwa in Indonesien – verschwinden. Im Vergleich dazu wirkt es fast absurd, dass Sand nicht nur für die Industrie verwendet wird, sondern mancherorts auch zur Landgewinnung, etwa indem Strände mit neuem Sand aufgeschüttet werden. Um die Sandgewinnung in Meeren zu überwachen, gründeten die Vereinten Nationen im März 2023 die Plattform Global Marine Sand Watch.
Eine Frage des Zugangs
Neben den negativen Auswirkungen des Abbaus spielt auch der enorme Flächenverbrauch bei der Sandgewinnung eine entscheidende Rolle. Auch in Österreich ist das ein Thema. Laut dem Fachverband der Wirtschafskammer Österreich gebe es hierzulande an sich keine Sandknappheit. Jedoch sei der Zugang zu den Lagerstätten von entsprechenden Genehmigungen abhängig, die aufgrund von Nutzungskonflikten oft schwer zu bekommen seien. Dabei geht es etwa um Interessen aus der Land- und Forstwirtschaft, um Bauland und um Naturschutz. Erschwerend kommt hinzu, dass Sand und Kies im Tagebau gewonnen wird, da es sich um ein Lockersediment handelt.
30,8 Millionen Tonnen Sand und Kies wurden im Jahr 2022 in Österreich gewonnen. Insgesamt gibt es ca. 950 Sand- und Kiesgruben sowie 350 Steinbrüche, die über ganz Österreich verteilt sind. Die Nachfrage nach Sand-Kies und Natursteinen könne zu 100 Prozent aus heimischen Quellen gedeckt werden. Aufgrund der regionalen Verteilung wird das Material durchschnittlich nicht weiter als 25 Kilometer transportiert, heißt es aus dem Fachverband der Stein- und keramischen Industrie der Wirtschafskammer Österreich. Grundsätzlich können Sand und Kies sehr sauber und nachhaltig abgebaut werden, erklärt Christian Heiss von der Montanuniversität Leoben und verweist auf die in Österreich geltenden Umwelt-, Wasserschutz und Forstgesetze.
Dass es in Österreich bei der Ressource Sand eine Frage des Zugangs ist, darauf verweist auch der Bericht „Ressourcennutzung in Österreich 2020“, der gemeinsam vom Umwelt- und Landwirtschaftsministerium herausgegeben wurde. Darin heißt es, dass „Sand, Kies, Steine zwar bisher im Übermaß vorhanden waren, aber durch die große Nachfrage, die zunehmend knappen Flächen ebenso wie die Qualität der Kornstruktur zu einem knappen Gut werden.“