Der Wiener Zentralfriedhof

josef

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#1
Neues Bestattungsmuseum

Der Wiener Zentralfriedhof wurde 1874 eröffnet und zählt mit einer Fläche von fast 2,5 km² und rund 330.000 Grabstellen zu den größten Friedhofsanlagen Europas. Er gehört aufgrund seiner vielen Ehrengräber, der Jugendstil-Bauwerke und des weitläufigen Areals zu den besonderen Sehenswürdigkeiten der Stadt Wien.

Unter der Aufbahrungshalle 2 wird nun ein "Bestattungsmuseum" eröffnet:
Neues Bestattungsmuseum eröffnet

Auf dem Zentralfriedhof ist das neue Wiener Bestattungsmuseum eröffnet worden. 250 Originalobjekte, darunter ein Herzstichmesser und ein Rettungswecker, werden gezeigt. Das Museum ist ab 13. Oktober öffentlich zugänglich.

Das neue Bestattungsmuseum liegt unter der Aufbahrungshalle 2, in den Schauräumen werden einzelne Exponate wie etwa Totenmasken oder Uniformen der Totengräber bläulich-kühl angestrahlt, während der Boden in warmem Gelb beleuchtet ist. Der Besucher soll sich immer noch in der Welt der Lebenden befinden, so Architekt Gustav Pichelmann. Für das neue - rund 300 Quadratmeter große - Museum hat er sich mit den strengen Auflagen der denkmalgeschützten Jugendstil-Aufbahrungshalle auseinandergesetzt.

Neue und alte Exponate
Der bisherige Standort in der Goldeggasse 19 musste aufgrund der Übersiedelung der Unternehmenszentrale aufgegeben werden. Einige Exponate wurden übernommen, etwa eine Auswahl an Grabtüchern oder die imperialen Wappen der Kaiserbegräbnisse. Auch der Rettungswecker und das sogenannte Herzstichstilett, das den Tod sicherstellen sollte, waren bereits am alten Standort zu bewundern. „Das waren Lieblinge, auf die wir einfach nicht verzichten konnten“, so Museumsdirektorin Ruth Praschek.


Einige Stücke sind jedoch auch dazugekommen, etwa ein ganzes Kapitel über die Arbeit am Friedhof sowie die Wiener Friedhöfe an sich - per Touchscreen-Datenbank können etwa alle Ehrengräber abgerufen werden. Ansonsten steht die Bestattung - vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart - mit all ihren Wiener Eigenheiten im Vordergrund.

„Wo, wenn nicht in Wien, soll es ein Bestattungsmuseum geben“, fragte sich Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SPÖ) beim Festakt. Sie könne sich jedenfalls keinen besseren Ort als den Zentralfriedhof vorstellen. Mehr als 250 Objekte führen durch die Totengeschichte der Stadt - darunter etwa verschiedene Särge vom billigen Klappsarg aus der Zeit Kaiser Josephs II. über einen pompösen Sarkophag bis hin zu einem modernen „Cocoon“ aus Pflanzenfaser.

Video vom Begräbnis Kaiser Franz Josephs
Den Lauf der Zeit kann man aber auch anhand von Roben, die zu Begräbnissen getragen wurden, Grabsteinen, Leichenzügen oder Urnen nachvollziehen: Hier spannt das Museum den Bogen von der Augarten-Keramikurne bis zur Do-it-yourself-Holzurne, die mit einem Malset verkauft wird. Für den multimedialen Touch sorgen beispielsweise Videos vom Begräbnis Kaiser Franz-Josephs I. oder Albert Baron Rothschilds. Skurril wird es etwa bei der „Kerzenspitzmaschine“.


Etwas mehr als ein Jahr wurde am neuen Museum gebaut, die Kosten beliefen sich auf rund 2,5 Mio. Euro. Seit den 1960er-Jahren werden laut Christian Fertinger, Konzernbereichsleiter der Bestattung und Friedhöfe Wien, Exponate gesammelt, dann entschloss man sich, diese auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das alte Museum erwies sich vor allem bei der Langen Nacht der Museen als Besuchermagnet. Ob man das beliebte „Probeliegen der Särge“ auch im neuen Museum einführen werde, sei jedoch noch nicht klar, meinte Praschek.
Quelle mit Fotostrecke: Neues Bestattungsmuseum eröffnet
 
#2
Im Zentralfriedhof gibt es den alten jüdischen Teil.

War vor kurzem dort und ist wahrlich sehr interessant. Vor allem diese Verlassenheit, sehr viel verwachsen und verwuchert – nur einige Grabanlagen wurden von der Stadt Wien renoviert, es scheint auch die Beschriftungen wurden oft aufgebessert. Praktisch wie eine wildromantische Parkanlage.

Sehenswert sind die alten Grabanlagen, sehr prachtvoll und informativ. Da sieht man erst, welche bedeutende Positionen das Judentum in Wien so zwischen 1880 und 1920 eingenommen hat.
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Und dank Google kann man die Biographien größtenteils nachvollziehen und wie sich die Nachkommen, sowie sie dem Tod entrinnen konnten, in alle Himmelsrichtungen verteilten.
Da kann man auch die Größe der Vermögensverschiebung von den Juden zu den Arier erahnen.

Interessant sind auch die irrtümlichen Bombardierungen des Friedhofes im WKII und die Trümmer, die jetzt noch herumliegen. 20140918_183452.jpg

Alles in allem ein sehr empfehlenswerter Besuch, nur nicht vergessen: er hat auch eine Sperrstunde und nach dieser kann man nur neben dem Haupttor wieder raus.
 

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#4
Projekt Leichentransport im Tunnelsystem

Ideen für Transport zum Zentralfriedhof

Mit der offiziellen Eröffnung des Wiener Zentralfriedhofs vor 140 Jahren am 1. November 1874 entstand im Südosten von Wien der damals größte Friedhof Europas. Der Widerstand in der Bevölkerung dagegen war enorm - zu mühsam der Anfahrtsweg, zu karg die Ausstattung, zu offensichtlich die Leichentransporte auf Pferdefuhrwerken. Auf der Suche nach Lösungen schreckte die Gemeinde Wien auch vor visionären Lösungen für den Leichentransport nicht zurück. Sie hielt die Umsetzung einer Art „Rohrpost“ über ein unterirdisches Tunnelsystem für „wünschenswerth“.

Leichentransport im Tunnelsystem
Im Jahr 1863 hat der Wiener Gemeinderat den Bau des großen Zentralfriedhofs außerhalb der Stadt beschlossen. Heuer feiert er bereits sein 140-jähriges Bestehen. Am 1. November 1874 wurde der Zentralfriedhof auf dem Gebiet von Kaiserebersdorf und Simmering bei Wien offiziell eröffnet. Die damit verbundenen Probleme riefen visionäre, fast schon utopische Ideen auf den Plan.

Allein schon in den ersten Wochen nach der Eröffnung des damals größten Friedhofes Europas waren 50 Tote pro Tag erwartet worden. Das war eine Herausforderung auch für den Transport der Leichen, der vor allem mit Pferdefuhrwerken auf der Straße erfolgte - zum Leidwesen der Bevölkerung. Neben dem Vorschlag, den Transport unter die Erde zu verlegen, sorgten der Ingenieur Franz von Felbinger und der Architekt Josef Hudetz mit ihrer „Rohrpost“ für Leichen für Aufmerksamkeit. Sie warben für eine „Begräbnishalle mit pneumatischer Förderung“.

Mit dem Sarg in die Versenkung
Im Mittelpunkt ihres Projekts stand eine zentrale Bestattungshalle, die sowohl die Aufbahrung als auch die notwendige technische Infrastruktur kombiniert. Im Rahmen der feierlichen Zeremonie in der Halle sollte vom Verstorbenen, aufgebahrt auf einem „Versenkungssarg“, Abschied genommen werden. Mit dem Absenken des Sargs sollte das Ende der Zeremonie signalisiert werden.

Über ein pneumatisches Antriebssystem - mit Druckluft - sollen nach der Idee von Felbinger und Hudetz die Leichen in Zügen durch ein unterirdisches Tunnelsystem zum Zentralfriedhof geschickt und dort weitgehend abgeschirmt begraben werden. Druckluft sollte den Zug vor sich her drücken - mit einer Geschwindigkeit von bis zu 27 km/h.
Innerhalb von etwa zehn Minuten sollte diese „Rohrpost“ den Zentralfriedhof erreichen, so die Vision der beiden Planer. Entscheidende Kriterien für diese Art des Leichentransports waren Effizienz und Hygiene. Vielfach wurde das Argument der Ausbreitung von Seuchen verwendet, um Friedhöfe aus dem Zentrum der Stadt an den Rand zu verlagern.

Transport auf Schiene zu teuer
Auch die k. k. privilegierte österreichische Staats-Eisenbahn-Gesellschaft bot an, den Transport der Leichen auf die Schiene zu verlegen. Das wurde von der Gemeinde Wien und der zuständigen Friedhofskommission aber abgelehnt. Die Kosten wurden als zu hoch bewertet, der innerstädtische Ausbau der Bahn als unzureichend.

Bessere Chancen hatte daher zunächst der „Rohrpost“-Plan: „(...) das Consortium werde verständigt, daß der Gemeinderath geneigt sei, das Projekt (...) einer eingehenden Prüfung und Würdigung zu unterziehen“, beschloss die Friedhofskommission 1874. Für die Kommission wäre eine Durchführung dieses Projekts „wünschenswerth“ gewesen, da dadurch die Schwierigkeiten beim Leichentransport behoben werden könnten.

Gebaut wurde der unterirdische Leichentransportweg aber dennoch nicht. Der Wiener Gemeinderat, ohnehin politisch und wirtschaftlich durch die Finanzkrise von 1873 belastet, schreckte vor den hohen Kosten und den umfassenden dafür notwendigen Bauarbeiten zurück. Das Transportproblem wurde bis 1918 nicht gelöst. Erst dann wurde erstmals die Straßenbahnlinie 71 für den Leichentransport genutzt.

Kritik am Zentralfriedhof
Die Stadt kämpfte politisch auch mit zunehmenden Widerstand gegen den Zentralfriedhof - nicht nur aufgrund der auf der Simmeringer Hauptstraße sichtbaren Leichenzüge. Kritisiert wurde auch die lange Anreise zum Friedhof und die karge Ausstattung des Areals. Die Stadt Wien versuchte daher schon in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts etwa mit der Errichtung von prunkvolleren Ehrengräbern und später auch einer eigenen Kirche dem Unmut in der Bevölkerung gegenzusteuern. Nicht zuletzt deshalb wurden etwa die Komponisten Ludwig van Beethoven und Franz Schubert vom Währinger Friedhof nach Simmering gebracht.

Ab 1901 fuhr die Straßenbahn durch Simmering, 17 Jahre später begann auch der Leichentransport über die Straßenbahn

Die Entwicklung zu einer Bestattung außerhalb der Stadt hatte schon 90 Jahre zuvor unter Kaiser Joseph II. mit seinen „Josephinischen Reformen“ begonnen. Er hatte die Auflösung der Friedhöfe innerhalb des heutigen Gürtels verfügt. Fünf Friedhöfe außerhalb dieses Linienwalls - darunter der Sankt Marxer und der Währinger Friedhof - wurden geschaffen. Allerdings waren diese Bestattungsorte mit dem rasanten Anwachsen der Wiener Bevölkerung und damit auch der Toten ab Mitte des 19. Jahrhunderts bald zu klein. Der Zentralfriedhof weit außerhalb der Stadt auf dem Gebiet von Kaiserebersdorf sollte so groß sein, dass selbst bei einem damals prognostizierten Bevölkerungsanstieg der Wiener auf vier Millionen Einwohner bis zum Ende des 20. Jahrhunderts der Friedhof nicht zu klein werden würde.

Einfluss der Kirche eindämmen
Das von Felbinger und Hudetz vorgeschlagene Konzept für den Zentralfriedhof spiegelt auch veränderte Einstellungen gegenüber dem Friedhof an sich wider. Mit dem Drang des Bürgertums, Begräbnisse prunkvoll zu inszenieren, wurde die von Joseph II. propagierte spartanische Bestattung ab Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend zurückgedrängt. Ehrengräber dienten auch als Zeichen für Kunst auf dem Friedhof.

Der Friedhof wurde zu einem „Ort für Besuche“ und ein „gesellschaftliches Scharnier zwischen Leben und Tod“, analysiert der Kulturwissenschaftler Florian Bettel in seinem Artikel über die „technische Vision der pneumatischen Leichenbeförderung zum Wiener Zentralfriedhof“, veröffentlicht in dem Buch „Technology Fiction: Technische Visionen und Utopien in der Hochmoderne.“

Die neuen Friedhöfe sollten außerhalb des Einflussbereichs der Kirche sein, so Bettel, ein Ort, „der die bürgerliche Macht manifestiert und repräsentiert“. Die Gemeinde Wien habe sich mit der Idee der Begräbnishalle mit anschließendem Leichentransport erhofft, „traditionelle Riten, die sich als Teil religiöser Praxis in konfessioneller Hand befinden, weiter abschütteln zu können“, so Bettel.

Rückkehr der Idee im Krematorium
Zeitgleich mit der Idee der Begräbnishalle mit anschließendem Transporttunnelsystem wurde auch der Siemens’sche Ofen für die Feuerbestattung präsentiert. Auch hier taucht der versenkte Sarg auf - oben die Aufbahrung, unten die Verbrennung. Denn obwohl 1874 noch kein Krematorium für die Verbrennung von Leichen existierte, wurde diese Möglichkeit immer mehr ins Auge gefasst. In Österreich dauerte der Weg zum ersten Krematorium allerdings besonders lange: Die erste Feuerhalle wurde 1922 in Simmering eröffnet. Der Widerstand der katholischen Kirche war lange Zeit zu groß.
http://orf.at/stories/2251624/
 

josef

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#5
Leichenwagen der Straßenbahn

Textauszug aus Beitrag #4:
Ab 1901 fuhr die Straßenbahn durch Simmering, 17 Jahre später begann auch der Leichentransport über die Straßenbahn
Dazu ein Bericht der Pressestelle Wiener Stadtwerke inklusive Foto des "Straßenbahn-Leichentransportwagens":
1918, im letzten Jahr des Ersten Weltkriegs, fehlte es an Transportmitteln. Verstorbene wurden mit einer umgebauten Straßenbahn zum Friedhof gebracht. Die Leichentram fasste zwölf Särge. Im Zweiten Weltkrieg musste sie abermals eingesetzt werden.
Dazu auch hier Beiträge #4 u. 5.
 

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josef

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#6
Makabres Spielzeug...

Wiener Leichentram als Lego-Bausatz

Im Bestattungsmuseum am Zentralfriedhof gibt es neben Skelett-USB-Sticks und Totenkopfnudeln ab sofort ein neues Angebot: eine Lego-Leichentram zum Selberbauen. Das Original war während beider Weltkriege im Einsatz.

Das Lego-Leichentram-Set 1601 umfasst neben den 350 Steinen für den Waggon zwei Särge und ein Lego-Männchen. Die Lego-Leichentram ist mit der „Straßenbahn Alt Set 1408“ kompatibel, bald auch mit der „Straßenbahn Alt 2 Set 1609“. Ergänzungssets, unter anderem mit Lego-Totengräbern, sind geplant. Die Lego-Leichentram ist im Bestattungsmuseum und bei weiteren ausgewählten Händlern erhältlich.

Totentransport per Straßenbahn
Eine Leichentram war in Wien im Ersten und Zweiten Weltkrieg im Einsatz. Sie transportierte Verstorbene vom Allgemeinen Krankenhaus, der Pflegeanstalt Am Steinhof, vom Versorgungsheim und vom Jubiläumsspital in Lainz zum Wiener Zentralfriedhof. Zwei Beiwägen, die je zwölf Särge fassten, wurden an einen regulären Triebwagen angehängt. Keiner der schwarz lackierten Waggons hat überlebt, nur Fotos sind erhalten. Fotos der Waggons sind im Bestattungsmuseum zu sehen.


Bericht über die Leichentransporfahrzeuge: Sondertransporte der Wiener Straßenbahn während der beiden Weltkriege

Das Modell gestaltet hat Robert Staringer, der Klassiker in Anlehnung an die einstige Straßenbahn entwickelt. Der schwarze Wagen trägt das Logo der Bestattung Wien. Staringer hat bereits eine Reihe an Wiener Öffi-Fahrzeugen als Lego-Miniaturmodelle umgesetzt.

Herzstichmesser und Friedhofskultur
Das Bestattungsmuseum am Wiener Zentralfriedhof unter der Aufbahrungshalle 2 führt durch die Wiener Bestattungs- und Friedhofskultur vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Rund um die „Schöne Leich“ erfährt man alles zu kaiserlichen Trauerfeiern und dem Kondukt als letzter Inszenierung, Prachtuniformen und Trauermode, Totengedenken und Ehrengräbern. Zu sehen sind aber auch Skurrilitäten wie Herzstichmesser, Sparsarg und Rettungswecker.
Text u. Bilder: Wiener Leichentram als Lego-Bausatz
 

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josef

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#7


Zentralfriedhof-Tour: „Der Hang zum Morbiden“
Ein kopfloser Musiker und die Angst, lebendig begraben zu werden: Die Friedhöfe Wien bieten ab Oktober Führungen durch den Zentralfriedhof an. Trotz Gruselfaktors achte man jedoch besonders auf die Pietät, heißt es.
„Ich sage immer, die Wiener und der Tod haben schon fast ein Liebesverhältnis miteinander“, sagt Tourorganisatorin Gabriele Saeidi. „Der Hang zum Morbiden ist bei den Wienern besonders ausgeprägt.“ Die Einstellung zu Friedhöfen ändere sich zunehmend.

„Der Zentralfriedhof ist für viele heute nicht mehr nur eine Begräbnisstätte, sondern fast schon ein Naherholungsgebiet. Die Menschen besuchen hier zwar Verstorbene, man nutzt die Gelegenheit aber auch, um sich umzusehen und die ein oder andere Lebensgeschichte zu entdecken“, sagt sie.


Friedhöfe Wien
Ab 31.Oktober findet die Tour durch den Zentralfriedhof statt

Jährlich rund 100.000 Touristen am Zentralfriedhof
Das bestätigt auch Florian Keusch von den Friedhöfen Wien: „Die Friedhöfe haben sich in den vergangenen Jahren sehr geöffnet, wir haben im Jahr mehr als 100.000 Touristen am Zentralfriedhof. Die Gesellschaft wandelt sich und sieht die Thematik lockerer.“ Die „Führung zum Fürchten“, wie sie auf der Webseite der Fremdenführerin Saeidi genannt wird, empfindet er deshalb keineswegs als pietätlos.

Zwar sei der Titel der Führung reißerisch, tatsächlich handle es sich jedoch um eine abendliche Tour, die die Entstehungsgeschichte des Zentralfriedhofes sowie Geschichten einiger hier beigesetzter Personen erzählt. Vorerst sind vier Termine - angefangen am 31. Oktober - geplant. Die Tour dauert zwei Stunden, eine gekürzte Version wird bereits bei der Langen Nacht der Museen am 6. Oktober durchgeführt.

Historische Fakten statt „Gruselgeschichten“
„Wir wollen keine Geisterbahn am Zentralfriedhof machen oder schaurige Gruselgeschichten erzählen, das liegt uns fern. Es geht uns darum, eine historische Seite zu beleuchten, die man sonst nicht sieht“, betont Keusch.

Die Führungen finden nach Betriebsschluss des Friedhofes statt. Ein Faktor, der auch der Tourorganisatorin wichtig ist. „Es hat natürlich auch einen zusätzlichen Gänsehaut-Faktor, wenn man bei Nacht mit einer Laterne über den Friedhof geht.“ Gleichzeitig soll so aber auch die Privatsphäre der Menschen gewahrt werden, die am Friedhof Verstorbene besuchen. Der respektvolle Umgang mit dem Friedhof hängt für Saeidi aber auch mit der Auswahl der Geschichten zusammen.

Veranstaltungshinweis
„Der Zentralfriedhof bei Nacht: Eine Führung zum Fürchten“: Die Führungen finden am 31. Oktober sowie am 2., 9. und 16. November statt.
So liegt der Fokus auf historischen Ereignissen und den Folgen, wie etwa dem Brand des Ringtheaters 1881 und dem damit verbundenen Fortschritt in der forensischen Medizin. Auch der Alltag der Totengräber, sowie alte Begräbnisrituale und –methoden werden erklärt. So erzählt Saeidi etwa von der Angst vieler Menschen, lebendig begraben zu werden und erklärt Maßnahmen - wie etwa eine Glocke am Grabstein - die getroffen wurden, um dies zu verhindern.

Fokus auf berühmte Persönlichkeiten

„Man braucht sich keine Sorgen machen, dass die Geschichte der Großmutter erzählt wird“, so Saeidi. Bei der Tour werden ausschließlich die Ruhestätten berühmter Personen gezeigt, darunter die Musiker Johann Strauß und Ludwig van Beethoven. „Die großen Musiker dürfen bei keiner Friedhofstour fehlen“, sagt Saeidi.

Einer der klassischen Musiker, deren letzte Ruhestätte bei der Tour gezeigt wird, sei allerdings mit dem falschen Kopf beigesetzt worden. „Über viele Jahrhunderte hinweg haben sich die Menschen gerühmt, wenn sie einen berühmten Schädel im Besitz hatten. Es gab etwa den Mozartschädel im Mozarteum, bei dem man später festgestellt hat, dass es sich um einen anderen handelt. Am Zentralfriedhof gibt es ein ähnliches Phänomen.“ Um welchen Musiker es sich dabei handelt, möchte Saeidi vorab nicht verraten.

Link:
Publiziert am 05.10.2018
Zentralfriedhof-Tour: „Der Hang zum Morbiden“
 

Stoffi

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#8
Tja, unsere Führungen am Zentralfriedhof - klingt wenig reißerisch - gibt es dafür schon wesentlich länger. Leider ist es immer wieder so, das man reißerisch verpackte Sachen besser verkaufen kann, oder ist es wieder eine "Halloween" Sache?
 

josef

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#9
Bestattungsmuseum zeigt Beethovens Totenmaske
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Das Bestattungsmuseum auf dem Wiener Zentralfriedhof feiert den 250. Geburtstag des Komponisten Ludwig van Beethoven mit Blick auf dessen Leben und Tod. Im Rahmen einer Sonderausstellung wird auch dessen Originaltotenmaske gezeigt.

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Neben Beethovens Totenmaske werden auch die Originalmasken der Komponisten Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Schubert gezeigt. Den Besuchern werde dabei „die ergreifende Begegnung mit der einzelnen Totenmaske als ‚letztes Bildnis‘, einem festgehaltenen Ausdruck auf der Schwelle zwischen Leben und Tod“, erlaubt, hieß es in der Aussendung des Museums.


Bestattungsmuseum
Beethoven wurde am 29. März 1827 bestattet

Auch Einladung zu Begräbnis ausgestellt
Die Schau beschäftigt sich mit dem Werdegang des Komponisten bis zu seinem Tod und zeigt auch Objekte zu seinen wichtigsten Wegbegleitern. Unter den Exponaten ist auch die Einladung zu Beethovens Begräbnis am 29. März 1827. „Die musikalische Welt erlitt den unersetzlichen Verlust des berühmten Tondichters am 26. März 1827 Abends gegen 6 Uhr“, steht darin. Und weiter: „Beethoven starb an den Folgen der Wassersucht im 56. Jahre seines Alters, nach empfangenen heil. Sacramenten.“

Die Ausstellung „Beethoven und seine ZeitgenossInnen“ kann ab sofort besucht werden. Das Bestattungsmuseum befindet sich am Wiener Zentralfriedhof (Eingang bei Tor 2) im Untergeschoß der Halle 2. Die Beethoven-Ausstellung kann montags bis freitags von 9.00 bis 16.30 Uhr sowie ab 1. März auch samstags von 10.00 bis 17.30 Uhr besichtigt werden.
05.02.2020, red, wien.ORF.at/Agenturen

Link:
Bestattungsmuseum zeigt Beethovens Totenmaske
 

Stoffi

Well-Known Member
#11
und noch ein paar

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Gräber Wehrmachtssoldaten am Zentralfriedhof. Hier liegen gut 3000 Soldaten begraben Zentralfriedhof_100.jpg
1939. Lauf völkerbund ist er in Wien gestorben? Wie? Warum?
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Ludwig Schellhammer Todes-/Vermisstenort: Anklam (gab es hier schon Kampfhandlungen?
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Typische Grabanlage eines Sephardischen Juden IMG_6127_klein.jpg
Gedenkanlage für jüdische KuK Soldaten des ersten Weltkrieges


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Gräber jüdischer KuK Soldaten des ersten Weltkrieges
 

josef

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#13
Auf zur letzten Fahrt...

Wiener Bestatter setzt auf Urnen-Lastenrad
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Den Wienerinnen und Wienern wird seit jeher ein besonderes Verhältnis zum Tod nachgesagt: Jetzt bietet ein Wiener Bestatter den Transport der Urne zur letzten Ruhestätte auch mit einem Urnen-Lastenfahrrad an.
Online seit heute, 10.42 Uhr
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„Wir möchten Verstorbenen eine letzte Ehrenrunde durchs Grätzel oder zum Lieblingsort ermöglichen. Es ist uns ein Anliegen im Bestattungswesen und in der Gesellschaft auf diesem Weg neue Impulse zu setzen“, heißt es im Pressetext des privaten Bestattungsunternehmens Memoria.

Gründer ist der Wiener Marijan Martinovic. Er hat bereits mit Bio-Fair-Trade-Särgen und Fair-Trade-Urnen für Schlagzeilen gesorgt. Die Särge und Urnen bestehen aus „Naturprodukten wie Bananenblättern, wildem Ananas, Bambus oder Kiefer“.

Bestattung Memoria
Urnen-Rad soll „letzte Ehrenrunde durchs Grätzel oder zum Lieblingsort“ ermöglichen.

Bestatter bittet um Namens-Vorschläge
Seit Juni hat das Bestattungsunternehmen das türkise Elektro-Lastenrad im Angebot. Dabei wird die Urne sichtbar am vorderen Teil des Fahrrads befestigt und zur letzten Ruhestätte transportiert.

Noch sucht das Unternehmen einen Namen für das Rad. Dazu können über die Website der Bestattung Vorschläge abgegeben werden. Der „schönste Vorschlag erhält einen besonderen Platz auf dem Urnen-Rad“, verspricht Martinovic. Außerdem sollen 100 Euro im Namen des Gewinners oder der Gewinnerin gespendet werden.

Die Bestattungsunternehmen sorgen mit ihren „Zusatzangeboten“ immer wieder für Aufsehen. So bietet etwa die Bestattung Wien Turnbeutel mit der Aufschrift „Ich turne bis zur Urne“ oder einen Mundschutz mit dem Aufdruck „Corona leugnen sichert Arbeitsplätze“ an.
12.06.2021, red, wien.ORF.at

Link:
Wiener Bestatter setzt auf Urnen-Lastenrad
 

josef

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#14
Noch sucht das Unternehmen einen Namen für das Rad.
Nun ist auch ein Name gefunden und "Frieda" bekam den göttlichen Segen vom Dompfarrer!
Also auf zur letzten Fahrt der Urne durch das Grätzel... ;)

Dompfarrer segnet Urnen-Fahrrad „Frieda“
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Am Vormittag hat Dompfarrer Toni Faber am Stephansplatz das Urnen-Elektrolastenrad „Frieda“ gesegnet. Seit Juni betreibt ein Wiener Bestatter das Elektro-Lastenrad und bringt Urnen – auf Wunsch nach einer Radtour durch das Grätzel – zur letzten Ruhestätte.
Online seit heute, 7.00 Uhr
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„Urnenbestattungen liegen im Trend – vor allem seit Corona“, sagt Dompfarrer Toni Faber. Das Urnenfahrrad sei „eine gute Sache, den persönlichen Bedürfnissen der Menschen liebe- und humorvoll entgegenzukommen. Vor allem die Idee, Lieblingsorte des Verstorbenen ein letztes Mal mit dem Fahrrad abzufahren ist sicher eine kleine, aber charmante Marktlücke.“ Am späten Vormittag weihte Toni Faber das Rad, ausgestattet mit einer „Probeurne“, am Stephansplatz.



Schlagenzeilen mit neuen Ideen
Hinter der Idee steckt das private Bestattungsunternehmen Memoria. Gründer ist der Wiener Marijan Martinovic. Er hat bereits mit Bio-Fair-Trade-Särgen und Fair-Trade-Urnen für Schlagzeilen gesorgt. Die Särge und Urnen bestehen aus „Naturprodukten wie Bananenblättern, wildem Ananas, Bambus oder Kiefer“.
23.09.2021, red, wien.ORF.at
Dompfarrer segnet Urnen-Fahrrad „Frieda“
 

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#15
Zum Tod lachen: Die Bestattung Wien und ihr schwarzer Humor
Humor scheint ein guter Helfer zu sein, wenn es ums Sterben geht

Mittlerweile sind weit über 20.000 Stück der Maske verkauft, auch aus dem deutschsprachigen Ausland gingen viele Bestellungen ein.
Foto: Lukas Friesenbichler

"Am Zentralfriedhof is’ Stimmung, wia’s sei Lebtoch no net wor", behauptete Wolfgang Ambros 1975 zum 100. Geburtstag von Wiens größtem Gräberfeld. Aus heutiger Sicht muss man sagen: Wolferl, da ging noch was seither. In den letzten fünf Jahrzehnten hob sich die Stimmungslage weiter, vor allem auch unter den Lebenden, aus dem Zentralfriedhof ist fast ein Amüsierpark geworden.

Es ist Samstagvormittag, als eine fröhliche Menschenmenge vom Tor 2 schnurstracks in Richtung Bestattungsmuseum pilgert. Was die lustigen Leuteln dort wollen? Shoppen natürlich! Wer den kleinen Verkaufsbereich betritt, der zum Bestattungsmuseum in der Aufbahrungshalle 2 gehört, blickt auf die skurrile Version eines Wiener Einkaufssamstags. Familien mit ihren Kindern stöbern in den Lego-Sets, die von der Leichenkutsche über den Krematoriumsofen bis hin zu Minifiguren einer trauernden Familie samt Bestattern reichen.

Probeliegen im Sarg
Ein paar Regale weiter erzählt ein jugendlicher Gruftie seiner Begleiterin stolz vom Probeliegen in einem Sarg, das im Bestattungsmuseums ebenfalls angeboten wird. Er wählt sorgfältig unter den möglichen Souvenirs: Soll es das schwarze Badehandtuch für bequeme Strandruhe mit aufgedrucktem Sarg werden oder doch eher das graue Turnsackerl mit dem Slogan: "Ich turne bis zur Urne"?

Noch hat der nicht allzu sportlich wirkende junge Mann keine Entscheidung getroffen und wird misstrauisch von einer älteren Dame beäugt, die hier vergeblich nach Grabkerzen ohne lustigen Spruch sucht. Man rechnet schon mit einer Moralpredigt ihrerseits in Richtung der todschicken jugendlichen Erscheinung, als sie sagt: "Nehmen S’ des Tiach’l, junger Mann. Des passt besser zu Ihna!".

Lange Tradition
"Die Verbindung von Tod und Humor hat in der Stadt eine lange Tradition", bestätigt Florian Keusch, Chef des Bestattungsmuseums. "In Wien ließ man den Tod immer hochleben und versuchte, ihn gleichzeitig nicht ganz so ernst zu nehmen." Das habe wohl spätestens mit der Geschichte des lieben Augustin und der Pest im 17. Jahrhundert begonnen. Schließlich lautete das Leitmotiv dieses sagenhaften Sängers und Dudelsackpfeifers: "Lustig gelebt und lustig gestorben, ist dem Teufel die Rechnung verdorben."

Und doch wundert man sich: Nehmen manche Menschen die Scherzartikel zum Tod nicht auch als Pietätlosigkeit wahr? Nach dem überaus beliebten Zigarettenetui mit der Aufschrift "Rauchen sichert Arbeitsplätze" lässt die Bestattung Wien nun einen Mund-Nasen-Schutz produzieren, der Corona-Leugnern ebenfalls die Fähigkeit zutraut, Jobs zu garantieren.

Das geht nur in Wien
"Pietätlosigkeit hat man uns interessanterweise kein einziges Mal vorgeworfen", widerspricht Keusch. Allerdings hätte es immer wieder wütende Anrufe gegeben von Leuten, die behaupteten, es gäbe gar keine Pandemie. Ein Corona-Leugner habe immerhin Humor bewiesen und in einer E-Mail geschrieben: "Ich sichere gern eure Arbeitsplätze!" Keusch, der die Idee zur Maske hatte, war dennoch selbst erstaunt über den kommerziellen Erfolg.

Mittlerweile sind weit über 20.000 Stück verkauft, auch aus dem deutschsprachigen Ausland gingen viele Bestellungen ein. Sind Schweizer oder deutsche Bestattungen denn nicht so lustig, dass sie selbst auf vergleichbare Marketingideen kommen? "Wahrscheinlich geht das wirklich nur in Wien", schätzt Keusch. Er befinde sich im Austausch mit großen deutschen städtischen Bestattungen, die bereits Ähnliches ausprobieren wollten, aber sich dann doch eingestehen mussten: "Das können wir uns nicht trauen."

Gespräche über den Tod
Es gebe allerdings auch einen ernsteren Aspekt hinter so viel Galgenhumor, meint Keusch: "Man beschäftigt sich meist erst dann mit dem Tod, wenn ein Familienmitglied stirbt. Und je näher der Tod eines Angehörigen kommt, desto weniger traut man sich darüber zu sprechen." Es würde sich demnach in der Familie anbieten, zu einem Zeitpunkt über das Sterben zu sprechen, wenn es allen noch gutgeht. "Bei solchen Gesprächen ist Humor überaus hilfreich", sagt Keusch.

Und der tiefere Sinn hinter den Lego-Sets, die übrigens nicht fix-fertig vom Hersteller so kommen, sondern in mühevoller Kleinarbeit von Mitarbeitern der Bestattung zusammengestellt werden, sei "eine haptische Unterstützung für Kinder, um den Tod besser zu verstehen". Das Spielzeug werde meistens nicht einfach zum Spaß gekauft, sondern wenn Kinder eben Probleme dabei haben zu begreifen, was da vor sich geht, wenn etwa der Opa stirbt.

Makabre Anekdoten
Über den Tod geredet wird in Wien aber grundsätzlich eh gern, solange er einigermaßen abstrakt bleibt, weiß Keusch aus einer weiteren Erfahrung. Er ist Herausgeber des kürzlich erschienenen Buchs Schluss. Aus. Vorbei?, in dem Bürgermeister Michael Ludwig genauso über das Morbide "seiner" Stadt referiert wie ein Thanatopraktiker, der Tote für den Abschied würdig herrichtet. Lesenswert sind auch die Anekdoten des Promi-Bestatters Peter Holeczek. Eine besonders makabre gefällig?

Als Popstar George Michael 2011 in Wien weilte, war sein Gesundheitszustand besorgniserregend. Für den Fall seines Ablebens hatte eine britische Boulevardzeitung eine Million Pfund für ein Foto des Verstorbenen ausgelobt. Die Bestattung Wien entwickelte einen Notfallplan dafür, dass die Totenruhe eben im Fall der Fälle nicht gestört werde. Man hatte bereits Vorkehrungen getroffen, dass der Verstobene unter größter Geheimhaltung das Land hätte verlassen können. George Michael erholte sich aber damals wieder. Einen Codenamen für die Operation gab es dennoch: "Last Christmas".

Der Moderator Peter Rapp denkt in dem Buch wiederum offen darüber nach, wie sein Begräbnis ausschauen soll. Er wünscht sich einen Sarg mit einem Rauchfang, aus dem beim Trauerzug kleine Rauchwolken aufsteigen sollen. Auf seine letzten Worte hat er sich auch bereits festgelegt – "Endlich Nichtraucher!" –, und ein paar lustige Details sind ihm ebenfalls eingefallen: zum Beispiel ein unablässig klingelndes Handy in seinem Sarg, der vollgepickt ist mit den Logos seiner wichtigsten Sendungen. Hoppala fällt einem da als Erstes ein. Und fast könnte man meinen, Rapp traut der Bestattung Wien nicht zu, sein Begräbnis lustig genug zu gestalten. Doch diese stellt mit einem T-Shirt aus ihrem Museumsshop klar: "We put the Fun in Funeral!"
(Sascha Aumüller, RONDO exklusiv, 1.4..2022)
Zum Tod lachen: Die Bestattung Wien und ihr schwarzer Humor
 

josef

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#16
Alles Bio...

"Lebender Sarg" auf dem Wiener Zentralfriedhof
Ab sofort gibt es eine neue Friedhofsgruppe für Naturbestattungen. Diese sind fortan auch mit verrottbaren Bio-Särgen aus Pilzgeflecht möglich

Der neue "lebende Sarg" in dem neu geschaffenen Bereich auf dem Wiener Zentralfriedhof.
Foto: Christian Fischer


Stein findet sich auf dem neuen Areal nur in Form von Orientierungshilfen, Grabsteine gibt es hier keine.
Foto: Christian Fischer

Zwischen Tor zwei und Tor drei des Friedhofes weist ein Schild zu dem neuen Bereich.
Foto: Christian Fischer

Die "ultimative Naturbestattung" präsentierten Renate Niklas, Geschäftsführerin der städtischen Friedhöfe, und Jürgen Sild, Geschäftsführer der Bestattung Wien, am Freitag. Nunmehr kommen auf dem Zentralfriedhof der Hauptstadt zwei Neuerungen hinzu: ein weiteres Areal für Naturbestattungen, die bisher in drei verschiedenen Bereichen möglich waren, und verrottbare Särge, die für eine solche naturnahe Variante benützt werden können – denn diese war bisher nur in einer Urne möglich.

Wer keine Kremierung wünscht, kann fortan in einem "lebenden Sarg" aus Pilzgeflecht, eingebettet in Moos oder Leinen, begraben werden. Erlaubt sind in dem neuen Naturbestattungsbereich ausschließlich Bio-Särge ohne jegliche Metalle oder Synthetikeinsätze – oder eben Bio-Urnen, die bisher zum Einsatz gekommen sind.

Neues Areal
Die neue Fläche umfasst insgesamt 4.000 Quadratmeter Parkfläche, die bisher nicht als Grabstätte genützt worden sind. Vorerst entstehen hier 45 Gräber, wobei der Bereich gegebenenfalls im Laufe der Zeit ausgeweitet werden könnte, sagte Friedhof-Wien-Geschäftsführerin Niklas. Pro Grab können zwei Bio-Särge oder jeweils statt eines Sarges vier Bio-Urnen beigesetzt werden. Verabschiedungen wie jene bei traditionellen Beisetzungen bleiben bestehen, die Zeremonie findet unter freiem Himmel statt.

Am Eingang der neuen Friedhofsgruppe können Tafeln mit den Namen der Verstorbenen hinterlassen werden, an der Wand aus Totholz Blumen angebracht und in einer sogenannten Erinnerungsbox schriftlich festgehaltene Abschiedsgedanken deponiert werden. Auf den neuen Grabstätten wird Rindenmulch verteilt und Dauergrün gepflanzt. Beton findet sich hier nur mehr in Form von Orientierungssteinen.

Kein Stein
Mit dem Wiener Naturgrab komme man nun dem Wunsch vieler Menschen nach, vollkommen nachhaltig beigesetzt zu werden, sagte Niklas. Pro Jahr würden 5.000 Verstorbene auf den insgesamt 46 Friedhöfen der Stadt naturbestattet werden. Naturbestattungen machen 4,5 Prozent aller Beisetzungen aus – Tendenz steigend. Niklas geht davon aus, dass diese Zahl nun steigen werde, da eine naturnahe Variante nunmehr nicht mehr nur für jene möglich ist, die sich eine Feuerbestattung wünschen.
Nun ist zwar bekanntlich nichts so sicher wie der Tod, doch die Art der Grabgestaltung verändert sich allmählich. Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine naturnahe Variante, weg von dicken Granitplatten, hin zu Pflanzenbewuchs.

Der neue "lebende Sarg" hat eine herkömmliche Form, enthält standardmäßig etwa ein Kopfkissen und wahlweise eine Decke aus Moos, und er sieht aus wie Styropor. Er besteht allerdings aus organischem Material, genau genommen aus Myzel, also Pilzgeflecht. Die Myzelien werden in einer geeigneten Passform ohne Einsatz von Wärme, Strom oder Licht herangezüchtet. Ist die Grundform des Sarges erreicht, wird das Geflecht getrocknet. Das Wachstum des Pilzes wird dabei unterbrochen und das Material in eine Art Ruhestand versetzt. Wird es in die Erde gelassen, belebt das Grundwasser das Myzelgeflecht wieder, der Pilz wächst und umschließt den toten Körper. "Die Verstorbenen kommen wieder in den Kreislauf der Natur zurück", beschreibt es Bestattung-Wien-Geschäftsführer Sild. Der Pilz baut die Schadstoffe im menschlichen Körper ab, der Sarg baut sich gänzlich ab und bereichert die Erde.

Niederländisches Start-up
Dieser Prozess wird wissenschaftlich von der Universität Wien sowie von der Boku Wien begleitet. Bekannt ist diese Methode auch aus Tschernobyl, wo Pilze zum Abbau von radioaktivem Material eingesetzt worden sind, um den Boden wieder fruchtbar zu machen.

Europaweit sei das neue Konzept der Naturbestattung mit dem neuen Sarg einzigartig, sagt Sild. Entwickelt hat den Pilzsarg das niederländische Start-up Loop Biotech, das eigenen Angaben zufolge bereits an die 300 Stück verkauft hat. Die Kooperation mit der Stadt Wien ist die erste große dieser Art. Bei der Produktion des Sarges wird kein CO2 produziert. In Zukunft soll der Sarg im jeweiligen Verwendungsland wachsen.
Die Kosten für den neuen Sarg liegen bei 990 Euro, die Grabpflege beläuft sich auf 192 Euro im Jahr, womit der Preis im Mittelbereich liegt. Der günstigste Holzsarg ist ab 300 Euro zu haben, der Preis für ein Urnengrab beginnt bei 29 Euro.
(giu, 21.10.2022)
"Lebender Sarg" auf dem Wiener Zentralfriedhof
 

josef

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#17
Der Wiener Zentralfriedhof, der größte Friedhof Österreichs, wird heuer 150 Jahre alt
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Anlässlich des 150-jährigen Bestehens gibt es zahlreiche Veranstaltungen – von Konzerten bis zum Yoga.
Online seit heute, 6.00 Uhr
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Das Veranstaltungsprogramm beginnt laut den Friedhöfen Wien im Mai und reicht dann bis in den Spätherbst. Geplant sind etwa drei Konzertabende mit prominenten Wiener Künstlerinnen und Künstlern. Im Park der Ruhe und Kraft beim Tor 3 sollen Yoga- und Qigong-Kurse stattfinden. Erstmals sind außerdem auch im Sommer Nachtführungen geplant.

Angeboten werden sollen auch interaktive Workshops zu Themen wie versteckten Lebensräumen, Biodiversität und Gartenwissen. Hobbygärtnerinnen und -gärtner können sich etwa Tipps bei den Friedhofsgärtnern holen. Auch Workshops für Schulklassen gibt es.

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In den ersten Jahren unbeliebt
Der Zentralfriedhof wurde am 1. November 1874 eröffnet. In den ersten Jahren nach seiner Eröffnung war er wegen der großen Entfernung zur Stadt und der damals öden Flächen nicht sehr beliebt. Mit der Errichtung der Ehrengräberanlage 1888 änderte sich das. Viele berühmte Persönlichkeiten, die schon vor der Entstehung des Friedhofes verstorben und auf anderen Wiener Friedhöfen beigesetzt worden waren, wurden hierher überführt.

Fast tausend Ehren- und ehrenhalber gewidmete Gräber finden sich heute hier – von dem von Romy Schneiders Großmutter, der Schauspielerin Rosa Albach-Retty, über Komponisten wie Johann Strauß bis zu Udo Jürgens.

Eine geheimnisvolle Geschichte rankt sich etwa um den Komponisten Ludwig van Beethoven, der Ende des 19. Jahrhunderts von Währing auf den Zentralfriedhof übersiedelt wurde. Allerdings wurden möglicherweise nicht alle Knochen des Komponisten begraben. Nach seinem Tod sollen Teile des Schädels an einen Arzt verkauft worden sein. Beethovens sterbliche Überreste liegen in direkter Nachbarschaft seiner Komponisten-Kollegen Mozart und Schubert, wenn man bei Tor 2, dem Haupteingang, Richtung Friedhofskirche geht, auf der linken Seite.

330.000 Grabstellen
Heute erstreckt sich das Friedhofsareal über eine Fläche von fast zweieinhalb Quadratkilometern. Laut Friedhöfe Wien handelt es sich um einen der größten Friedhöfe Europas. Rund 330.000 Grabstellen gibt es. Der erste dort Bestattete war der Josefstädter Privatier Josef Zelzer. Der überwiegende Teil des Hauptfriedhofs besteht aus katholischen Gräbern. Der alte und der neue jüdische Friedhof und der evangelische Friedhof sind in das Areal integriert.

Nicht sofort als Grabstätte zu erkennen ist die Präsidentengruft direkt vor der Friedhofskirche, der Karl-Borromäus-Kirche. Hier wird an alle verstorbenen Bundespräsidenten seit 1945 erinnert. „Ja, aber nur mit meiner Frau!“, soll Renner zu der Idee gesagt haben. Nach seinem Tod zu Silvester 1950 wurde an der Errichtung der Gruft gearbeitet. 1951 wurde der erste Bundespräsident der Zweiten Republik provisorisch an dieser Stelle beerdigt – seine Frau Aloisia dann mit ihm in der Gruft. Deswegen liegen auch die jeweiligen Gattinnen der nachfolgenden Präsidenten am Zentralfriedhof in dieser Gruft.

Zwei Laufstrecken seit 2019
Auf dem Zentralfriedhof gibt es seit Mai 2019 auch zwei ausgeschilderte Laufstrecken. Ausgehend vom Tor 2 führt der kürzere, zwei Kilometer lange Weg zuerst durch die breite Allee zur Präsidentengruft. Danach umrundet man entlang der Arkaden die Kirche und läuft zum Ausgangspunkt zurück. Auf der fünf Kilometer langen Route zwei geht es tiefer ins Friedhofsareal hinein.
11.02.2024, red, wien.ORF.at

Link:
Zentralfriedhof wird 150: Konzerte und Yoga
 
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