Ehemalige "Körner-Werke" in Gutenbrunn im Waldviertel

josef

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#1
Sägewerk Gutenbrunn

Am Ende des 19. Jahrhunderts standen in den in Habsburgischen Besitz stehenden Wäldern der Region um den Weinsberg riesige Holzmengen zur Schlägerung an. So entstanden einige Sägebetriebe, wobei das größte Sägewerk, die „Kronprinz Rudolph Dampfsäge“ 1877 am westlichen Ortsrand von Gutenbrunn in Betrieb ging. Die Besitzer, Leopold und Alexander Munk gehörten damals zu der reichsten Wiener Bürger- und Industriellenschicht.

Das Werk in Gutenbrunn war somit Teil eines großen Unternehmens, welches auch das Sägewerk Pöchlarn einschloss. Das aus den „Habsburgischen Herrschaftswäldern“ stammende Rundholz wurde in Gutenbrunn mit 6 „Gattersägen“ zu Schnitt- und Bauholzware verarbeitet. Auch eine Kistenerzeugung war dem Werk angeschlossen.

Zum Abtransport von Scheiterholz (-> Brennholz) wurden noch die vorhandenen alten Schwemmkanäle der Ysper verwendet, die Schnittware wurde mit der ab 1906 in Betrieb gegangenen Bahnlinie Martinsberg-Zwett-Schwarzenau zur Franz-Josef-Bahn abtransportiert.

Der Mitbesitzer der „Kronprinz-Rudolph-Säge“, Leopold Munk, verstarb 1919 und das Werk übernahm der Wiener Industrielle Oskar Körner – wodurch das Sägewerk als „Körner Werke“ weitergeführt wurde.

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Infotafel der Kulturinitiative Weinsbergerwald

Körner gelang es, den schon in während der Monarchie durch die Gebrüder Munk aufgebauten Exportmarkt für österreichisches Holz nach den Wirren des 1. Weltkrieges wieder aufzubauen.

Bei dem nun ab 1919 als „Körnerwerke - Vereinigte Holz-, Bau- und Industrie AG“ eingetragenen Unternehmen mit den Werken in Gutenbrunn und Pöchlarn war Oskar Körner Generaldirektor.

Die Versorgung mit für den Sägebetrieb notwendigen gewaltigen Mengen an Rundholz wurde in einem sogenannten „Abstockungsvertrag“ zwischen dem Waldeigentümer, der „Habsburgischen Herrschaft“ und den „Körnerwerken“, genau geregelt.

Mit diesem Vertrag auf 20 Jahre (mit Option auf eine Verlängerung…) verpflichteten sich die Körnerwerke, jährlich 100.000 Kubikmeter Holz für die Weiterverarbeitung im Sägebetrieb zu schlägern. Auch der Holztransport „über Wasser“ (-> Schwemmkanäle) als auch über Forststraßen wurde genau geregelt. Ein weiterer wichtiger Punkt des Vertrages war die Verpflichtung der Körnerwerke zur Errichtung einer Industriebahn vom Sägewerk Gutenbrunn zum Bahnhof Martinsberg sowie dem Bau eines Waldbahnnetzes im Weinsbergerwald mit Anschluss der Säge Gutenbrunn.
Sämtliche im Vertrag festgelegten Investitionen sollten nach Vertragsende an die Herrschaft übergehen oder abgetragen werden!

Körner baute das Sägewerk gewaltig aus, das Betriebsgelände erstreckte sich vom „Hanslteich“ bis zum westlichen Ortsgebiet von Gutenbrunn. Eine mit Briketts aus Abfallholz befeuerte Dampfmaschine trieb 7 „Schnelllaufgattersägen“ an, ein eigenes Kraftwerk sicherte die Stromversorgung und für die Belegschaft wurden Wohnbaracken errichtet.

Auch an den vertraglich festgeschriebenen Bahnbauten wurde ab 1919 mit Hochdruck gearbeitet. Wegen der Versorgung der Säge mit Stammholz hatte die Waldbahn erhöhte Priorität. So wurde vorerst eine provisorische Feldbahn mit Spurweite 600 mm errichtet, welche die Anlieferung der Baumstämme aus den Wäldern sicherstellte und nebenbei als „Baubahn“ für die permanent zu errichtende Waldbahn (Spurweite 760 mm) diente. Gleichzeitig wurde die ebenfalls in Spurweite 760 mm ausgeführte „Industriebahn“ von der Säge Gutenbrunn zum Bhf. Martinsberg gebaut. (Dazu folgen noch Berichte…).

Bis 1926 liefen die zwischenzeitlich auf 8 Vollgattersägen angewachsenen maschinellen Einrichtungen im 3-Schichtbetrieb und die Körnerwerke hatten bis zu 500 Beschäftigte. Dann folgte aber durch die zunehmende Wirtschaftskrise ein ständiger Rückgang bei der Nachfrage nach Holzprodukten, was wiederum einen laufenden Personalabbau zur Folge hatte!

Der Selbstmord von Oskar Körner 1928 brachte einen weiteren Einschnitt und das Unternehmen ging an die „Niederösterreichische Holzindustrie AG“. Zum fallenden Holzpreis und der anhaltenden schlechten wirtschaftlichen Lage in der ersten Republik kam noch die vorzeitige Kündigung des „Abstockungsvertrages“ durch die „Habsburgische Herrschaftsverwaltung“. Der daraus resultierende Rechtsstreit eskalierte und die Holzlieferungen seitens der Herrschaft wurden eingestellt, was eine Betriebsschließung 1933 zur Folge hatte!

Mit dem Vertragsende wurden auch die darin enthaltenen Regeln schlagend und die seit 1919 getätigten Investitionsvorhaben wurden bis auf geringe Ausnahmen (Herrenhaus, Wohnbaracken…) abgetragen! Die durch die Stilllegung des Sägewerkes resultierende hohe Arbeitslosigkeit hatte für die Region Gutenbrunn schwerwiegende soziale Folgen…

Lageplan "Körner Werke" - Bildtafel bei ehem. Lokschuppen Gutenbrunn:
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Ehemaliges Werksgelände:
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Quellen: Kurzzusammenfassung von Berichten aus:
Start
Bildtafeln im "Truckerhaus" und
Manfred Hohn, Waldbahnen in Österreich, Teil 1 und 2


Nachfolgend 3 Bildberichte
 
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josef

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#2
Bilder Teil 1:

1. Die „Kronprinz-Rudolph-Dampfsäge“ um 1900. Am rechten Bildrand ist das heute noch existierende „Herrenhaus“ zu sehen.
2. Transparente Schautafel mit Hinweis auf das Werksgelände und das Herrenhaus, welches im Hintergrund im Original durchscheint…
3.– 4. Das Herrenhaus – früher Verwaltungsgebäude des Sägewerkes, heute Wohnhaus.
5. Bild vom Industriellen Oskar Körner, der die Dampfsäge 1919 nach dem Tod von Leopold Munk in sein Firmenimperium einverleibte.
6. Eine kurze „wirtschaftliche Vita“ von Oskar Körner.
7. Der produktionstechnische Mittelpunkt der Körnerwerke, die Sägehalle mit der Energiezentrale.
8. Blick auf dn zentralen Mittelpunkt der Werksanlagen von dr Gegenseite zum vorherigen Bild. Im Vordergrund links der in Bau befindliche Lokschuppen der Industriebahn, im Mittelgrund die Sägehallen und rechts das Herrenhaus.
9. Wieder eine der am Gelände aufgestellten Schautafeln mit der Baustelle des Feuerwehrdepots der Betriebsfeuerwehr.
10. Aktie der Körnerwerke zu 200 Kronen aus 1922.

Alle Fotos vom 18.06.2018 (Historische Bilder sind Aufnahmen aus dem Museumsraum im "Truckerhaus" Gutenbrunn)
 

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josef

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#3
Bilder Teil 2:

11. "Beamtenhaus" - ehemaliges Wohnaus für leitende Angestellte.
12. Kantinenbaracke in der Nähe des Hanselteiches.
13. Fundament- und Stiegenreste der Kantinenbaracke.
14. Heutige Waldfläche am ehemaligen Rundholzlagerplatz im Westteil des Werksgeländes.
15. Westlich der „Ulrichsschlager Straße“ (gegenüber dem ehem. Lokschuppen) waren lt. Werksplan auch 2 Kohlenmeiler situiert…
16. …an die mit einer eigenen Schautafel erinnert wird.
17.-18. Für den steigenden Arbeitskräftebedarf der Körnerwerke wurden oberhalb des Schnittholzlagerplatzes mehrere Wohnbaracken errichtet.
19.– 20. Heute sind noch 2 Baracken von damals erhalten. Zu welchen Zwecken sie genutzt werden, entzieht sich meiner Kenntnis.

Alle Fotos vom 18.06.2018 (Historische Bilder sind Aufnahmen aus dem Museumsraum im "Truckerhaus" Gutenbrunn)
 

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josef

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#4
Bilder Teil 3:

21. Ausschnitt eines Werksplanes: Links Rundholzlagerplatz mit Anschluss an das Waldbahnnetz. Mitte Sägehallen mit der Dampfmaschine und den 8 Gattersägen und rechts anschließend der Schnittholzlagerplatz. Die in leichter Hanglage liegenden Lagerzeilen wurden über Feldbahngleise erschlossen. Die Verteilung der Feldbahnplateauwagen auf die einzelnen Lagerorte erfolgte über eine elektrisch betriebene Standseilbahn.

22. Im Westen des Rundholzlagers befand sich die „Kapp- oder Kopfsäge“ zum Kürzen der Baumstämme.

23. Wieder ein Blick auf die zentrale Sägehalle vom Süden. Am Hang im Hintergrund sind die Wohnbaracken ersichtlich.

24. Maschinenraum-Energiezentrale mit der Dampfmaschine.

25. Blick in die Sägehalle mit einigen der 8 Gattersägen.

26. Bildtafel mit einem weiteren Blick von S nach N: Rechts vorne hinter den Rundholzstämmen das Dach des Lokschuppens, dahinter dann das Herrenhaus und links davon die Betriebsgeäude (Sägehalle usw. …) und oben am Hang die Wohnbaracken. Rechts die Stapel der „Schnittware“ am Schnittholzlagerplatz.

27. Der in leichter Hanglage befindliche Schnitthozlagerplatz mit der Standseilbahn zur Verteilung der Feldbahnrollwagen zu den einzelnen Lagerzeilen.

28. Im unteren (südlichen) Bereich des Schnittholzlagerplatzes, parallel zur Straße Gutenbrunn-Bärnkopf, befand sich die Verladerampe. Hier wurde die Schnittware auf Wagen der 760 mm Industriebahn verladen und mit dieser zum Bahnhof Martinsberg zur Umladung auf Normalspurwagen transportiert…

29. Der Bereich Schnittholzlagerplatz heute mit der Luftwaffensiedlung im Hintergrund

30. Bereich der Kreuzung Gutenbrunn-Bärnkopf mit der Straße nach Ulrichschlag. Hinter der Straße begann der Bereich der Sägehallen, links davon war der Rundholzlagerplatz…

Fotos vom 18.06.2018 (Historische Bilder sind Aufnahmen aus dem Museumsraum im "Truckerhaus" Gutenbrunn, Bild 27 aus "Manfred Hohn, Waldbahnen in Österreich, Band 2))
 

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Bunker Ratte

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#5
Hallo Josef ,
danke für den tollen Bericht und den schönen Bildern. ( Bild 12 in #3) die Kantine hat mich fasziniert.:).
Tut leid hab ich dir vorher hinein gepfuscht ;).
Lg
Michi
 
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struwwelpeter

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#6
Aus der "Reichspost" März 1930
Quelle: ANNO

Trauriges Ende des Großindustriellen Oskar Körner.
Nach Meldungen aus Berlin hat sich der bekannte Wiener Großindustrielle Oskar Körner im Hotel „Kaiserhof" in Berlin vergiftet. Den unmittelbaren Anlaß zum Selbstmord gaben Mißhelligkeiten mit der Schweizer V o l ks b a n k, die ihre Kredite zurückgezogen hatte sodaß
Körner unmittelbar vor dem Zusammenbruch stand. Wie weit die finanzielle Bedrängnis bereits gediehen war, ersieht man auch daraus, daß die Berg- und Hüttenwerksgesellschaft in Brünn eine Forderung von 77.726 Tschechokronen auf den zwei Häusern, die Körner in der Himmel-
pfortgasse besaß, hat vormerken lassen und daß die gleiche Gesellschaft noch im vorigen Monat den Antrag auf Versteigerung der beiden Objekte einbrachte. Körner war also nicht einmal mehr imstande, diesen verhältnismäßig geringen Betrag flüssig zu machen.

Vor sechs bis acht Jahren zählte er zu den reichsten Leuten Oesterreichs; sein Vermögen wurde auf mehrere Millionen Dollars geschätzt-
Körner war in der Holzbranchs groß geworden. Als Generaldirektor und Hauptaktionär der Körnerwerke war er eine Zeitlang der mächtigste Holzindustrielle des ganzen Landes. Als solcher strebte er nach Einfluß in der Bankwelt, was ihn nach mehrmaligen vergeblichen Versuchen Wohl gelang, aber mit ein Anlaß zu seinem Abstieg wurde. Seit den Tagen der unglückseligen Frankenspekulation ging es mit Körner andauernd bergab; doch ist er seinen Verbindlichkeiten jederzeit nachgekommen.
Dies war jedoch nur möglich durch den Verkauf der wichtigsten Aktienpakete, so daß Körner schließlich nur mehr einige Holzabstockungsverträge blieben, bei denen die Schweizer Volksbank das notwendige Geld herlieh. In dem Augenblick, wo sie ihr Geld zurückzog, wär der Zusammenbruch nicht mehr aufzuhalten.

Weitere Info: Nach seinem Tod wurde über das Firmenvermögen ein Ausgleich mit 35% und 10 Monatsraten angeboten. Die weitere Entwicklung habe ich nicht verfolgt.
 

struwwelpeter

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#7
Allerdings ging es der Schweizer Volksbank dann auch nicht gut (Tiroler Anzeiger 1933) Quelle: ANNO

Die Sanierungsaktion für die Schweizerische Volksbank in Bern ist ein Beweis dafür, daß es selbst innerhalb des schweizerischen Bankenapparates schwache Stellen gibt, deren Ausmerzung noch immer nicht beendet ist. Die V e r l u st e, welche die Schweizer Banken im Laufe der
letzten Jahre erlitten haben, machen mehrere hundert Millionen Franken aus.
Die Züricher und Baseler Großbanken haben diesen Stoß dank ihren umfangreichen offenen und stillen Reserven ohne besonderen Schaden auszuhalten vermocht. Diese Feststellung gilt jedoch, wie die „W. W. W." schreibt, nicht für die drei Großbanken, die früher ihren
Sitz in Genf hatten und die schließlich nach einer mehrmaligen und äußerst kostspieligen Sanierung zu einem einzigen Kreditinstitut zusammengeschmolzen werden mußten, in welchem überdies nicht die Genfer Bankleute, sondern die Züricher Großbanken, also die deutsche Schweiz über die Aktienmehrheit verfügen.
Von der Schweizerischen Volksbank, über deren Sanierung eben jetzt berichtet wird, wußte man schon seit zwei Jahren, daß sie an verschiedenen Geschäften in Mittel- und Osteuropa sehr bedeutende Verluste erlitten hatte. Noch in der letzten Generalversammlung kam es deshalb zu schweren Auseinandersetzungen mit der Direktion des Institutes, deren Abberufung damals schon von einer starken Aktionärminoritöt verlangt wurde. Das Ueberraschende bei dieser Entwicklung ist nun die Tatsache, daß die Leitung der Schweizerischen Volksbank noch in der am
13. Marz l. I. abgehaltenen Generalversammlung dem Antrag auf eine Dividendenverteilung von rund drei Prozent vorlegte und bei dieser Gelegenheit die Lage des Institutes als günstig bezeichnete.
Diese Darstellung hat sich nunmehr als vollkommen unrichtig erwiesen.
Es zeigt sich jetzt, daß nicht nur die Reserven der Bank (42 Millionen Franken), sondern auch ein großer Teil des Genossenschaftskapitals — vermutlich 70 bis 80 Millionen Franken — verloren find.
Diese Verluste haben zum Teil ihren Ursprung auch in Oesterreich. Die Schweizerische Volksbank hat vor allem dem seinerzeit viel genannten Holzindustriellen Oskar Körner in Wien namhafte Kredite gewährt, für die dann später im letzten Moment eine hypothekarische Sicherung bestellt wurde. Diese Sicherheiten haben sich als zu gering erwiesen und heute ist die Situation die, daß die Schweizerische Volksbank im ersten Bezirk von Wien als auch in Mauer über Liegenschaften verfügt, deren Verkauf derzeit unmöglich ist und bei denen sie auch schon wegen der viel zu geringen Verzinsung außer der Kapitalseinbuße noch andauernd Zinsenverluste erleidet.
 

HF130C

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#11
Herzlichen Dank den beiden Autoren für die interessanten Beiträge.

Ich möchte auf die sehr seltene "Standseilbahn" in Bild 27 hinweisen: Es handelt sich wohl weniger um eine echte Standseilbahn, d.h. mit einer externen Antriebsstation, bei der der Seilbahnwagen durch die Schwerkraft nach unten gezogen wird. Vielmehr scheint sich hier der Antrieb in dem sichtbaren Aufbau des Seilbahnwagens zu befinden, und es ist auch ein Seil talseitig am Foto zu sehen, jedoch keine Rollen, über die das Seil laufen würde. Das würde also bedeuten, dass sich der Wagen am Seil selbst hinauf- und als auch hinuntergezogen bzw. gebremst hat, indem das Seil im Wagen über eine Antriebswalze geschlungen wird. Für den Antrieb im Seilwagen spricht auch die sichtbare Fahrleitung, die für eine reine Signalleitung wohl zu aufwendig wäre.

Bei näherer Betrachtungsweise erscheint diese sehr spezielle Antriebsweise auch notwendig zu sein, da die Steigung für einen reinen Adhäsionsbetrieb ohne Seil zu groß war, aber doch zu flach, um als normale Standseilbahn eine zuverlässige Talfahrt rein durch die Schwerkraft zu gewährleisten.

Es wäre spannend, eine technische Beschreibung darüber zu finden oder zumindest weitere Fotos sehen zu können. Eventuell findet sich ja noch etwas im vorangekündigten weiteren Teil. In jedem Falle handelt es sich um eine außergewöhnliche technische Konstruktion, die selten ausgeführt worden und somit durchaus bemerkenswert ist.
 

josef

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#12
Standseilbahn Schnittholzlagerplatz:
Das Bild dürfte eine Rarität sein, stammt, wie oben angemerkt aus dm Buch von M.Hohn, Waldbahnen in Österreich - 2, Seite 99.
Ja, der Antrieb war lt. Bildbeschreibung im Fahrzeug, Strombezug über den am Dach aufgesetzten Stromabnehmer von der ebenfalls sichtbaren Fahrleitung.

Dazu Bildtext von M.Hohn:
Eine wichtige Zubringerfunktion aus der Säge zum Lagerplatz und der Verladerampe der Industriebahn Gutenbrunn-Martinsberg hatte diese elektrisch betriebene Standseilbahn. Das einzige Fahrzeug mit dem ungewöhnlichen Aufbau für den Stromabnehmer auf dem Dach besaß berg- und talseitig eine Plattform mit 600 mm Gleis und konnte daher bei einer Fahrt gleichzeitig zwei Wagen befördern. Neun von dreizehn Ladestrecken sind auf dem Bild erkennbar.
 
#13
Quelle: http://www.daswaldviertel.at/hefte_digital_71_80/das_waldviertel_1977_01_02_03_ocr.pdf

Die Firma „KÖRNERWERKE-A. G."

Diese Firma führte den Namen nach ihrem Gründer und Chef namens Körner. Dieser war nach dem ersten Weltkrieg aus Galizien nach Osterreich
gekommen. Am 24. November 1919 schloß die Firma ,,Körnerwerke" mit der Herrschaft einen Abstockungsvertrag, der vom 1. Jänner 1920
bis 31. Dezember 1939 dauern sollte. Es wurde ein jährlicher Holzeinschlag von 83.600 fm (Festmetern) vereinbart.

.......Die Holzzufuhr mit Pferdegespannen hätte mit der Leistung der Säge nicht schritthalten können. So wurde vom Werk aus ein Industriegleis gelegt, einerseits in den Wald bis gegen Saggraben, andererseits zum Bahnhof nach Martinsberg.
Diese Anlage war jedoch nur für kleine Motorwägelchen geeignet. Bald zeigte sich aber, daß die Kapazität dieser „Motorbahn" nicht
ausreichte. Kurz entschlossen wurde diese Anlage in eine Industriebahn mit Lokomotivbetrieb umgebaut mit einer Gesamtlänge von etwa
15 km. Jetzt konnte genug Material zur Säge und die Schnittware zum Verladebahnhof nach Martinsberg geschafft werden. Der Betrieb dieser
Bahn stellte sich sehr billig. Die Lok wurde mit Briketts aus Sägespänen geheizt, die auf der Säge mit einer eigenen Preßanlage erzeugt wurden.
Die Inhaber jener Gründe, durch die die Trasse der Bahn führte, erhielten als Entschädigung jährlich eine gewisse Menge Brennholz zu
einem Drittel des Normalpreises zugeteilt.

Im Walde wurde wie bisher das geschlägerte Holz mit Pferden ausgeschleppt und zu günstig angelegten Lagerplätzen gebracht. Von da aus
wurde es mit der Industriebahn entweder zur Verarbeitung zur Säge oder als Rundholz zur Verfrachtung zum Bahnhof gebracht.
Bei dieser Massenschlägerung fiel auch eine riesige Menge von Wipfel- und Astholz sowie Reisig an, die nicht verwertet werden konnte.
Liegen lassen konnte man dieses aber nicht und so wurde es verbrannt.

Zur Zeit der Hochkonjunktur bis 1926 wurde auf der Säge in drei Schichten gearbeitet. In der Sägehalle waren 7 Vollgatter in Betrieb
Eine zweite Halle war mit zehn Kreissägen als Kistenfabrik eingerichtet.
Leider begann i. J. 1927 das Holzgeschäft abzuflauen. Es waren die ersten Anzeichen der kommenden Weltwirtschaftskrise. So mußten
auch die Körnerwerke den Betrieb entsprechend einschränken und Arbeiter entlassen. Dadurch konnte die Firma im Laufe der Zeit ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen. So endete der Vertrag bereits i. J. 1932 durch Kündigung. Noch im gleichen Jahre wurde der Betrieb gänzlich
eingestellt. Immerhin waren während der Dauer des Vertrages 1,500.000 fm Holz geschlägert worden.......
 

josef

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#14
Leider gibt es in den Fachbeiträgen im oben zitierten Heft "Das Waldviertel" (1/2/3 - 1977) auch fehlerhafte Angaben, so im Beitrag über "Die Holznutzung im Gebiet des Weinsberges in den letzten zweihundert Jahren, Artikel 1. über Schwemmwerke":
Dort ist auf Seite 18 zu lesen:
Fürnberg ließ für diesen Zweck etwa 3/4 Wegstunden östlich vom Weinsberg einen Stollen von etwa 2800 m Länge graben und mit einem Geflüter - ein aus Pfosten oder dicken Brettern gezimmertes künstliches Bachbett - versehen. Dieser Stollen heißt heute noch die „Berglucke".
Tatsächlich war der "Berglucken-Stollen" ca. 200 m lang!
-> Beitrag vom Experten und Buchautor Fritz Lang (@FriLa) und Dokumenten im Museumsraum "Truckerhaus-Gutenbrunn"!
Siehe auch Schwemmkanäle
 
#15
Ist mir auch schon aufgefallen :)
Andere Kalkulation:
Die 1,5 Mio FM Holz die da in ca. 12 Jahren geschlägert wurden sind ca. 1FM 500kg ...750.000 Tonnen; 1 LKW ca. 25 FM ...60.000 LKW Fuhren oder 14 LKW Fuhren pro Tag.
1 Baum ca. 0,7 FM wären dann ca, 1 Mio. Bäume oder ca. 230 Bäume pro Tag.

derzeitige Baumernte in Österreich:
Borkenkäferschäden erreichen 2017: 3,5 Mio FM Borkenkäfer
Holzernte in Österreich 2017: 22 Mio FM
Waldzuwachs Österreich jährlich ca. 30 Mio FM

Resümee:
Die FM der 12 Jahren Betriebszeit werden anscheinend heutzutage in Österreich (Gesamt) in ca. 1 Monat geschlagen.
 

HF130C

Well-Known Member
#16
Danke für die Kalkulation. Anzunehmenderweise wurde damals im Forst noch mit der Hand gesägt, die Benzinkettensägen kamen erst ab ~1925 auf.
Insoferne ist die Leistung im Vergleich mit heute durchaus beachtlich.

Die großzügig ausgeführte Bahn konnte die 14 fiktiven LKW-Fuhren mit Sicherheit, sogar mit einigen Reserven, bewältigen.
 
#17
etwas OFF TOPIC :cool::
Damals konnte man anscheinend mit Bäume fällen ein Vermögen machen. Investitionen in Technik waren nicht so enorm, da alles mit der Hand/Säge erledigt wurde. Und das meiste Holz bedurfte keiner weiteren Behandlung wie präzises schneiden etc., da es vorwiegend zum Heizen oder als Holzkohle verwendet wurde.
Umso besser, falls man wie bei Hubmer nur als Lohnfäller tätig war und nicht auch Grundeigentümer war. Das reduzierte den Kapitaleinsatz wesentlich (Löhne waren extrem niedrig).

Heutzutage ist es genau umgekehrt:
Investitionen in Technik sind enorm, da nur gewisse Produkte wie Spannplatten, Laminate, Leimbinder etc. ordentliche Gewinne bringen und dafür benötigt man eine technische Grundausstattung. Holz als Heizmaterial ist nicht mehr so aktuell und Lohnfällung schon gar nicht, da die Arbeitszeit das Teuerste ist.
In den letzten Jahrzehnten haben sich daher nur die Schweighofers/Kaindls/Eggers/früher Funders als Spannplattenproduzenten als Industrie platzieren können - dies aber wesentlich, da auch im benachbarten Ausland. Oder auch die Papierindustrie.

Wer den Palast in Wien der Schweighofers finden will (Palais Erzherzog Karl Ludwig): Hier

Wo investiert man dann heute?
In verleimte Holzteile für Häuser, Brücken oder gleich in Immobilien, Aktien und Kryptowährungen - wobei vor allem die Kryptowährung ist, wie damals Bäume zu fällen: sehr geringe Investition in Technik, man erledigt alles mit dem eigenen Gehirn (früher mit der eigenen Säge) oder dem eigenen Computer.
Aber auch da - mit bei den Ersten zu sein ist immer wichtig.
 
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