"Holztriftrechen" und Köhlerzentrum Hieflau im Ennstal

josef

Administrator
Mitarbeiter
#1
Auf der einstigen "Lend an der Enns" in Hieflau befindet sich ein Dokumentationszentrum über die längst vergangene Zeit der Köhlerei. Dort wurden die früher zum Erschmelzen des Erzes vom Erzberg notwendigen großen Mengen an Holzkohle erzeugt. Viele Exponate, Pläne, Zeichnungen und Bilder veranschaulichen die Arbeitsschritte des Holzeinschlages, der Bringung zur Enns mit nachfolgender Triftung bis zum Rechen Hieflau und die anschließende Verkohlung in den 22 Meilern...
Der Holztriftrechen diente zum Auffangen des in den Wäldern flussaufwärts von Hieflau im Bereich um Admont und dem Gesäuse geschlägerten Holzes, welches auf der Enns getriftet wurde.

1502 plante Kaiser Maximilian einen Auffangrechen (-> Triftrechen...) für das zur Erzeugung von Holzkohle benötigte Holz in der Enns bei Hieflau. Ein halbes Jahrhundert diente dazu ein kleiner Rechen, der aber immer wieder von Hochwässern beschädigt wurde und schließlich 1572 total zerstört wurde.
1574 erteilte Erzherzog Karl den Auftrag zur Errichtung eines neuen Rechens.
Der Wasserbaumeister Hans Gasteiger, der bereits 1570 den "Reiflinger Rechen" fertiggestellt hatte, errichtete nun ein Bauwerk aus einer Unmenge an „Piloten“ (-> starke Lärchenstämme...), die bis zu neun Meter tief in das Ennsbett geschlagen wurden. Dieser Neubau war 252 Meter lang und elf Meter breit. Ihm vorgelagert war ein 25 Meter langer Nebenrechen. Mittels Wasserrad wurden kranartige Aufzüge betrieben. Mit diesen hob man die Hölzer an Land, zerkleinerte sie und baute daraus Holzkohlenmeiler (bis 1800 wurden liegende, sog. Langmeiler gebaut, später stehende, sog. Rundmeiler). Die Holzkohle wurde in den Eisenerzer Erzröstöfen und Radwerken zur Roheisenerzeugung genutzt, später auch bei den Hieflauer Holzkohle-Hochöfen.

Dieses "Wasserbau-Fachwerk" tat über 400 Jahre seinen Dienst: Im großen und kleinen "Rechenhof" sammelte sich das getriftete Holz. Arbeiter "ländeten" nun mit Hilfe von einfachen Kränen die etwa 2,30 Meter langen, „Dreilinge“ genannten Holzstücke. Auf der "Lend" gleich daneben wurden die Stämme in großen Meilern verkohlt. Hieflau wurde neben Großreifling zur größten Kohlstätte der Monarchie.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verlor die Holzkohle durch die Umstellung auf Koks an Bedeutung, im Jahr 1908 wurde der Oberbau des Holztriftrechens entfernt.
(Basis für die Kurzbeschreibung: Köhlerzentrum Hieflau – EnnstalWiki , Hieflauer Holztriftrechen – EnnstalWiki und diverse Texttafeln im "Köhlerzentrum" )

Heute erinnert die Ausstellung im "Köhlerzentrum" an die ehemalige Bedeutung der Hieflauer "Lend an der Enns" als wichtiger Standort der Holzkohlenerzeugung für die damalige Montanindustrie...

1599152453299.png
Zeitgenössische Lageskizze der "Lend an der Enns" mit Triftrechen, Holzlagerplatz und Kohlenmeiler.
(Aufnahme 08.07.2020)

1599152610944.png
Aktuelles Luftbild der ehemaligen Anlagen an der Enns.
(Lubi GIS-Stmk.)

1599152710188.png
Übersicht Hieflau mit Mündung Erzbach in die Enns.
(Lubi GIS-Stmk.)

1599154018151.png
Ansicht von Hieflau vor 1873 (noch keine "Rudolfsbahntrasse" erkennbar):
Im Vordergrund erkennt man einige Kohlenmeiler an der "Lend" und in Bildmitte die Ennsbrücke zum Ort.
Rechts oberhalb der Enns befinden sich die Gebäude des Hüttenwerkes mit den damaligen Holzkohlen-Hochofen.

1599153373613.png
Ansicht von Hieflau um 1900:
Im Vordergrund die "Lend an der Enns" mit Brücke zum Ort und Rechen in Flussmitte.
Die beiden Holzhütten gehörten zu den mittels Wasserrädern betriebenen Holzaufzugskränen.
In Bildmitte unten die Mündung des Erzbaches in die Enns mit Brücke der "Rudolfsbahn". Dahinter links das Ortszentrum
und rechts das Hüttenwerk mit dem 1887 errichteten Koks-Hochofen. Darüber in Bildmitte das Erzbachtal Richtung Eisenerz.


(Alle Bilder ohne gesonderten Quellenhinweis stammen aus dem "Köhlerzentrum Hieflau" - Aufnahmedatum 08.07.2020)
 
Zuletzt bearbeitet:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#2
Versuche nun anhand von Bildern aus der Ausstellung im Köhlerzentrum den "Weg des Holzes" bis zur Verkohlung dazustellen:

Teil 1. - Holzschlag - Holzbringung:
Nach Abholzung bzw. zur Schonung der Restbestände der Waldungen im Nahbereich von Eisenerz begannen die "Innerberger Radwerkbesitzer" mit der Suche nach neuen "schlagbaren" Holzressourcen zur Erzeugung von Holzkohle. Fündig wurde man im Ennstal und dessen Seitentälern bei den im Besitz des Stiftes Admont befindlichen riesigen Waldflächen.

Einige Fotos von Bildtafeln aus dem "Köhlerzentrum" zum Leben der Holzknechte und dem Transport des geschlägerten Holzes vom "Holzschlag" zur Triftung auf der Enns:

1599232180898.png


1599232942383.png
In solchen primitiven "Lohhütten" lebten die Holzknechte während ihrer Arbeitswoche...
1599233063502.png
Zeichnung einer Innenansicht mit Kochstelle am offenen Feuer...
1599233173405.png
Schmiedeeisengestell als "Pfannenhalter" über der Kochstelle in einer Lohhütte...

1599233610559.png 1599233484772.png
Mittels "Holzriesen" wurden die Stämme ins Tal zum Fluss gebracht, um dort mittels "Triftung" weiterbefördert zu werden...

1599233752742.png
Von mehreren Holzschlägen wurden die Stämme zu einer zentralen Riese gebracht, um das Tal bzw. Flussufer zu erreichen...

1599234158708.png
Eine zeitgenössische Skizze aus 1773 zeigt die Bringung mittels Riese zum Fluss und Triftung bis zum Auffangrechen.
In der rechten oberen Ecke wird die "Eisenerzer Wehrkirche St. Oswald" dargestellt.
(Alle Bilder ohne gesonderten Quellenhinweis stammen aus dem "Köhlerzentrum Hieflau" - Aufnahmedatum 08.07.2020)


Auf der Enns wurden die Holzstämme dann mittels der natürlichen Strömung flussabwärts bis zum Trift- bzw. Auffangrechen in Hieflau getriftet...
 
Zuletzt bearbeitet:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#3
Teil 2. - Trift- bzw. Auffangrechenanlage Hieflau:


Überblick über die Rechenanlage:
1599234775775.png
Vergrößerung aus einer Ansichtskarte aus 1907:
Linke Bildhälfte mit Hüttenwerk/Kokshochofen, in Bildmitte Bahndamm und Bahnbrücke der "Rudolfsbahn" über die Erzbachmündung. Rechte Hälfte die Enns mit "Lende". Der Hauptrechen verläuft quer über das ganze Flussbett und der so im "Oberwasser" entstandene "Rechenhof" konnte 13.700 Festmeter Triftholz aufnehmen. Der daneben liegende kleine Rechen reichte wie ein Finger kurz in den Fluss, davon sind heute noch Reste der Piloten zu sehen...
Rechts oben erkennt man auch den Bf. Hieflau mit dem alten Stellwerksturm am Nordkopf.

(Quelle-Vergrößerung: ÖNB/AKON Ansichtskarten Online )

1599245770660.png
(Quelle: ÖNB/AKON Ansichtskarten Online )

Wie im ersten Beitrag bereits angeführt, wurde der 1572 durch Hochwasser zerstörte Rechen aus 1502 im Jahre 1574 neu errichtet. Der 252 m lange neue Rechen wurde auf bis zu 9 m in die Flusssohle gerammte 145 Hauptpiloten und 435 Nebenpiloten aus Lärchenholzstämmen gegründet. Der dadurch entstandene "Rechenhof" hatte wie schon geschrieben ein Fassungsvermögen von 13.700 Festmeter Triftholz.

1599243918701.png 1599243958224.png
Links: "Pilot" (-> Pfahl bzw. Stamm...) aus Lärchenholz
Rechts: Die Piloten waren mit Schmiedeeisenspitzen beschlagen.


1599245102039.png 1599245349776.png 1599245400942.png
Vorrichtung zum "Pilotenschlagen".


1599246090665.png
Karte aus "vor 1905" mit Holzrechen

(gleiches Kartenmotiv "gelaufen 1899" - ÖNB/AKON Ansichtskarten Online )
(Quelle: ÖNB/AKON Ansichtskarten Online )


1599246289963.png
Ein vergrößerter Ausschnitt aus vorheriger Karte zeigt die 2 Hütten mit den mittels Wasserrädern angetriebenen Holzaufzugskränen.

(Quelle: Vergrößerung aus ÖNB/AKON Ansichtskarten Online )

1599247188757.png
Die Ennsbrücke vom Ort Hieflau zur "Lend" mit der Rechenanlage ca. 1905.

(Alle Bilder ohne gesonderten Quellenhinweis stammen aus dem "Köhlerzentrum Hieflau" - Aufnahmedatum 08.07.2020)
 
Zuletzt bearbeitet:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#4
Teil 3. - Fortsetzung Trift- bzw. Auffangrechenanlage Hieflau:

1599334220031.png
Ein Foto aus 1880 zeigt den voll mit "Triftholz" gefüllten "Rechenhof". (Rechte Bildseite unten...).

1599334120293.png
Die Holzkonstruktion des Rechens wirkt eher filigran und hielt doch einige Jahrhunderte den Wassermassen stand!

1599334009646.png
Skizze, Datum ubk.

1599332134208.png
Ansichtskarte aus 1923
(Quelle: ÖNB/AKON Ansichtskarten Online )

1599331948653.png
Auf der Ausschnittsvergrößerung der AK aus 1923 ist deutlich der nach 1908 erfolgte Abbau eines Teilstückes des Hauptrechens zu sehen. Dadurch wurde die ungehinderte Flößerei auf der Enns bis zur Donau ermöglicht. Durch den Bau der Kraftwerkskette an der Enns ab 1939 wurde der Transportweg mittels Flößen unterbrochen und endete bei Küpfern. Dort wurde von der Enns ein Holzaufzug auf die höher gelegene Fläche des dortigen Bahnhofes errichtet und die angelandeten Baumstämme per Bahn weiterbefördert...
(Quelle: Vergrößerung aus ÖNB/AKON Ansichtskarten Online )

1599378255530.png
Reste des kleinen "Nebenrechen" während einer Niederwasserphase 1987.

1599335203727.png
Blick von der "Lend" auf die Ennsbrücke Richtung Ortszentrum Hieflau, rechts im Bereich der Bahnbrücke die Erzbachmündung.

1599335281286.png
Blick von der Ennsbrücke flussaufwärts Richtung Gesäuse mit den aktuellen Resten des kleinen Rechens im Hintergrund.
Vom ehemaligen Hauptrechen ist nichts mehr zu sehen...


1599335446377.png
Zoombild

1599335370478.png
Ein weiteres Zoombild mit den Resten der noch aus der Wasseroberfläche ragenden "Piloten".

(Alle Bilder ohne gesonderten Quellenhinweis stammen aus dem "Köhlerzentrum Hieflau" bzw. "aus der freien Natur" - Aufnahmedatum 08.07.2020)
 
Zuletzt bearbeitet:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#5
Teil 4. - Verkohlung des Triftholzes auf der "Lend" in Hieflau:

Das durch die Rechenanlage im "Rechenhof" aufgefangene Triftholz wurde von den "Lendknechten" an Land befördert und auf großen Stapeln zwischengelagert um dann bei den einzelnen Meilern aufgeschlichtet und in weiterer Folge "verkohlt" zu werden:

1599379605899.png
Kurzerklärung

1599379769748.png
Aufnahme vor 1873 (noch keine Eisenbahn...):
Im Vordergrund 3 Meiler und dahinter die beiden Hütten mit den wasserradbetriebenen Holzaufzugskränen.

1599380006270.png 1599380042726.png
Modelle eines Rundmeilers:
Links:
Darstellung der Holzschlichtung für den Meileraufbau
Rechts: Fertig abgedämmter Meiler bereit für den Verkohlungsprozess

1599380442415.png
1599380484886.png
1599380518849.png
1599380573662.png
Zeitgenössische Darstellung eines Rundmeileraufbaues in "10 Figuren" aus 1847.

1599380759104.png
"Lendknechte" und "Köhler" vor einem Rundmeiler

1599380835967.png
Darstellung der benötigten Werkzeuge und Gerätschaften.
(Alle Bilder ohne gesonderten Quellenhinweis stammen aus dem "Köhlerzentrum Hieflau" - Aufnahmedatum 08.07.2020)

Im Gegensatz zu den kleinbäuerlichen Köhlereien wie z.B. in den Gutensteiner Alpen kann man bei der damals in Hieflau in bis zu 22 Meilern erzeugten Holzkohle schon von einer "frühindustriellen Produktion" sprechen...
 
Zuletzt bearbeitet:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#6
Teil 5. - Transport der fertigen Holzkohle zu den Verbrauchern:

Der Transport der fertigen Kohle zu den Radwerken und sonstigen eisenverarbeitenden Betrieben erfolgte mittels Pferdefuhrwerken.
Die dafür verwendeten Wagen, "Kohlengränzen" genannt, hatten hohe Seitenwände aus einem Weidengeflecht, mit denen die Holzkohle in "loser Schüttung" verfrachtet wurde.

1599389426067.png

1599389475927.png
In der Ausstellung symbolhaft dargestellte Holzkohle bereit zur Verladung...

1599389631972.png
Alte Zeichnung mit Kohlen- und Erzwagengespannen...

1599389854298.png
Nochmals die "Lend" aus heutiger Sicht in Richtung Gesäuse...

1599389906969.png
...und in die Gegenrichtung ennsabwärts nach Norden mit der in der weiter oben befindlichen "Beschreibung zum Fuhrwesen" erwähnten "Wandauhöhe", wo bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine Straße in die Felswand gehauen wurde. Ein paar hundert Meter weiter talauswärts, hinter dem Felsrücken, befindet sich der "Soldatenfriedhof Hieflau-Wandau".

1599389799048.png
Zuletzt noch einmal die Ennsbrücke von der "Lend" zum Zentrum von Hieflau mit der Erzbachmündung. Die Brücke war auch Aufnahmestandort der vorigen 2 Fotos.

(Alle Bilder ohne gesonderten Quellenhinweis stammen aus dem "Köhlerzentrum Hieflau" bzw. "aus der freien Natur" - Aufnahmedatum 08.07.2020)
 
#7
Zu Josef's Beitrag der Vergangenheit gibt es diese Art des Verdienstes heutzutage nicht mehr.

Die Holzverwertung von heute:
Die Holzschlägerung wird in günstigen Lagen von sogenannten Harvestern erledigt, ansonsten meistens von fix angestellten Holzfällern der z.B Gemeinde Wien (da zählt nicht so sehr der Gewinn sondern der Erhalt einer geeigneten Umwelt für die Wasserquellen der Stadt Wien) oder von zugekauften Leistungen von Fremdfirmen (meistens Osteuropa) die die Bäume fällen.
Mit der Motorsäge ist es auch ganz einfacher als früher.
Wesentlich ist auch die EU-Erweiterung. Dadurch wurden für die Fabriken billige und sehr große Bestände an Holz erschlossen und die Verdienstmöglichkeiten der inländischen Holzproduzenten sehr stark eingeschränkt.
Vor allem Rumänien wurde völlig von den österreichischen Holzbaronen ausgeraubt, die Urwälder gerodet und hunderte km Forststraßen errichtet.

Aktive Holzköhler, die ihr Produkt auch verkaufen kenne ich vielleicht noch 2-3 im Rax-Schneeberg Gebiet.
Hauptsächliche Verwertungs- und Verdienstmöglichkeiten des Holzes:

Sägewerk, Papierfabrik, Fasern, Brennholz (Biomasse und Privat), Bauholz, Spannplatten.
der Bau von Holzhäusern soll z.B. intensiviert werden (einige Baunormen haben dies bisher nicht einfach gemacht und wurden geändert).

Zum Sägewerk wird mittels Lieferschein geliefert. Allerdings ist es zur Zeit aufgrund des Überangebotes an Schadholz durch den Borkenkäfer sehr schwierig einen zu erhalten. Abnehmer zum Beispiel: Mayr Melnhof Sägewerk
Ungefähr die gleiche Prozedur ist es bei Papierfabriken
Bei beiden wird vorwiegend weiches Holz verwendet.

Ein mittelgroßer Fichtenstamm für die Papierproduktion bringt ca. 30 Euro Ertrag für den Eigentümer.
Eine Buche bringt wesentlich mehr.

Seit ca. 50 Jahren wird hartes Holz (z.B. Buche) als Fasergrundlage für textile Fasern verwendet. Lenzing-Modal.
Hier erfolgt die Anlieferung direkt an die Fabrik.
In anderen Ländern wird dafür auch Kiefer- oder Bambusholz verwendet.

Ein interessanter Auszug Hier:


©Hertha Hurnaus Wien/A, www.hurnaus.com
Dass Papier aus Holz hergestellt wird, ist hinlänglich bekannt. Dass es auch Kleiderstoffe aus Holz gibt, hingegen weniger. Das fließende, weiche Gewebe einer Bluse hat aber auch wirklich wenig gemeinsam mit dem eher harten Stamm eines Baums. Deshalb bekommt man auf die Frage, was denn Viskose für ein Stoff sei, oft etwas von Kunstfaser zu hören. Dabei wird Viskose aus Zellstoff hergestellt, der wiederum aus Holz gewonnen wird. Zugegeben, ganz ohne Chemikalien geht es bei der Herstellung von Viskosefasern nicht. Doch am Ende des Produktionsprozesses sind alle Chemikalien wieder abgegeben und der Faden, aus dem der Blusenstoff gewebt wird, besteht zu hundert Prozent aus Zellulose, also einer Grundsubstanz des Baums.
Im oberösterreichischen Lenzing werden die Viskosefasern aus Buchenholz gewonnen, sie können aber auch aus anderen Hölzern hergestellt werden. In Asien zum Beispiel, einem wichtigen Standort für die Viskosefaserproduktion, gibt es kein Buchenholz. Deshalb werden hier vor allem importierte Zellstoffe aus schnell wachsenden Pflanzen wie Eukalyptus oder Kiefer zur Viskosefaserproduktion verwendet. Von allen Fasern, die weltweit hergestellt werden, machen die industriell gefertigten Zellulosefasern nur 6 Prozent aus, Baumwollfasern liegen bei 31 und Kunstfasern bei 61 Prozent. In Österreich ist die Lenzing AG das einzige Unternehmen, das sich auf die Produktion von Viskosefasern spezialisiert hat. Seinen Stammsitz hat es im gleichnamigen Ort Lenzing, weitere Standorte gibt es im österreichischen Heiligenkreuz, in Großbritannien, den usa sowie in Indonesien und China und ein eigenes Zellstoffwerk in Tschechien.
Allein in Lenzing produziert das Unternehmen jährlich 250.000 Tonnen Fasern. Davon werden 90 Prozent ins Ausland exportiert und dort zu so genannten Nonwovens, also nicht verwebten Produkten wie Tampons oder Feuchttüchern, oder eben in der Textilindustrie weiterverarbeitet. Die Wertschöpfung ist dabei äußerst hoch. Peter Untersperger, Vorstandsvorsitzender der Lenzing ag, rechnet vor: »Wenn wir für eine Tonne Fasern 3.000 US-Dollar Wert am Markt annehmen, dann erhält man durch Verbrennen der gleichen Holzmenge, welche für die Herstellung dieser einen Tonne Viskosefaser eingesetzt wird, ein Wärmeäquivalent von ca. 250 bis 300 US-Dollar.« Der Anteil der Holzkosten am Verkaufspreis eines Hemdes aus Viskosefasern liegt unter 1 Prozent. Die Differenz stammt in erster Linie aus dem Mehrwert, der von überdurchschnittlich vielen Arbeitsplätzen in den nachgelagerten Verarbeitungsstufen erwirtschaftet wird.
Hält man die frisch erzeugten Zellulosefasern in der Hand – ein kleiner Bausch aus Tausenden von Fäden – fühlen sie sich besonders weich und geschmeidig an. Man kann sich gut vorstellen, dass hieraus angenehm tragbare Kleider hergestellt werden. Dass aber am Beginn der Produktion das sehr harte Buchenholz steht, das die Hacke bei der Verarbeitung besonders stark beansprucht, ist eher schwer damit zu assoziieren. Etwa die Hälfte des Baumstamms wird hier verwertet, 39 Prozent Zellstoff sowie 11 Prozent Essigsäure, Furfural und Xylose werden daraus hergestellt. Der Rest, also etwa 50 Prozent des Holzes, wird nach der Chemikalienrückgewinnung als Dicklauge zur Energieerzeugung genutzt.
Rund 3.000 Mitarbeiter arbeiten allein am Standort Lenzing, dem einzigen integrierten Zellstoff- und Zellulosewerk weltweit, die Lenzing Gruppe produziert weltweit über 800.000 Tonnen Fasern und macht im Bereich der Faserproduktion einen Umsatz von knapp 2 Milliarden Euro. Neben der Viskosefaser stellt die Lenzing AG auch andere Zellulosefasern her. Das ist zum einen Modal, eine Viskosespezialfaser, zum anderen ein neuer Fasertyp, der unter dem Namen Tencel auf dem Markt ist und dem ein neues, sehr umweltfreundliches Produktionsverfahren zugrunde liegt. Am Standort Lenzing werden Viskose- und Modalfasern hergestellt. 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr wird hier produziert. Wir wurden von einem Spezialisten aus der Lenzinger Forschungsabteilung über das Produktionsgelände geführt und ließen uns die Produktionsabläufe genau erklären. »Die echte Baumwolle machen ja wir«, war das Erste, das wir gelernt haben.

Rohstoffbeschaffung
2.000 Tonnen Rotbuchenholz, das sind etwa 2.800 Festmeter, werden in Lenzing täglich kleingehackt. Nur wenn ausreichend Holz vorhanden ist, kann die Anlage mit voller Auslastung gefahren werden. Die Rohstoffbeschaffung ist also ein zentrales Thema für den Konzern. »Früher konnte Lenzing dieses Holz in einem Umkreis von 200 km beschaffen«, erzählt Herbert Grill, der Leiter des Holzeinkaufes, »heute hat sich der Radius schon auf 800 km ausgedehnt.« Man ist auf Buche angewiesen, da die ganze Produktion darauf eingestellt ist und nicht auf eine andere Holzart umgestellt werden kann. Buche ist aber auch eine bei anderen Zellstoffproduzenten gefragte Holzart und zudem das beste Brennholz. Die Nachfrage ist also auch bei allen Pizzabäckern sowie Besitzern und Betreibern von Hausöfen und Biomasseheizkraftwerken groß. Nur mehr 35 Prozent des Holzes bezieht Lenzing aus Österreich. »Wäre die Nachfrage an hochwertiger Buche aus der Möbel- und Parkettindustrie größer, wäre die Bereitschaft der Förster, Buchen zu bewirtschaften, wesentlich höher«, meint Herbert Grill. »Den ganzen Baum zu verbrennen oder als Faserholz an Lenzing zu liefern, ist keine ausreichende Motivation, Buchen zu schlägern und deren Verjüngung zu fördern.« Eine gesteigerte Nachfrage an Wertholz würde somit auch das Faserholzangebot für Lenzing verbessern.
 
#9
In diesen stillen Tälern leben jetzt nur mehr sehr wenige Menschen. Die meisten davon Alte, weil die Jüngeren ziehen weg.
Es fehlt an Arbeitsplätzen, Infrastruktur und der Weiterentwicklung.

An diesen Plätzen gibt es lokale Player (z.B Bundesforste, Stadt Wien, private Großgrundbesitzer wie Mayr Melnhof, Hoyos etc.), welche die Regeln machen, nach denen man spielt.
Der meiste Ertrag stammt noch aus der Jagdwirtschaft, der Verkauf der Abschüsse oder Verpachtung von Eigenjagden - für die, die einen großen Besitz haben.
Die, die keinen oder wenig Besitz ihr eigen nennen, werden geduldet, leben am finanziellen Limit und sind interessante Objekte für Touristen.

Ich spreche hier vom östlichen Alpenbogen (Steiermark, NÖ, Wien).
Im westlichen Teil von Österreich lebt man von den Touristen - hauptsächlich durch den Wintersport - ja recht gut.

Man könnte auch anders argumentieren wie:
durch den Schutz der Wiener Wasserversorgung wurden große Geländeflächen der Freizeitwirtschaft im Osten des Landes entzogen. Dadurch konnte sich in diesem Teil nur geringer Tourismus entwickeln und die Einkommenskraft der lokalen Bevölkerung nicht gestärkt werden.
 
#11
ja, das sind noch die Piloten des legendären Hans von Gasteiger, heute 447 Jahre alt
Teil 5. - Transport der fertigen Holzkohle zu den Verbrauchern:

Der Transport der fertigen Kohle zu den Radwerken und sonstigen eisenverarbeitenden Betrieben erfolgte mittels Pferdefuhrwerken.
Die dafür verwendeten Wagen, "Kohlengränzen" genannt, hatten hohe Seitenwände aus einem Weidengeflecht, mit denen die Holzkohle in "loser Schüttung" verfrachtet wurde.

Anhang anzeigen 84081

Anhang anzeigen 84082
In der Ausstellung symbolhaft dargestellte Holzkohle bereit zur Verladung...

Anhang anzeigen 84083
Alte Zeichnung mit Kohlen- und Erzwagengespannen...

Anhang anzeigen 84085
Nochmals die "Lend" aus heutiger Sicht in Richtung Gesäuse...

Anhang anzeigen 84086
...und in die Gegenrichtung ennsabwärts nach Norden mit der in der weiter oben befindlichen "Beschreibung zum Fuhrwesen" erwähnten "Wandauhöhe", wo bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine Straße in die Felswand gehauen wurde. Ein paar hundert Meter weiter talauswärts, hinter dem Felsrücken, befindet sich der "Soldatenfriedhof Hieflau-Wandau".

Anhang anzeigen 84084
Zuletzt noch einmal die Ennsbrücke von der "Lend" zum Zentrum von Hieflau mit der Erzbachmündung. Die Brücke war auch Aufnahmestandort der vorigen 2 Fotos.

(Alle Bilder ohne gesonderten Quellenhinweis stammen aus dem "Köhlerzentrum Hieflau" bzw. "aus der freien Natur" - Aufnahmedatum 08.07.2020)
Sehr tolle Dokumentation
 
Oben