Wann es mit dem abriss soweit ist, ist unklar. Gerade erst sei wieder ein neuer Mieter in das rund 200 Jahre alte Haus in der Ungargasse 25 in Wien-Landstraße eingezogen, einen Abriss habe man auch daher derzeit nicht zu befürchten, hieß es vonseiten des Eigentümers, der L40 Gmbh und Co KG des Investors Alexander Proschofsky, gegenüber „Wien heute“.
Dass damit die Abrissambitionen wirklich vom Tisch sind, glaubt der Denkmalschützer Markus Landerer, Obmann der „Initiative Denkmalschutz“, dennoch nicht: "Wenn es eine gültige Abbruchbewilligung gibt, dann gehen wir fix davon aus, dass es abgebrochen wird, weil sonst wäre nicht um Bewilligung angesucht worden. "Er kenne keinen Fall, wo das nicht umgesetzt worden sei, so Landerer gegenüber „Wien heute“.
Abriss trotz Schutzzone genehmigt
Das Biedermeierhaus wurde etwa zwischen dem Ende des 18. und dem Anfang des 19. Jahrhunderts erbaut. Der damaligen Zeit und der Architektur entsprechend wurde nur spärlicher Dekor angebracht. Das Brisante in diesem Fall ist, dass das Biedermeierhaus in einer Schutzzone liegt. Ein Abriss ist also nur dann möglich, wenn es aus Sicht des Stadtbildes nicht erhaltenswert oder wirtschaftlich und technisch abbruchreif ist.
Für einen Abriss zugunsten des Eigentümers hat letztlich das Verwaltungsgericht entschieden. „Das Verwaltungsgericht hat sich da auf einen Tatbestand gestützt, der bis 2018 in der Bauordnung enthalten war, dass die Gebäude nicht an die Umgebung entsprechend angepasst sind, dass also hier kein einheitliches Stadtbild gegeben ist und das war dann letztlich das, was hier den Ausschlag gegeben hat“, erklärte Gerhard Cech, Leiter der Baupolizei (MA 37), die sich acht Jahre lang für den Erhalt des Gebäudes eingesetzt hatte.
Substanz laut Baupolizei stabil
Laut Baupolizei sei die Bausubstanz ausreichend stabil und in Ordnung. Die Abrissgenehmigung kommt hier daher nicht gut an. Ziel sei es, alte Gebäude in Wien zu erhalten. Man könne Biedermeierhäuser genauso gut wie später entstandene Häuser erhalten, so der Fachmann. Ähnlich sieht das Denkmalschützer Landerer. Biedermeierhäuser seien besonders selten in der Stadt, weil sie vor dem Aufbruch der Stadt, also vor der Gründerzeit, entstanden sind. Das Haus in der Ungargasse ist deutlich niedriger als die Nachbarhäuser, ein Abbruch sei daher besonders attraktiv, da auch die Bauwidmung eine deutlich höhere Bauführung zulasse.
Bezirksvorsteher Erich Hohenberger weist auf „Wien heute“-Anfrage darauf hin, dass ein oberstgerichtliches Urteil vorliege, das den Abriss gestatte. „Als Politiker steht es mir nicht zu, Urteile von unabhängigen österreichischen Gerichten zu kommentieren oder gar kritisieren. Meine Sorge gilt daher den meines Wissens nach noch vier verbliebenen unbefristeten MieterInnen in diesem Gebäude.“ Man wolle zumindest auf eine Einigung zwischen Mieterinnen und Eigentümer hinwirken.
ORF Wien
Ehemaliges Hotel Roter Hahn in der Landstraßer Hauptstraße 40
Sorge auch um ehemaliges Hotel Roter Hahn
Nur rund 200 Meter vom Biedermeierhaus in der Ungargasse entfernt an der Landstraßer Hauptstraße liegt das heute leerstehende ehemalige Hotel Roter Hahn. Es hat denselben Eigentümer und es gibt ebenfalls Abrissbefürchtungen, die der Eigentümer aber entkräften will: Geplant sei eine gemischte Nutzung aus Wohn- und Gewerbeflächen. Zwar sei ein Teil der Eingangspforte eingerissen worden, das ehemalige Hotel wolle man aber erhalten.
Was am Ende sicher bleibt, ist aber ein rechtmäßiger Abrissbescheid für das Haus in der Ungargasse 25.. Damit ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis Wien das nächste Biedermeierhaus verliert.
03.02.2023, red, wien.ORF.at