Krieg in Europa: Angriff Russlands auf die Ukraine

josef

Administrator
Mitarbeiter
TECH KRIEG
Russland baut Kamikaze-Drohnen aus Hoverboards
Die sogenannte kämpfende Kakerlake soll 100 Kilogramm bis zu zwei Kilometer weit transportieren können. Neu ist die Idee aber nicht

Hoverboards werden in Russland zu Kamikaze-Drohnen upcycelt.
Two Majors

Die russische Gruppierung "Two Majors" stellte kürzlich eine Drohne vor, die aus zwei ausrangierten Hoverboards bestand. Hoverboards sind jene elektrisch angetriebenen Rollbretter, die vor fast zehn Jahren ihre Blütezeit hatten und von vielen Jugendlichen als Fortbewegungsmittel auf der Straße oder in Parks benutzt wurden.

Die nun präsentierte Allraddrohne mit dem Namen "kämpfende Kakerlake" soll für offensive und defensive Zwecke eingesetzt werden, berichtet NewScientist. Nicht nur Kamikaze- und Rauchbombenangriffe, sondern auch der Transport von Nachschub sollen mit dem Gerät möglich sein. Bereits im Mai rief die Gruppierung die russische Bevölkerung auf, alte Hoverboards zu spenden, um mehr von den Drohnen bauen zu können. Anfang Juli zeigte Two Majors in Videos die fertigen UGVs (Unmanned Ground Vehicles) und Teile des Zusammenbauprozesses. "Die Drohnen sind bereits bemalt und zum Einsatz an der Front bereit."

Zwei Kilometer, 100 Kilogramm
Die "kämpfende Kakerlake" sei im Gegensatz zu eigens hergestellten UGVs recht schnell zusammengebastelt, heißt es bei NewScientist. Ein weiterer Vorteil: der Preis. Im Neuzustand kosten Hoverboards keine 200 Euro, gebrauchte Modelle sind noch um einiges günstiger. Damit kostet die Drohne einen Bruchteil von üblichen Bodendrohnen. Solche Eine-Million-Euro-Maschinen werden stellenweise im Ukrainekrieg eingesetzt.

Die Drohne soll aus bis zu zwei Kilometern Entfernung gesteuert werden können. Die "kämpfende Kakerlake" ist ansonsten recht einfach gehalten; Kamera wurde etwa keine verbaut. Diese Aufgabe sollen zusätzliche Luft-Drohnen übernehmen.

Die Nutzlast gibt Two Majors mit 100 Kilogramm an. Das sei durchaus glaubwürdig, erklärt der Analyst Samuel Benett NewScience. Hoverboards seien schließlich darauf ausgerichtet, einen Erwachsenen zu tragen. Trotzdem seien die elektrischen Rollbretter nicht ganz ideal. "Hoverboards sind dafür gedacht, auf ebenen Flächen wie Asphalt betrieben zu werden. Das bedeutet, dass der fertige Entwurf manche, aber eben nicht alle Geländetypen bewältigen kann."

Nicht neu
Während die "kämpfende Kakerlake" keinen Erwachsenen tragen dürfte, ist genau das die Idee von Bastlern, die lange vor Russland Hoverboards zweckentfremdet haben: Aus zwei davon entstanden so etwa Go-Karts oder ferngesteuerte Autos. Letztere dienten Two Majors wohl als Vorlage.

Ebenfalls nicht neu ist Russlands Einsatz von Kamikaze-Drohnen. Bereits 2022 wurden für die Angriffe auf Kiew bevorzugt unbemannte Luftfahrzeuge eingesetzt. Diese stammen mit hoher Sicherheit aus dem Iran. Teheran dementierte – übrigens auch im Mai dieses Jahres, als in einem Reuters-Bericht behauptet wurde, Russland beziehe auch Boden-Boden-Raketen aus diesem Land.

Die Kamikaze-Drohnen, so sie wirklich aus dem Iran stammen, sind vom Typ Schahed-136. Sie sind sogenannte Deltaflügler, 200 Kilogramm schwer und haben an der Spitze einen Sprengkopf. Mit 2500 Kilometer Reichweite kann man sie nicht mit der "kämpfenden Kakerlake" vergleichen, allerdings auch nicht hinsichtlich des Preises: Obwohl sie im Vergleich zu Raketen mit einem Preis von rund 20.000 Euro pro Stück billig ist, kommt sie nicht an die wenigen 100 Euro des Hoverboard-Verschnitts heran. Reguläre Bodendrohnen werden bereits verstärkt eingesetzt.

Minipanzer gegen Kakerlake?
Auf günstige Bodendrohnen setzt auch die Ukraine. Im April stellte die ukrainische Armee den Minipanzer Ljut vor, der ein wenig an ein ferngesteuertes Rennauto erinnert. Ljut, was so viel wie Wut heißt, ist mit dem PKT ausgerüstet – dem leichten Standardmaschinengewehr der ukrainischen und russischen Armee.

Die Drohne soll als mobile Feuerplattform eingesetzt werden und Angriffe auf russische Stellungen vortäuschen, wo der Einsatz von Soldaten zu riskant wäre. Anders als die "kämpfende Kakerlake" ist in Ljut eine Kamera verbaut. Doch ein Vergleich der beiden Gefährte hinkt, da es sich bei der Drohne um ein eigens entwickeltes Design zu handeln scheint – und nicht um zwei zusammengeschraubte Hoverboards.
(Jakob Sapototzky, 19.7.2024)
Russland baut Kamikaze-Drohnen aus Hoverboards
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Militärtechnik
Russland setzt offenbar Panzerzerstörer aus Nordkorea gegen die Ukraine ein
Erstmals wurde ein Bulsae-4 im Ukrainekrieg gesichtet. Dieser kann mit seinen Raketen auch Ziele hinter Deckungen angreifen

Der Bulsae-4 M-2018 aus Nordkorea wird offenbar im Ukrainekrieg von Russland eingesetzt.
Korean Central News Agency of DPRK

Russland dürfte erstmals vollständig in Nordkorea produzierte Waffensysteme in der Ukraine einsetzen, wie aus aktuellen Drohnenaufnahmen hervorgeht. Konkret zeigen die Aufnahmen ein gepanzertes Fahrzeug, bei dem es sich aller Wahrscheinlichkeit um ein gepanzertes Fahrzeug vom Typ Bulsae-4 M-2018 handeln dürfte. Aufgenommen wurden die Bilder an der ukrainischen Nordfront nahe Charkiw.

Nein, es ist kein Kampfpanzer
Bei dem Bulsae-4 handelt es sich aber nicht wie in vielen Berichten behauptet um einen Kampfpanzer, sondern um ein gepanzertes Radfahrzeug. Diese spezielle Variante dient hauptsächlich der Panzerabwehr. Der Bulsae-4 verfügt über einen Achtfachraketenwerfer in einem drehbaren Turm, der laut Angaben von Global Security auf einem gepanzerten nordkoreanischen M-2010-Truppentransporter montiert ist.

Die Abdeckung der Werferluke und die charakteristische Lücke zwischen der ersten und der zweiten Achse sind auf dem Foto einer ukrainischen Aufklärungsdrohne gut erkennbar. Diese Eigenheiten legen nahe, dass es sich tatsächlich um das besagte Fahrzeug der nordkoreanischen Streitkräfte handelt.


Die Aufnahme einer Aufklärungsdrohne der ukrainischen Streitkräfte zeigt höchstwahrscheinlich einen Bulsae-4 aus Nordkorea.
Screenshot / Telegram

Der Bulsae-4 würde, zumindest in der Theorie, Russlands Panzerabwehrarsenal um eine neue Abstandswaffe erweitern. Die von dem Fahrzeug abgefeuerten Lenkflugkörper sind nicht auf eine Sichtlinie zum Ziel angewiesen, daher werden sie auch im Fachjargon als NLOS-ATGM (kurz für "Non Line of Sight Anti Tank Guided Missile") bezeichnet. Sie ähneln in ihrer Funktion der israelischen Spike und deren Varianten und Kopien. Die Raketen können durch einen Menschen im Flug gesteuert werden. Das heißt, die Flugkörper können gestartet werden, selbst wenn die exakte Zielposition noch nicht klar ist. Eine Zielerfassung ist dadurch nach dem Start möglich.

Außerdem kann der Flugkörper Hindernisse umgehen oder hinter Deckungen fliegen. Das gibt den russischen Angreifern mehr taktische Optionen. So können gepanzerte Ziele auch hinter Deckungen angegriffen werden. Selbst die Zielsuche nach dem Start der Waffe soll möglich sein, wie The Warzone berichtet. Die Lenkwaffe kann darüber hinaus im Flug auf ein anderes Ziel umgelenkt werden. Im Allgemeinen handelt es sich um eine sogenannte Top-Attack-Waffe. Dabei werden etwa Kampfpanzer von oben angegriffen, wo die Panzerung üblicherweise deutlich dünner ist als an der Front oder den Seiten.

Ähnlichkeiten zu westlichen Waffen
Laut Angaben der ukrainischen Militärseite Militarnyi verfügen die Raketen des Bulsae-4 über einen elektrooptischen Suchkopf. Anders als bei Infrarotsuchköpfen wird hier nicht Abwärme von Fahrzeugen zur Bildgebung benutzt, sondern das sichtbare Spektrum des Lichts. Oder vereinfacht gesagt: Die Raketen werden per Kamera gesteuert. Gelenkt wird die Waffe über ein Glasfaserkabel, das während des Flugs abgerollt wird. Die Waffen funktioniert ähnlich wie die TOW-Lenkwaffen des M2 Bradley aus den USA, der bei den ukrainischen Streitkräften im Einsatz ist.

Wie diese Waffen funktionieren, kann man in diesem Video anhand der israelischen Spike sehen:
RAFAEL Advanced Defense Systems Ltd.

Die Reichweite der Raketen schätzt man beim ukrainischen Militär auf etwa zehn Kilometer, wobei auch Angaben von bis zu 25 Kilometern existieren. Anhand spärlicher Informationen über nordkoreanische Waffensysteme ist eine genaue Angabe über die Reichweite nicht möglich. 25 Kilometer dürften aber eher eine Behauptung der Propaganda oder zumindest eine sehr wohlwollende Schätzung theoretischer Fähigkeiten sein.

Klar ist, dass das Fahrzeug auf dem nordkoreanischen Truppentransporter M-2010 6x6 basiert. Das gesamte Waffensystem dürfte um die 14 Tonnen schwer sein und über eine zwei- bis dreiköpfige Besatzung verfügen. Wobei eher von drei Personen auszugehen ist, da zusätzlich zum Zieleerfassen, Abfeuern und Nachladen wohl auch noch ein Fahrer benötigt wird. Über den Panzerschutz sind keine Details bekannt, es dürfte sich jedoch wie bei solchen Fahrzeugen üblich um einen eher dünnen Basisschutz handeln, der Splittern und kleinkalibrigem Beschuss standhält. Zum Eigenschutz ist der M-2018 mit zwei Dreifachnebelwerfern an den Turmseiten ausgestattet. Die Straßengeschwindigkeit wird mit 90 km/h angegeben.

Die Fahrzeugbasis dürfte sehr stark vom BTR-80 aus der ehemaligen Sowjetunion inspiriert sein. Die nordkoreanischen Streitkräfte haben das Vorbild aber gekürzt und auf eine vierte Achse verzichtet.

Nordkoreanische Antipanzerraketen
Es gab schon früher Berichte darüber, dass eine große Zahl nicht näher bezeichneter Panzerabwehrlenkwaffen von Nordkorea an Russland geliefert wurde. Nun dürfte klar sein, dass es sich um Munition für den Bulsae-4 handelt. Wann genau dieses Systeme in Russland eingetroffen sind und seit wann sie von den russischen Streitkräften eingesetzt werden, ist aktuell noch unklar.

Während ein Bulsae-4 erstmals in der Ukraine gesichtet wurde, ist es durchaus möglich, dass das Waffensystem schon eingesetzt wurde. Bei Clash Report geht man davon aus, dass die Werfer bereits seit Anfang des Jahres im Einsatz sein könnten. Dessen Fähigkeiten passen nämlich zu einem Angriff auf eine ukrainische 155-mm-Haubitze vom Typ AS-90.

Da der ukrainische Luftraum aber voll mit Aufklärungsdrohnen ist, gilt es als unwahrscheinlich, dass die Bulsae-4 erst jetzt entdeckt wurden. Bei The Warzone geht man deshalb davon aus, dass die Fahrzeuge erst vor kurzem eingetroffen sind und nur in äußerst geringer Stückzahl zur Verfügung stehen.
(Peter Zellinger, 31.7.2024)
Russland setzt offenbar Panzerzerstörer aus Nordkorea gegen die Ukraine ein
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Militärtechnik
Nordkoreas Abrams-Klon: Ein Kampfpanzer, bei Wish bestellt
Der Cheonma-2-Panzer sieht beeindruckend aus, dürfte im Inneren aber aus chinesischen und russischen Teilen bestehen. Ob er es je in die Ukraine schafft, gilt als fraglich

Kim Jong-un höchstpersönlich führt den Stolz der nordkoreanischen Streitkräfte vor: den Cheonma-2. Die Ähnlichkeit des Turms mit einem Abrams ist wohl nicht ganz zufällig.
EPA/KCNA

Erstmals wurden nordkoreanische Panzerzerstörer im Dienst der russischen Streitkräfte im Ukrainekrieg gesichtet. Wie viele Modelle des Raketenwerfers Bulsae-4 tatsächlich im Einsatz sind, ist fraglich. Mit der Ankunft nordkoreanischer Waffensysteme im Ukrainekonflikt stellt sich jedoch die Frage, was noch aus den Arsenalen in Pjöngjang geliefert werden könnte. Ist es also möglich, dass bald Kampfpanzer aus Nordkorea in Europa zum Einsatz kommen und die schwindenden Bestände von Putins Armee auffüllen?

Als Kandidat gilt das "Prunkstück" der nordkoreanischen Armee, der Kampfpanzer Cheonma-2 (koreanisch: 천마-2호 für "geflügeltes Pferd Modell 2"). Als dieser im März dieses Jahres vorgestellt wurde, ließ es sich Diktator Kim Jong-un nicht nehmen, höchstpersönlich eine Runde in dem neuen Kampfpanzer zu drehen. Im Westen war die Verwunderung, oder Skepsis, einigermaßen groß. Schließlich hatte Nordkorea die neue Panzerentwicklung erst 2020 unter dem Titel M2020 angekündigt. Nun wurde aus dem Prototyp der M2024 Cheonma-2. Wie war es Nordkorea gelungen, innerhalb von vier Jahren einen modernen Kampfpanzer der topaktuellen vierten Generation zu entwickeln?

Staunen im Westen
Die Verwunderung kam nicht von ungefähr, hinkte Nordkorea doch in der Panzerentwicklung Jahrzehnte hinterher. Waren es im Krieg mit dem Süden noch sowjetische T-34, die ins Feld geführt und rasch von überlegenen US-Streitkräften zerstört wurden, setzte das Regime in Pjöngjang später beinahe exklusiv auf Modelle, die auf dem sowjetischen T-62 basierten. Die Erzählung aus Nordkorea geht freilich anders: So wurden die Chonma-ho genannten Panzer in den 70ern als unverwüstliche Eigenentwicklungen vermarktet. In Wahrheit steckte alte Sowjettechnologie in ihnen, und es waren im Grunde aufpolierte T-62.


Ähnlich war es auch beim Pokpung-ho und dem Songun-915 aus den 90ern. Wieder wurden leidlich verkleidete T-62 mit Einsprengseln des moderneren T-72 präsentiert.

Doch beim Cheonma-2 war etwas anders: Vorbei sind die Zeiten der gegossenen Bratpfannen-Türme. Das neueste Werk aus den Waffenschmieden Nordkoreas sieht auf den ersten Blick wie ein moderner Kampfpanzer aus. Was den Analysten als Erstes auffiel: Der Kampfpanzer hatte sieben Laufrollenpaare statt der üblichen sechs. Ein neu geschminkter T-62 konnte es also nicht sein.

Rasend schnelle Entwicklung
Was noch mehr erstaunte, war das Tempo der Entwicklung: Einen Kampfpanzer neu zu entwerfen, selbst wenn er nur eine Kopie oder eine Adaption ist, ist üblicherweise ein Projekt auf ein Jahrzehnt, wenn nicht sogar deutlich mehr So wird davon ausgegangen, dass der neue europäische Kampfpanzer wohl nicht vor 2045 zur Verfügung stehen wird. Die Ankündigung des Cheonma-2 im Jahr 2020 und dessen offizielle Indienststellung 2024 lassen auf einen extrem kurzen Entwicklungszeitraum schließen. Das lässt entweder den Schluss zu, dass Nordkorea seine Produktions- und Entwicklungskapazitäten in einem enormen Tempo weiterentwickelt hat oder, wahrscheinlicher: Kim Jong-uns Regime hatte Hilfe von außen.


Links im Bild sind deutlich die Löcher für den Nebelwerfer in der Turmpanzerung zu erkennen.
via REUTERS/KCNA

Das würde auch das ganze Erscheinungsbild des nordkoreanischen Panzers erklären: Optisch sieht er aus, als hätten man die Wanne des T-14 mit jener des chinesischen VT-4 gekreuzt und den Turm wie jenen des M1 Abrams aussehen lassen. Militärexperten aus Südkorea sind überzeugt, dass auch die Iraner an der Konstruktion mitgewirkt haben. Tatsächlich erinnern Teile der Panzerung des Cheonma-2 an jene des iranischen Zulfiqar 3.

Frankenstein-Panzer
Der Cheonma-2 verfügt über einen neuen Turm, der dem amerikanischen M1A2 Abrams sehr stark ähnelt und an der Vorderseite mit 21 Blöcken reaktiver Panzerung ausgestattet ist, um auftreffende Geschoße abzuwehren. Außerdem verfügt er über sechs Rauchgranatenwerfer, eine Öffnung auf der linken Seite des Geschützes, die wahrscheinlich für ein Beobachtungs- oder Sichtgerät vorgesehen ist, sowie Komponenten, die einem aktiven Schutzsystem (APS) ähneln.

Dieses Hardkill-System erinnert stark an das russische Afganit. Das Abwehrsystem nutzt mehrere Radar- und elektrooptische Sensoren im ultravioletten und infraroten Bereich und soll anfliegende Panzerabwehrgeschoße erkennen und noch vor dem Aufprall vernichten. Laut russischen Angaben ist es in der Lage, Treibspiegelgeschoße abzufangen, die sich mit Mach 5 nähern. Auch in Nordkorea wird gerne auf die Fähigkeiten der Abwehrwaffe verwiesen.

Bei Task and Purpose ist man skeptisch, denn schließlich kann Russland selbst nicht genügend Afganit-Systeme herstellen, weil elektronische Bauteile fehlen. Dazu kommt, dass ein Panzer wie der Cheonma-2 auf komplexe Optiken angewiesen ist, die Russland ebenfalls nicht herstellen kann. Inwieweit China diese liefern kann, ist unklar. Als unwahrscheinlich gilt, dass Nordkorea die Komponenten selbst herstellen kann. Ob das Hardkill-System tatsächlich einsatzbereit ist, ist ebenfalls unbewiesen.

"Die Fassade soll beeindrucken"
Bewaffnet dürfte der neue nordkoreanische Panzer höchstwahrscheinlich mit einer abgewandelten Glattrohrkanone 2A46 im Kaliber 125 Millimeter sein. Diese Kanone wurde in den 70er-Jahren in der Sowjetunion entwickelt und ist bis heute die Hauptbewaffnung russischer Panzer. Auch der ukrainische Kampfpanzer KBA-3 und der chinesische ZPT-98 nutzen eine Variante der Kanone als ihre Hauptbewaffnung.

Extrem ungewöhnlich ist noch eine Abschussvorrichtung für zwei Panzerabwehrlenkwaffen am Turm, ganz ähnlich jenen des amerikanischen M2 Bradley. Dabei dürften Bulsae-3-Raketen zum Einsatz kommen, die wiederum auf der russischen Kornet basieren.

Ob ein Kampfpanzer eine solche Waffe braucht, wo doch die meisten Ziele besser, schneller und günstiger mit der 125-mm-Kanone bekämpft werden können, ist unklar. Chris Cappy, ehemaliger Soldat bei den US-Streitkräften und nun als Journalist bei Task and Purpose tätig, hat eine eher andere Theorie: Die Werfer sollen wohl abschreckend wirken, wirklich praktisch dürften sie nicht sein. "Die Fassade soll beeindrucken."

North Korea's NEW Tank is a Nightmare
Task & Purpose

Angetrieben wird der Nordkorea-Panzer wahrscheinlich mit einem Zwölf-Zylinder-Dieselmotor, der schon in den Vorgängermodellen zum Einsatz kam und 1000 bis 1200 PS liefern dürfte, wie Army Recognition rechercheriert hat.

Ein Loch in der Panzerung
Für Stirnrunzeln sorgt auch ein weit unauffälligeres Detail: Die Vorrichtungen für den Nebelwerfer ragen aus der Turmpanzerung heraus. Das wiederum bedeutet, dass Löcher in die Panzerung geschnitten wurden, was einen enormen Schwachpunkt im Schutz darstellt.

Wie wahrscheinlich ist es, dass die Panzer in der Ukraine auftauchen? Unwahrscheinlich. Höchstwahrscheinlich ist der M2024 noch weit von tatsächlicher Einsatzbereitschaft entfernt. Aktuell deutet vieles darauf hin, dass es sich beim Chenonma-2 um einen ähnlichen Propagandapanzer wie den russischen T-14 handelt. Die gezeigten Exemplare dürften eher Prototypenstatus haben, viele der Aufbauten wie das Hardkill-System wirken wie Attrappen. Das heißt nicht, dass Nordkorea dank Hilfe aus China, Russland oder dem Iran nicht in der Lage wäre, früher oder später einen modernen Kampfpanzer herzustellen. Die Frage ist aber, welche Stückzahlen die nordkoreanische Industrie herstellen kann. Nachdem Russland an der Produktion des T-14 spektakulär gescheitert ist, dürfte auch Nordkorea nicht in der Lage sein, den Chenonma-2 in signifikanten Mengen herzustellen.

Am Cheonma-2 ist keine Technologie wirklich neu oder bahnbrechend, aber dass Nordkorea in der Lage ist, überhaupt einen eigenen Kampfpanzer herzustellen, sei Grund zur Besorgnis, heißt es bei Task and Purpose.
(Peter Zellinger, 5.8.2024)
Nordkoreas Abrams-Klon: Ein Kampfpanzer, bei Wish bestellt
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Kämpfe
Ukrainische Offensive in russischer Region Kursk lässt viele Fragen offen
Wie weit genau die Truppen Kiews in Russland fortgeschritten sind, war auch am Sonntag noch fraglich. Fest steht: Es wird gekämpft, Moskau lässt tausende Menschen evakuieren. Ein Bericht aus Moskau
11. August 2024, 14:57
Wieder sind tausende Menschen auf der Flucht. In der ukrainischen Region Sumy, aber diesmal auch jenseits der Grenze, in der russischen Region Kursk. 76.000 Menschen wurden dort bislang weggebracht. Es gilt der föderale Notstand. "In der Stadt Kursk wurde ein übergeordnetes Einsatzhauptquartier eingerichtet und ist weiterhin im Einsatz, um der Bevölkerung in den Grenzgebieten der Region Kursk Hilfe zu leisten", sagt laut dem Onlineportal ng.ru Artjom Scharow vom russischen Ministerium für Notsituationen.



Alexej Smirnow, der Gouverneur der Region, drängt zur Eile. Auf Telegram schreibt er, er habe die Behörden aufgefordert, "schneller die Evakuierungsanordnung durchzuführen". Leider hätten die Ereignisse, als "Sabotage- und Aufklärungsgruppen" in das Gebiet eindrangen, viel Verwirrung und Panik ausgelöst, so Nikolaj Wolobujew, Vorsteher des Belowski-Bezirks der Region Kursk. Die Lage sei stabil, aber angespannt. Die Menschen sollten Ruhe bewahren. "Busse werden von der Verwaltung der Region Kursk bereitgestellt, und alle Bewohner werden in provisorische Unterbringungszentren gebracht." Wie weit genau der Vorstoß der ukrainischen Truppen geht, darüber liegt immer noch der Nebel des Krieges.

Luftangriff auf Kiew
Klar ist: Nach wie vor wird in der russischen Grenzregion gekämpft. In der Nacht zum Sonntag hätten russische Luftverteidigungskräfte 35 ukrainische Drohnen und vier Tochka-U-Raketen über russischem Territorium abgeschossen, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. In der Region Kursk seien 14 Drohnen und vier Raketen abgeschossen worden, in Woronesch 16 Drohnen, weitere in den Regionen Belgorod, Brjansk und Orjol. In Kursk fielen Trümmer einer abgeschossenen Rakete auf ein neunstöckiges Wohnhaus. 15 Menschen seien verletzt worden, zwei von ihnen seien in ernstem Zustand, so Gouverneur Smirnow.


Russische Agenturen verbreiteten am Wochenende Bilder von Schäden, die durch die Offensive der Ukraine entstanden seien.
IMAGO/Vladimir Gerdo

Begonnen hat wohl auch der russische Gegenschlag. Bei einem russischen Luftangriff auf Kiew seien in der Nacht auf Sonntag ein Mann und sein vierjähriger Sohn getötet sowie drei Menschen verletzt worden, teilten ukrainische Rettungsdienste mit. Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe waren auch andere Regionen von russischen Luftangriffen betroffen.

Westliches Material
Auch auf dem Boden wird gekämpft. Die Ukraine setzt dabei auch vom Westen gelieferte Waffen ein – deutsche Marder-Panzer und wohl auch Panzer vom US-Typ Bradley. Ein Foto eines zerstörten Bradley-Panzers veröffentlichten russische Militärblogger auf Telegram. Nachprüfen kann man das alles nicht, ebenso wenig Gerüchte, dass Kämpfer der Söldnergruppe Wagner vom afrikanischen Mali abgezogen und nach Kursk geschickt würden.


Zahlreiche Menschen mussten mittlerweile aus der russischen Grenzregion evakuiert werden.
AFP/ROMAN PILIPEY

Relativ ungefährdet durch die Kämpfe scheint das Kernkraftwerk Kursk. Es arbeitet nach Angaben des staatlichen russischen Atomenergiekonzerns Rosatom normal. Man habe aber beschlossen, die Anzahl der Arbeiter beim Bau einer neuen Anlage in der Region wegen des Ausnahmezustands zu reduzieren. Der russischen Nachrichtenagentur Ria zufolge sprach Rosatom-Chef Alexej Lichatschow am Telefon mit dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Rafael Grossi, über die Lage dort. Zuvor hatte Grossi Befürchtungen geäußert, dass das Kernkraftwerk durch die Kämpfe gefährdet sein könnte.

Unklare Gassituation
Unklar hingegen ist die Lage an der Gasmessstation Sudscha, unmittelbar an der russisch-ukrainischen Grenze. Laut dem Telegram-Kanal "Rybar" haben ukrainische Truppen die Station eingenommen, im Netz kursieren Videos, die das bestätigen. Sudscha ist Teil einer wichtigen Pipeline, durch die russisches Gas über die Ukraine direkt nach Europa fließt. Auch österreichische Gasimporte nehmen diesen Weg. 2023 wurden rund 14,65 Milliarden Kubikmeter Gas über Sudscha gepumpt, fast die Hälfte aller russischen Gaslieferungen nach Europa. Noch scheint der Gastransport nicht gefährdet, russisches Erdgas werde weiter wie gewohnt über die Ukraine transportiert, erklärte der ukrainische Gasleitungsbetreiber laut der Nachrichtenagentur Reuters. Das bestätigte auch der russische Lieferant Gazprom. Am Freitag seien es 41,7 Millionen Kubikmeter gewesen, so Reuters.

Doch bei einem dauerhaften Verlust von Sudscha könnte Gazprom die Lieferungen stoppen. Fachleute befürchten das derzeit nicht. Ein Lieferstopp hätte aber gravierende Folgen, zitiert das Onlinemedium Meduza anonym einen Analysten aus der Handelsbranche: "Wenn der Transit russischen Gases jetzt plötzlich gestoppt wird, könnten die Preise im vierten Quartal 2024 um weitere 20 Prozent gegenüber ihrem aktuellen Niveau steigen." Betroffen wären vor allem Staaten, die stark von russischem Gas abhängig sind: Ungarn, die Slowakei – und Österreich.
(Jo Angerer aus Moskau, 11.8.2024)
Ukrainische Offensive in russischer Region Kursk lässt viele Fragen offen
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Warnung an Westen?
Feuer bei Kühlturm des AKW Saporischschja gelöscht – Brand laut Kiew von Russland gelegt

1723533195946.png
Rund eine Woche nach Beginn der ukrainischen Offensive in der russischen Region Kursk ist beim AKW Saporischschja im Süden der Ukraine ein Brand ausgebrochen. Von Russland gelegt, heißt es in Kiew
12. August 2024, 01:34

Russische Besatzungstruppen haben offenbar Sonntagabend einen Brand nahe dem Kühlturm des besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja gelegt. Wie auf einem Video zu sehen ist, das der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verbreitete, strömte dicker schwarzer Rauch aus dem Schlot bei dem Kernkraftwerk aus. Selenskyj ergänzte, man habe keine Ahnung, was Russland mit dem Feuer bezwecke. Die Messwerte für Radioaktivität seien jedenfalls im Normalbereich.

1723532833639.png

Aus der ukrainischen Militäradministration Nikopol heißt es, man vermute, Russland habe Reifen innerhalb des Kühlturmes angezündet. Den dichten, schwarzen Rauch würde das erklären – bestätigen ließ sich diese Meldung aber vorerst nicht.

Später teilten die russischen Besatzungsbehörden mit, das Hauptfeuer im russisch kontrollierten Atomkraftwerk sei gelöscht. Die Agentur Tass berief sich für den Bericht auf Informationen des staatlichen russischen Atomenergieunternehmens Rosatom. Die ukrainische Atombehörde Energoatom teilte über den Kurznachrichtendienst Telegram mit, dass ein Kühlturm und weitere Anlagen des größten Atomkraftwerks Europas beschädigt seien.

Russland beschuldigt Kiew
Die von Russland kontrollierte Verwaltung des AKWs gab indes Kiew die Schuld am Feuer. Es sei ein Brand in der Nähe des Kühlturms "ausgebrochen", hieß es. Löschtrupps seien am Werk, das Feuer stelle keine Gefahr für die Sicherheit des AKWs dar. Grund für den Brand sei ukrainischer Beschuss, heißt es weiter.

Das Kernkraftwerk Saporischschja – das größte Europas – löst bereits seit seiner Einnahme durch russische Truppen im Jahr 2022 immer wieder Sorge aus. Die Ukraine hatte Russland mehrfach vorgeworfen, die Regierung in Kiew und den Westen mit seiner Macht über das AKW erpressen zu wollen. Immer wieder gab es auch Beobachtermissionen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), die sich wegen der nahe am AKW stattfindenden Kämpfe besorgt zeigte. Zum Brand vom Sonntagabend teilte die Organisation mit, man habe "dicken schwarzen Rauch aus dem nördlichen Teil des AKW-Geländes" wahrgenommen, zuvor habe man Explosionsgeräusche gehört. Auf die nukleare Sicherheit habe der Brand keinen Einfluss.


Das AKW Saporischschja in besseren Zeiten.
AFP/ANATOLII STEPANOV

Seit Beginn des laufenden Jahres ist das Kraftwerk in einem Zustand der kalten Abschaltung: In den Reaktoren wird kein Strom mehr erzeugt, das nukleare Material wird seither nur noch am Gelände gekühlt. Weil dieser Vorgang schon einige Zeit dauert, ist die Gefahr, die etwa von einem Stromausfall ausgeht, mittlerweile nicht mehr so hoch wie früher. Viel Nuklearmaterial befindet sich aber immer noch auf dem Gelände.

Rauchzeichen aus Moskau
In den vergangenen Tagen war allerdings ein anderes Atomkraftwerk in der Region in die Schlagzeilen geraten: das AKW Kursk, das sich rund 60 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt in der gleichnamigen russischen Region Kursk befindet, in der ukrainische Soldaten zuletzt Fortschritte gemacht hatten. Das AKW Kursk ist von einer älteren Bauweise als jenes in Saporischschja. Es ist daher Stromausfällen gegenüber viel anfälliger – was bei einigen Fachleuten Sorge ausgelöst hat.

Zugleich ist der Fortschritt der Ukraine auf russischem Staatsgebiet für die russische Führung äußerst peinlich. Sollte das Feuer beim AKW Saporischschja tatsächlich gelegt sein, ließe sich das unschwer als Drohgebärde gegen die Ukraine und den Westen interpretieren.

Bedrohung für Schwarzmeerregion
Der Fachexperte Dmitri Gortschakow von der Atomberatungsorganisation Bellona ließ in einer ersten Reaktion Zweifel am Ausbruch eines Brandes im Kühlturm durchklingen. Denn innerhalb eines solche Turmes befinde sich gewöhnlich: nichts. Er spekuliert, es handle sich womöglich um eine russische Provokation, um die Ukraine zu bezichtigen, das AKW beschossen zu haben. Die ukrainische Aussage, es seinen Autoreifen in den Turm gebracht und angezündet worden, bewertet er nicht, er stellt aber fest: Gewöhnlich sei nichts Brennbares in einem solchen Kühlturm zu finden.

Gehe man von einem Beschuss durch die Ukraine aus, müsse man erklären, wieso der Turm selbst unbeschädigt sei. Zudem müsse man ziemlich genau in den Turm treffen, der immerhin 150 Meter hoch sei. Für die Sicherheit im AKW habe der Brand jedenfalls keine Auswirkungen. Er diene der Kühlung der Reaktoren, wenn diese in Betrieb seien – was aber in Saporischschja schon seit Monaten nicht mehr der Fall ist. "Im derzeitigen Modus stehen die Kühltürme nur herum und werden nicht verwendet." Sie würden sich auch rund 1,5 Kilometer vom nächsten Reaktor entfernt befinden.

Unmittelbare Gefahr dürfte von dem Brand nicht ausgehen. Sollte es doch zu einem Atomunfall kommen, wäre aber besonders die Schwarzmeerregion rund um die Ukraine bedroht. Ein kurzer Blick auf meteorologische Karten zeigt, dass der Wind im Bereich des AKWs Saporischschja in den kommenden Tagen in Richtung Südsüdosten wehen soll. Beim AKW Kursk weht der Wind nach Südosten. Ostwind, der Radioaktivität beim Atomunfall in Tschernobyl 1986 in Richtung Nord- und Westeuropa transportiert hatte, ist für die kommenden Tage nicht prognostiziert.

1723533326853.png

(Manuel Escher, 11.8.2024)
Feuer bei Kühlturm des AKW Saporischschja gelöscht – Brand laut Kiew von Russland gelegt
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Bad One
Ukraine will Roboterhunde für besonders gefährliche Missionen einsetzen
Roboter aus Großbritannien sollen russische Schützengräben ausspionieren und Gebäude inspizieren. Erste Videos zeigen die Roboter bereits im Fronteinsatz
11. August 2024, 18:00

Operator Yuri zeigt den Bad One.
AFP/GENYA SAVILOV

Die Ukraine könnte bald Roboterhunde an ihren Fronten einsetzen, die Soldaten bei extrem gefährlichen Einsätzen ersetzen sollen. Aufgaben wie das Ausspähen russischer Schützengräben oder das Aufspüren von Minen sollen bald von mechanischen Vierbeinern übernommen werden.

Ein britisches Unternehmen möchte den Roboterhund Bad One an die Frontlinien der Ukraine schicken und den Personalmangel der ukrainischen Armee zumindest teilweise ausgleichen. Die Roboterhunde könnten mit ihren Wärmebildkameras etwa feindliche Schützengräben ausspionieren und das Innere von Gebäuden in der Kampfzone erkunden. Die Roboterhunde bewegen sich sehr nahe am Boden, was deren Entdeckung und Bekämpfung zusätzlich erschwert.

Roboter für Aufklärungsmissionen
Soldaten, die auf Aufklärungsmissionen geschickt werden, sind meist gut ausgebildete und erfahrene Leute, diese sind aber ständigen Risiken ausgesetzt, sagt ein Mann, der sich als "Yuri" vorstellt als er Journalisten der AFP den Roboterhund vorführt. Der Hund soll das Risiko für die eigenen Soldaten begrenzen und gleichzeitig die operativen Fähigkeiten der ukrainischen Armee erhöhen, so der Bediener des Hundes, der für ein britisches Unternehmen arbeitet, das Militärausrüstung herstellt.


Die Roboterhunde sollen besonders schwer zu entdecken sein.
AFP/GENYA SAVILOV

Neben dem Bad One existiere bereits dessen fortschrittlicher Nachfolger "Bad Two", der aber aus Sicherheitsgründen noch nicht gezeigt werden könne. Allzu viele technische Details sind über die Roboterhunde noch nicht bekannt. Nur so viel: Das Gerät verfügt über eine Batterie für eine zweistündige Stromversorgung im Einsatz. Neben seinen Aufgaben als als Spürhund kann der Bad One auch bis zu sieben Kilo Munition oder medizinischen Bedarf an die Front bringen.

"Ich kann nicht sagen, wie viele wir in der Ukraine eingesetzt haben", sagte Juri und fügte hinzu: "Aber sie werden einen erheblichen Einfluss auf die Operationen haben und die Sicherheit der Soldaten erhöhen", sagt Yuri.

Sollte einmal ein Roboterhund in russische Hände fallen, kann man mit einem Killswitch sofort alle Daten auf dem Gerät löschen.


Bad One kann bis zu zwei Stunden im Einsatz bleiben.
AFP/GENYA SAVILOV

Der Einsatz von Roboterhunden wäre der erste Einsatz solcher Geräte in einem hochintensiven Kriegsgebiet. Die Entwicklung und der Einsatz von vierbeinigen Robotern gilt bei Streitkräften überall auf der Welt als größte Hoffnung die eigenen gut ausgebildeten Soldaten zu schützen. Laut diversen Videos, die auf ukrainischen Telegram-Kanälen veröffentlicht wurden, befinden sich die ersten Roboter bereits im Einsatz.

China und USA im Wettlauf
Die chinesische Armee hat Roboterhunde bereits in großer Zahl im Einsatz. In einer gemeinsamen Militärübung mit den Streitkräften von Kambodscha wurden die Roboterhunde erstmals im Einsatz gezeigt. Dabei handelt es sich um eine doch recht deutliche Kopie von Spot, dem vierbeinigen Roboter von Boston Dynamics. Auf dem Rücken trägt der Roboterhund ein etwas wackelig montiertes QBZ-95, ein Bullpup-Sturmgewehr der chinesischen Volksbefreiungsarmee.

Die Bildübertragung erfolgt offenbar durch eine gewöhnliche Actioncam. Das Urteil auf US-Seite über den chinesischen Kampfroboter fiel wenig schmeichelhaft aus. "Es handelt sich um die schlimmste aller Nachahmungen", sagte Benjamin Jensen, Professor für strategische Studien an der School of Advanced Warfighting der Marine Corps University gegenüber Daily Beast.

Die USA haben Roboterhunde bereits 2002 in Afghanistan eingesetzt. Vier Geräte mit den Namen "Hermes," "Professor," "Thing," und "Fester" standen der US-Armee zur Verfügung. Ihre Aufgabe war es, Gebäude vor menschlichen Truppen zu betreten und auszukundschaften. Bewaffnet waren die Hunde damals mit Granatwerfern und Schrotflinten.

Aktuell versuchen die USA mit dem Replicator-Programm nicht fliegende Drohnen, sondern auch Bodenroboter fest in die Streitkräfte zu integrieren. Das Ziel des Pentagon: Zwischen März und August 2025 sollen tausende Drohnen, Roboter und unbemannte Wasserfahrzeuge in den Dienst gestellt werden.

Das United States Marine Corps Forces Special Operations Command (Marsoc) hat aktuell mindestens zwei Roboterhunde im Einsatz, die mit einem Gewehr bewaffnet sind. Beim Roboter selbst handelt es sich um den Vision 60 von Ghost Robotics, eine Bodendrohne, die explizit für militärische Zwecke entwickelt wurde.
(pez, 11.8.2024)
Ukraine will Roboterhunde für besonders gefährliche Missionen einsetzen
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Kursk-Offensive
Zerstörte Brücken öffnen Räume für Kiew
1724220989215.png

Der Vorstoß ukrainischer Truppen auf russisches Territorium hat Moskau offenbar völlig unerwartet getroffen. Zwar toben im Gebiet Kursk heftige Kämpfe, die russischen Verteidiger sind aber laut Experten weit davon entfernt, die Offensive in den Griff zu bekommen. Zudem zerstörte die Ukraine im Gebiet westlich davon drei wichtige Brücken – und schnitt damit einem großen russischen Gebiet zwischen dem Fluss Seim und der ukrainischen Grenze jegliche Nachschubrouten ab.
Online seit heute, 6.04 Uhr
Teilen
Die Zerstörung von Brücken in den Orten Swannoje und Gluschkowo ist sowohl von russischer als auch von ukrainischer Seite bestätigt, russische Militärblogger berichten laut dem US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW) auch von einer dritten Brücke westlich der anderen beiden. Damit ist das russische Gebiet, das sich zwischen Seim und der ukrainischen Grenze befindet, militärisch praktisch von Russland getrennt: Im Osten grenzt es an jenes Gebiet, das von der Ukraine erobert worden ist.

Das russische Militär sei schwerfällig und benötige „für seine Operationen eine umfangreiche logistische Versorgung. Ohne Brücken ist es schwer vorstellbar, dass die Russen die erforderlichen Kräfte bereitstellen, um dieses Gebiet effektiv zu militarisieren“, schreibt Phillips O’Brien, Professor für strategische Studien an der schottischen Universität St. Andrews, in einem Substack-Eintrag.

Ukraine könnte Einnahme versuchen
Damit sei jedenfalls schon für eine „sichere Flanke“ für die ukrainische Offensive gesorgt, zudem würden die nordukrainischen Gebiete in der Region um Sumy damit auch wesentlich besser vor Angriffen geschützt.

ISW/OpenStreetMap
1724221067637.png

Die Ukraine könnte sogar versuchen, so O’Brien, das gesamte Gebiet zu besetzen. Über die russische Truppenpräsenz in der Region ist bisher wenig bekannt. Gelingt der Ukraine die Einnahme, hätte sie die Fläche der eroberten Gebiete fast verdoppelt – für allfällige Verhandlungen mit Russland wäre das ein großer Trumpf, wenn es um den Abtausch von besetzten Gebieten geht.

Behelfsmäßige Pontonbrücken
Russland habe bisher nur unzureichend reagiert: Laut O’Brien müsse Moskau jetzt entweder „eine große Truppe entsenden, um die Ukrainer einzudämmen“, oder „der Ukraine im Grunde erlauben, einen großen und verteidigungsfähigen Vorposten in Russland zu errichten, von dem aus die Ukraine jederzeit Operationen starten könnte“.

Russische Militärblogger hatten schon vor Tagen vor einer solchen Situation gewarnt. Einige Militärblogger berichteten, dass die russische Armee versuche, die zerstörten Flussüberquerungen mit behelfsmäßigen Pontonbrücken zu ersetzen – die aber auch ein leichtes Ziel für ukrainische Angriffe darstellen.

Wehrpflichtige an der Front
Beim Kampf gegen den ukrainischen Vormarsch setzt Moskau laut O’Brien weniger auf kampferprobte Einheiten, sondern auf neu zusammengestellte Truppen – und darunter seien viele junge Wehrpflichtige. Deren Gefangennahme stellt für die russische Führung ein besonderes Dilemma dar.

Laut ISW häufen sich die Beschwerden von Angehörigen der jungen Männer, sowohl über schlechte Entlohnung als auch und vor allem über Gefangennahmen. Der Kreml reagiere auf solche Beschwerden im Normalfall sehr zurückhaltend, Kundgebungen von Müttern gefallener Soldaten gelten als Alarmsignal, dass die Stimmung in der Bevölkerung kippen könnte.

Kommandant goss Öl ins Feuer
Nun habe laut ISW ein Kommandant, der zunehmend als Sprecher der Verteidigung der Gebiete in Kursk gelte, Öl ins Feuer gegossen. Der Tschetschene Apti Alaudinow beschwerte sich in einem weit verbreiteten Video darüber, dass Eltern von Wehrpflichtigen 18-Jährige wie Kinder behandeln würden. Die jungen Männer würden nur „das Brot des Staates umsonst essen“ und „dann nach Hause gehen“. Niemand würde sterben, „der nicht dazu bestimmt“ sei. Laut ISW versuche der Kreml bereits zu beschwichtigen. Sollten noch Wehrpflichtige in der Region eingesetzt werden, könnte das zu weiteren Problemen führen.

Die russische Armee teilte indes am Dienstag mit, drei neue Gruppierungen gebildet zu haben, deren Aufgabe die Sicherung der Grenze zur Ukraine sei. Verteidigungsminister Andrej Belusow benannte die Gruppierungen nach den Regionen Kursk, Belgorod und Brjansk.

Russland erhöht Druck in Donezk
Russland versucht zudem, an einem anderen Schauplatz den Druck zu verstärken: Wichtigste Angriffsrichtung der Russen bleibt der Raum Pokrowsk im Gebiet Donezk, wo mehr als ein Drittel der Angriffe stattfanden.

Wegen des Vorrückens russischer Truppen dringen die Behörden auf eine Evakuierung der Stadt Pokrowsk. Die Bewohner hätten nur noch höchstens ein oder zwei Wochen Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen, betonte der Chef der Militärverwaltung von Pokrowsk, Serhij Dobriak. Die Behörden könnten mindestens 1.000 Personen am Tag dabei unterstützen, derzeit verließen aber täglich nur höchstens 600 die Region. Die russische Offensive in dem Gebiet verläuft zwar schleppend, immer wieder musste die Ukraine hier aber zurückweichen.
21.08.2024, red, ORF.at/Agenturen

Links:
Institute for the Study of War
Substack-Artikel von Phillips P. O’Brien

Kursk-Offensive: Zerstörte Brücken öffnen Räume für Kiew
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Ukrainekrieg
Nachtschatten: Welcher Gefahr Drohnenpiloten in der Ukraine ausgesetzt sind
Der technische und logistische Aufwand für den Start einer einzigen Aufklärungsdrohne ist enorm

Ein ukrainischer Soldat mit einer Vector-Drohne.
REUTERS/Inna Varenytsia

Es ist mitten in der Nacht, irgendwo in der Gegend um Tschassiw Jar in der Region Donezk. Ein kleiner Trupp der 23. mechanisierten Brigade der ukrainischen Streitkräfte wartet auf den Sonnenuntergang – und auf seinen Einsatz.

Die Einheit "Klare Augen" (Ясні Очі) ist Teil der Aufklärungskompanie der Brigade. Ihr Auftrag in dieser Nacht lautet, die russischen Positionen mit einer Drohne zu erkunden, Informationen zu sammeln und unversehrt wieder abzurücken. Mit ihnen reist diesmal ein Gast: Der Journalist David Kirichenko ist als sogenannter Embedded Journalist mit dabei. Sein Bericht zeigt nicht nur die Gefahren, denen sich die Einheit aussetzt, sondern auch, wie viel technologischer Aufwand betrieben wird, um eine einzige Drohne in die Luft zu bringen.

Wettlauf gegen russische Drohnen
Die Truppe, gezeigt werden vier Soldaten, wartet auf den Einbruch der Dunkelheit. Sich tagsüber in dem Transportfahrzeug zu bewegen wäre viel zu gefährlich, denn in Frontnähe wäre der Kleintransporter ein leichtes Ziel für russische First-Person-View-Drohnen. Die Ukrainer sind in diesem Feld im technologischen Vorteil: Laut den Soldaten tun sich die russischen Streitkräfte schwer, an Drohnen mit passabler Nachtsichtfähigkeit zu kommen. Deshalb bewegt man sich besser in der Nacht.


Trotzdem ist zur Sicherheit ein Störgerät mit an Bord. Diese Jammer sollen die Funkfrequenzen der Drohnen stören, sind aber ein Glücksspiel: Mit ihnen kann nur ein gewisses Spektrum gestört werden, funkt die Drohne auf einer anderen Frequenz, findet sie ihr Ziel ungehindert. Das ist auch der Grund, warum die oft belächelten russischen Schildkrötenpanzer meist mit ganzen Reihen dieser Geräte ausgestattet sind. Mit zweifelhaftem Erfolg, zumal die Ukraine Drohnen entwickelt hat, die trotz Jammings ihr Ziel finden können.

An der Position angekommen, gilt es, zuerst in der Dunkelheit die Technik auszuladen und möglichst schnell in einen getarnten Unterstand zu bringen. Zuvor müssen die Soldaten aber den Himmel auf russische Drohnen überprüfen, in dieser Phase wäre die Einheit ein leichtes Ziel.

Starlink an der Front
Wichtiges Teil des Equipments ist eine mit grünen aufgesprühten Farbflecken und einem Tarnnetz einigermaßen vor russischen Drohnen verborgene Starlink-Antenne. Das Satelliteninternet hat sich in der Ukraine schon in der Vergangenheit mehrfach als enorm wertvoll erwiesen. 42.000 Empfangsgeräte sollen bei der ukrainischen Armee, aber auch bei Hilfsorganisationen und in Krankenhäusern im Einsatz sein.

Aber auch auf russischer Seite wird die Technologie von Space X eingesetzt. Wie die Russen an die Empfangsgeräte kommen, ist nicht ganz klar. Einige dürften sie von den ukrainischen Streitkräften erbeutet haben, wieder andere dürften wohl über arabische Länder nach Russland geschmuggelt worden sein. Firmenchef Elon Musk bestreitet jedenfalls vehement, je Starlink-Antennen nach Russland geliefert zu haben. Vor kurzem sei es dem Pentagon gelungen, den Dienst für russische Streitkräfte zu blockieren, wie der Kyiv Independent schreibt.

In der Nähe von Tschassiw Jar montieren Soldaten mit Stirnlampen eilig die Antennen für die Drohne und starten den Generator, denn all die Technik muss irgendwie mit Strom versorgt werden. Danach warten sie in ihrem Unterstand auf die Bestätigung, dass die Luft im wörtlichen Sinn rein ist. Erst wenn sichergestellt ist, dass keine russischen Drohnen über dem Gebiet kreisen, können die "Klaren Augen" ihre eigene Drohne starten. Würden die russischen Streitkräfte die Einheit beim Start ihrer Drohne beobachten, käme sie sofort unter Artilleriefeuer.

Einsatz der Vector-Drohne
Kommt grünes Licht, wird die Drohne ausgepackt und zusammengebaut. Es handelt sich um eine Vector aus deutscher Fertigung. Dieses Modell gilt als eine der leistungsfähigsten Aufklärungsdrohnen. Optisch erinnert das Gerät an ein Modellflugzeug, durch drei Rotoren an den Tragflächen und am Heck ist die Vector aber auch ein Senkrechtstarter und kann so auch in beengtem Gelände abheben.

Die Drohne kann in wenigen Minuten ohne Werkzeug zusammengebaut werden. Kernstück ist eine KI-gestützte Kamera, die selbstständig Zielobjekte erkennen und verfolgen kann. Die Technologie dahinter stammt von dem bekannten Tech-Unternehmen Nvidia. Ein Jetson-Orin-Modul steuert die autonomen Systeme. Diese kommen vor allem in der Robotik zum Einsatz. Durch die KI-Systeme ist die Drohne laut Hersteller Quantum Systems aus Bayern auch gegen GPS-Störungen immun. Sollte die Navigation ausfallen, findet die Drohne autonom ihren Weg.


Vector™ | A battle proven UAV
Quantum-Systems GmbH

Bis zu drei Stunden lang kann der Vogel in der Luft bleiben, bevor der Akku getauscht werden muss. Die Reichweite des Videofeeds beträgt unter Idealbedingungen 35 Kilometer. Diese herrschen im Ukrainekrieg natürlich nicht, aber dennoch schwören die Soldaten auf die Vector. Es sei das beste Marketing für dieses Produkt, dass sie an der Front eingesetzt werden kann, zitiert Kirichenko die Soldaten in seinem Thread auf X, vormals Twitter.

Die heutige Mission lautet: russische Stellungen in der blutig umkämpften und nun von Russland eroberten Stadt Bachmut auskundschaften. Ein Soldat namens Oleksandr startet die Drohne. Er sagt, er ist stolz auf die Aufklärungsarbeit, die sie leisten. Oleksandr ist eigentlich Apotheker.

Gamer als Drohnenpiloten gefragt
Gesteuert wird die Drohne mit einem handelsüblichen Xbox-Controller, der per Kabel mit einem Gaming-Laptop verbunden ist. Damit sie konzentriert und wach bleiben, setzen die Mitglieder der Aufklärungseinheit auf Energydrinks. Bis zu vier große Dosen kippt jeder Soldat in dieser Nacht in sich hinein.


Gesteuert wird die Drohne mit einem Xbox-Controller.
Kirichenko

Gamer sind mittlerweile bei den Armeen auf beiden Seiten gefragte Leute, ihnen wird nachgesagt, die Steuerung der Fluggeräte durch jahrelanges Training am Controller schneller zu beherrschen. Eine Studie der Universität Liverpool aus dem Jahr 2017 bescheinigt Fans von Videospielen sogar Vorteile gegenüber zivilen Piloten. Die Studie legt nahe, dass erfahrene Gamer in stressigen Situationen beinahe ähnlich abgebrüht reagieren wie Piloten von Kampfjets. Auch Panzerbesatzungen sollen schon von Wissen aus Videospielen profitiert haben.

Reuters zitiert einen 25-jährigen Drohnenpiloten so: "Jedes Mal, wenn ich die Brille aufsetze und den Joystick in die Hand nehme, denke ich an meine Mutter, die mir gesagt hat, dass diese Videospiele nicht gut für mich sind", sagt er mit einem Lächeln. "Nun, wenn das nicht nützlich ist, was ist es dann?"

Schrecksekunde
Zurück nach Tschassiw Jar: Kirichenko beschreibt, wie plötzlich russische Drohnen über dem Gebiet kreisen. Eine nahe Artillerieeinheit der ukrainischen Armee hat deren Aufmerksamkeit erregt. Dann taucht plötzlich auch ein ukrainischer Panzer neben der Stellung der Drohneneinheit auf und beginnt, auf russische Positionen zu feuern. Die Besatzung weiß anscheinend nicht, dass in unmittelbarer Nähe eine Gruppe der Aufklärung eine Drohne steuert.

"Einmal saßen wir wie erstarrt da und sahen einander an, während eine russische Drohne direkt über uns schwirrte. Aber wir waren gut abgedeckt, sodass unsere Wärmesignatur nicht zu sehen war, solange wir uns nicht bewegten. Aber ich fragte mich, ob wir irgendwann trotzdem in die Luft fliegen würden", schreibt Kirichenko.

Über Bachmut sammeln die Soldaten Informationen über russische Truppenbewegungen. Die Drohne erkennt dabei Truppentransporter der russischen Armee. Außerdem setzen die Angreifer eine große Zahl an Motorrädern ein, um schnell die Position wechseln zu können, auch diese bleiben den Augen der Drohne nicht verborgen.

Viermal wird Oleksandr in dieser Nacht den Unterstand verlassen, die Drohne aufsammeln und mit neuen Akkus bestücken, bevor sie wieder abhebt. Kurz vor Morgengrauen noch einmal Nervenkitzel: Sobald der Transporter ankommt, muss die ganze Technik wieder eingeladen werden, und die Truppe ist dabei noch einmal besonders verwundbar. Doch diesmal geht alles gut aus.
(Peter Zellinger, 23.8.2024)
Nachtschatten: Welcher Gefahr Drohnenpiloten in der Ukraine ausgesetzt sind
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Kriegstechnologie
"Paljanyzja": Ukraine schickt eigene Raketendrohne in den Kampf
Das Einweg-Kriegsgerät soll russische Luftbasen angreifen und dabei auch Lücken aufgrund der Restriktionen für westliche Waffen füllen
Am Montagvormittag erschallte in weiten Teilen der Ukraine Luftalarm. Mit zahlreichen Bombern hatte Russland einen der seit Beginn der zweiten russischen Invasion im Februar 2022 größten Raketenangriffe auf das Nachbarland durchgeführt. Auch in der Hauptstadt Kiew kam es zu mehreren Explosionen sowie Unterbrechungen der Strom- und Wasserversorgung infolge von Treffern von Raketen und Gleitbomben.

Es sind solche Angriffe, die die ukrainischen Streitkräfte künftig schon im Ansatz unterbinden wollen. Helfen dabei soll eine neu vorgestellte Drohne, genannt Paljanyzja. Sie ist auf hohe Geschwindigkeit und Reichweite zugeschnitten.

Während die Drohne selbst auf moderne Technologien setzt, hat man sich beim Namen für eine traditionelle Variante entschieden. Paljanyzja ist eigentlich eine ukrainische Weißbrotsorte, bekannt für eine aus einem seitlichen Einschnitt im Teig entstehende, sichelförmige Kerbe. 2013 wurde das Brot auch auf einer Briefmarkenserie der ukrainischen Post verewigt.

The First Ukrainian Long-range Rocket Drone — Palianytsia
UNITED24

Turbojet-Triebwerk und größere Sprengladung
Abseits des Namens verbinden Drohne und Lebensmittel nichts. Was erstere vor allem auszeichnet, ist ihr Turbojet-Raketentriebwerk und ihre aerodynamische Ausgestaltung, die an eine Rakete erinnert. Mit dieser soll die Drohne für russische Luftabwehrsysteme schwer abzufangen sein. Über die maximale Geschwindigkeit, Reichweite und genaue Angaben zum Sprengkopf hält sich das ukrainische Militär aber bislang bedeckt. Klar ist aber, dass das Sprengmittel im Inneren des Fluggeräts transportiert und nicht abgeworfen wird. Es handelt sich also um eine Kamikaze-Drohne. Sie soll mit der Zerstörung eines russischen Waffendepots in der Region Woronesch auch bereits ihr Debüt gegeben haben.

An den Start gebracht wird sie von Bodenplattformen. Die Fernlenkung erfolgt über eine Satellitenverbindung. Mittels "elektronischer Gegenmaßnahmen" sollen ihre Ortung und Abschuss erschwert werden. Sollte die Verbindung zum Satelliten verlorengehen, soll sie mithilfe nicht näher genannter "anderer Systeme" dennoch auf Kurs bleiben. Als Vorteil wird auch die günstige Produktion angegeben, wobei die Kosten durch Optimierungen und Erhöhung des Produktionsvolumens weiter sinken sollen. Laut United 24 ist sie die erste Entwicklung, die aus einem staatlich gestützten Programm für die Entwicklung von raketengetriebenen Waffen hervorgeht und nur anderthalb Jahre gedauert haben soll.

Bedrohung für russische Luftstützpunkte
Das strategische Ziel von Paljanyzja ist die "Zerstörung des feindlichen Offensivpotenzials". Konkret soll sie für Attacken auf russische Luftwaffenstützpunkte dienen und dort Flieger oder Infrastruktur zerstören. 24 solcher Stützpunkte in Russland sollen innerhalb der Reichweite der Drohne liegen. In einem Video zur Vorstellung des Kampfgeräts sind dabei auch die Stützpunkte in Solzy südlich von St. Petersburg und Sawasleika östlich von Moskau abgebildet. Beide sind rund 750 Kilometer Luftlinie von ukrainisch kontrolliertem Gebiet entfernt. Auch in dieser Distanz gab es bereits erfolgreiche ukrainische Drohnenangriffe, die Raketendrohne soll jedoch einen wesentlich größeren Sprengkopf transportieren.

Paljanzyzja soll damit auch ein anderes Problem für die Ukraine lösen bzw. umgehen. Denn trotz Lockerungen kann Kiew westliche Waffen nur bedingt gegen Ziele auf russischem Hoheitsgebiet richten, zudem fehlt es an Raketen mit Reichweite für Angriffe auf das Hinterland. Derlei Restriktionen gelten freilich nicht für eine selbstentwickelte Drohne.

Könnte russische Luftangriffe stark erschweren
Sollte sich die Drohne als effektives Mittel für Angriffe auf russische Luftwaffeninfrastruktur erweisen, so könnte das signifikante Auswirkungen auf die russische Strategie haben. Ähnlich wie es schon bei der Schwarzmeerflotte der Fall war, die Russland nach erheblichen Verlusten durch Raketen- und Drohnenangriffe von der Krim abgezogen hat, könnte dies auch eine Verlegung von Kampffliegern und Bombern an weiter entfernte Stützpunkte nach sich ziehen.

Das würde großflächige Angriffe wie jenen am Montag erheblich erschweren. Gemäß ukrainischen Angaben hat Russland seit Februar 2022 über 10.000 Raketen und mehr als 33.000 Gleitbomben auf das Land abgefeuert.
(gpi, 27.8.2024)
"Paljanyzja": Ukraine schickt eigene Raketendrohne in den Kampf
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Ukrainekrieg
Warum die Ukraine in Kursk alles auf eine Karte setzt
Seit drei Wochen haben sich ukrainische Truppen jenseits der Grenze in Russland festgesetzt. Im Donbass könnte dies aber zu einem fatalen Dominoeffekt führen
Während Russland wegen der nun schon seit drei Wochen andauernden ukrainischen Bodenoffensive bei Kursk den Schaden hat, sorgen mutmaßlich ukrainische Google-Nutzer auf ihre Weise für den Spott. Das "Dyutifri"-Geschäft auf der russischen Seite der von Kiews Truppen am 6. August überrannten Grenze bei Sudscha sei ein "wunderbarer ukrainischer Laden", feixt einer. "Wir kamen mit einem Panzer aus der Ukraine, und als sie uns sahen, rannten alle weg", rezensiert ein anderer das benachbarte, ebenfalls russische Lagerhaus.


Direkt hinter der Grenze besetzten ukrainische Truppen auch eine Gasmessstation.
IMAGO/KIRILL CHUBOTIN

Auch wenn sich erst zeigen wird, wie lange sich die ukrainische Armee im Feindesland halten kann, hat der überraschende Einfall auf russischem Boden in vielen Ukrainerinnen und Ukrainern neue Hoffnung auf einen Sieg gegen die Invasoren entfacht. Fast 100 Ortschaften auf mehr als 1200 Quadratkilometern russischen Bodens hat die Ukraine eigenen Angaben zufolge inzwischen erobert – dreimal die Fläche Wiens und zudem etwa so viel Land, wie Russland seit Jahresbeginn in der Ukraine geraubt hat.

Signal an den Westen
Der – inzwischen gebremste – Vormarsch ist aber auch ein Fingerzeig in Richtung Westen: Gebt uns die Waffen, die wir brauchen, und wir werden gewinnen, so die Botschaft. Und das, obwohl die Lage am aktuellen Schwerpunkt der Kämpfe, dem Donbass nahe dem Logistikknoten Pokrowsk, für Kiews Truppen Tag für Tag schwieriger wird – und Russland die Ukraine so wie am Montag und am Dienstag mit massiven Luftangriffen überzieht.

Doch warum hat man sich in Kiews Kommandozentren angesichts der Lage im Donbass zu der riskanten Bodenoffensive auf russischem Gebiet entschieden? Und welchen Preis nimmt man dafür in Kauf? DER STANDARD hat Fachleute um ihre Einschätzung gebeten.


Die russischen Behörden ließen zehntausende Menschen aus der Region evakuieren.
REUTERS/Sergey Pivovarov

"Mittelfristig dürfte die Ukraine versuchen, die Russen zum Abzug von Truppen aus dem Donbass zu zwingen und deren Momentum zu brechen. Das ist derzeit nicht zu erkennen, eher im Gegenteil", sagt der Analyst Markus Reisner von der Theresianischen Militärakademie. Kursk dürfte erst der Auftakt einer Reihe von Maßnahmen sein, um das Momentum der russischen Sommeroffensive zu brechen, schätzt er. Am Dienstag wurde ein Durchbruchsversuch ukrainischer Truppen bei Belgorod gemeldet. "Die Ukraine war schon bisher immer gut, wenn sie beweglich ist. Die Alternative wäre gewesen, sich weiter dem Diktat des russischen Abnützungskrieges zu unterwerfen."

Keine konkreten Ziele
Fest steht, dass die ukrainischen Strategen aus ihren Fehlern der Vergangenheit gelernt haben. Zum ersten Mal ist es gelungen, das vom Westen gelieferte Gerät effizient – und miteinander verbunden – gegen den Feind einzusetzen, also mechanisierte Infanterie, Artillerie, Luftabwehr und elektronische Kriegsführung gleichzeitig. Teile von elf Brigaden sollen in Kursk im Einsatz sein. Anders als bei der gescheiterten Sommeroffensive 2023 tut Kiew gut daran, keine konkreten Ziele zu formulieren, an denen sich Erfolg und Scheitern der überraschenden Offensive messen ließen. Bisher leistet Russland den ukrainischen Truppen auf eigenem Boden offenbar noch eher verhalten Widerstand.

Dass die russischen Truppen, die die Grenze bei Kursk hätten bewachen sollen, auf dem falschen Fuß erwischt wurden, ist aller Geheimhaltung zum Trotz aber nur die halbe Wahrheit. Der russische Geheimdienst soll Armeechef Waleri Gerassimow schon Ende Juli vor dem Truppenaufmarsch gewarnt haben. Zu Machthaber Wladimir Putin selbst dürften die Entwicklungen, die in den Morgenstunden des 6. August schließlich zur ersten feindlichen Landnahme auf russischem Gebiet seit 1945 geführt haben, erst durchgedrungen sein, als es zu spät war – Symptome einer Diktatur, die sich im Krisenfall zunehmend dysfunktional verhält.

Keine Freigabe für Luftschläge
Es liegt nahe, dass die Ukraine auch deshalb zu der riskanten Operation mit – ohnehin raren – Bodentruppen greifen musste, weil ihr nach wie vor weitreichende Waffen wie der deutsche Taurus-Marschflugkörper fehlen, um diesen Effekt aus der sichereren Luft zu erreichen. Das US-amerikanische Institute for the Study of War hat kürzlich 250 militärische Ziele in Russland identifiziert, die in Reichweite ukrainischer Atacms-Raketen liegen – deren Einsatz dort hat Washington Kiew aber untersagt.

Zudem sind die ukrainischen Truppen inzwischen bis auf 30 Kilometer auf das russische Atomkraftwerk Kursk vorgerückt, das weiter östlich am Ufer des Flusses Sejm liegt. Am Dienstag besuchte der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), Rafael Grossi, das AKW. Dass dieses tatsächlich ein Ziel der ukrainischen Armee sein könnte, wie Russland behauptet, ist aber zweifelhaft – wie alle AKWs genießt auch jenes bei Kursk besonderen Schutz im Völkerrecht. Dieses so offen zu brechen käme bei den westlichen Partnern, denen die Ukraine ja die Schlagkraft ihrer Armee unter Beweis stellen will, wohl nicht gut an.


Das AKW Kursk am Fluss Sejm.
IMAGO/Vladimir Gerdo

Wie könnte es nun in Kursk weitergehen? "Weil die ukrainische Armee kaum Pioniergerät mitgenommen hat, um Schützen- und Panzergräben anzulegen oder Minenfelder zu errichten, muss sie Geländegegebenheiten auszunutzen. Es ist zu erwarten, dass man in den nächsten Tagen und Wochen versuchen wird, Gebiete weiter im Westen südlich des Sejm zu kontrollieren. Allerdings muss sie das unter russischer Luftüberlegenheit tun", prognostiziert Reisner.


Geopgraphische Verortung der Lage an der Front.

"Es ist unklar, ob all dies letztlich aus militärischer Sicht für die Ukraine von Vorteil ist. Der Einmarsch hat aber auf jeden Fall die Moral gestärkt – was nicht wenig ist, wenn man bedenkt, dass Kriege immer auch Wettkämpfe des Willens sind", sagt der Militäranalyst Franz-Stefan Gady dem STANDARD. Doch: "Die Geschichte bietet auch Beispiele dafür, dass auf Nebenschauplätzen zu viel riskiert wurde, um Erfolge zu erzielen."

Gefährlicher Dominoeffekt
Besonders prekär ist die Situation aktuell nahe dem bisherigen Logistikknoten Pokrowsk in der Region Donezk. Bisher ist die Hoffnung, dass Russland Truppen von dort nach Kursk beordert, nicht aufgegangen. "Moskau verfügt offenbar über ausreichende Personalreserven, um gleichzeitig anzugreifen und den Vormarsch bei Kursk einzudämmen", sagt Gady. Umgekehrt könnte der ukrainische Vormarsch "lebenswichtige Teile der ukrainischen Verteidigungslinien gefährden, wenn der Großteil der kampfbereiten Reserven in der Region Kursk eingesetzt wird".


Russlands Machthaber Wladimir Putin konnte – oder wollte – den Einmarsch nicht verhindern.
EPA/ALEKSEY BABUSHKIN/SPUTNIK/KR

Fällt Pokrowsk, könnte es zu einem für die Ukraine verheerenden Dominoeffekt kommen: "Das Dilemma ist, dass dahinter nur mehr das offene Land bis zum Dnjepr kommt, dort gibt es keinerlei nachhaltige Verteidigungsanlagen mehr", sagt Bundesheer-Analyst Reisner. "Im schlimmsten Fall kann das zu einem Zusammenbruch der Front führen." Auch deshalb habe sich Kiew zu dem riskanten Einsatz in Kursk entschieden: "Man will so Druck aus den Kämpfen bei Pokrowsk nehmen."

Hoffen auf "guten Plan"
Die militärische Großwetterlage – also die Kombination aus zunehmenden Lücken in der Truppe und nach wie vor zögerlicher Waffenhilfe aus dem Westen – spricht für Reisner allen derzeitigen Hoffnungsfunken zum Trotz ohnedies weiterhin gegen die Ukraine: "Solange es in Russland keinen 'Schwarzen Schwan' (unvorhersehenes, bedeutendes Ereignis, Anm.) oder einen zweiten Lenin gibt, wird man jeden Monat 30.000 Mann neu an die Front schicken können. Und die Ukraine hat immer weniger Soldaten zur Verfügung, um sie niederzukämpfen." Russlands Angriffe auf die Energieinfrastruktur drohen das Land außerdem im kommenden Winter in Kälte und Dunkelheit versinken zu lassen.

Kürzlich erst sei er mit einem ukrainischen Soldaten in Kontakt gestanden, der im Donbass stationiert ist und dessen Einheit unter Munitionsmangel leidet, erzählt Reisner. "Dort hofft man, dass der Präsident für Kursk einen wirklich, wirklich guten Plan hat."
(Florian Niederndorfer, 27.8.2024)
Warum die Ukraine in Kursk alles auf eine Karte setzt
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Militärtechnik
Russlands autonome Roboter-Artillerie kann ohne Besatzung nicht schießen
Das Fahrzeug wurde als völlig ferngesteuert angepriesen. Zum Zielen und Schießen muss sich aber trotzdem eine Mannschaft in Gefahr bringen

Die Klever-Plattform wurde als robotische autonome Waffe vorgestellt. In Wahrheit ist nur das Kettenfahrgestell ferngesteuert.
Russian Ministry of Defence

Kaum eine Woche vergeht, in der die russischen Streitkräfte nicht eine neue Superwaffe vorstellen. Diese lassen sich meist in zwei Kategorien einteilen: Entweder sind die angeblichen Leistungsdaten zu gut, um wahr zu sein (und sind dies am Ende auch nicht), oder das neue Kriegsgerät ist technisch so unausgereift, dass es schlicht nicht funktioniert. In welche Kategorie die nun vorgestellte Roboter-Artillerie fällt, ist noch nicht so ganz klar. Möglicherweise passt sie sogar in beide.

Aber zu den Fakten: Der Fernsehkanal Zvezda (Der Stern) wird vom russischen Verteidigungsministerium betrieben und durfte nun die neueste Errungenschaft im Bereich einer zukünftigen robotischen Kriegsführung vorstellen: eine Selbstfahrlafette, also ein Artilleriegeschütz mit eigenem Antrieb, das völlig ohne Besatzung auskommt.

Vier autonome Schüsse, angeblich
Das Fahrzeug wurde auf den Namen MTS-15 Klever, also Klee, getauft. Dabei handelt es sich um ein fernsteuerbares Gefährt, das eine 122-mm-Haubitze vom Typ D-10 in Position bringen soll. Die Idee dahinter: Keine menschliche Besatzung soll ihr Leben riskieren.

Artilleriegeschütze werden im Ukrainekrieg durch Drohnen häufig sehr rasch ausgespäht und kommen oft unmittelbar nach dem Feuern durch Artillerie der Gegenseite unter Beschuss oder werden von Kamikaze-Drohnen attackiert. Um diesem Gegenschlag zu entgehen, wird oft nach jedem Schuss die Position gewechselt, weshalb sich mobile Plattformen wie die französische Caesar oder die Panzerhaubitze 2000 aus Deutschland auf ukrainischer Seite bewährt haben.

Russland will einen Schritt weiter gehen und die Besatzung in relativer Sicherheit halten. Die Klever kann per Fernsteuerung nach der Schussabgabe in eine andere Position gebracht werden. Vier Schuss hat das Fahrzeug an Bord, das soll es ermöglichen, dass sich die MTS-15 aus der Deckung bewegt, feuert und wieder verschwindet. Das automatische Ladesystem soll eine Schussabgabe alle 30 Sekunden möglich machen, wie Army Recognition berichtet. Anschließend muss manuell nachgeladen werden.

Das wäre eine deutliche Verbesserung zu einem unmodifizierten D-10-Geschütz, wo es normalerweise etwa zwei Minuten dauert, bis die Waffe überhaupt mobil ist.

Geschütz muss von Hand bedient werden
Das alles klingt schon nach einem sehr fortschrittlichen System, das bei westlichen Armeen wohl ein Jahrzehnt lang oder sogar länger in der Entwicklung wäre. Selbst beim ukrainischen Defense Express gibt man sich anfangs erstaunt über die Leistungsfähigkeit des neuen Waffensystems. Dieses Erstaunen hielt aber nicht allzu lange an, denn wenn man sich die vom russischen Verteidigungsministerium veröffentlichten Bilder genauer ansieht, wird schnell klar, dass das Geschütz der Klever über keine automatische Steuerung verfügt.

Wohl mag das Geschütz ferngesteuert in Stellung fahren können, zum Ausrichten und Zielen der Haubitze ist sehr wohl eine menschliche Besatzung nötig, die diese Aufgaben manuell ausführt. Auch die Korrekturen nach dem Schuss muss wohl von der Mannschaft durchgeführt werden, denn das Geschütz stammt eigentlich aus den 1960er-Jahren, und die wesentlichen Steuerelemente sind gleich geblieben.

Kurz: Die russische Armee hat also eine Kanone vorgestellt, die zwar selbstständig anrollen kann, deren Fähigkeiten zum zielgenauen Feuer nicht über "irgendwo da vorne" hinausgeht, wie man bei der ukrainischen Nachrichtenseite genüsslich anmerkt. Außerdem wird die Frage aufgeworfen, wie es sein kann, dass führende Rüstungsunternehmen aus Russland unter dem Dach des Rostec-Konglomerats und des Verteidigungsministeriums so wenig zustande bringen. Das Urteil des Defense Express: Es handelt sich um ein Geschütz auf einem ferngesteuerten Kettenfahrgestell. Und: Die Entwicklung macht so überhaupt keinen Sinn.

Erprobung in der Ukraine
Das könnte man jetzt freilich als Versuch der Ukrainer abtun, die Neuentwicklung der Russen möglichst lächerlich zu machen. Aber auch der unabhängige Defence Blog hat Zweifel an der Wirksamkeit der Klever: "Im Wesentlichen handelt es sich bei Klever um eine Roboterplattform, die mit einer sowjetischen Haubitze vom Typ D-30 ausgestattet ist, und nicht um ein völlig autonomes unbemanntes Artilleriesystem, wie ursprünglich angekündigt", heißt es da.

Das russische Verteidigungsministerium ist von der Kritik aber unbeeindruckt: Man werde die Fähigkeiten des Systems unter realen Kampfbedingungen bewerten, hieß es. Schon in Kürze soll die Klever in der Ukraine eingesetzt werden.
(Peter Zellinger, 30.8.2024)
Russlands autonome Roboter-Artillerie kann ohne Besatzung nicht schießen
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Militärtechnik
Ukrainische F-16 erhielten geheime Technologie zur elektronischen Kriegsführung
Ein seltsames Gerät an der Tragfläche gibt Aufschluss über die möglichen neuen Fähigkeiten des Kampfjets

Eine F-16 der ukrainischen Luftwaffe.
REUTERS/Valentyn Ogirenko

In einem vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj veröffentlichten Video von Anfang August wird die Ankunft der lang erwarteten Kampfjets aus dem Westen gefeiert. Fast ein Jahr hat es gedauert, bis die F-16 aus den Beständen der Niederlande und Dänemarks in der Ukraine eingetroffen sind.

Doch was dauert da so lange? Ein Faktor dürfte gewesen sein, dass die Flieger speziell für ukrainische Verhältnisse angepasst wurden. Ein Teil dieser Modifikationen ist eine Technologie zur elektronischen Kriegsführung.

USA, Dänemark und Norwegen beteiligt
Aus einer Mitteilung der U.S. Air Force von Montag geht hervor, dass die Maschinen für die Ukraine durch Spezialeinheiten für elektronische Kriegsführung aus den USA, Dänemark und Norwegen für die Verteidigung gegen die russische Invasion angepasst wurden.

Sowohl die ukrainischen als auch die russischen Streitkräfte befinden sich aktuell in einem Wettlauf um die Hoheit in der elektronischen Kriegsführung. So sind GPS-Störaktionen durch Russland dokumentiert und stellen ein enormes Problem für die europäische zivile Luftfahrt dar. Damit wollen die Russen etwa gesteuerte Artilleriegranaten in die Irre führen.

Beide Seiten versuchen außerdem die jeweiligen Funkkanäle zu blockieren, die für die Steuerung von Drohnen wichtig sind. Beide Seiten setzen aber auch auf Spoofing. In der Luftfahrt versteht man darunter meist den Versuch, die Sensoren des Gegners mit einer Vielzahl von Störsignalen zu fluten und eine wirksame Aufklärung so zu verhindern.

Bislang unbekanntes Territorium
Für derartige Bedingungen im Ukrainekrieg mussten die F-16 erst angepasst werden. Dafür wurden die Systeme zur elektronischen Kriegsführung des Jets völlig neu programmiert. Diese Aufgabe übernahm das 68th Electronic Warfare Squadron der U.S. Air Force. Über welche Fähigkeiten die F-16 damit nun verfügt, ist nicht klar. Sie wird in der offiziellen Ankündigung nur als "nicht im US-Inventar" beschrieben, und man habe damit "bislang unbekanntes Territorium" betreten. Das System war den Entwicklern selbst bislang unbekannt, heißt es weiter. Fix ist, dass Daten aus Dänemark und Norwegen in der Entwicklung eine Rolle spielten.

Die Spezialeinheit für elektronische Kriegsführung schickte sogar Experten ins Ausland in ein Labor einer Partnernation, wo das neue System der F-16 getestet wurde. Ein Vorgehen, das keinesfalls üblich ist, wird der "Direktor" der Einheit anonym zitiert.

Aber auch die Entwickler der neuen Technologie haben etwas davon: Die F-16 der Ukraine können nämlich nun Gefechtsdaten sammeln, die in den USA ausgewertet werden. Das macht es möglich, die interne Software auf die Bedürfnisse der ukrainischen Piloten hin zu optimieren. Gleichzeitig sollen die in der Ukraine gewonnen Erkenntnisse für zukünftige Entwicklungen herangezogen werden.

Ein Pylon voller Elektronik
Doch welche elektronischen Fähigkeiten haben die F-16 der Ukraine denn nun eigentlich? Wie erwähnt sind die Details geheim, aber man kann aus den öffentlich zur Verfügung stehenden Daten schon einige Erkenntnisse gewinnen. Dazu muss man beim Eengangs erwähnten Video von Wolodymyr Selenskyj noch einmal genauer hinschauen. Dort ist zu erkennen, dass zwischen den AIM-9-Luft-Luft-Raketen ein seltsamer Pylon unter der Tragfläche der F-16 montiert wurde.


Bei diesem Gerät unter der Tragfläche dürfte es sich um ein Modul für elektronische Kriegsführung handeln.
Screenshot, Ukrainian Ministry of Defense

Wie man bei The War Zone herausfand, handelt es sich dabei um einen sogenannten Pod für elektronische Kriegsführung des Herstellers Terma aus Dänemark. Dieses Gerät soll dem Piloten eine Art Rundumsicht ermöglichen und vor allem vor Bedrohungen außerhalb des eigenen Sichtbereichs des Piloten warnen. Dieses System ist durch das sogenannte Joint Helmet Mounted Cueing System direkt mit dem Helm des Piloten verbunden und zeigt Warnungen im integrierten Display des Helmvisiers an.

Update der Bedrohungsdatenbank
Mit der Neuprogrammierung der internen Systeme der F-16 dürfte auch ein Update der Bedrohungsbibliothek vorgenommen worden sein. Das funktioniert so: Radargeräte senden elektromagnetische Wellen aus. Trifft eine solche Welle auf ein Objekt wie einen Kampfjet oder ein Schiff, entsteht eine Art Störsignal. Aus diesem "Fehler" kann die ungefähre Position und Größe des Objekts ermittelt werden. Wer schon einmal einen Actionfilm gesehen hat, kennt das vermutlich.

Moderne Systeme können aber deutlich mehr: Sie erkennen anhand der Radarsignatur, um welches Objekt es sich handelt. Schließlich reflektiert eine vergleichsweise winzige russische Orlan-Drohne die Wellen ganz anders als ein großer Kampfjet, etwa eine Su-27. Es muss aber nicht nur das Radar sein, jedes elektronische Gerät gibt elektromagnetische Wellen in einer bestimmten Art und Weise ab. All diese Signaturen sind einzigartig, ähnlich einem Fingerabdruck. Diese Signaturen werden schließlich mit der Bedrohungsdatenbank abgeglichen, und so kann der Pilot erkennen, was er da genau vor sich hat.

Diese Bedrohungsdatenbanken werden von The War Zone auch als der größte Vorteil der US-Streikräfte bezeichnet. Aber: Der Datensatz muss ständig aktuell gehalten werden. Im Rahmen der Arbeit an der sogenannten kognitiven elektronischen Kriegsführung arbeiten die US-Luftwaffe und andere Zweige des US-Militärs auch daran, verschiedene Aspekte dieses Updateprozesses so weit wie möglich zu automatisieren. Als "heiliger Gral" dieser Entwicklung gilt die Idee, dass sich elektronische Gefechtssysteme selbstständig in Echtzeit anpassen können, und das während des Einsatzes.

Das System im Einsatz
Wie so ein System funktioniert, beschreibt Oberst Craig Andrle im Interview mit der Air Force Times. Der mittlerweile pensionierte Offizier berichtet von einer Aufklärungspatrouille an der russischen Grenze. "Ich sehe eine SA-20. Ich weiß, dass es eine SA-20 ist, und die Aufklärung bestätigt, dass das da eine SA-20 ist. Aber mein Jet erkennt sie nicht, weil die SA-20 wahrscheinlich in einer Art Reservemodus läuft, den wir noch nie zuvor gesehen haben", heißt es da.

Bei der SA-20 handelt es sich um die Nato-Bezeichnung für das russische Boden-Luft-Raketensystem S-300. Andrle hat das russische Waffensystem markiert, und die F-35 hat die neuen Daten gesammelt. Diese wurden später per Update an andere Flieger ausgespielt, und laut Andrle kennen nun andere Nato-Flugzeuge eine russische S-300, auch wenn sie im Energiesparmodus läuft.

Die 68th Electronic Warfare Squadron warnt aber davor, die Upgrades der F-16 als "Gamechanger" zu bezeichnen. "Eine F-16 mit einer umprogrammierten Pod kann nicht allein die Luftüberlegenheit erlangen, aber sie kann Ihnen für einen kurzen Moment eine Luftüberlegenheit verschaffen, um ein Ziel zu erreichen, das von strategischer Bedeutung ist", so der anonyme Direktor.
(Peter Zellinger, 31.8.2024)
Ukrainische F-16 erhielten geheime Technologie zur elektronischen Kriegsführung
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Militärtechnik
Ukraine greift russische Stellungen mit flammenwerfenden Drohnen an
Die Dragon genannte Drohne wirft Thermit über feindlichen Stellungen ab und verbreitet auf großen Gebieten unlöschbare Flammen
5. September 2024, 18:12

Die ukrainischen Streitkräfte brennen russische Stellungen mit Thermit nieder.
Ministry of Defence of Ukraine

Der Drohnenkrieg in der Ukraine ist mit dem Beginn dieser Woche noch einmal deutlich tödlicher geworden. Mehrere ukrainische Quellen bestätigen nun den Einsatz von Thermit abwerfenden Drohnen gegen russische Stellungen.

Die ersten Bilder tauchten am Montag in Social Media auf. Darin ist zu sehen, wie eine Drohne langsam über ein Baumreihe fliegt und eine brennende Mixtur sehr zielgenau ablädt. Das Video stammte von Soldaten der 108. Territorialen Verteididungsbrigade der ukrainischen Armee. Zweck des Einsatzes dürfte gewesen sein, die Baumreihe im umkämpften Niemandsland abzubrennen, wo die Ukrainer Kräfte der russischen Armee vermuteten. Diese dichtbewachsenen Baumreihen grenzen in der Ukraine Felder ab, dienen aber oft als Versteck für Unterstände und Stellungen. Das Video dürfte an der Frontlinie bei Saporischschja in der südöstlichen Ukraine entstanden sein.

Russen gaben Video als ihres aus
Schnell wurde das Video von russischen Propagandakanälen übernommen, die ihrerseits behaupteten, sie hätten die Ukrainer mit Feuer bekämpft. Dass die Drohne aber in Wahrheit von der Ukraine eingesetzt stammt, wurde am Dienstag bewiesen, als ein neuerliches Video erschien. Am Mittwoch erschien schließlich ein Zusammenschnitt mehrere Videos, in denen die Einsätze der feuerspeienden Drohne aufseiten der Ukraine zu sehen sind.

1725734401945.png


Nicht alle waren erfreut, dass die neueste Waffe im Drohnenarsenal der Ukraine in Videpostings auf Social Media veröffentlicht werden. Die 116. mechanisierte Brigade (Khorne Group) beschwerte sich öffentlich darüber. Man sei nicht glücklich darüber, dass neue Technologien zur Vernichtung des Feindes im Internet veröffentlicht werden, hieß es in einem Posting der Einheit – aber jetzt sei es ohnehin schon egal, deshalb veröffentliche man nun eben eigenes Material vom Einsatz von Thermit gegen russische Stellungen, hieß es in einem Posting auf Telegram.

Ebenfalls am Mittwoch erfolgte schließlich die offizielle Bestätigung des Einsatzes von derartigen Drohnen durch das Verteidigungsministerium der Ukraine. Diese Drohnen tragen demnach den Namen Dragon und sind mit Thermit bestückt. Die Substanz lässt sich kaum löschen und brennt mit einer Temperatur von etwa 2400 Grad Celsius. Deshalb wird das Material auch zum Verschweißen von Eisenbahngleisen verwendet. Thermit ist eine Mixtur aus Gemisch aus Eisenoxid (also Rost) und Aluminium-Granulat.

Das unlöschbare Feuer
Ist das Gemisch einmal entzündet, gibt es keine einfache Möglichkeit, es wieder zu löschen. Der Prozess benötigt keine externe Sauerstoffquelle. Daher kann brennendes Thermit auch nicht erstickt werden. Darüber hinaus kann sich die Mixtur in jeder Umgebung entzünden. Sofern genügend Anfangshitze vorhanden ist, brennt Thermit auch bei Nässe.

Thermit kann auch die Stahlpanzerung von leicht gepanzerten Fahrzeugen durchbrennen und die Aluminiumpanzerung von Fahrzeugen wie den russischen BMD-4 und BMP-3 schmelzen.

Laut Militarnyi ist das Gewicht der Thermit-Zuladung der ukrainischen Drohnen nicht bekannt, es dürfte sich aber um mehrere Kilogramm handeln. Ganz unwahrscheinlich ist das nicht: Die leistungsstärksten First-Person-View-Drohnen der Ukraine können bis zu acht Kilo Nutzlast über eine Entfernung von etwa fünf Kilometern transportieren.

Das ukrainische Militär verwendet jedoch seit langem Thermit-Ladungen: Drohnenpiloten lassen die Substanz in die Luken verlassener gepanzerter Fahrzeuge des Gegners und auf die Dächer von Gebäuden fallen, auf denen sich feindliche Kämpfer aufhalten. Derartige Munition hat den Vorteil, dass Thermit im Überfluss erhältlich und damit billig ist. Eine Granate mit etwa einem Kilogramm Thermit kostet in der Ukraine etwa 450 Hrywnja oder knapp zehn Euro.

Diese Form der Thermit-Angriffe sind aber räumlich begrenzt, die nun eingesetzten Dragon-Drohnen können einen weit größeren Bereich abdecken. Außerdem dürfte die psychologische Wirkung immens sein, wie The War Zone berichtet, auch wenn die tatsächlichen Auswirkungen auf das Schlachtfeld noch unklar sind.

Russland setzte Thermit in Artillerie ein
Aber auch die russische Armee setzt Thermit ein und scheint nach Angaben von ukrainischen Quellen ebenfalls an Thermit-Drohnen zu arbeiten. Entsprechende Videos kursieren nun schon seit einiger Zeit auf Telgram.

Russland dürfte bei der Bombardierung von Mariupol ebenso Artilleriegranaten mit einem Thermit-Gemisch verwendet haben. Einige Monate später wurde ein weiteres Video veröffentlicht, das angeblich den Beschuss der Stadt Marinka mit mit Thermit befüllten Artilleriegranaten zeigte. In beiden Fällen fiel eine feurige Wolke vom Himmel und verbrannte ein großes Gebiet. Der Einsatz von Thermit ist in der Genfer Konvention nicht explizit verboten. Ein Schlupfloch, wie Human Rights Watch kritisiert.
(pez, 5.9.2024)
Ukraine greift russische Stellungen mit flammenwerfenden Drohnen an
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Militärtechnik
Tiger-Panzerfahrzeuge aus China sind im Ukrainekrieg im Einsatz
Der Tiger der Volksbefreiungsarmee hat seine Wurzeln in Italien und war dort ein höchst umstrittenes Fahrzeug

Die gepanzerten Tiger-Fahrzeuge aus China sind erstmals auf russischer Seite im Ukrainekrieg im Einsatz.
Vodogray Telegram

Laut einem Bericht des ukrainischen Militärnachrichtenportals Militarnyi wurden erstmals chinesische Panzerfahrzeuge vom Typ Tiger 4x4 gesichtet. Diese Fahrzeuge wurden laut den Berichten von russischen Truppen im Kampfgebiet eingesetzt.

In russischen sozialen Medien kursierende Bilder zeigen die chinesischen, leicht gepanzerten Truppentransporter mit verschiedenen Modifikationen. Dazu gehören die üblichen Drohnenkäfige und Dachaufbauten. Außerdem scheinen die Fahrzeuge über klappbare Zusatzpanzerung für die Windschutzscheibe zu verfügen. Auch Zusatzpanzerung an den Seiten ist zu erkennen sowie ein nicht ferngesteuerter gepanzerter Aufbau für ein Maschinengewehr.

Die Tiger 4x4 dienen als leicht gepanzerte Mannschaftstransporter und werden von der Shaanxi Baoji Special Vehicles Co. Ltd. hergestellt. Dabei handelt es sich um ein Privatunternehmen, das aus der 1983 gegründeten Baoji-Fabrik für Spezialfahrzeuge hervorging.

Ramzan Kadyrow, der Machthaber in der russischen Republik Tschetschenien, prahlte bereits im Juni 2023 damit, dass russische Streitkräfte ihre erste Lieferung chinesischer Fahrzeuge erhalten haben. Er veröffentlichte Aufnahmen, die den Einsatz der neuen Tiger-Fahrzeuge durch tschetschenische Einheiten in der Ukraine zeigen sollen. Eine Bestätigung der Gegenseite blieb aber bis Anfang dieser Woche aus, als ukrainische Streitkräfte nun erstmals über die Präsenz chinesischer Fahrzeuge an der Front berichteten.

Tiger im Tank
Der Tiger (ZFB-05) ist ein Allradmannschaftstransporter, der für verschiedene Aufgaben wie Patrouillen, als Kommandoposten oder als Krankenwagen angepasst werden kann. Mit einer Besatzung von zwei Personen und Platz für neun voll ausgerüstete Infanteristen ist das Fahrzeug sowohl für militärische als auch für polizeiliche Einsätze konzipiert. Seit seiner Vorstellung auf der Eurosatory-Ausstellung 2012 in Paris wurde der Tiger in verschiedene Länder exportiert, darunter Bolivien, Tadschikistan und Somalia. Verwechslungsgefahr besteht auch mit dem russischen Pendant, dem Tigr (GAZ-2975). Auch bei diesem Fahrzeug handelt es sich um einen leicht gepanzerten Geländewagen.

Der chinesische Tiger verfügt über zwei große, kugelsichere Fenster an der Front und ist mit zwei Einzeltüren auf jeder Seite je mit einem kugelsicheren Fenster ausgestattet. Eine große Tür im Heck ermöglicht den Ein- und Ausstieg der Infanteristen. Das Fahrzeug ist 5,36 m lang, 2,32 m breit und 2,3 m hoch, hat ein Leergewicht von 4500 kg und ein Fassungsvermögen von 120 Liter Kraftstoff.

Er kann Lasten von 1100 kg tragen und hat die Möglichkeit, andere Fahrzeuge mit einem Gewicht von 2000 kg zu ziehen. Das Fahrzeug ist mit einer Seilwinde und einem Ersatzrad ausgestattet. Es kann optional mit Nachtsichtgerät, Kamera, Suchscheinwerfern, Kommunikations- und Datenübertragungssystemen ausgestattet werden.

Kritik am Schutzkonzept
Ein kreisförmiger Turm ist vorne an der Wanne angebracht, um leicht gepanzerte Ziele und gepanzerte Personen zu bekämpfen. Er kann mit einem 7,62-mm- oder 12,7-mm-Maschinengewehr oder einem automatischen 30-mm-Granatwerfer ausgestattet werden. Der gepanzerte Mannschaftstransporter bietet eine erhöhte Überlebensfähigkeit gegen Artilleriesplitter und Beschuss mit leichten Waffen, wie etwa den chinesischen Sturmgewehren Typ-81 und Typ-56 sowie AK-Sturmgewehren mit panzerbrechender Munition im Kaliber 7,62 mm.

So geht zumindest die offizielle Erzählung. In einem Gefecht mit Aufständischen in Haiti ging ein Tiger der chinesischen Armee nach Beschuss durch panzerbrechende Munition aus Sturmgewehren verloren. In der neueren Variante, dem ZFB-05A, wurde deshalb die Frontpanzerung verstärkt. Für intensive Gefechte wie im Ukrainekrieg ist der Transporter aber auch mit dickerer Panzerung nicht geeignet.

Ein 30 Jahre alter Iveco
Der ZFB-05 ist dabei keine chinesische Eigenentwicklung im eigentlichen Sinne. Das Fahrzeug basiert auf dem Nahin NJ2046, einem leichten Militärfahrzeug, das 1999 bei den chinesischen Streitkräften eingeführt wurde. Bei diesem Fahrzeug handelt es sich wiederum um eine Kopie des italienischen Geländefahrzeugs Iveco 40.10WM oder dessen Militärvarianten aus den frühen 90er-Jahren. Eine Raubkopie ist der Tiger deswegen aber nicht, der Nachbau des Iveco wurde in China ganz offiziell in Lizenz gefertigt. In der italienischen Armee wurde das Fahrzeug Torpedo genannt und verfügte über keinerlei Schutz und war nur mit einer Plane als Dach ausgestattet.

Die hässliche Schabe
Die gepanzerte Variante, der VM 90P Protetto, war eigentlich nur als Überbrückung gedacht, bis der wesentlich modernere Radschützenpanzer VBL Puma zur Verfügung steht. Das Fahrzeug wurde schon in der italienischen Armee wegen seines geringen Panzerschutzes scharf kritisiert. Der angeblich geschützte Torpedo war unter anderem in Somalia und im Irak im Einsatz, wo sich der Verdacht bestätigte, dass das Fahrzeug seiner Besatzung keinerlei Schutz gegen Sprengfallen bot. Deshalb wurde das Fahrzeug von den italienischen Soldaten auch "Scarrafone" genannt, was in etwa so viel wie (hässliche) Küchenschabe bedeutet.

Bekanntlich setzt auch das Bundesheer einen Iveco ein, der hat aber mit dem Torpedo oder seinen Abwandlungen wenig zu tun. Beim Iveco des österreichischen Heeres handelt es sich um eine völlige Neuentwicklung, den Iveco LMV. Bei diesem Fahrzeug wurden die Schwächen des Vorgängers aus den 90ern ausgemerzt und unter anderem die Panzerung und der Schutz vor Minen erhöht.

Und um den Kreis zu Russland zu schließen: Der Ivceo LMV war ebenfalls schon im Ukrainekrieg im Einsatz. Russland hat 67 dieser Fahrzeuge gekauft und eine größere Menge selbst produziert. Diesmal wurde ausnahmsweise auf den Namen Tiger verzichtet. Die Fahrzeuge stehen unter dem Namen "Rys", also Luchs, im Einsatz. Mindestens 34 Stück gingen bislang im Zuge der Kampfhandlungen verloren.
(pez, 26.9.2024)
Tiger-Panzerfahrzeuge aus China sind im Ukrainekrieg im Einsatz
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Kreative Kriegsführung
Russland wollte Seedrohnen mit Essiggurkerlfässern aus Indien stoppen
Die "Unterwasserdrohnenbarriere" bestand zum großen Teil aus Einwegbehältern für den Transport von eingelegtem Gemüse. Ein Sturm hat sie nun an Land gespült
3. Oktober 2024, 18:00
Seedrohnen sind im Ukrainekrieg zur wichtigen Waffe geworden. Der Ukraine ist es gelungen, durch Drohnen- und Raketenangriffe rund ein Drittel der russischen Schwarzmeerflotte zu vernichten. Der Rest der russischen Kriegsschiffe versteckt sich in der relativen Sicherheit von Noworossijsk. Die Flotte ist faktisch nicht mehr einsatzfähig, urteilt der britische Geheimdienst.

Seedrohnen sind für die Ukraine zu einer enorm wichtigen Waffe geworden, umso wichtiger ist für die russischen Streitkräfte deren Abwehr. Vor allem fürchtet Russland Drohnenangriffe auf die Kertsch-Brücke. Diese verbindet die Halbinsel Krim in der Ukraine mit der russischen Halbinsel Taman in der Region Krasnodar. Die Brücke stellt eine der wichtigsten russischen Nachschublinien dar und ist deshalb für die Ukraine zu einem strategischen Ziel geworden. Erfolgreiche Angriffe auf die Brücke in der Vergangenheit sind aber auch wichtig für die Moral der Verteidiger, gilt die Brücke doch als Statussymbol der russischen Angreifer.

Losgerissene Barrieren
Die aktuellen Schutzmaßnahmen gegen Angriffe von Seedrohnen sind aber eher nicht dazu angetan, einen besonders erhabenen Status des Bauwerks zu vermitteln: Es handelt sich nämlich um Fässer für Essiggurkerl aus Indien. Das wurde deshalb bekannt, weil die improvisierten Barrieren am 30. September durch einen Sturm aus ihren Verankerungen gerissen und an Land gespült wurden. Laut dem Telegram-Kanal "Crimean Wind" waren die Plastikfässer mit Metallrahmen verbunden. Derartige Konstruktionen wurden am Strand von Kertsch und auf den Stränden der besetzten Halbinsel Krim gefunden. Die örtliche Bevölkerung hat die Barrieren demontiert und das Metall mitgenommen, die Plastikfässer blieben liegen.

Der ukrainische Kriegsreporter Pawlo Usow hat sich die Fässer genauer angesehen und stellte nicht ohne ein Schmunzeln fest, dass es sich bei den Barrieren um recycelte Fässer aus Russland handelte. In ihnen wurden laut den Aufklebern Essiggurkerl aus Kranataka in Südindien ins russische Krasnodar transportiert. Auf dem Etikett ist auch vermerkt, dass es sich bei den Gurkenfässern um Einwegprodukte handelt und es kein Pfand gibt. Sie wurden als schwimmende Barrieren gegen ukrainische Seedrohnen verwendet.

1728032719387.png
1728032813272.png
Прислать новость из Крыма - @crimeanwind_newsbot
t.me/Crimeanwind/67950 70.6KviewsSep 30 at 15:16

Mit der Gurkenerkenntnis wäre auch eine drängende Frage der ukrainischen Marine beantwortet. Ein Sprecher der Seestreitkräfte hatte am 26. September bekanntgegeben, dass die russische Gegenseite ein "neues, noch nicht identifiziertes Bauwerk" zum Schutz der Kertsch-Brücke errichtet. Die ukrainische Marine konnte außerdem beobachten, dass die Russen aufgrund des schlechten Wetters aber offenbar Schwierigkeiten hatten, ihre Barrieren fertigzustellen, wie der Kyiv Independent schreibt.


Einwegfässer für Gurken in Essig-Salz-Lösung sollen die Kertsch-Brücke vor Angriffen schützen. Der Plan ging offenbar nicht auf.
Screenshot Telegram/Google Lens

Die russische Armee versuche ständig neue Barrieren in der Straße von Kertsch zu bauen, "aber regelmäßig landen sie nach einem weiteren Sturm an der Küste", sagte Marinesprecher Dmytro Pletentschuk. Einen Tag später berichtet Russland, dass man die Verteidigung der Kertsch-Brücke mit "Unterwasserdrohnenfallen" erfolgreich verstärkt habe. Dass es sich dabei um Behälter für Essiggurkerl handelte, blieb allerdings unerwähnt.

Die verhasste Brücke
Der Bau der 19 Kilometer langen Brücke begann nach der illegalen Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 und wurde 2018 abgeschlossen. Nachdem sie nach dem Beginn der Invasion zu einer wichtigen Nachschubroute für die russischen Streitkräfte geworden war, wurde sie mehrmals von ukrainischen Streitkräften angegriffen und im Oktober 2022 und Juli 2023 schwer beschädigt.
(pez, 3.10.2024)
Russland wollte Seedrohnen mit Essiggurkerlfässern aus Indien stoppen
 
Oben