KZ-Außenlager Eisenerz

josef

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#1
Das im Beitrag #55 des im Bergbau-Forum befindlichen "Erzberg-Befahrungsberichtes" zitierte KZ-Außenlager Eisenerz war lt. letzten Recherchen ein gesonderter Teilbereich eines im "Gsoll-Graben" (Ortsteil Trofeng) gelegenen Barackenlagers für Zwangarbeiter.

Siehe auch:
Die Außenlager - Wissen - KZ-Gedenkstätte Mauthausen

KZ-Außenlager Eisenerz
Dauer des Bestehens:

12. Juli 1943 bis 14. März 1945
Zweck des Lagers / Arbeitseinsatz:
Die Österreichisch-Alpine Montangesellschaft, seit 1939 in die Reichswerke „Hermann Göring“ eingegliedert, betreibt den Abbau der Erzvorkommen am steirischen Erzberg. Tausende aus besetzten Gebieten in ganz Europa verschleppte Männer und Frauen müssen hier Zwangsarbeit leisten. Ab Sommer werden auch KZ-Gefangene aus Mauthausen beim Erzabbau und bei Bauarbeiten eingesetzt.
Häftlinge:
Bis zu 469 KZ-Häftlinge befinden sich im Sommer 1944 in Eisenerz. Zwölf Personen kommen im Lager Eisenerz zu Tode. Regelmäßig werden aber Gruppen von kranken und arbeitsunfähigen Häftlingen in das Stammlager Mauthausen abtransportiert und durch andere, arbeitsfähige ersetzt.
Unterbringung
Das Barackenlager zur Unterbringung der KZ-Gefangenen wird im Gsollgraben unweit der Kleinstadt Eisenerz errichtet.
Bewachung
Lagerführer ist der SS-Obersturmführer Hans Heidingsfelder.
Auflösung / Evakuierung / Befreiung
Im März 1945 wird das Lager Eisenerz aufgelöst, die Häftlinge werden in das KZ-Außenlager Peggau überstellt. Bevor sie von dort zu Fuß weiter nach Bruck an der Mur getrieben werden, ermorden die Bewacher in den Stollen von Peggau noch mindestens 15 marschunfähige Häftlinge. Von Bruck an der Mur werden die KZ-Häftlinge in offenen Güterwaggons nach Mauthausen transportiert.
Denkmal / Gedenkstätte
Heute erinnern nur verwahrloste Fundamentreste an das ehemalige KZ am Erzberg.


Neben der Tätigkeit im Bergbau wurden Teile der Gefangenen auch zum Aufbau eines eigenständigen neuen KZ-Lagers direkt am Erzberg, in Höhenlage bei der "Feistawiese", herangezogen. (Im Nahbereich der Erzbergbahn, von der aus ein durch ein Foto belegtes eigenes Anschlussgleis bestand). Die für das Lager vorgesehenen gemauerten Objekte wurden aber bis Kriegsende nicht mehr fertig. Die Gebäuderuinen verschwanden in den 1950iger Jahren des vorigen Jahrhunderts unter dem Geröll einer "Sturzhalde" für Taubmaterial...

Ausschnitt einer Karte mit den Lagerstandorten in Eisenerz:
Das KZ-Außenlager befand sich irgendwo im Bereich der Zwangsarbeiterlager 61 -63 im Gsollgraben.
Die KZ-Baustelle bei der Feistawiese am Erzberg befand sich bei der Kreismarkierung rechts unterhalb.


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Und ein Auszug aus einem Beitrag von Heimo Halbrainer:

Zwangsarbeit und Konzentrationslager in Eisenerz (Veröffentlicht vom Elfriede Jelinek-Forschungszentrum):

Konzentrationslager in Eisenerz

Den Konzentrationslagern kam im System der Zwangsarbeit eine besondere Rolle zu. Vor allem ab dem Jahr 1942, als der Arbeitskräftemangel auf Grund der auf Hochtouren laufenden Rüstungsanstrengungen einerseits und den durch militärische Rückschläge bedingten Schwierigkeiten bei der Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte anderseits immer spürbarer wurde, rückte die Arbeitskraft der KZ-Häftlinge immer mehr ins Blickfeld der SS. Die KZ-Häftlinge waren somit für den Staat eine der letzten verfügbaren Arbeitskräftereserven.


Über 40 Nebenlager des KZ Mauthausen entstanden in der Folge in Österreich. In manchen dieser Lager wurden tausende Häftlinge zur Arbeit angetrieben und zu Tode gebracht. In anderen Lagern gab es nur einige wenige Häftlinge. Die drei großen KZ-Nebenlager in der Steiermark – neben dem Lager Eisenerz gab es noch die Konzentrationslager Peggau und Aflenz/Leibnitz, deren Häftlinge für den Rüstungsbetrieb Steyr-Daimler-Puch tätig waren – entstanden erst 1944, als es vor allem auch darum ging, die Rüstungsproduktion in unterirdische Stollenanlagen zu verlegen, um den alliierten Bomben zu entgehen.

Wie wichtig diese KZ-Nebenlager für die Industrie in der Spätphase der NS-Herrschaft geworden waren, zeigt der Vergleich der Häftlingszahlen in Mauthausen mit jenen der Außenlager. Während sich in Mauthausen Ende 1944 rund 10.000 Häftlinge befanden, war die Zahl aller in Außenlagern fest- und zur Zwangsarbeit angehaltenen Häftlinge rund sechs mal so groß, was zu diesem Zeitpunkt einem Viertel aller in der Industrie beschäftigten ausländischen Zivil- und Zwangsarbeitern entsprach.

Foto
Das KZ auf der Feistawiese (Dall-Asen)
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Erste Pläne neben dem Zwangsarbeiterlager in Eisenerz auch ein Außenkommando des KZ Mauthausen zu errichten, datieren zurück in das Frühjahr 1943. Die Reichswerke Hermann-Göring Eisenerz mit ihrem immer größeren Bedürfnis nach Arbeitskräften suchte zu diesem Zeitpunkt in Mauthausen um Häftlinge für den Erzberg an. Im Sommer dürften die ersten aus dem KZ Gusen nach Eisenerz gekommen sein, die mit dem Aufbau des Eisenerzer Konzentrationslagers begannen. Auf einer ersten Liste von KZ Häftlingen, die nach Eisenerz überstellt wurden, finden wir 15 Maurer, 6 Zimmerer, je zwei Tischler, Schlosser, Schmiede, Schuster, Schneider und je einen Klempner und Koch sowie 366 Hilfsarbeiter.

Foto
Die rechte Gleisanlage führte in das KZ Feistawiese (Dall-Asen)
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Durchschnittlich waren am Aufbau des Konzentrationslagers 300 bis 400 Häftlinge im Einsatz. Im März 1945 wurden alle nach Peggau überstellt, von wo sie Anfang April 1945 nach Mauthausen überstellt wurden.

In den 50er Jahren wurde das Gelände, auf dem das KZ Eisenerz errichtet worden war, zum Schüttgebiet erklärt und unter einem hohen Schüttkegel aus taubem Erzgestein begraben. Damit wurde aber auch die Erinnerung an das nationalsozialistische System zugeschüttet. Kein Wort mehr von den Verbrechen, die in und um Eisenerz geschahen, kein Wort mehr darüber, dass die Sklavenarbeiter am Erzberg bzw. in der Alpine ganz wesentlich die Fundamente des Wirtschaftswunders nach 1945 setzen geholfen haben.

aus: Institut für Strukturforschung und Erwachsenenbildung der AK-Steiermark (Hg.): Zwischen den Fronten. Die Region Eisenerz von 1938-1945. Leoben 2000, S. 31-33. Mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Heimo Halbrainer arbeitet als Historiker und Obmann von CLIO – Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit in Graz.

Quelle: Heimo Halbrainer: Zwangsarbeit und Konzentrationslager in Eisenerz
 
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