Mexiko: 274 Meter tiefe "Blue Hole" vor der Küste im "Golf von Mexiko" entdeckt

josef

Administrator
Mitarbeiter
#1
SAUERSTOFFARMER ABGRUND
Zweittiefstes Blue Hole der Welt vor der Küste Mexikos entdeckt
Das 274 Meter tiefe Blue Hole Taam ja' beherbergt trotz sauerstoffarmer Bedingungen vielgestaltiges Leben
Es gibt wenige Erfahrungen, die mit dem langsamen Hinabgleiten in die tintenblaue Dunkelheit eines Blue Hole mithalten können. Zugleich zählen die scheinbar bodenlosen kreisrunden Abgründe im küstennahen Gestein oder Riffdach zu den gefährlichsten Tauchgründen überhaupt. Das Blue Hole Dahab vor der östlichen Sinaiküste beispielsweise gilt als Tauchplatz mit den weltweit meisten tödlichen Tauchunfällen. Bis zu 300 Leben soll das Blue Hole seit den 1980er-Jahren gefordert haben, viele der Toten konnten bis heute nicht vom über 100 Meter tiefen Grund geborgen werden.

Das Loch in Dahab ist freilich nicht das tiefste bekannte Blue Hole. Diesen Rekord hält das Yongle Blue Hole, das "Drachenloch", mitten im Südchinesischen Meer mit einer Tiefe von 300,89 Metern. An zweiter Stelle stand bisher Dean's Blue Hole, ein 202 Meter tiefes, besonders schönes Exemplar in einer Bucht westlich von Clarence Town auf Long Island, Bahamas.

VIDEO:
Don't try this at home:
Guillaume Nery, Freitaucher, lässt sich gemeinsam mit Kamerafrau Julie Gautier in Dean's Blue Hole hinabfallen.
Guillaume Néry


"Tiefes Wasser"
Doch diesen Stockerlplatz muss Dean nun aufgeben: Ein Forschungsteam entdeckte in der Bucht von Chetumal in Mexiko ein Loch, das sich mit einer Tiefe von 274 Metern nun zweittiefstes Blue Hole nennen darf. Die Gruppe um Juan C. Alcérreca-Huerta vom Forschungszentrum Colegio de la Frontera Sur taufte den Abgrund im Wasser Taam ja', in einer Sprache der Maya bedeutet dies "tiefes Wasser".


Das Blue Hole Taam ja' liegt im Südosten der Halbinsel Yucatán nahe der Grenze zu Belize.
Grafik: Front. Mar. Sci./Alcérreca-Huerta et al.

Entdeckt und näher untersucht wurde das Blue Hole im Südosten der mexikanischen Halbinsel Yucatán bereits im September 2021. Nun hat die Gruppe ihre Ergebnisse im Fachjournal "Frontiers in Marine Science" veröffentlicht: Die Fläche der kreisrunden Mündung in rund fünf Meter Tiefe beträgt demnach 13.690 Quadratmeter. Mithilfe von detaillierten Echolot-Untersuchungen enthüllte sie das Bodenprofil des Blue Hole – die größte Tiefe lag bei 274,4 Metern unter Meeresniveau.


Das Taam ja' aus der Luft und während eines Tauchgangs.
Foto: Front. Mar. Sci./Alcérreca-Huerta et al.

Sauerstoffarmer Abgrund
Die Flanken des Blue Hole fallen mit einer durchschnittlichen Neigung von 80 Grad ausgesprochen steil ab. Zwischen dem Wasser des Blue Hole und der Meeresumgebung stellte das Team erhebliche Unterschiede beim Sauerstoffgehalt, der Temperatur und dem Salzgehalt fest. Auch die Wassersäule des Blue Hole selbst zeigte eine deutliche Schichtung, mit einer sauerstoffarmen Zone, die schon in fünf Metern beginnt. Ab 110 Metern unter dem Meeresspiegel herrscht weitgehende Sauerstofflosigkeit.


Mit Tiefensonar vermaß das Team die bis zu 274,4 Meter tiefe Karststruktur.
Grafik: Front. Mar. Sci./Alcérreca-Huerta et al.

Trotz des geringen Sauerstoffgehalts und der einzigartigen Wasserchemie, die durch die Lösung von Kalkstein entsteht, beherbergen diese Orte eine Vielzahl von Meereslebewesen, darunter Mikroorganismen, Würmer und Weichtiere. Die sauerstoffarmen Bedingungen bewahren auch Fossilien, die unter anderen Umständen nicht erhalten bleiben würden.

VIDEO:
Geruhsamer und mit mehr Zeit, um die Gegend zu genießen, aber kein bisschen weniger gefährlich: ein technischer Tauchgang im Blue Hole Dahab, einem der gefährlichsten Tauchplätze der Erde.
TecDiverZdenek

Relikte der Eiszeit
Künftige Untersuchungen gelten unter anderem der mikro- und makrobiellen Lebensvielfalt im Wasser von Taam ja'. Die biologischen Umstände in dem tiefen Loch, vor allem aber sein Aufbau und seine Geologie könnten auch Aufschluss über Umwelt und Klima der fernen Vergangenheit geben: Solche Karststrukturen entstanden hauptsächlich während der letzten Eiszeit, als der Meeresspiegel über 100 Meter tiefer lag als heute. Damals war das Blue Hole noch eine weitgehend trockene Kalksteinhöhle. Als der Meeresspiegel wieder zu steigen begann, wurde die Höhle überflutet, und ihre Decke stürzte ein.
(tberg, 25.4.2023)
Zweittiefstes Blue Hole der Welt vor der Küste Mexikos entdeckt
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#2
BODENLOSER ABGRUND
Forscher fanden im tiefsten Blue Hole der Welt noch immer keinen Boden
Bei früheren Messungen im Taam Ja' Blue Hole in Mexiko hatte man eine Tiefe von 270 Metern gemessen. Doch nun zeigte sich, dass es dort wohl noch deutlich tiefer hinuntergeht
Das Yongle Blue Hole, auch bekannt als "Drachenloch", liegt mitten im Südchinesischen Meer und galt bisher mit 300,89 Metern als weltweit tiefste derartige Kaverne. Doch nun muss sich der langjährige Rekordhalter einem noch deutlich tieferen Konkurrenzloch geschlagen geben: Wissenschafter haben das Taam Ja' Blue Hole (TJBH) an der mexikanischen Küste Yucatáns neu vermessen und sind dabei bis in eine Tiefe von 420 Metern vorgestoßen. Aber selbst dort traf man noch nicht auf Grund: Das Loch in einer flachen Lagune erscheint vorerst als bodenlos.

Unter "Blue Hole" versteht man gemeinhin eine große senkrechte Höhle im Meeresboden, ein kreisrundes Senkungsloch unter der Meeresoberfläche, das nach oben hin offen ist. Solche geologischen Strukturen entstehen häufig in Kalkstein oder alten Korallenriffen, meist sind es von Süß- oder Meerwasser ausgeschwemmte große Höhlen, deren Decken irgendwann einmal eingestürzt sind.


Bis vor kurzem noch auf Rang zwei, ist das Taam Ja' Blue Hole vor Yucatán nach jüngsten Messungen auf Platz eins der tiefsten Blue Holes der Erde vorgerückt.
Foto: CONAHCYT


Beliebt und gefährlich
Blue Holes sind außerordentlich beliebte Tauchziele. Es gilt als besonders spektakuläre Erfahrung, langsam die senkrechten Wände eines Blue Hole hinabzugleiten, unter seinen Füßen nur tintenblaue Dunkelheit. Doch solche Tauchgänge sind auch gefährlich: Das rund hundert Meter tiefe Blue Hole in Dahab vor der östlichen Sinaiküste beispielsweise gilt als Tauchplatz mit den weltweit meisten tödlichen Tauchunfällen. Bis zu 300 Leben soll dieser riesige Schacht im Riff seit den 1980er-Jahren gefordert haben.

Mit einer ähnlich tödlichen Bilanz kann das Taam Ja' Blue Hole in der Bucht von Chetumal an der Südostküste der Halbinsel Yucatán nicht aufwarten. Das liegt vor allem daran, dass die Region touristisch nicht erschlossen ist und das Blue Hole erst 2021 entdeckt worden war. Die Fläche der kreisrunden Mündung in rund fünf Meter Tiefe beträgt 13.690 Quadratmeter. Damalige Echolot-Messungen kamen auf eine Tiefe von 270 Metern. Doch erfahrungsgemäß sind solche Untersuchungen in komplexen Umgebungen fehlerbehaftet, daher entschloss man sich zu einer neuerlichen Erforschung des geologischen Phänomens.


Das Blue Hole von Taam Ja' in der Chetumal-Bucht beginnt in einer Wassertiefe von rund fünf Metern und reicht in unbekannte Tiefen hinab.
Grafik: Alcérreca-Huerta et al./Frontiers in Marine Science

500 Meter Kabel reichten nicht
"Am 6. Dezember 2023 sollte eine Tauchexpedition am TJBH die dort herrschenden Umweltbedingungen genauer analysieren", berichtet ein Team um Juan Carlos Alcérreca-Huerta vom Forschungszentrum Ecosur in Chetumal nun im Fachjournal Frontiers in Marine Science. Im Verlauf mehrerer Tauchgänge untersuchten die Wissenschafter dafür die oberen 25 Meter der senkrecht abfallenden Wände. Außerdem ließ das Team einen sogenannten CTD-Profiler in die Tiefe hinab.

Rekordloch
Wie weit hinunter es von dort noch geht, muss vorerst offen bleiben. Klar ist freilich jetzt schon, dass der unterseeische Abgrund von Taam Ja' das tiefste bekannte Blue Hole der Erde ist. Die bei den aktuellen Untersuchungen gesammelten Daten wiesen unter anderem auch auf unterschiedliche Wasserschichten innerhalb des Blue Hole hin. In einer Schicht knapp unterhalb von 400 Metern entdeckten die Forschenden Temperaturen und Salzgehalt, wie sie auch in den benachbarten Rifflagunen vorkommen.

Für Alcérreca-Huerta ist dies ein Hinweis auf ein verborgenes Netz von Tunneln und Höhlen, die sich zum Ozean hin öffnen. "Dies könnte bedeuten, dass es noch unentdeckte Verbindungen zum Meerwasser der Küstenlagune oder dem mesoamerikanischen Barriereriff-System gibt", spekulieren die Forschenden. Das Rätsel um Taam Ja' ist also noch lange nicht gelöst.

Als Nächstes will das Team noch weiter vordringen und endlich die tatsächliche maximale Tiefe des Blue Hole feststellen. Außerdem könnte sich dort unten eine bisher unentdeckte Artenvielfalt verbergen, die es zu erforschen gilt. "Die physikochemischen und geomorphologischen Prozesse in den tieferen Regionen könnten ein einzigartiges Biotop hervorgebracht haben", sind die Forscherinnen und Forscher überzeugt.
(Thomas Bergmayr, 3.5.2024)
Forscher fanden im tiefsten Blue Hole der Welt noch immer keinen Boden
 
Oben