Saudi-Arabien: Gigantomanische Bauprojekte

josef

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#1
170 Kilometer lange Stadt "The Line" soll Außenwände aus verspiegeltem Glas haben
Neues Projekt in Saudi-Arabien soll neun Millionen Menschen eine neue Heimat und 100 Prozent erneuerbare Energie bieten

Optisch ist das Projekt tatsächlich äußerst beeindruckend.
Foto: Neom

"Eine Revolution" nennt das Promo-Video von dem Projekt "The Line" die Idee, eine 170 Kilometer lange Stadt zu bauen, deren Außenwände aus verspiegeltem Glas bestehen. Vor allem mit dem ökologischen Gedanken wirbt Saudi-Arabien für diese Vision, die zudem visuell äußerst spektakulär aussieht.

Kein CO2-Fußabdruck
Die Stadt wurde konzipiert, um die Umwelt zu "schützen und zu erweitern" und neun Millionen Menschen eine neue Heimat zu bieten, verrät die weibliche Stimme im Video. Auf lediglich 34 Quadratkilometern soll dieses Projekt, das als Linie konzipiert ist, gebaut sein und seiner Community alles bieten, was man zum Leben braucht.
So gibt "The Line" das Versprechen, alle wichtigen Produkte für den täglichen Gebrauch in einer Gehreichweite von nur fünf Minuten erhalten zu können. Dank eines öffentlichen Verkehrssystems wird man von einem Ende der Stadt zum anderen maximal 20 Minuten benötigen. Autos wird die Stadt nicht kennen, weshalb man tatsächlich einen Nullausstoß an CO2 versprechen kann.

Was die Sprecherin des Videos meint, wenn sie KI-gestützte Services nennt, die Zeit und Anstrengungen reduzieren sollen, weiß man zwar nicht so genau, aber es wird sehr überzeugend vorgetragen. Möglicherweise spricht sie unter anderem von Drohnen, die für das Projekt bestellt wurden und die etwa Pakete ausfliegen könnten.



Harte Fakten
500 Meter soll die Stadt hoch sein, 200 Meter breit und wie bereits erwähnt 170 Kilometer lang. Die Außenwand soll eine "elegante, verspiegelte Glasfassade" sein. Im Video ist ein mit Bäumen vollkommen begrüntes Dach zu sehen, das eine "natürliche Belüftung" ermöglichen soll. Energie- und Wasservorräte sollen zu 100 Prozent erneuerbar sein, wird zumindest versprochen.

"The Line" soll seiner Community eine Fülle von Annehmlichkeiten bieten, die man sonst nirgendwo findet. Als Beispiel wird etwa mit der guten Erreichbarkeit von "40 Prozent der Welt" innerhalb von nur sechs Stunden geworben. Der dazugehörige Flughafen wurde bereits vor drei Jahren fertiggestellt. Eine zusätzliche Industriestadt ist noch in Arbeit.

Als Absender von "The Line" wird das Projekt Neom genannt, das vom saudischen Kronprinzen mit rund 500 Milliarden Dollar ausgestattet wurde. Kritiker des Projekts erwähnten in der Vergangenheit vor allem die für die Bauvorhaben nötigen Räumungen des Gebiets und die Vertreibung der bisherigen Bewohner, die offenbar nicht immer freiwillig gingen.
(red, 28.7.2022)
170 Kilometer lange Stadt "The Line" soll Außenwände aus verspiegeltem Glas haben
 
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#2
MEGAPROJEKT
Saudi-Arabien will einen gigantischen Flughafen in der Wüste bauen
Das konservative Königreich will sich zunehmend für den Tourismus öffnen und mit dem neuen Flughafen eine zentrale Rolle in der Region spielen
Im Sommer ließ Saudi-Arabien mit dem Projekt The Line aufhorchen, einer 170 Kilometer langen, aber nur 200 Meter breiten Megacity, die 32-mal größer werden soll als New York City. Nun wurde der nächste Superlativ angekündigt: ein gigantischer Flughafen mit sechs Pisten, ausgelegt für 185 Millionen Passagiere. Diese Anzahl soll ab 2050 erreicht werden. Aber schon 2030 will man 100 Millionen Passagiere durchschleusen.

Das ganze Gelände soll eine Größe von knapp 57 Quadratkilometern haben. "Zum Vergleich: Das ist größer als die gesamte Insel Bermuda", rechnet man bei Travelbook vor. Beauftragt mit dem Entwurf des Projekts sind die wohl berühmtesten Flughafenarchitekten der Welt: Foster + Partners.


Auf 57 Quadratkilometer soll sich der King Salman International Airport einst ausdehnen.
Foto: Foster + Partners

Dieser King Salman International Airport ist ein weiterer Schritt der Saudis in Richtung Öffnung – für den Tourismus, wohlgemerkt. Den hat die konservative Monarchie nämlich als eine mögliche Variante ausgemacht, um die Wirtschaft des Landes vom Öl unabhängiger zu machen. Künftig sollen 100 Millionen Reisende jährlich ins Land strömen. Den Weg dazu werden laut den Plänen im Rahmen der Vision 2030 teilweise gigantische Projekte ebnen. Schon heuer ließ man damit aufhorchen, dass Touristinnen und Touristen das Land mit einem "visa on arrival" leichter bereisen könnten.


Die Architekten von Foster + Partners planen auch Grünflächen im Inneren des Flughafens.
Foto: Foster + Partners

"Wir wollen die führende Luftfahrtindustrie in der Region aufbauen", erklärte Mohammed F. Alkhuraisi, Strategiechef der Luftfahrtbehörde General Authority of Civil Aviation "Aerotelegraph". Noch 2022 soll die zweite Nationalairline starten. Während sich Saudia auf das Drehkreuz Jeddah konzentrieren wird, soll sich die neue RIA in Riyadh ansiedeln, berichtet das Fachmagazin weiter, das den neuen Megaflughafen auch als Kampfansage an Emirates und Dubai, Etihad und Abu Dhabi sowie Qatar Airways und Doha sowie Turkish Airlines und Istanbul sieht.
(red, 13.12.2022)
Saudi-Arabien will einen gigantischen Flughafen in der Wüste bauen
 

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#3
Mega-Projekt Neom: Saudi-Arabien plant riesige Wasserstoff-Fabrik
20.12.2022
In dem Land sollen große Mengen nachhaltiger Wasserstoff produziert werden
Der Bau der bizarren Megastadt "The Line" - im Rahmen des Großprojekts Neom - in Saudi-Arabien sorgt regelmäßig für Aufsehen. Erst vor wenigen Tagen haben neue Satellitenbilder den Baufortschritt des spektakulären Vorhabens verdeutlicht.

Nun wurde bekannt, dass Saudi-Arabien auch eine riesige Wasserstofffabrik plant, mit der große Mengen grüner Ammoniak hergestellt werden soll. Banken, staatliche Entwicklungsfonds und die beteiligten Unternehmen haben eine entsprechende Erklärung unterzeichnet.

Ebenso wie die Planstadt "The Line" finden sowohl die Wasserstofffabrik als auch die Ammoniak-Herstellung unter dem Überprojekt Neom statt. Saudi-Arabien will damit versuchen, sich von den Einnahmen des Öl-Exports unabhängiger zu machen. Neben der 170 Kilometer langen Bandstadt sind im Rahmen des Neom-Projekts auch ein Industriepark, ein Technologiepark und weitere Planstädte beabsichtigt. Der Neom Bay Airport wurde bereits 2019 in Betrieb genommen.

Nachhaltige Energiequellen
Mit der Wasserstofffabrik will Saudi-Arabien pro Tag rund 650 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren. Für die Elektrolyse sollen ausschließlich erneuerbare Energiequellen zum Einsatz kommen – die Rede ist von Wind- und Solarenergie. Mit der Wasserstofffabrik sollen pro Jahr rund 1,2 Millionen Tonnen grüner Ammoniak hergestellt werden. Das grüne Ammoniak ebenso wie der grüne Wasserstoff sollen ab 2026 weltweit exportiert werden.

Was bedeuten die "Farben" von Wasserstoff?
Toggle Infobox:
Wasserstoff gilt zwar als umweltfreundlich, seine Herstellung ist es aber nicht immer. Denn dafür werden große Mengen Energie benötigt. Je nachdem, woher der Strom dafür stammt, wird der Wasserstoff in Klassen eingeteilt:
  • Grün“ bedeutet, dass der Wasserstoff aus erneuerbaren, sauberen Energien, wie Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft, durch Elektrolyse produziert wird
  • Als „Grau“ gilt jener, der aus Erdgas (Methan) hergestellt wird. CO2 ist ein Nebenprodukt dieses Vorgangs.
  • Eine Abstufung ist der „blaue“ Wasserstoff. Hier wird das CO2 nicht in die Atmosphäre abgegeben, sondern beispielsweise im Boden gebunden.
  • Schwarzer“ Wasserstoff wird aus Kohlekraft gewonnen, „roter“ Wasserstoff aus Atomkraft und „gelber“ aus dem Strommix des öffentlichen Netzes.
Warum grünes Ammoniak
Die Chemikalie wird weltweit in großem Umfang hergestellt, vor allem zur Herstellung von Dünger. Ammoniak lässt sich vergleichsweise einfach verflüssigen, transportieren und lagern und aus Ammoniak (chemische Formel: NH3) kann auch relativ einfach Wasserstoff gewonnen werden.

In Form von Ammoniak lässt sich Wasserstoff also einfacher und auf kleinerem Raum speichern. Unter anderem könnte grünes Ammoniak künftig als Schiffstreibstoff zum Einsatz kommen.
Mega-Projekt Neom: Saudi-Arabien plant riesige Wasserstoff-Fabrik
 

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#4
Erste Fotos zeigen den Bau der Science-Fiction-Stadt "The Line"
Die smarte und klimaneutrale Stadt am Roten Meer soll 170 Kilometer lang sein und 2030 fertiggestellt werden

"The Line" soll bis 2030 fertig werden.
Foto: NEOM

Mehr Roboter als Menschen, 170 Kilometer Länge, 200 Meter Breite, 500 Meter Höhe – so soll die futuristische Superstadt "The Line" in Saudi-Arabien am Ende aussehen und neun Millionen Menschen eine Heimat bieten. Im Juli wurden erstmals konkrete Pläne angekündigt, nun rollen die Baumaschinen, wie aktuelle Satellitenaufnahmen und Drohnenbilder bestätigen.











Alle Fotos Neom - The Line Project.

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Die Stadt selbst soll ohne Autos auskommen und wurde auch so geplant. Sämtliche wichtige Infrastruktur soll laut den Plänen binnen fünf Gehminuten erreichbar sein. Außerdem ist eine Hightech-U-Bahn geplant, die ein Ende der Stadt mit dem anderen verbinden soll. Diese soll die 170 Kilometer lange "Linie" in nur 30 Minuten zurücklegen können. Die Wände der futuristischen Stadt sollen aus verspiegeltem Glas mit integrierten Photovoltaikmodulen bestehen, während sich im Inneren ein grünes Atrium über die volle Länge erstrecken soll.

Die Erdarbeiten haben im November 2021 begonnen, jetzt sind Bilder von den Fortschritten aufgetaucht. So ist die bayrische Bauer-Gruppe damit beauftragt, 70 Meter tiefe Großbohrpfähle für das Fundament von "The Line" zu errichten. Ein Posting des australischen Projektleiters von "The Line"Giles Pendleton auf Linkedin zeigt einen sechs Kilometer langen Bauabschnitt mit mehreren Tausend Baumaschinen. Ähnliche Bilder postete auch das saudi-arabische Unternehmen Terra Drill auf Facebook. "The Line" soll bis 2030 fertiggestellt sein und anfangs rund 1,5 Millionen Menschen beherbergen; bis 2045 sollen es bis zu neun Millionen sein.

Vier Hightech-Bauwerke
Dabei ist "The Line" nur ein Teil eines vier Hightech-Städte umfassenden Megaprojekts namens Neom, das im Nordwesten des Landes an der Küste des Roten Meeres entstehen soll. Für die vier Städte ist eine Fläche von 26.500 Quadratkilometern vorgesehen, was etwas weniger als der Fläche Belgiens entspricht. "Neom" soll so viel wie "neue Zukunft" bedeuten. Während die Industrie in einem Park namens Oxagon angesiedelt sein soll, entsteht mit "Trojena" ein touristisches Bergresort und mit "Sindalah" ein Luxusresort auf einer Insel im Roten Meer. Alle Teile von Neom sollen klimaneutral sein und ihre Energie aus Wind- und Sonnenkraft beziehen.

NEOM

Der saudische Kronprinz stellte für die Realisierung des Projekts bis 420 Milliarden Euro in Aussicht. Mit Neom soll die saudi-arabische Wirtschaft für das postfossile Zeitalter von der Ölindustrie unabhängig gemacht werden. Ganz unumstritten ist das Projekt nicht, so sehen die Pläne für den Bau die Zwangsumsiedlung von 20.000 Beduinen vor. So wurde der Kritiker Abdulrahim al-Howeiti von Regierungskräften getötet, nachdem er von "Staatsterror" gesprochen hatte.
(red, 17.1.2023)
Erste Fotos zeigen den Bau der Science-Fiction-Stadt "The Line"
 

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#5
UTOPIA AUS SAND
Prestigeprojekt "The Line": "Die Struktur einer linearen Stadt ist ein Gedankenfehler"
Warum die Idee einer Superstadt fasziniert, die Umsetzung allerdings ihre Tücken hat


Auch ein Fußballstadion soll die Megastadt bieten, die neun Millionen Menschen ein neues Zuhause schenken soll.
Foto: Neom

Eine Stadt mitten in der Wüste – aufgezogen als Linie: "The Line". Ein Prestigeobjekt, um dem Vorbild Dubai nachzueifern, da sind sich die Experten sicher. Trotz anhaltender Kritik am Bau selbst und trotz an den Haaren herbeigezogener Schlagworte – beispielsweise Klimaneutralität – strahlt das Projekt weit über die Grenzen Saudi-Arabiens hinaus. Mit wöchentlichen Gerüchten hält man das Utopia mitten in der Wüste zudem geschickt in den Schlagzeilen. Zuletzt wurde sogar vermutet, dass österreichische Firmen am Projekt beteiligt sind.

Urlaubsparadies
Das Stadtplanungsprojekt "Neom" soll ein smartes Utopia werden. Neben zwei aus dem Boden gestampften Reisezielen – einer Luxusinsel und einer Bergstation – sollen auch ein Industriezentrum und die Wohnstadt "The Line" entstehen. Vor allem das linienförmige Projekt, das neun Millionen Menschen ein Zuhause bieten soll, wird seit seiner Ankündigung von vielen Augen beobachtet. Keine Autos und kein CO2-Ausstoß, so die vielversprechende Ansage. Alle nötigen Schulen, Gesundheitszentren, Freizeitanlagen und Grünflächen für die Einwohner sollen in höchsten fünf Minuten zu Fuß erreichbar sein. Für längere Strecken, etwa zum Fußballstadion, soll ein komplett automatisiertes Verkehrsnetz entstehen, beispielsweise ein Hochgeschwindigkeitszug. Die gesamte Infrastruktur wie Müllablagerung, Energie und Lieferlogistik liegt unterirdisch. Das klingt alles nach Science-Fiction, wird aber gerade in der Wüste Saudi-Arabiens mit allen erdenklichen Mitteln aus dem Sand hochgezogen, wie Bauarbeiten beweisen.

Abseits von viel Kritik über Zwangsumsiedlungen der ehemaligen Bewohner dieser Gegend sorgt auch die Idee hinter dem Projekt zunehmend für Unverständnis. Klimaneutralität mitten in der Wüste? 95 Prozent des Objekts sollen am Ende von einem Naturschutzgebiet umgeben sein? Die von einer verspiegelten Außenwand umrahmte Linienstadt wirft viele Fragen auf, die kaum jemand in der Branche beantworten kann.

Eine Stadt muss wie ein Organismus wachsen, sagt Martin Zechner vom gleichnamigen Architekturbüro. "Die Struktur einer linearen Stadt ist ein Gedankenfehler." Wie wächst eine solche Stadt? Warum sollte man längere Wege in Kauf nehmen, als unbedingt nötig? Städte seien auch in der Vergangenheit entlang von Verkehrslinien entstanden, aber ohne geografische Vorgaben das Zuhause von Millionen von Menschen auf diese Weise aus dem Boden zu stampfen – das sei nur wenig sinnvoll, so der Experte, der unter anderem an der Konzeption der Wiener ÖBB-Zentrale oder dem City-Ikea in Wien beteiligt war.

Was in jedem Fall funktionieren wird, ist die Idee, wichtige Infrastruktur für jeden Menschen in Gehnähe unterzubringen. Damit übernimmt man das Konzept des Superblocks, das schon in bestehenden Städten zur Verkehrsberuhigung eingesetzt wird. Eine moderne Interpretation mittelalterlicher Strukturen, wo die Nahversorgung noch wesentlich wichtiger war als die Entwicklung in modernen Städten, wo Einkaufszentren und Online-Handel diese Nahversorgung eher ausgedünnt haben.


Viele Brancheninsider hielten das Projekt bis vor Kurzem noch für nicht umsetzbar – kürzlich begannen aber tatsächlich die Bauarbeiten.
Foto: Arabian Business

Klimaneutral – mitten in der Wüste
Neben der hohen Lebensqualität wirbt das Projekt aktuell mit dem Ziel der Klimaneutralität und dem nicht vorhandenen CO2-Ausstoß, da man beispielsweise keine Autos in der Stadt zulässt. Eine positive CO2-Bilanz würde aber mit Sicherheit einige Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern, ergänzt Thomas Wernbacher von der Donau-Universität Krems. "Die vorgelagerten Emissionen, die derzeit durch den Bau bestehen, muss man schon auch mitbedenken." Selbst wenn die Stadt selbst dann ab Tag eins effizient laufen würde, sei der Negativabdruck zu diesem Zeitpunkt schon sehr tief.

Auffallend in den bisher veröffentlichen Konzepten ist die massive Begrünung – überall sind kleine Parks und Bäume zu sehen, die die kalten Häuserschluchten nicht nur erträglich machen, sondern auch ein Konter gegen die steigenden Temperaturen sein sollen. Klimaresiliente Stadtplanung ist auch in Österreich ein Thema, weiß Architekt Zechner. "Die Maßnahmenkataloge, was die Anforderungen an Fassadenbegrünung betrifft, werden zunehmend dicker." Ein heimisches Beispiel wäre die Seestadt Aspern in Wien, wo in diesem Bereich schon viel umgesetzt wird. In vielen Fällen und damit meint Zechner auch das Wüstenprojekt, sei das aber Greenwashing. "Die Begrünung ist sinnvoll, aber oftmals wird parallel dazu auf effizienten Energieverbrauch oder einen vernünftigen Lebenszyklus einer Immobilie vergessen.

Teurer Spaß
500 Milliarden Dollar soll das Stadtplanungsprojekt kosten, das unter der Schirmherrschaft von Kronprinz Mohammed bin Salman entsteht. Zwölf Architekturbüros sollen mittlerweile an dem Projekt mitarbeiten. Laut Gerüchten auch die Wiener Büros Coop Himmelb(l)au und Delugan Meissl Associated Architects, wie die "Presse" Anfang Februar berichtete. 170 Kilometer lang soll "The Line" werden und nur 500 Meter breit. Daraus ergibt sich eine Fläche, die etwa zwei Prozent von London entspricht, aber gleich viele Einwohner haben soll.

2030 soll das Projekt, für das auch das britische Beratungs- und Ingenieursunternehmen Atkins kürzlich angeworben wurde, fertig sein. Ziel sei es, "Menschen, Daten und Technologie nahtlos zusammenzubringen", wird Philip Hoare, Präsident von Atkins, in der "Arabian Business" zitiert wird.

Daten sind generell ein wichtiges Thema für die smarte Stadt, sagt auch Zechner. Verkehr und sogar Aufzüge sollen sich automatisiert den Menschen anpassen, die die Stadt bevölkern. Lange Wartezeiten für irgendein Transportmittel sollen so vermieden werden. Dazu müssen allerdings Daten gesammelt werden, durch Kameras und Chips, um das Verhalten der Einwohner zu "lernen". Das sei der Preis, den man zahlen muss, wenn man in eine automatisierte Stadt zieht, sagt der Architekt.

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz, wie es "The Line" etwa mit einem digitalen Zwilling der Stadt propagiert, sei in der Stadtplanung mittlerweile üblich. "KI-gestützte Simulationen mit digitalen Modellen werden schon lange gemacht, um beispielsweise Windkanäle oder den Einfall von Sonnenlicht vorab durchzuspielen."

NEOM

Stadt der Zukunft
Angekündigt im Rahmen der Vision 2030, soll das auf rund 500 Milliarden Dollar geschätzte Projekt die Wirtschaft von Saudi-Arabien diversifizieren und mehr Unabhängigkeit vom Öl schaffen. Mit einer von Robotik, künstlicher Intelligenz und autonomen Fahrzeugen getragenen Zukunftsvision will man sich einen modernen Namen machen. Die Kritik, angefangen von der fragwürdigen Umsiedlung der ehemaligen Bewohner der Gegend bis hin zu der unnatürlichen Form der Stadt, perlt an den Verantwortlichen aktuell ab, wie künftig Regen an den verspiegelten Wänden von "The Line".
Dieses Projekt sei vor allem die Idee eines autoritären Machthabers, der nicht die Effizienz in den Vordergrund stellt, sagt Zechner. "Solche Projekte lassen sich gut und einfach vermarkten". Hinter vorgehaltener Hand würde man in der Branche "The Line" regelmäßig hinterfragen. Offen gesprochen wird darüber aber selten, weil alle Beteiligten natürlich viel Geld mit diesem aus dem Sand gehobenen Wahnsinn verdienen.

In Österreich müsse man solche Superstädte nicht befürchten, das würde schon der überschaubare Platz nicht zulassen. "In unseren Breiten muss man mit dem Bestand arbeiten, diesen umbauen und modernisieren", sagt Zechner. Aktuelle Herausforderungen seien vielmehr explodierende Städte in Afrika, etwa Lagos. 23 Millionen Menschen würden dort aktuell bereits leben, und in den nächsten Jahren soll sich diese Zahl noch verdoppeln – bis ins Jahr 2100 sogar vervierfachen. Hier die nötige Infrastruktur parallel dazu mitwachsen zu lassen, sei gerade eine international gestellte und sehr drängende Frage.

Beispiele für erfolgreiches Wachstum von Städten gibt es. Die chinesische Megametropole Shenzhen, heute Standort für zahlreiche chinesische Hightech-Unternehmen, hatte vor 50 Jahren rund 22.000 Einwohner. Im Jahr 1990 waren es schon 845.000. Heute leben knapp 20 Millionen Menschen dort.
(Alexander Amon, 18.2.2023)
Prestigeprojekt "The Line": "Die Struktur einer linearen Stadt ist ein Gedankenfehler"
 

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#6
HIGHTECH IN DER WÜSTE
Nach "The Line": VR-Würfel "Mukaab" soll die Zukunft der Innenstädte werden
In Saudi-Arabien soll das nächste Megaprojekt umgesetzt werden: Ein gewaltiger Virtual-Reality-Würfel um 45 Milliarden Euro

Foto: New Murabba Development Company

Ein Tor zu einer anderen Welt soll er werden und nebenbei die Konventionen der Stadtentwicklung über den Haufen werfen: Ein Würfel mit 400 Metern Kantenlänge soll bis 2030 in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad entstehen und laut Angaben der Muttergesellschaft Herzstück der modernsten Innenstadt der Welt sein.

Geht es nach dem saudi-arabischen Kronprinzen und Vorsitzenden der New Murabba Development Company (NMDC), Mohammad bin Salman, soll das neue Stadtzentrum von Riad 19 Quadratkilometer groß sein und hunderttausende Bewohnerinnen und Bewohner beheimaten. Die "größte und modernste Innenstadt der Welt" soll bis 2030 entstehen. Geld spielt wie schon bei "The Line" keine Rolle, soll die neu gestaltete Hauptstadt doch jährlich umgerechnet 45 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt beitragen.

Zwanzigmal das Empire State Building
Herzstück von Riad soll der Mukaab, ein gigantischer VR-Würfel, werden. Der optisch an einen Borg-Kubus aus "Star Trek" erinnernde Bau verspricht laut den von der NMDC am Montag präsentierten Plänen weitere Superlative. Auch wenn der Wolkenkratzer im Würfelformat nicht an die höchsten Gebäude der Welt heranreicht, würden seine Dimensionen ausreichen, um das Empire State Building zwanzigmal in seinem Inneren zu beherbergen.

Public Investment Fund

Im Inneren ähnelt das Gebäude aber eher einer Kuppel, in deren Zentrum sich eine Art Turm in die Höhe schraubt. Basierend auf dem gezeigten Videomaterial wird stark auf Holografie im öffentlichen Raum gesetzt. So zeigen virtuelle Models neue Kleider und Schuhe, oder den Bewohnerinnen und Bewohnern soll die Oberfläche des Mars oder Fantasiewelten aus Filmen vermittelt werden. Die äußere Fassade soll eher an traditionelle arabische Architektur erinnern, deren Neuinterpretation "Najdi" getauft wurde. Auf der Oberseite soll sich ein Freiluftgarten befinden.

Alles binnen 15 Minuten zu Fuß erreichbar
Der Turm in der Mitte soll die eigentliche Attraktion sein und Gastgewerbe, Einzelhandel, Kulturangebote und Touristenattraktionen auf 300.000 Quadratmetern umfassen. Außerdem sollen Hotelzimmer, eine Universität, Theater, Museen und ein von New York inspirierter Broadway im Mukaab Platz finden. Alle Attraktionen sollen binnen 15 Minuten zu Fuß erreichbar sein.

Das Megaprojekt New Murabba samt Mukaab soll die saudische Wirtschaft, ähnlich wie die Stadtutopie "The Line", vom Öl unabhängiger machen und 334.000 Jobs schaffen. Im neuen Zentrum von Riad sollen darüber hinaus 9.000 Hotelzimmer zur Verfügung stehen.

New Murabba ist schon das zweite Städtebauprojekt, mit dem Saudi-Arabien eine mögliche Zukunft des Städtebaus demonstrieren möchte. Das Stadtplanungsprojekt "Neom" soll ein smartes Utopia werden. Neben zwei aus dem Boden gestampften Reisezielen – einer Luxusinsel und einer Bergstation – sollen auch ein Industriezentrum und die Wohnstadt "The Line" entstehen. Vor allem das linienförmige Projekt, das neun Millionen Menschen ein Zuhause bieten soll, steht allerdings auch in der Kritik. Die Kosten für "The Line" alleine werden auf mindestens 100 Milliarden Euro geschätzt.
(pez, 21.2.2023)
Nach "The Line": VR-Würfel "Mukaab" soll die Zukunft der Innenstädte werden
 

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#7
HIGHTECH IN DER WÜSTE
Infrastruktur rund um "The Line" zu zwanzig Prozent fertiggestellt
Die Fortschritte zum Megaprojekt Neom verlaufen laut Angaben der Hersteller nach Plan

Bei Neom, dem Mega-Bauprojekt in Saudi-Arabien, zu dem auch die Superstadt "The Line" gehört, verlaufe derzeit alles nach Plan.
Foto: Neom

Saudi-Arabiens Prestigeprojekt Neom liegt offenbar im Zeitplan. Bereits ein Fünftel der Infrastruktur sei für das smarte Utopia in der Wüste fertiggestellt, das auch die Superstadt "The Line" beinhaltet. Vor kurzem wurde zudem bekanntgegeben, dass man das britische Ingenieursunternehmen Atkins für die zukünftige Stadt an Bord holen konnte.

Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos (WEF) ließ Nadhmi al-Nasr, der CEO von Neom, durchblicken, dass die Bauarbeiten zufriedenstellend verlaufen würden. "Ich kann sagen, dass wir 20 Prozent der Infrastruktur (von Neom, Anm.) fertiggestellt haben und die Arbeiten im Jahr 2023 fortgesetzt werden", sagte al-Nasr gegenüber Al Arabiya.

Zweifel, dass man sich mit Neom übernehmen könne oder sich in falsche Versprechungen verirrt habe, will man nicht aufkommen lassen. Saudi-Arabiens Außenminister Adel al-Jubeir betonte im Rahmen des WEF, dass man sagen könne, was man wolle, aber sein Land sei "entschlossen, damit fortzufahren und wir fahren damit auch fort."

Gigantisches Bauvorhaben
Hinter Neom steckt ein gigantisches Bauvorhaben, das bis zum Jahr 2030 in der Wüste aus dem Boden gestampft werden soll. Das Projekt besteht aus mehreren Teilen: Neben der Luxusinsel "Sindalah", dem Ski-Paradies "Trojena" und dem Industriegebiet "Oxagon" steht aber vor allem "The Line" im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.


Foto: Neom

In einem bislang noch nicht bekannten Ausmaß will "The Line" nachhaltige Ansätze für moderne Stadtgestaltung umsetzen. Geht der Plan auf, werden neun Millionen Menschen in einem 170 Kilometer langen Komplex leben, der 500 Meter hoch aber nur 200 Meter breit sein soll. Die gesamte Infrastruktur der Stadt liegt dabei unter der Erde, auch ein komplett automatisiertes Verkehrsnetz soll den CO2-Ausstoß gegen Null reduzieren. Berechtigte Zweifel – nicht zuletzt an einer positiven Umweltbilanz – dürfen dennoch aufrecht bleiben.

Der Bau von "The Line" hat bereits vor kurzem begonnen, wesentlich früher fertig wird allerdings "Sindalah". Die Luxusinsel wird als Urlaubsparadies angepriesen und soll auf einer Fläche von 840.000 Quadratmetern ein "Spielplatz für Luxusreisende" werden, wie es auf der Webseite heißt. Im Gegensatz zu "The Line" besteht dieses Projekt aus Einzelgebäuden, darunter aus einem riesigen Jachthafen und Offshore-Bojen für Superjachten. Eröffnet werden soll "Sindalah" bereits 2024.

Europäisches Ingenieursunternehmen involviert
Wurde im Vorfeld bereits darüber spekuliert, ob auch österreichische Unternehmen an der Entstehung von "The Line" beteiligt sind, herrscht seit kurzem Gewissheit, dass das renommierte britische Ingenieursunternehmen WS Atkins für die Superstadt mit an Bord geholt werden konnte.

"The Line ist ein wahrhaft bahnbrechendes, weltweit einzigartiges Projekt, und wir sind stolz darauf, dass wir die Möglichkeit haben, unser globales Know-how in den Bereichen Engineering, Digitaltechnik und Net Zero einzubringen ", sagte Philip Hoare, der Präsident des Unternehmens in einer Aussendung von Neom.

Würfelförmige Konkurrenz
Neom ist allerdings nicht das einzige Mega-Bauprojekt Saudi-Arabiens. Vor kurzem präsentierte die New Murabba Development Company (NMDC) Pläne für einen gigantischen Würfel, der als neues Herzstück der Hauptstadt Riad geplant ist. Das Bauwerk mit einer Kantenlänge von 400 Metern soll die "größte und modernste Innenstadt der Welt" beherbergen und mit modernster Technik ausgestattet sein. Wie auch bei "The Line" sollen bei "The Mukaab" alle Attraktionen innerhalb kurzer Zeit erreichbar sein.
(red, 25.02.2023)
Infrastruktur rund um "The Line" zu zwanzig Prozent fertiggestellt
 

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#8
MEGAPROJEKTE
Saudi-Arabiens Milliardenwette auf die Zeit nach dem Öl
Das größte Land im Nahen Osten will sich mit Riesenschritten neu erfinden. Dazu gehören Infrastrukturprojekte gigantischen Ausmaßes wie "The Line" am Roten Meer
Reportage

"The Line" soll das Herzstück der von Kronprinz Mohammed bin Salman erdachten Megacity Neom im Nordwesten Saudi-Arabiens werden, beginnend am Roten Meer, endend in der Wüste.
Foto: AFP/Neom (Rendering)

Sand, so weit das Auge reicht. Nur vereinzelt ein verhungerter Strauch da, ein windschiefer Baum dort – Trockenheit, die wehtut. Dazwischen Ölfelder, auf denen austretendes Gas abgefackelt statt abgeleitet wird. Die züngelnden Flammen sind vom Flugzeug aus gut sichtbar. Dazu Städte, die für Autos gebaut wurden, nicht für Fußgänger und Fußgängerinnen. Das ist Saudi-Arabien.

Bis vor kurzem noch gaben hier ausschließlich Männer den Ton an. Frauen durften weder arbeiten gehen noch Autos lenken, Letzteres nicht einmal mit Zustimmung ihres Ehemanns. In der Öffentlichkeit konnten sich Frauen nur stark verhüllt zeigen. Musik in Cafés, Restaurants und Shoppingmalls, sofern es welche gab, war verpönt, Konzerte sowieso. Das alles bröckelt jetzt.

Weitere Tabubrüche werden folgen, irgendwann vielleicht sogar die Aufhebung des Alkoholverbots. Das wäre dann nur die Legalisierung von etwas, das hinter dem Schutz hoher Mauern, und beileibe nicht nur dort, jetzt schon passiert, wie Eingeweihte dem STANDARD bei einem Lokalaugenschein erzählen.

Kronprinz Mohammed bin Salman, genannt MBS, will Saudi-Arabien auf die Zeit nach dem Öl vorbereiten.
Foto: Reuters / Ahmed Yosri

Das flächen- und bevölkerungsmäßig größte Land im Nahen Osten ist in rasantem Umbruch. Kronprinz Mohammed bin Salman, abgekürzt MBS, will Saudi-Arabien in eine neue Umlaufbahn schicken. Mit Investitionen gigantischen Ausmaßes, auf die saudische Vertreter bei einem Besuch von Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher dieser Tage in Riad mit Stolz hinwiesen, soll das in weiten Teilen immer noch erzkonservative Land in die Zukunft katapultiert werden.

Zupass kommt dem Prinzen, der ob seiner mutmaßlichen Verstrickung in die 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul verübte brutale Ermordung des Saudi-kritischen Washington Post-Kolumnisten Jamal Khashoggi im Ausland umstrittener ist als im Inland, die Demografie: 65 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 35 Jahre, 60 Prozent jünger als 30. Und es sind vor allem die Jungen, die nach Veränderung gieren.

MBS hat das Ziel vorgegeben: Bis 2030 soll das Land in eine Hightech-Nation verwandelt werden, wobei dem Öl bei weitem nicht mehr die Rolle zukommen wird wie aktuell. Jedenfalls soll Saudi-Arabien dann mächtiger sein als jetzt. Es ist ein monströser, surreal anmutender Plan, ein Märchen aus Tausendundeine Nacht, das neu geschrieben wird. Am Geld jedenfalls wird es nicht scheitern.

Einnahmen aus Öl
Rund 3500 Milliarden Dollar, umgerechnet etwa 3260 Milliarden Euro, dürften die sechs Golfstaaten bei anhaltend hohen Energiepreisen allein in den kommenden fünf Jahren mit dem Verkauf von Öl und Gas verdienen, eine gewaltige Summe; der Löwenanteil davon entfällt auf Saudi-Arabien. Das ist zum Teil Wladimir Putin geschuldet. Weil Europa nach dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine seine Energie nicht mehr aus Sibirien bezieht, braucht es saudisches Öl sowie Gas aus Katar – koste es, was es wolle.


Eines der Vorhaben in der Wüste ist so gigantisch wie vielleicht kein anderes seit dem Bau der Pyramiden. An die 30.000 Bauarbeiter graben bereits in Neom im Nordwesten Saudi-Arabiens. Flächenmäßig entspricht die Region fast einem Drittel Österreichs. Bald schon sollen es 300.000 sein. In nur einem Jahr wurde dort eine Wohnstadt für knapp 4000 Ingenieure, Techniker und Projektplaner aus aller Welt errichtet. Das ist aber erst der Anfang.

Am Ende soll hier eine 170 Kilometer lange, 200 Meter breite und 500 Meter hohe Stadt stehen, eingehaust und zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben. Das Projekt heißt "The Line".


Außenansicht eines Teils der geplanten, 170 Kilometer langen, 200 Meter breiten und 500 Meter hohen Linienstadt, die CO2-frei sein und zu hundert Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll.
Foto: afp/neom

In der "Linienstadt" und den geplanten Trabanten, die am Roten Meer aus dem Boden gestampft und aus Felsen gesprengt werden, sollen dereinst an die neun Millionen Menschen leben, ohne Autos, dafür mit viel Grün. Ein revolutionäres Transportsystem soll es erlauben, in maximal 20 Minuten an jedem Punkt der Stadt zu sein, und sei er 170 Kilometer entfernt.

Wohnparks, Schwimmbäder, selbst Stadien finden sich zwischen den Außenwänden des überlangen, liegenden Wolkenkratzers, wie man aus Planungsunterlagen herauslesen kann. Aus Österreich ist Coop Himmelb(l)au Teil des internationalen Architektenteams, das vom Kronprinzen mit dem Feinschliff von "The Line" betraut worden ist.

Damit eifere MBS nicht nur Nachbarn wie Dubai nach, das den Tourismus viel früher als wichtige Einnahmequelle für sich entdeckt hat. Wobei das Emirat, weil selbst arm an Erdöl, gezwungen war, sich neu zu erfinden. Der Kronprinz habe sicher den Ehrgeiz, alles bisher Dagewesene in den Schatten zu stellen, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Eine Art Labor
Neom sei als eine Art Labor angelegt, wo man neue Erkenntnisse auf allen möglichen Gebieten gewinnen wolle, sagt Österreichs Botschafter in Riad, Georg Pöstinger. Saudi-Arabien sei auf Know-how von außen angewiesen – eine große Chance gerade auch für österreichische Unternehmen mit Expertise im Greentech-Bereich, sich einzubringen.

Die Kosten für "The Line" dürften, vorsichtig geschätzt, rund 800 Milliarden Dollar betragen. Einen Teil soll der saudische Staatsfonds übernehmen, der einer der größten der Welt ist. Seine Kassen sind aufgrund der sprudelnden Petrodollars mit fast 700 Milliarden Euro gefüllt. Um private Investoren anzulocken, soll es in der Region ein eigenes Steuer- und Arbeitsrecht geben. Auch über eine eigene autonome Justiz wird nachgedacht.


In der acht Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt Riad fallen die politischen Entscheidungen, welche Richtung das größte Land im Nahen Osten künftig einschlägt.
Foto: enzo holey

Ob, wie in der Vision 2030 von MBS vorgegeben, tatsächlich alles so umgesetzt wird wie geplant, sei dahingestellt. Die verbleibenden sieben Jahre sind extrem knapp bemessen. "Auf der Arabischen Halbinsel hat man gerne große Ankündigungen", sagt Botschafter Pöstinger. "Wenn nur ein Viertel umgesetzt werden kann, ist das kein Problem und auch nicht peinlich."


Der Vision 2030, die für eine Aufbruchstimmung im Land gesorgt hat, ist alles untergeordnet. Kritik am Prinzen ist nicht zu hören, egal, mit wem man spricht; kritische Fragen können Regierungsvertretern, geschweige denn MBS selbst, nicht gestellt werden. So weit geht die Öffnung noch nicht.


Blick vom höchsten Gebäude der Stadt auf Riad: Lange Staus sind das tägliche Brot der Menschen, die zur Arbeit müssen oder woanders hinwollen – die U-Bahn mit sechs Linien harrt noch ihrer Eröffnung.
Foto: enzo holey

Neben Tourismus, erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff ist Saudi-Arabien dabei, eine eigene Elektroautoproduktion aufzuziehen. Dies geschieht unter tatkräftiger Mithilfe österreichischer Fachkräfte, die von Magna und AVL List abgeworben wurden. Ceer, was auf Arabisch "fahren" bedeutet, soll von 2025 an Elektro-SUVs und Limousinen produzieren. Basis ist ein Joint Venture, das der Public Investment Fund (PIF) mit dem taiwanesischen Apple-Auftragsfertiger Foxconn gegründet hat. Die neue Automarke soll die Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit in Saudi-Arabien unterstützen, um den Klimawandel zu bekämpfen.

Starkregen und Hagelschlag: Auch Saudi-Arabien hat zunehmend mit Wetterturbulenzen zu tun.
Diesen spürt man auch auf der Arabischen Halbinsel zunehmend. Plötzlicher Starkregen kombiniert mit heftigem Hagelschlag Mitte März – das gab es in Saudi-Arabien bisher fast nie. Die Bevölkerung müsse, sagen Experten, nun öfter damit rechnen. Die Menschen nehmen die Wetterkapriolen noch mit Staunen und Wohlwollen zur Kenntnis; das Verkehrschaos, ohnehin grandios in Riad, verschärft sich noch mehr, wenn das Wasser auf den mehrspurigen Stadtautobahnen der Acht-Millionen-Metropole plötzlich knöchelhoch steht.
(Günther Strobl aus Riad, 22.3.2023)

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#9
„THE LINE“ IN SAUDI-ARABIEN
Stararchitekten mischen bei Megaprojekt mit
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Im Nordwesten Saudi-Arabiens entsteht derzeit ein ambitioniertes Wohnprojekt mitten in der Wüste: „The Line“, Herzstück der urbanen Zukunftsvision „Neom“, soll künftig als 170 Kilometer lange Bandstadt bis zu neun Millionen Menschen beherbergen, ohne Autos auskommen und zur Gänze aus erneuerbaren Energien gespeist werden. Dass das Projekt in dieser Form umsetzbar ist, bezweifeln Fachleute – was namhafte Architekten aber nicht davon abhält, bei dem „ökologischen Neo-Babylon“ in großer Zahl mitzumischen.
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Das Vorhaben ist Teil der „Vision 2030“, die Saudi-Arabien modernisieren und vor allem unabhängiger von Erdöleinnahmen machen soll. Es biete eine Lösung für alle „Lebens- und Umweltkrisen, mit denen die Städte unserer Welt konfrontiert sind“, außerdem sei es ein „Sprungbrett für den menschlichen Fortschritt“, „Revolution des städtischen Lebens“ und ein „Projekt, das aus der Zukunft kommt“, heißt es auf der futuristisch anmutenden Website.

Der Initiator des Projekts, Prinz Mohammed bin Salman, hofft zudem auf einen Bevölkerungsboom, der Saudi-Arabiens Wirtschaft auch künftig erhalten kann. „Das ist der Hauptzweck des Baus von ‚Neom‘“, sagte er. „Die Kapazität Saudi-Arabiens zu erhöhen, mehr Bürger und mehr Menschen in Saudi-Arabien anzusiedeln. Und da wir das aus dem Nichts tun, warum sollten wir normale Städte kopieren?“


Grafik: ORF/Sentinel Hub; Quelle: NEOM
Gesamt sind für „Neom“ 26.500 Quadratkilometer, also etwas weniger als die Fläche Belgiens, vorgesehen. 2029 sollen die Asiatischen Winterspiele in „Neom“ stattfinden, neben der Bandstadt sind Skianlagen, Hochgeschwindigkeitszüge, Technologieparks und Flughafen geplant. Allein für „The Line“ belaufen sich die geschätzten Baukosten auf bis zu 200 Milliarden Dollar (180 Mrd. Euro).

Visionen „zu schön, um wahr zu sein“
Selbst der naivste Fan von Malls und Hochhausstädten müsste bemerken, dass die Visionen zu schön seien, um wahr zu sein, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“). Denn die „ökologische Musterstadt mit irrwitzigen Animationen und glücklichen Menschen aus allen Kulturkreisen der Welt“ sei alles andere als nachhaltig, 500 Meter hohe Wolkenkratzerscheiben ließen sich mit keiner bekannten Technologie klimaneutral errichten.

Warum „The Line“ als „langes, schmales Etwas“ und nicht als Kreisfläche konzipiert wurde, erschließt sich auch Peter Engert, Geschäftsführer der nachhaltigen Immobiliengesellschaft Österreich (ÖGNI), nicht. Denn einerseits seien Logistik, Energieverbrauch und Nachhaltigkeit dadurch schwieriger zu bewerkstelligen, auf der anderen Seite fehle „die Grätzel-Belebung“. „Nachhaltigkeit hat mehrere Säulen. Die versprochenen sozialen Aspekte werden so nicht abgebildet, das kann man ganz klar sagen“, so Engert.

APA/AFP/NEOM
„The Line“ soll ein nachhaltiges Vorzeigeprojekt werden

Der Energieverbrauch für die Beleuchtung, Klimatisierung und Infrastruktur könne durch Photovoltaik nur geleistet werden, wenn dafür eine Fläche von der Größe der Slowakei mit Solarmodulen bebaut werde, so eine Berechnung der Uni Heidelberg. Ähnliche Maßnahmen seien nötig, um die Wasserversorgung zu ermöglichen. Der „Gifteintrag“, der durch das Projekt in die Atmosphäre gelangt, wird laut Philip Oldfield, Architekturprofessor in Sydney, auf mindestens 1,8 Milliarden Tonnen CO2 geschätzt.

Beteiligung renommierter Architekten
In Anbetracht der Nachhaltigkeitsbedenken und Menschenrechtsverletzungen wegen der Vertreibung indigener Stämme scheint es umso überraschender, wie viele namhafte Architektinnen und Architekten aus Europa und den USA an dem Megaprojekt beteiligt sind. Die Agentur, die „Neom“ betreut, gibt sich Medien gegenüber zwar bedeckt. Durch Recherchen und eine Projektausstellung lasse sich jedoch erahnen, wer „seinen Namen an die saudische Diktatur verkaufen würde“, so die „SZ“.

So sei etwa Massimiliano Fuksas, der unter anderem den Vienna Twin Tower plante, in das Projekt involviert – obwohl er zuvor gegenüber der Onlineplattform Themayor.eu erklärt hatte, Stadtentwicklung müsse „wirklich dringend“ nachhaltiger werden – man sei hier „völlig im Verzug“.
NEOM
„The Line“ soll sich über 170 Kilometer erstrecken

Auch das Londoner Büro der ehemaligen Stararchitektin Zaha Hadid ist den Recherchen zufolge involviert. Als „federführend“ für den Entwurf nennt die Onlineplattform Dezeen das US-amerikanische Architekturbüro Morphosis, das eine Stellungnahme jedoch ablehne. Weniger überraschen dürfte die österreichische Beteiligung von Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au, der dazu steht, dass er „lieber für Autokraten“ baue, weil die „nicht jeden Cent umdrehen“.
Rückzüge und „interne Diskussionen“
Prinzipiell biete ein derartiges Projekt für Architektinnen und Architekten die Chance, in einer isolierten „Laborsituation“ neue und durchaus wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen – etwa wie man Wasserversorgung in der Wüste ermöglicht, so Engerer. Darum gehe es bei „The Line“ aber nicht. „Hier geht es um ein Prestigeprojekt, da sehe ich keine Vorteile, keinen Mehrwert für die Gesellschaft. Vielleicht weiß man noch zu wenig, aber so, wie es jetzt geplant ist, ist es wertlos für die Menschheit.“

Beide: APA/AFP/NEOM
Die Nachhaltigkeitsversprechen bei „The Line“ stehen zunehmend in der Kritik

Manche Architekturbüros haben sich – wohl auch aus Sorge vor negativer PR – von dem Projekt zurückgezogen. Der britische Architekt Norman Foster, der unter anderem die Reichstagskuppel in Berlin entwarf, verließ 2018 nach dem Mord an dem arabischen Geschäftsmann Adnan Mohammed Khashoggi das Beratergremium, plant seit 2019 allerdings den Red Sea Airport für die Region.

Die niederländische Architektin Francine Houbens Rotterdamer habe sich nach eigener Aussage von dem Projekt zurückgezogen und beschäftige sich nur noch mit dem Umbau von Gebäuden in Riad, so die „SZ“. Bei UN Studio führe man derzeit interne Diskussionen über mögliche Folgen der Beteiligung. Man wolle sich vorerst aber nicht in „polarisierte Debatten in den Medien verwickeln“ lassen, die sich auf „eine bestimmte Situation“ bezögen.

Umsetzung der Pläne fraglich
Satellitenbilder zeigen zwar bereits deutliche Spuren vorbereitender Erdarbeiten. Die Debatten über die Beteiligung der renommierten Architekturbüros könnten aber auch ein natürliches Ende finden – denn Fachleute sind nach wie vor unsicher, ob die ambitionierten Pläne tatsächlich umgesetzt werden können. Die Vision sei so extravagant, dass selbst diejenigen, die an „The Line“ mitarbeiten, noch nicht wüssten, ob die Pläne jemals realisiert werden könnten, schreibt etwa der „Guardian“.

Sentinel Hub
Auf Satellitenbildern sind bereits die ersten Bauarbeiten sichtbar

Eine der wichtigsten Fragen, nämlich wer genau die neun Millionen Einwohner von „The Line“ werden sollen, sei zudem nach wie vor offen, schreibt „The Conversation“. Hier stellt sich auch die Frage, welche Gesellschaftsform das sonst konservative Saudi-Arabien bei „Neom“ umsetzen möchte. Ökologische Versprechen allein werden nicht ausreichen, um potenzielle Bewohner anzusprechen, so ÖGNI-Geschäftsführer Engerer. „Wir bauen Häuser für Menschen. Wenn sie sich nicht wohlfühlen, sind sie wertlos.“
09.04.2023, moha, ORF.at

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„The Line“ in Saudi-Arabien: Stararchitekten mischen bei Megaprojekt mit
 

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#10
INNOVATIONEN
Neom: Saudi-Arabiens Linienstadt droht zur Überwachungsdystopie zu werden
Nicht nur Verkehr und Bürgerservices sollen "smart" sein, mit chinesischer Hilfe droht auch umfassende Beobachtung
Von den Bergen bis zum roten Meer soll Neom reichen, wenn es einmal fertig ist. Die linienförmige Stadt "The Line" soll als zentraler Teil davon bis 2040 fertiggestellt sein und gilt als Leuchtturmprojekt des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der sich nach außen die Modernisierung des Landes auf die Fahnen geschrieben hat. Dem gegenüber steht freilich anhaltende Kritik am Königshaus, unter anderem für die anhaltende Unterdrückung von Frauen.

Zumindest auf technologischer Ebene soll The Line bieten, was man heutzutage hauptsächlich aus Science-Fiction-Filmen kennt: robotische Butler, fliegende Taxis oder etwa einen künstlichen Mond. All das eingebettet in eine "Smart City", in der Verkehrsmanagement und viele andere Abläufe vollautomatisiert sein sollen. Doch der futuristische Komfort droht mit gefährlicher Beifracht zu kommen: Totalüberwachung, made in China.


Laut Neom-Projektleiter Giles Pendleton schreiten die Aufbauarbeiten für The Line zügig voran.
Foto: Neom

Xi und bin Salman rücken zusammen
Wie Business Insider berichtet, hat Mohammed bin Salman seine Beziehungen zum chinesischen Staatschef Xi Jinping in den letzten Jahren stark vertieft. Dieser soll zugesagt haben, mächtige Überwachungstechnologien für Neom zu liefern. Der Hintergedanke, so ein Forscher der Harvard University, dürfte es sein, dass Xi seine Vorstellung eines staatlich gesteuerten Cyberspace und vollständig überwachter Öffentlichkeit normalisieren will.

Saudi-Arabien wäre dafür auch nicht das erste Vorhaben. Für die Errichtung abgesicherter, stark überwachter Stadtteile ("Safe Cities") wurde laut einem Bericht des Thinktanks Washington Institute auch schon entsprechende Technologie an Ägypten und Serbien geliefert.
Heutige Smart Cities verwenden etwa zehn Prozent der Daten, die über ihre Einwohner bzw. Nutzer erhebbar und verfügbar sind. Bei The Line sollen es 90 Prozent sein. Die Stadt, so erklärt es der Londoner Thinktank Chatham House, solle andere smarte Städte weit überflügeln, weil sie nicht auf bestehenden Strukturen aufbaut, sondern vom Start weg darauf ausgerichtet ist, Daten zu erfassen und für das Management der Stadt zu nutzen.

Echtzeit-Bewegungstracking
Bei der Berliner NGO für digitale Rechte, Access Now, befürchtet man, dass bin Salman hinter der modernen Fassade eigentlich autoritäre Ambitionen weiter vorantreibt. Der Kronprinz gibt sich nach außen zwar stets als Reformer, sein Umgang mit Kritikern spricht aber eine andere Sprache. Er soll laut dem US-Geheimdienst CIA persönlich die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi angeordnet haben.

China arbeitet verstärkt mit den Golfstaaten zusammen und hilft den dortigen Machthabern, Überwachung zu intensivieren. Neom könnte unter anderem ein in China bereits genutztes System "erben", bei dem per Gesichtserkennung die Bewegungen von Personen umfassend und in Echtzeit nachverfolgt werden können.

Sorgen gibt es auch ob der cloudbasierten Angebote, die in Planung sind, und der Daten, die von diesen erfasst und gespeichert werden. So soll es in diesem Bezug etwa unterzeichnete Verträge zwischen der saudischen Regierung und Huawei geben.

Viele Fragezeichen
Zu Neom und speziell The Line gibt es allerdings noch zahlreiche Fragezeichen. Wenngleich auf dem Bauareal bereits Bagger aufgefahren sind, bleibt unklar, ob die Stadt in dieser Form tatsächlich errichtet werden kann. Es gibt zahlreiche Kritiker, die etwa die linienförmige Anordnung aus Stadtplanungssicht für ungeeignet halten und große technologische Hürden für die Erfüllung der vollmundigen Versprechen sehen.

Laut einer Aussage von Giles Pendleton, der das Projekt Neom leitet, gegenüber der saudischen Zeitung "The National" schreiten die Arbeiten aber zügig voran. Zudem rechnet man mit großem Zulauf, schon 2045 sollen in der Stadt neun Millionen Menschen leben.
(gpi, 24.4.23)
Neom: Saudi-Arabiens Linienstadt droht zur Überwachungsdystopie zu werden
 

josef

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#11
INNOVATIONEN
"The Line": 57 Kilometer Zugstrecke zur Wüstenstadt sollen 1,4 Milliarden Euro kosten
Saudi-Arabien vergibt den Bauauftrag für den neuen Highspeed-Zug an das italienische Unternehmen Webuild – Zug soll bis zu 230 km/h schnell fahren
Lediglich 57 Kilometer und damit nur rund 15 Minuten wird der neue Highspeed-Zug fahren können. Dennoch wird das neue Projekt rund 1,4 Milliarden Euro kosten. Damit reiht sich eine weitere berichtenswerte Episode in die von Kritik begleitete Geschichte des saudi-arabischen Bauprojekts Neom.

Industrie 4.0
"Die Struktur einer linearen Stadt ist ein Gedankenfehler," erklärte im Februar ein heimischer Architekt dem STANDARD. Gesprochen wurde über die mitten in der Wüste entstehende Superstadt The Line, an der sich seit der Ankündigung des Projekts die Geister scheiden. Mitten in der Wüste eine 170 Kilometer lange Stadt für neun Millionen Menschen zu bauen, die laut eigenem Marketing CO2-neutral entstehen soll, ist nur einer von vielen strittigen Punkten rund um die Wüstenstadt.

The Line ist dabei allerdings nur einer von mehreren Bausteinen des Projekts Neom, das Saudi-Arabien unabhängiger vom Ölexport machen soll. Man will mit mehreren Urlaubsdestinationen den Tourismus ankurbeln und dabei nicht kleckern, sondern klotzen. Der neue Zug soll allerdings nicht die zwei zum Projekt gehörenden Urlaubsorte verbinden, sondern die Stadt The Line mit dem neuen Industriekomplex Oxagon. Dieser wird auf der Website von Neom "Reise zur Industrie 4.0" genannt. Ein automatisierter Hafen soll dabei genauso vorhanden sein wie ein "inspirierendes Ökosystem für Forschung und Innovation".

NEOM

Am Roten Meer
Die Zugverbindung zwischen The Line und Oxagon wird Highspeed-gestützte Gleise in beide Richtungen bieten. Nach Fertigstellung können Pendler mit bis zu 230 km/h schnell an ihr Ziel reisen. Bei einer Zugstrecke von 57 Kilometern ist das eine Fahrt von rund 15 Minuten. Zusätzlich wird es noch zwei Gleisstrecken für Frachtzüge geben, die diese Geschwindigkeit allerdings nicht unterstützen.

Gebaut wird die Zugverbindung von dem italienischen Unternehmen Webuild und dem dazugehörigen Joint-Venture-Partner Shibh Al Jazira Contracting Company (SAJCO). Laut "Arabian Business" ist der Vertrag 1,4 Milliarden Euro schwer. Bisherige Projekte von Webuild waren etwa die Mailänder U-Bahn-Linie 4 und ein Hochgeschwindigkeitszugprojekt in Texas. Mit der Firmenniederlassung Salini Saudi Arabia hat das italienische Unternehmen zudem schon Bauprojekte in Saudi-Arabien umgesetzt, etwa 70 Gesundheitszentren.


So soll die Industriestadt Oxagon am Ende aussehen.
Foto: Neom

Einen offiziellen Zeitplan für das Zugprojekt gibt es noch nicht. Die Satellitenaufnahmen von The Line zeigen aber, dass auch der Zielort des Zuges noch ein paar Jahre Bauzeit benötigen wird.
(aam, 15.5.2023)

Link
Saudi Moments
Arabian Business
Webuild


"The Line": 57 Kilometer Zugstrecke zur Wüstenstadt sollen 1,4 Milliarden Euro kosten
 
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