Spektakuläre Film-Dreharbeiten auf der Montafoner-Bahn 1968

josef

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Zusammenfassung eines 8 seitigen Artikels aus Karl Zwirchmayr; 90 Jahre Montafonerbahn AG (Feldkirch 1994):

1968 suchte die Londoner Filmproduktionsfirma „M. Winner Ltd.“ für das Spielfilmprojekt „Hannibal Brooks“ eine Bahnstrecke, auf der ein mit Panzerattrappen beladener Güterzug in voller Fahrt nach einer Entgleisung in einen Fluss stürzen sollte.

Nach der Absage vieler europäischer Bahnverwaltungen stieß man auf die Vorarlberger „Montafonerbahn AG“ . Die Privatbahn war nach Abschluss umfassender haftungs- und versicherungstechnischer Verträge bereit, die Dreharbeiten auf ihrer Strecke durchzuführen.

Umfangreiche und schwierige Vorbereitungsarbeiten folgten. Neben der Planung für einen Schienenersatzverkehr während der Arbeiten mussten unzählige Genehmigungen von den diversen Behörden eingeholt werden, die wiederum mit allen nur erdenklichen Auflagen verbunden waren. Man musste Fahrbetriebsmittel suchen bzw. beschaffen, die man bei dem „geplanten“ Zugsunglück zerstören konnte. Die Gleisanlagen mussten umgebaut werden, damit die Garnitur entgleiste und in den Ill-Fluss stürzte und auch die Bergung der Wracks aus dem Flussbett nach dem Absturz machte eine aufwendige Organisation notwendig. Die technisch anspruchsvolle Aufgabe musste auf Anhieb klappen, eine Wiederholung war aus Kostengründen nicht möglich.

Der Film „Hannibal Brooks“ spielt gegen Ende des zweiten Weltkrieges. Das Drehbuch sah vor, dass ein deutscher Militärzug, bestehend aus einer Dampflok, einem Kesselwagen und 5 mit Panzern beladenen Flachwagen durch eine von Widerstandskämpfern durchgeführte Schienensprengung zur Entgleisung gebracht werde. Die Sprengladung explodierte jedoch nicht und der Zug fährt weiter. Währenddessen haben deutsche Soldaten den flüchtigen englischen Kriegsgefangenen Hannibal Brooks mit einem Elefanten in einem Waldarbeiterlager am Hang oberhalb der Bahnstrecke aufgespürt und beschießen ihn. Brooks hätte den Elefanten aus dem Münchner Zoo wegen der Bombardierungen in Sicherheit bringen sollen, floh aber mit dem Tier in die Berge… Um sich zu retten, veranlasst Brooks, dass der Elefant einen Stapel Baumstämme umdrückt, damit diese den Hang hinabkollern, um die heraufstürmenden Soldaten zu überrollen. Dies gelingt auch und die Stämme bleiben kreuz und quer am Streckengleis liegen. Kurz darauf kommt der Güterzug, die Lokomotive kracht in voller Fahrt in die Baumstämme, entgleist, stürzt um und reißt die ganze Garnitur mit in das tief unten liegende Flussbett…

Als „Zuglok“ für den Filmzug kaufte die Montafonerbahn von den ÖBB die Dampflok 93.1340, die wegen des bevorstehenden Ablaufs der „Kesselfrist“ abgestellt und verschrottet werden sollte. Bei Streckenkilometer 6 fand man nach einer Kurve die richtige „filmgerechte“ Stelle für den Entgleisungspunkt bzw. Absturz in die Ill. Dort wurden die Schienen der bestehenden Strecke unterbrochen und ein (im Film getarnter) Gleisbogen Richtung Abgrund errichtet. Davor wurden echte Baumstämme aufgeschlichtet, jene Stämme, welche für die Filmszene die den Hang hinaufstürmenden Soldaten überrollen sollten, waren aus Kunststoff.

In den Mittagsstunden des 25. Mai 1968 war es soweit: Die unter Dampf stehende Lok der Reihe 93 wurde einige hundert Meter vor der Filmstelle mit den angehängten Wagen vom Lokführer in Fahrt gesetzt. Der Regler für die Dampfzufuhr wurde arretiert und der Lokführer sprang ab. Mit ca. 60 km/h fuhr die Garnitur über das ins „nichts“ führende Gleis und stürzte drehbuchgerecht über den steilen Hang in die Ill… Die 67 Tonnen schwere Lok kam im Flussbett zum liegen, der Kesselwagen bohrte sich in den Hang und die Panzerattrappen wurden von den stürzenden Wagen geschleudert!

Das mit 11 Kameras aus verschiedenen Positionen aufgenommene Spektakel war ein voller Erfolg! Gleich darauf begannen die Aufräumarbeiten, die Lok samt Wagen wurden mit Schneidbrennern zerschnitten und die Teile mittels eines Autokranes geborgen.

Fotos aus Karl Zwirchmayr; 90 Jahre Montafonerbahn AG, Feldkirch 1994

1. Vor dem Spektakel führte die Lok 93.1340 noch einige Sonderzüge auf der Montafonerbahn
2. Der Filmzug
3. Es ist vollbracht...
 

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