US-Armee arbeitet an tödlichen Drohnenschwärmen

josef

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"Massenvernichtungswaffe": US-Armee arbeitet an tödlichen Drohnenschwärmen
Per Rakete ans Ziel gebrachte Flugmaschinen sollen autonomen Angriffen auf Militärfahrzeuge dienen – Experte sieht mögliche Relevanz für Rüstungskontrollverträge

Eine Drohne des Typs Honeywell RQ-16 "T-Hawk" mit Propellertriebwerken.
Foto: US Navy

Schon seit geraumer Zeit setzen die USA und auch die Armeen anderer Länder auf Drohnen. Wurden diese zuerst nur in der Aufklärung eingesetzt, so folgte bald auch eine Verwendung für Kampfeinsätze – teils bereits mit verheerenden Verwechslungen.

Ungeachtet dessen wird die Weiterentwicklung fortgesetzt. Die Army will ihre oft noch manuell gesteuerten Drohnen zunehmend mit vollautonomen Schwärmen ergänzen. Diese könnten künftig die Kriterien für Massenvernichtungswaffen erfüllen, berichtet "Forbes".

Schon im Irakkrieg "smarte" Bomben im Einsatz
Das schreibt der Analyst Zak Kallenberg in einer Untersuchung (PDF) für das US Air Force Center for Strategic Deterrence Studies. Konkret geht es dabei um "Armed Fully Autonomous Drone Swarms", also bewaffnete und autonom agierende Drohnenschwärme – kurz: "Afads". Im Moment wirken diese zwar noch wie eine Erfindung aus ferner Zukunft, tatsächlich forscht das amerikanische Militär aber schon sehr lange an derartigen Systemen.

Bereits im Irakkrieg 2003 brachte man Bomben des Typs CBU-105 zum Einsatz, die aus zahlreichen kleineren Bomben bestehen. Nach dem Abwurf entlädt die Bombe ihre Fracht noch in der Luft, und die einzelnen "Teilbomben" verstreuen sich mit kleinen Fallschirmen über dem Einsatzareal. Dabei suchen sie nach Panzern und feuern schließlich ein auf die Durschlagung der Hülle optimiertes Geschoß auf diese. Sie sollen für massive Verluste aufseiten der irakischen Panzerdivisionen gesorgt haben.

Intelligente Zielsuche, größeres Einsatzgebiet
Ein Drohnenschwarm stellt eine wesentlich effektivere Weiterentwicklung dieses Konzepts dar. Das Konzept sieht vor, Drohnen in Transportraketen zu verstauen, die je nach Typ bis zu 270 Kilometer Reichweite haben und bis zu 159 Kilogramm an Fracht aufnehmen können. Ursprünglich wollte man auf das Quadcopter-Format setzen. Da man aber auf erhebliche Hindernisse bei der Inbetriebnahme in der Luft stieß, setzt man nun auf den Anbieter Avid, der Drohnen mit beweglichen Propellertriebwerken baut. Details zu den militärischen Flugvehikeln sind öffentlich allerdings nicht bekannt.

Ein Schwarm aus Drohnen erweitert die Abdeckung im Vergleich zu einer CBU-105 von einigen hundert Quadratmetern auf mehrere Quadratkilometer. Zudem können sie "intelligent" nach Zielen suchen, statt einfach nur von einem Sensor getriggert zu werden. Während die Minibomben oft gar kein Ziel fanden oder mehrfach die gleichen Panzer attackierten, lässt sich hier mit hoher Sicherheit gewährleisten, dass jede Drohne ihr "eigenes" Ziel findet.

Potenziell als "Massenvernichtungswaffe" einzustufen
Bereits mit neun Abschussfahrzeugen für MLRS-Raketen (Multiple Launch Rocket Systems) – jedes davon kann zwölf Stück in einer Salve abschießen – ließen sich zeitgleich über tausend Drohnen in die Luft bringen.

Ob ein Schwarm als "Massenvernichtungswaffe" einzustufen sei, hängt aber nicht nur von der Anzahl der Drohnen ab, sondern auch von deren Bewaffnung. Kallenberg hat für die Einordnung eine Faustregel parat: Entspricht die Munition dem Äquivalent von tausend "klassischen" M67-Handgranaten, so dürfte eine solche Klassifikation erforderlich sein. Dann fiele ein solcher Drohnenschwarm auch unter die Regularien internationaler Rüstungskontrollbestimmungen.

Die Einstufung könnte sich allerdings schwierig gestalten. So wäre es etwa schwer zu definieren, ob konkret ein großer Schwarm an Drohnen oder eine Ansammlung kleinerer Schwärme im Einsatz war. Auch die Feststellung, ob die Flugvehikel komplett autonom unterwegs waren oder doch teilweise ferngesteuert wurden, ist von Bedeutung.

Fatale Fehlfunktionen
Der Experte warnt aber auch vor den Gefahren der neuen Militärtechnologie. So könnte es zu erheblichen Opferzahlen kommen, wenn die Drohnen versehentlich zivile Fahrzeuge für militärische Vehikel halten und auf diese schießen – etwa eine Flüchtlingskolonne anstelle in der Nähe befindlicher Panzer.

Wenngleich das Pentagon 2012 eine Direktive erlassen hat, gemäß der das Risiko für Fehler von autonomen und semiautonomen Systemen minimiert werden soll, lassen sich Fehler nie hundertprozentig ausschließen. Dementsprechend müsse vorsichtig evaluiert werden, wie viel Autonomie für Waffensysteme akzeptabel ist, sagt Kallenberg.

Die US-Armee hat jedenfalls die zweite und vorletzte Entwicklungsphase, in der die Funktionsfähigkeit der Flug- und Landesysteme sowie die Zielakquise der Drohnen erprobt wurden, im März abgeschlossen. Wenn das Projekt in Phase 3 übergeht und auch die Auslieferung per Rakete gelingt, könnten die Drohnenschwärme bereits in absehbarer Zeit zum Einsatz kommen.
(gpi, 3.6.2020)

Links
Forbes
Untersuchung (PDF)

"Massenvernichtungswaffe": US-Armee arbeitet an tödlichen Drohnenschwärmen - derStandard.at
 
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