Ehemaliger Hochofen bei Marbach an der Kleinen Krems

josef

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#1
Berichte über den auf der Übersicht der "Montanhistorische Tour durch das südliche Waldviertel" unter Pkt. 3 angeführten „Hochofen“ der einstigen „Eisenhütte Rudolfsthal“:


Im Tal der Kleinen Krems westlich von Marbach befand sich die „Eisenhütte Rudolfsthal“ der RUDOLFSTHALER EISENGEWERKSCHAFT,

dazu ein Bericht von Andreas Thinschmidt:

DIE RUDOLFSTHALER EISENGEWERKSCHAFT
Diese Gesellschaft ("Gewerkschaft Rudolfsthal für Bergbau- und Hüttenbetrieb") wurde 1854 von Carl Barth aus Zwettl gegründet, um einerseits mehrere zuvor entdeckte Vorkommen an Brauneisensteinen auszubeuten und hernach aus den geförderten Erzen das Eisen mittels eines Hochofens selbst zu erschmelzen.

Barth dürfte es jedoch nicht gelungen sein, außer einem Herrn Wilhelm Reuss aus Zilling, einem Fachmann aus dem Harz, weitere Mitgewerken zu finden. Dieser übernahm die Planung und Leitung der Bergbaue und des Hüttenbetriebes. Im Jahre 1857 waren ein Hüttenaufseher, zwei Grubenaufseher und 89 Arbeiter in der Rudolfsthaler Gewerkschaft beschäftigt, im ständigen Durchschnitt waren es aber nur etwa 35 Mann. Die Arbeiter waren bei einer neu gegründeten Bruderlade versichert.

Die aufgrund der Voruntersuchungen erwarteten Erfolge stellten sich jedoch nicht ein. Bereits im ersten Jahr wurde das Hüttenwerk durch ein Hochwasser hart getroffen, die Förderung belief sich auf nur 34 Tonnen. Weiters herrschte Mangel an geeigneten Erzen, besonders die Lagerstätten bei Voitsau, Dankholz und Koppenhof waren zu optimistisch beurteilt worden, sodaß nicht jedes Jahr geschmolzen werden konnte und zeitweise sogar böhmische Erze zugeliefert werden mußten. Nach einer Untersuchung wiesen sie einen durchschnittlichen Eisengehalt von lediglich 12 - 15 % auf. Zwar lieferte das Neusiedler Revier ausreichend geeignete Erze, doch der weite und aufwendige Transport verteuerte die Produktion erheblich, sodaß der Betrieb schon 1868 teilweise eingestellt werden mußte.

Der deutsch-österreichische Krieg von 1866, verbunden mit einem Preisverfall für Roheisen, dann die Holzknappheit und die Konkurrenz moderner und verkehrsgünstig gelegener Bergbaubetriebe und Gießereien führten zu unüberwindlichen Schwierigkeiten und schließlich zum Auslaufen des Hüttenbetriebes und der endgültigen Schließung im Jahre 1871. Die Anlagen wurden abgetragen, danach erloschen alle Aktivitäten der Rudolfsthaler Gewerkschaft in dieser Gegend. Der Tagbau des Neusiedler Revieres wurde mit wechselndem Erfolg noch bis kurz nach der Jahrhundertwende weitergeführt.

Die Eisenerzvorkommen von Voitsau, Dankholz und Koppenhof wurden im Jahre 1871 auf Betreiben eines Konsortiums von Wiener Eisenindustriellen erneut auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht, doch die Ergebnisse bestätigten nur die bisherigen Erfahrungen und ließen einen neuerlichen Abbauversuch nicht ratsam erscheinen.

Von dem ehemaligen Hochofen ist noch der gemauerte Ofenstock und die in ein bäuerliches Anwesen integrierte, ehemalige Gusshalle erhalten. Der Hochofen wurde 1855 errichtet und war ursprünglich 11 Meter hoch.

© Andreas Thinschmidt, Stand: 24.6.2000
http://www.oeab.at/kulturgeologie/rudolf.htm
 
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josef

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#2
Der ehemalige Hochofen der Hütte Rudolfsthal

Ein weiterer Bericht von Andreas Thinschmidt:

HOCHOFENANLAGE RUDOLFSTHAL
Der ehemalige Hochofen der Eisenhütte Rudolfsthal am westlichen Ortsausgang von Marbach ist eines der seltenen, im Bereich nördlich der Donau noch erhaltenen Relikte des Eisenwesens. Von der einstigen Hochofenanlage sind noch der gemauerte Ofenstock (ohne Rauchhaube) und die ehemalige Gußhalle, die in das bäuerliche Anwesen integriert ist, erhalten. Das Pochwerk zur Materialzerkleinerung stand auf dem ebenen Platz der gegenüberliegenden Straßenseite. In diesem Bereich wurden auch die Graphite aus Voitsau, Dankholz und Marbach geschlämmt, getrocknet und zu Granaten gepreßt.


Der ursprünglich über 11 Meter hohe Hochofen wurde im Jahre 1855 von der Rudolfsthaler Eisengewerkschaft erbaut und war damals der einzige Schmelzofen nördlich der Donau. Die Errichtung des Werkes erfolgte, um Brauneisensteine mit einem durchschnittlichen Eisengehalt von etwa 35 % (mind. 15 - max. 50 %) zu verhütten, die an einigen Stellen in der Umgebung zuvor entdeckt worden waren: Voitsau und Dankholz, Koppenhof, Neusiedler Revier bei Habruck nördlich von Spitz/Donau. Der Hochofen wurde mit 7/10 Holzkohle und 3/10 luftgetrocknetem Torf gefeuert, fallweise auch mit Kohle, die aus Mährisch-Ostrau bezogen wurde. Ein Torfabbau, der möglicherweise an die Hütte geliefert hat, lag bei Gutenbrunn westlich von Ottenschlag. Ein Heißluftgebläse mit etwa 150°C (Wasseralfinger Winderhitzer mit einem wasserradangetriebenem 2-Zylinder-Gebläse) sorgte für die richtige Durchlüftung. Das flüssige Roheisen sammelte sich nicht, wie sonst üblich, im Unterteil des Ofens ("Gestell"), sondern im "Tümpel", einem davor liegenden Herd. Aus diesem wurde "Gußeisen erster Schmelzung" in Formen abgelassen (Eisenöfen, Herdplatten, Maschinenteile, Schwungräder, Grabkreuze, u.s.w.).

Die Eisenerz-Förderung aus sämtlichen zugehörigen Lagerstätten betrug beispielsweise im Jahre 1857 über 19.000 Zentner, die daraus gewonnene Menge an Roheisen über 4.000 Zentner. Die durchschnittliche Tagesleistung betrug demnach höchstens 6 - 7 Tonnen Roheisen.

Ein seit 1858 bestehender "Kupolofen" produzierte auch "Gußeisen zweiter Schmelzung". Dabei wurden erstmals auch Eisenabfälle verarbeitet. Die Herstellung von "Frischroheisen" in Stangenform zum Zwecke der Stahlerzeugung hatte nur geringe Bedeutung. Den Verkauf der Erzeugnisse besorgten die Firmen Eitel & Wagner, Schmidt und Gebrüder Gans in Wien.

© Andreas Thinschmidt, Stand: 24.4.2000 http://www.oeab.at/kulturgeologie/hochofen.htm

Fotos vom 29.03.2017:
1. Talboden der „Kleinen Krems“ – Straße von Marbach nach Westen Richtung Kottes. Links auf der ebenen Fläche befand sich das Pochwerk zur Zerkleinerung des Erzes und auch für die Weiterverarbeitung/Aufbereitung des in den umliegenden Bergbauen gewonnenen Graphits. Am Hang hinter dem rechts zu erkennenden Haus befindet sich der Rest der Hochofenanlage.

2. Die vorhin genannte Straße in der Gegenrichtung nach Marbach (Osten): Links hinter dem Gebäude ist der Ofenstumpf des Hochofens zu erkennen. Von den ehemaligen Betriebsanlagen der Hütte Rudolfsthal links der Straße ist nichts mehr zu sehen.

3. Der aus Bruchsteinen errichtete Ofenstock von der Hangseite.

4. - 7. Weitere Ansichten von der Hangseite (Rückseite des Gebäudes…)
 

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josef

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#3
In
"Bergbau in Niederösterreich";
Band 10 d. Studien und Forschungen aus dem niederösterreichischen Institut

für Landeskunde, Herausgegeben v. A. Kusternig, Wien 1987
fand ich im Kapitel "Frühes Hüttenwesen in Niederösterreich" Skizzen vom Hochofen:

1. Gesamtseite mit Skizzen
2. Querschnitt des Hochofens
3. Lageplanskizze
 

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