FuMG-Stellung "Holzwurm" - Verlagerung nach Spielberg NÖ.

josef

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#1
Ab ca. 09.1943 ging die FuMG-Stellung „Holzwurm“ bei Holzleithen am Hausruck (Oberösterreich) in Betrieb. Auf einer Übersichtskarte „Luftnachrichtenanlagen im Bereich der Ostfront – Stand 09.02.1945“ (BAM-RL 2V19K/5) scheint die Stellung „Holzwurm“ jedoch westlich Krems (Waldviertel-Niederösterreich) auf! Ich vermutete einen Fehleintrag auf der Karte. Zufällig teilte mir @Zwölfaxinger im Februar d.J. folgendes mit:

Im Winter 44/45 wurde "Holzwurm" wegen schlechter
Wellenausbreitungsverhältnisse (nach NÖ ?) verlegt.
- Lagekarte vom April 45 zeigt Holzwurm nördlich der Donau, westlich von Krems.
- Der Wehrwirtschaftsoffizier im Wehrkreis XVII vermerkte im Tätigkeitsbericht vom 28.12.44 unter erledigte Planungen: Fu.M.G.-Stellung Holzwurm bei Spielberg.

Ich vermutete, nach der Lagekarte (bei Banny - Krieg im Burgenland) die Gemeinde Spielberg, Gemeindeamt Ottenschlag. Auf ein diesbezügliches Schreiben an das Gemeindeamt bekam ich jedoch keine Antwort. Es kämen aber auch die Orte Spielberg bei Melk, ja sogar Spielberg bei Vöcklamarkt O.Ö. oder ein mir noch unbekanntes Spielberg in Betracht.
Bitte zumindest um eine diesbezügliche Vormerkung im Katalog der ungeklärten Fragen.
Spielberg bei Melk schied wegen der Nähe zur Stellung „Mustang“ aus, Spielberg bei Vöcklamarkt stand kurz wegen des Fundamentsockels für ein „Würzburg-Riese“ Gerät an der B1 bei Mösendorf (fast Nachbargemeinde) zur Auswahl. Letztendlich kam wegen der Karteneintragung eigentlich nur Spielberg im Waldviertel in Frage. Ich sagte zu, die Angelegenheit „vor Ort“ zu überprüfen. Die Nichtbeantwortung der Anfrage durch die Gemeinde Ottenschlag wurde verständlich, als klar wurde, dass das Dörfchen Spielberg zur Gemeinde „Bad Traunstein“ gehört.

Am Montag kam ich endlich dazu, den versprochenen Lokalaugenschein in Spielberg, Bez. Zwettl, vorzunehmen:
Erkundigte mich bei einigen Ortsbewohnern, die ich auf der Straße traf und wurde dann "von Haus zu Haus" weitergereicht :)

Die Befragungen ergaben folgendes Ergebnis:
Grundsätzlich wurde die Stellung in der Bevölkerung als "Jagdschloss" bezeichnet, was auf ein Rundsichtgerät "Jagdschloss" schließen lässt bzw. auch bei der Anlagenbeschreibung eines 80 Jahre alten Mannes hindeutet. Er sprach von einem Gerät, aufgebaut auf einem bunkerartigen oberirdischen Gebäude, viereckiger, breiter Antenne, die sich drehte. Weiters berichtete er von 2 runden Antennen, alle Geräte fast 20 m hoch...! Letztere dürften "Würzburg-Riesen" gewesen sein. Der Codenamen "Holzwurm" war den Auskunftspersonen nicht bekannt.

Die Anlagen befanden sich auf den Feldern zwischen den Dörfern Spielberg und Biberschlag.

Bei der "Entsorgung" der Geräte gingen die Meinungen auseinander, einige Bewohner erzählten, die Russen hätten sie demontiert, ein Anderer wieder sagte, die örtlichen Bauern bedienten sich an diversen Konstruktionsteilen und Kabeln...wird wohl beides stimmen! Die festen Baulichkeiten/Fundamente wurden jedenfalls vor Jahren bei Flurbereinigungen/Kommassierungen zur Gänze gesprengt und geräumt! Auch einige leichte Flak-Geschütze sollen um die Stellung postiert gewesen sein.

Auf einer leichten Anhöhe am nördlichen Ortsausgang von Spielberg befand sich ein Barackenlager für die Mannschaften. Der 80zig Jährige erzählte auch von Kriegsgefangenen im Lager, die Bauarbeiten und Hilfsdienste verrichten mussten. Die Baracken wurden von den Russen niedergebrannt, heute befinden sich dort einige Einfamilienhäuser und ein Kindergarten. Fundament- oder andere Baureste, auch auf den Wiesenflächen hinter den Gebäuden, sind nicht mehr vorhanden.

Als echter "Zeitzeuge" kann nur der 80zig jährige Mann bezeichnet werden, alle anderen Personen konnten nur Überliefertes von den Eltern bzw. sonstigen, teilweise bereits verstorbenen, Personen mitteilen.


1. Karte nach „K.O.Hoffmann; Geschichte der Luftnachrichtentruppe“ 1943/44 – Luftraumüberwachung der Alpen- und Donaugaue (Österreich), Deutsche Jägerleitstellungen mit Funkmessgeräten und zugeordnete Funkmessgerät-Stellungen: Hier ist der Standort von „Holzwurm“ noch in OÖ. – Hausruck, eingezeichnet.

2. Karte (Ausschnitt) „Luftnachrichtenanlagen im Bereich der Ostfront – Stand 09.02.1945“ (BAM-RL 2V19K/5): Hier scheint die Stellung „Holzwurm“ westlich Krems auf. Wobei die Karteneintragung nicht mit dem tatsächlichen Standort Spielberg übereinstimmt, dieser lag ca. 20 km westlich der Karteneintragung.

Quelle der beiden Karten: L. Banny; Krieg im Burgenland – Warten auf den Feuersturm; S. 125 u. 126

GE-Bilder:

3. Spielberg und Biberschlag: ROT - Stellungsraum, GELB – Lage des Barackenlagers, X u. Pfeile – Aufnahmeort- u. Richtung der Fotos 1 – 4 im Folgebeitrag.

4. Übersicht Gemeinde Bad Traunstein
 

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josef

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#2
Fotos ehemaliger Stellungsraum "Holzwurm"

1. Blick von der Straße Ottenschlag-Traunstein Richtung N: Auf den grünen Feldern im Mittelgrund waren die Gerätestellungen. Rechts das erste Gebäude des Dorfes Biberschlag.
2. Blick von der Straße Ottenschlag-Traunstein Richtung NW: Links im Mittelgrund die Gebäude von Spielberg im Bereich des ehemaligen Barackenlagers.
3. Blick vom Bereich des ehemaligen Barackenlagers in Spielberg Richtung O nach Biberschlag: Links der Häuser im Mittelgrund waren die Gerätestellungen.
4. Blick von der Straße Ottenschlag-Traunstein Richtung W: Im Mittelgrund Spielberg. Rechts Bereich ehem. Barackenlager. Links, oberhalb des Begrenzungspflocks, die Kirche von Bad Traunstein.
5. Blick vom „Wachtstein“ oberhalb der Kirche von Bad Traunstein nach O: Im Mittelgrund die Dörfer Spielberg und Biberschlag, auf den Feldern dazwischen befand sich die Stellung „Holzwurm“.
 

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josef

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#4
Hallo Josef
Super, hervorragende Arbeit
lg
Cerberus9
:danke - muss den Dank aber an @Zwölfaxinger weiterleiten! Ohne den entscheidenden Hinweis von Renato betreffend der Stellungs-Verlegung in eines von mehreren "Spielberg's", würde ich noch immer an einen Fehleintrag in der Karte vom 09.02.45 glauben :)

lg
josef
 
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S

Schiller Franz

Nicht mehr aktiv
#5
FuMG-Stellung Spielberg Gem. Traunstein

Die Radarstation "Holzwurm" in der Bevölkerung "Jagdschloss" genannt, zwischen den Dörfern Spielberg und Biberschlag, hatte zwei runde drehbare Radarantennen und wurde von den Russen 1945 gesprengt.
Mein Vater als lokaler Baumeister hat Ende der Vierziger- Anfang der Fünfzigerjahre mit den Ziegel dieser Anlage in der Umgebung Trafostationen für die NEWAG(EVN) errichtet.
Ich suche Fotos von dieser Anlage und eventuell Pläne dieser oder dieses Anlagentypes.

MfG

Franz
 

josef

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#6
Hallo Franz,
vorerst einmal ein herzliches Willkommen im Forum!
Habe mir erlaubt, deinen ersten Beitrag mit dem bestehenden Thread zum Thema zusammenzuführen.

Nun zur FuMG-Stellung mit Codenamen "Holzwurm" in bzw. bei Spielberg:
Nach meinen damaligen Gesprächen in Spielberg war nach Schilderung eines 80-jährigen Altbauern, der die Situation seinerzeit als Schüler beobachtete, die Geräteausstattung 1 Stk. FuMG "Jagdschloss" und 2 Stk. FuMG "Würzburg-Riesen".

Dazu aus Beitrag #1:
Grundsätzlich wurde die Stellung in der Bevölkerung als "Jagdschloss" bezeichnet, was auf ein Rundsichtgerät "Jagdschloss" schließen lässt bzw. auch bei der Anlagenbeschreibung eines 80 Jahre alten Mannes hindeutet. Er sprach von einem Gerät, aufgebaut auf einem bunkerartigen oberirdischen Gebäude, viereckiger, breiter Antenne, die sich drehte. Weiters berichtete er von 2 runden Antennen, alle Geräte fast 20 m hoch...! Letztere dürften "Würzburg-Riesen" gewesen sein...
Zitat Schiller Franz
...mit den Ziegel dieser Anlage in der Umgebung Trafostationen für die NEWAG(EVN) errichtet...
Auch das deutet auf ein FuMG Typ "Jagdschloss" hin, da die rechteckige Drehantenne auf einem bunkerartigen Ziegelbauwerk montiert war.

Die parabolspiegelartigen Drehantennen der FuMG "Würzburg-Riesen" hatten einen sechseckigen Betonsockel als Fundament, da konnten keine Ziegel für die an Baumaterial armen Nachkriegszeit weiterverwendet werden! Hier, unter Beitrag #2 ist der Betonsockel eines ehemaligen FuMG "Würzburg-Riese" der Stellung "Kleiber" bei Altenburg zu sehen.

Noch eine Verlinkung zu Bildern des FuMG "Jagdschloss" und FuMG "Würzburg-Riese". Fotos der Stellung in Biberschlag-Spielberg sind mir selbst nach intensiver Suche noch nicht untergekommen...

lg
josef
 
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cerberus9

Well-Known Member
#8
Möchte darauf hinweisen das das im Link von "Geist" dargestellte FuMg historisch nicht korrekt ist, da die Bedienkabine eine Nachkriegskonstruktion ist. Leicht zu erkennen an dem gebogenem Dach und den geänderten Fenstern.

lg

Cerberus9
 
#10
Hallo,

jede Funkmessstellung war ähnlich aufgebaut. So gab es die Geräte und natürlich die Infarstruktur, Baracken für Mannschaften und natürlich die Stellungszentrale. Die Baracken war oft nur Holz, die Stellungszentrale hat jedoch eine Vielzahl von Bauausführungen erlebt. Hierzu ist die Darstellung von SES zu empfehlen, auch wenn sie in englischer Sprache ist: http://www.gyges.dk/Flugmeldemess Stellungen 2.htm

Ich habe bisher von keinem Würzburg-Riese Sockel gehört, welcher gemauert war; alle Beton. Auch hier gibt es verschieden Bauformen, die wohl eher regional ausgeprägt waren: http://www.gyges.dk/W-R variants 4.pdf

Wie Josef schon schrieb: Das Jadgschloss kann gemauert sein. Es gibt hier in der groben Unterscheidung zwei Varianten: Ein würfelarrtiges Gebilde (z.B. Bär A) und der weiter verbreitete Typ, in dem die Infarstruktur mit aufgenommen wurde: http://www.panoramio.com/photo/41511021

Mein Tipp aus der Ferne: Infrastruktur/Stellungszentrale oder Jagdschloss.

Viele Grüße
Leif
 
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