Der Neusiedlersee war einst viel größer, aber auch schon komplett ausgetrocknet...

josef

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#1
Der Neusiedlersee war z.B. 1865-70 komplett ausgetrocknet, war aber auch schon um 2 Meter tiefer bzw. hatte im SO-Bereich eine ganz andere Form:
Die Geschichte des Neusiedler Sees

Der Neusiedler See ist ein Gewässer mit einer wechselvollen Geschichte mit vielen Gesichtern. Im Lauf der Jahre ist er mehrmals ausgetrocknet. Heute ist er einmaliges Naturreservat und ein Paradies für Wassersportler.

Der Neusiedler See ist nicht nur Lebensraum für tausende Tiere, sondern auch Ziel vieler Erholungssuchender. Er ist neben dem in Ungarn gelegenen Plattensee einer der wichtigsten Steppenseen Europas. 240 Quadratkilometer des Sees gehören zu Österreich, 80 Quadratkilometer liegen in Ungarn.

Seeboden unter der Lupe
Der Neusiedler See ist immer wieder Forschungsgebiet für Wissenschafter. So wird der Seeboden in unregelmäßigen Abständen untersucht. Aus den Ergebnissen lasse sich viel über seine Geschichte herauslesen, sagt Wissenschafter Erich Draganits. „Wir reden von Schwankungen, die von einer kompletten Austrocknung 1865 bis 1870 bis zu Überschwemmungen, wo der See bis zu zwei Meter tiefer war als er heute ist“, so der Wissenschafter.


Im Laufe der Jahrtausende war der See etliche Male vom Austrocknen bedroht. In einigen Gemeinden wurden damals sogar auf dem Seeboden Getreide, Rüben und sogar Reis angebaut. Betrachtet man heute alte Landkarten, ist ersichtlich, dass sich Form und Ausdehnung des Sees einige Male veränderten. Das lag zum Teil auch am Einfluss des Menschen.

Starke Veränderungen mit der Zeit
Doch der 320 Quadratkilometer große See ließ sich bis heute nicht wirklich bezähmen. Der See sei in seiner heutigen Form ein sehr stark verändertes Produkt, sagt der Wissenschafter, er sei von jahrhundertelangen Entwässerungsmaßnahmen und Dammbauten beeinflusst.


„Die Verbindungsstraße zwischen Fertöd und Pamhagen zum Beispiel ist ein Damm, der 1780 fertiggestellt wurde. Zuerst gab es noch Durchlässe, später wurde das komplett dicht gemacht. Erst seit dieser Zeit ist die Wulka der einzige Zufluss zum Neusiedler See“, erklärt Draganits.

Wechselvolle Geschichte
Die Geschichte des Neusiedler Sees ist eine wechselvolle. So gab es vor rund 100 Jahren den Schilfgürtel noch nicht - und im einen oder anderen Jahr fehlte sogar der gesamte See. Und so wird wohl die Geschichte des Neusiedler Sees noch lange Thema der Forschung sein.
Text u. Bild: Die Geschichte des Neusiedler Sees
 

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#3
Neusiedler See: Historischer Tiefstand für Mai

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Im Mai ist der Pegelstand des Neusiedler Sees seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1965 noch nie so niedrig wie heuer gewesen. Normalerweise ist der Wasserstand im Frühling noch höher und sinkt über den Sommer. Die Segelboote haben heuer aber schon jetzt Probleme.
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Der See hat sich wegen des geringen Niederschlags zurückgezogen. Auf den für diese Zeit typischen Wasserstand fehlen dreißig Zentimeter. Die Bootsdecks sind zum Teil schon unter das Stegniveau gesunken. Wegen des niedrigen Wasserstands sind nicht mehr alle Anlegeplätze erreichbar. Einige Bootsbesitzer mussten zu tieferen Stellen umziehen.

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Das macht die Segler nervös, auch in der Marina in Oggau. Im Mai sollte der Wasserstand eigentlich besonders hoch sein. „Die Ausbeute ist heuer sehr karg. Draußen geht es noch, aber man muss es einmal hinausschaffen. Bei Südwind geht es“, so Bootsbesitzer Peter Lahodny aus Wien.

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Die schwarze Kurve zeigt den langjährigen Durchschnitt, die rote Kurve das heurige Jahr.
Die Grafik zeigt die Entwicklung des Wasserstands am Neusiedler See. Es zeigt sich, dass um diese Jahreszeit noch nie so wenig Wasser im See war wie jetzt.

Wasserknappheit gefährdet Tourismus
Einige Segler haben ihr Boot bisher erst gar nicht zu Wasser gelassen. „Wir gehen gern in Neusiedl zur Wasserstandsmarkierung und lesen da nach, was los ist. In den besten Jahren hatten wir 178 Centimeter Wasserstand. Dieses Wochenende hatten wir nur 128 Centimeter“, so Bootsbesitzer Erwin Langenslehner aus Weiden am See.

Bis zum Sommer ist zu erwarten, dass der Pegel noch weiter sinkt: „Es wird sehr viele Destinationen geben, die man nicht mehr anlaufen kann. Man wird sehr eingeschränkt sein und muss sich gut überlegen, wo man hinsegeln kann und wo man nicht mehr hinsegeln kann“, so Marie-Luis Butterfly von der Marine Oggau.
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Die Segler leiden unter dem niedrigen Wasserstand des Sees

Land prüft technische Lösung
Ohne genug Wasser ist der gesamte See-Tourismus gefährdet, ebenso wie der Fährbetrieb und der Fischbestand. Das Land prüft eine technische Lösung, nämlich Wasser zuzuführen: „Man müsste einen größeren Vorfluter ansprechen, und das wären im weitesten Sinne die Donau und die Raab. Da hätte es aber unterschiedliche Auswirkungen, und es gibt dazu auch chemische Fragestellungen“, so Josef Wagner, Gruppenvorstand der Abteilung Ländliche Entwicklung im Land. So ein Projekt würde Jahre in Anspruch nehmen. Für heuer bleibt noch die Hoffnung auf das Wetter – und sehr viel Regen.
red, burgenland.ORF.at
Neusiedler See: Historischer Tiefstand für Mai
 

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#4
WASSERMANGEL
Der Neusiedler See, der launische Gast - ein Essay
Der Neusiedler See leidet, wieder einmal, unter Wassermangel. Burgenlands Politik wälzt, wieder einmal, Wasserzuleitungspläne. Doch der See tut, wie immer, was er will

Im Schilfgürtel am Neusiedler See koexistieren Dürre und Wasser. Es war auch schon anders: Von 1865 bis 1871 war der See gänzlich verschwunden.
Foto: Getty/iStock

Der Neusiedler See macht den Menschen nicht nur Freude, sondern auch Kopfzerbrechen. Er ist nämlich ein launischer Gast, nicht nur ein seltsamer, wie ihn Franz Werfel einmal genannt hat. Einmal geht er über, dann verschwindet er. Oder zumindest tut er so als ob. So wie eben jetzt. Ein paar niederschlagsarme Jahre haben den See wieder ans Limit gebracht.

Seit man 1965 die Seerandschleuse zum Einserkanal – der einzige Seeabfluss – in Betrieb genommen hat, liegt der Wasserspiegel im Frühjahr im Schnitt bei 115,55 Metern über Adria. Heuer startet man schon bei rekordtiefen 115,30 Metern. In der Hitze kann der See dann schon einen halben Zentimeter pro Tag verdunsten. Ein heißer, regenarmer Sommer – der Traum der Touristiker – kann dann leicht zum touristischen Albtraum werden.

Man gründet einen Arbeitskreis
Das geschieht dem See freilich nicht zum ersten Mal. Das Auf und Ab des Wasserspiegels, ja das Kommen und Gehen des Wassers sind die Charakteristika des westlichsten der eurasischen Steppenseen. Die Menschen stehen hilflos daneben, können sich höchstens die Haare raufen, lamentieren und nach der Politik rufen, die aber ihrerseits auch nicht weiterweiß. Also gründet sie einmal einen Arbeitskreis.

Vergangene Woche hat Heinrich Dorner, der zuständige Baulandesrat des Burgenlands, in der Tat tatenfroh die Einsetzung einer Taskforce – das neudeutsche Wort für Arbeitskreis – verkündet. Mit der könne man nun "Mechanismen in Gang setzen, wo wir zu Umsetzungen und zur Entwicklung von Strategien kommen". Alle "relevanten Interessensgruppen" werden dabei sein, grenzüberschreitend klarerweise.

See muss erhalten bleiben
Die Vorgabe ist klar: Der See muss erhalten bleiben. Daraus folgt aber: Es muss, zusätzlich zu Wulka und Niederschlag, eine ordentliche Wasserzufuhr geben. Zuletzt wurde das im Trockenjahr 2003 erwogen und wieder verworfen. Weder Donauwasser aus der Hainburger Gegend noch solches aus der Raab seien geeignet. Nun suche die Taskforce einen neuen Weg. Überlegt wird zum Beispiel auch eine Zuleitung aus der Mosoni Duna, einem nach der Kanalisierung der Donau für das Kraftwerk Gabèíkovo eher spärlich dotierten Donauarm.


Ein Zentimeter See sind drei Millionen Kubikmeter – drei Milliarden Liter – Wasser. Bei Hainburg fließen knapp 1500 Kubikmeter pro Sekunde. Klar ist, so Dorner, nur so viel: "Eine Wasserzufuhr wird nicht billig sein." Gespräche mit dem Bund sind also ins Auge gefasst. Denn: "Der Neusiedler See ist in seiner Form so einzigartig, dass es ein überregionales Interesse gibt, eine nachhaltige Lösung zu finden."

Der Neusiedler See ist zuletzt in den Jahren 1865 bis 1871 gänzlich verschwunden gewesen. Im Norden war er schon im Sommer 1864 weg, wie ein zeitgenössischer Bericht überlieferte. "Man sah vom Uferrande von Neusiedl selten mehr und nur in großer Entfernung das Wasser. Ungefähr Mitte Juli erschien bei starkem Südwinde gegen Abend das Wasser zum letzten Male im nördlichen Teile des Beckens, am nächsten Tag war es verschwunden, ohne wiederzukehren."

Unangenehme Folgen
Der ausgetrocknete See hatte unangenehme bis verheerende Folgen. Der Seeboden war salzig, durch den Wind wurde ätzender Staub weithin vertragen. Man experimentierte mit Reisanbau. Aber landwirtschaftlich war der Seeboden kaum nutzbar. Nur am Rand gab es spärlichen Bewuchs, der aber nicht einmal als Viehfutter zu gebrauchen war, sondern höchstens als Einstreu.

Dennoch wurde auch darum heftig gestritten. Die Fischereireviere waren ja keine mehr, auf dem trockenen Boden die Gemeindegrenzen noch nicht festgelegt. Und so kam es am 6. November des Jahres 1866 zur legendenumwobenen "Seeschlacht" zwischen Rust und Oggau. Am Gemeindefeiertag, zu St. Leonhardi, kamen, während die Oggauer in der Kirche weilten, die Ruster mit Ochsenwagen, um die schon gemähte und zu Haufen gerechte Streu abzuholen, die sie als die ihre betrachteten.

Um die Mittagszeit eilten die Oggauer herbei, wie das Ödenburger Lokalblatt berichtete. "Ein längeres Plaidiren gab es da nicht, Replik und Duplik mag in Worten mehr derb und kraftvoll als fein juridisch gewesen sein." Gar von Schusswaffen wurde Gebrauch gemacht. Zwei Oggauer wurden verwundet. Josef Berger und Lorenz Hafner waren, erzählte der Österreichische Volksfreund, verdiente Veteranen, "die mehrere gefährliche Schlachten mitmachten, insbesondere kämpften sie heldenmütig bei Custozza". Und das nur, damit die Ruster ihnen hier jene Wunden schlugen, die sie dort im Sommer glücklich vermieden hatten.

See vor der Trockenlegung
Trotz all der Fisimatenten hatten sich die Menschen aber offenbar mit dem trockenen Neusiedler See arrangiert. Anders lässt es sich nicht erklären, dass, kaum war wieder Wasser im See, schon eine Kommission – die Taskforce des 19. Jahrhunderts – gegründet wurde mit dem Auftrag, die endgültige Trockenlegung des launigen Sees voranzutreiben. 1895 wurde mit dem Bau des Einserkanals begonnen, seit 1911 ist er der einzige Abfluss, den die Ungarn Fertő tó nennen, Sumpfsee. Immerhin wurde so der Hanság halbwegs trockengelegt, der Sumpf, in den sich der See bei Hochwasser ergoss.

Der See blieb dennoch launisch. Noch am 15. Juni 1918 rief der Esterházy-Fürst zu einer "Konferenz der Seeinteressenten" nach Győr/Raab. Dort wurde immerhin noch eine "Seeregulierungsgesellschaft" ins Leben gerufen. Dann kamen das Kriegsende und Trianon, und das Burgenland wurde Teil Österreichs. Und schließlich wurde aus dem ungarischen See jenes internationale Gewässer, das es heute ist.

Bei der Seeregulierungsgesellschaft wurden ökologische Bedenken gegen das Trockenlegen angemeldet. Schwere Bedenken gegen die Zuleitung gab es 2003 und gibt es auch jetzt. "Die Vermischung mit Wasser einer anderen mineralischen und chemischen Zusammensetzung ist für das hochsensible und besondere Ökosystem höchst problematisch", warnt etwa der grüne Landtagsabgeordnete Wolfgang Spitzmüller. Und er ist davon überzeugt: "Der Neusiedler See ist in erster Linie ein Naturjuwel von europäischer Bedeutung und erst danach ein Wirtschaftsfaktor."
Andere sehen die Reihenfolge anders. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil etwa. Der meinte unlängst vorm Eisenstädter Landtag, der Naturschutz werde "sicher nicht darüber entscheiden, ob der See austrocknet oder nicht". Die Taskforce – so weit ist die Geschichte durchaus beweiskräftig – mit hoher Wahrscheinlichkeit aber auch nicht.

(Wolfgang Weisgram, 12.6.2020)
Der Neusiedler See, der launische Gast - derStandard.at
 

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#5
Neusiedler See: Regen brachte Entspannung
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Für die Land- und Wasserwirtschaft war der Regen der vergangen Wochen ein Segen. Für den Neusiedler See, der im Mai einen historischen Tiefstand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1965 verzeichnet hat, war der Niederschlag ebenfalls dringend notwendig.
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Man habe eine leicht Entspannung feststellen können, sagt Christian Sailer vom Hauptreferat Wasserwirtschaft in der Landesregierung. „Es sind etwa bis zu fünf Zentimeter Regen über dem Neusiedler See gefallen und diese fünf Zentimeter, die konnten wir auch in den Messstellen feststellen. Wir sind jetzt bei ungefähr 115,32 Meter über Adria“, so Sailer. Man bewege sich derzeit trotzdem noch immer in den unteren Bereichen, auch weil es seit Juni vorigen Jahres keine großen Regenereignisse gegeben habe.

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Im Frühling war der Wasserstand des Sees so niedrig wie noch nie

Der Regen habe auch etwas Entspannung für die Lacken im Seewinkel gebracht. „Ich schätze mal, es werden ungefähr zehn Zentimeter sein, die sich da jetzt positiv auf die Lackensysteme ausgewirkt haben“, sagt Sailer.
22.06.2020, red, burgenland.ORF.at
Neusiedler See: Regen brachte Entspannung
 

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#6
Zu wenig Wasser -
Rettungspläne für den Neusiedler See

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Der Neusiedler See ist in seiner jahrtausendealten Geschichte schon öfter ausgetrocknet, doch der aktuelle Wasserstand ist rekordverdächtig: Die trockenen Winter der vergangenen Jahre im Osten Österreichs haben Folgen für den Steppensee, so seicht wie heuer war er zuletzt 1965. Angesichts des voranschreitenden Klimawandels wächst die Sorge um das Naturjuwel und auch den damit verbundenen Wirtschaftsfaktor – und die Befürchtung, das Wasser könnte sich eines Tages für immer verabschieden.

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Schon im Mai dieses Jahres gab es alarmierende Meldungen: Der vergangene Winter hat viel zu wenig Niederschlag für den Neusiedler See gebracht, der sich zu 80 Prozent aus Regenwasser speist. Auch wenn sich der heurige Sommer bis jetzt klimatisch eher durchwachsen zeigt, entspannt das die Situation kaum: Das fallweise Regnen der vergangenen Wochen ist nicht viel mehr als der sprichwörtliche Tropfen in den zudem immer wärmer werdenden See – um 1,9 Grad ist die Wassertemperatur seit 1985 gestiegen.

An einem heißen Sommertag verliert er etwa einen Zentimeter, bei starkem Südost-Wind werden zudem große Wassermengen in den Schilfgürtel gedrückt und versickern dort – ein bedrohliches Szenario für ein Gewässer mit einem mittleren Wasserstand von nur etwas mehr als einem Meter.

Getrübte Bade- und Segelfreuden
Und das Vergnügen für Badegäste und Wassersportler wird getrübt: Immer mehr Segelboote bleiben im Schlamm stecken, viele wurden im Frühling erst gar nicht zu Wasser gelassen. Auch die Seebäder leiden unter der Situation. Kommt der Wind aus Nordwest, fehlt etwa im Seebad Breitenbrunn schnell zusätzlich ein halber Meter Wasser.

ORF/Cornelia Kreb
sDer niedrige Wasserstand ist in Breitenbrunn deutlich sichtbar

Dazu kommt das Problem überalterter Schilfbestände: Seit es aufgrund der Feinstaubproblematik keine Brandrodungen mehr gibt, trägt ihre Verrottung zu vermehrter Schlammbildung und damit langfristig zur Verlandung bei, beklagt Matthias Grün, Direktor des Bereiches Forst- und Naturmanagement der Esterhazy Stiftungen: „Dem Schilfmanagement muss künftig mit Sicherheit mehr Bedeutung beigemessen werden. Das hat einen großen Einfluss auf den Wasserstand und die Verdunstung.“

Lösung mit Ungarn angedacht
Bereits seit 2003 wird darüber diskutiert, ob eingeleitetes Fremdwasser – etwa aus der Donau – den Neusiedler See auf einem ausgeglichenen Niveau halten könnte. An den technischen wie finanziellen Schwierigkeiten eines solchen Unterfangens hat sich seither nichts geändert, diesmal aber will das Land Burgenland dranbleiben – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Eine grenzüberschreitende Taskforce, in die alle Verantwortlichen eingebunden werden sollen, erarbeitet in den nächsten Jahren ein Konzept dazu. Neues Wasser muss her – das hat sich der zuständige burgenländische Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ) fest vorgenommen.
Ins Auge gefasst wird eine gemeinsame Lösung mit Ungarn: Unter anderem wird eine Zuleitung aus der Mosoni Duna überlegt, einem nach der Kanalisierung der Donau für das Kraftwerk Gabcikovo eher spärlich dotierten Donauarm. Das Wasser soll nicht nur den See auffüllen helfen, sondern auch in der Landwirtschaft eingesetzt werden – auch in Ungarn. Das könne sich schon von der benötigten Menge her nicht ausgehen, monieren Kritiker einer etwaigen Dotierung des Sees mit Fremdwasser.

ORF/Cornelia Krebs
Auch für manche Segelboote ist der See mittlerweile kaum tief genug

Sinkende Grundwasserpegel nicht nur Problem für den See
Doch von übertriebenen Warnungen hält Landesrat Dorner generell wenig: „Sollte der See eines Tages wirklich austrocknen, kann man sich ja vorstellen, dass vieles nicht mehr möglich sein wird. Aber diese ganzen Horrorszenarien sind entbehrlich. So weit wird es, glaube ich, nicht kommen.“

Bei dem Projekt gehe es außerdem nicht nur um den See, sondern auch um die Lacken im Seewinkel und die Grundwassersituation, sagt Projektleiter Christian Seiler, Hauptreferatsleiter der burgenländischen Wasserwirtschaft. Seit Jahren schon ist der stetig sinkende Grundwasserpegel in der Region nicht nur für die Weinbauern ein Problem.

Langwierig und kostspielig
Doch wie lange würde es überhaupt dauern, bis Wasser von außen in den See gelangen kann? „Also mit fünf bis zehn Jahren für den ersten Tropfen muss man schon rechnen – wenn alle Verträglichkeitsprüfungen durchgehen“, sagt Seiler. Auch die Kostenfrage sei nicht irrelevant: Der geplante Wasserübergabepunkt auf ungarischer Seite liegt relativ tief, Pump-, Stau- und Verteilanlagen müssten errichtet werden.

Allein die erste Ausbaustufe zu realisieren würde etwa 35 Mio. Euro kosten, rechnet Seiler vor. Doch der See darf nicht austrocknen, darauf hat sich die österreichisch-ungarische Gewässerkommission 2014 in einem Strategiepapier geeinigt. Es geht um den „Erhalt des Sees als Landschaftselement unter Rücksichtnahme auf das Natur- und Kulturerbe der Region“.

Warnung des WWF
Rücksicht auf das Naturerbe wollen vor allem Umweltschutzorganisationen nehmen, auch wenn die Landespolitik betont, dem See keinesfalls schaden zu wollen. Es gibt eindringlich warnende Stimmen: Ein Eingriff in sein komplizierte Ökosystem würde den Steppensee tiefgreifend verändern, mit unabsehbaren Folgen, sagt etwa Bernhard Kohler vom WWF. „Längerfristig wäre eine Verlandung die Folge – also das Gegenteil von dem, was man eigentlich bezwecken will.

Flusswasser ist kalkhaltig, eine Aussüßung des salzhaltigen Sees wäre die Folge. Und das würde wiederum die Verschlammung begünstigen.“ Und es gäbe auch sehr unangenehme kurzfristige Folgen: „Die Trübe des Sees würde verschwinden, der See mehr oder weniger klar werden, was eine massive Algenblüte zur Folge hätte. In so einer giftgrünen Brühe will sicher niemand Boot fahren, geschweige denn schwimmen.“

ORF/Cornelia Krebs
Der Wassermangel macht sich auch an Stegen bemerkbar, hier in Purbach

Der WWF soll zwar in die Taskforce der burgenländischen Landesregierung eingebunden werden, doch bleibt abzuwarten, wie viel Mitsprache er haben wird. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) kündigte im heurigen Frühling vor dem Eisenstädter Landtag jedenfalls an, dass der Naturschutz „sicher nicht darüber entscheiden wird, ob der See austrocknet oder nicht“.

Enorme touristische Bedeutung
Die Sorge im Land ist freilich groß, gut die Hälfte des burgenländischen Tourismus findet rund um den Neusiedler See statt. Von der Gastronomie über den Einzelhandel bis hin zu Handwerksbetrieben: Die Menschen leben mehr oder weniger vom See, auch wenn dieser überschätzt werde, was die touristische Bedeutung angeht, sagt Stefan Schindler, Geschäftsführer von Neusiedler See Tourismus. „Wir haben eine große Vielfalt an touristischen Angeboten, nicht nur den Wassersport. Einige unserer Gäste würden vielleicht nicht mehr die Attraktivität verspüren, hierherzukommen. Aber der Tourismus würde bleiben und lediglich ein anderer werden.“

ORF/Cornelia Krebs
Kein Burgenland-Tourismus ohne Neusiedler See

WWF sieht Modell für Umgang mit Klimawandel
Einigermaßen gelassen bleibt auch Kohler vom WWF, der die Situation grundsätzlich in größeren Zeiträumen betrachtet. „Die Leute profitieren von diesem Steppenseecharakter in vielerlei Hinsicht, deshalb sollte der See so bleiben, wie er ist. Wir müssen ihn in Ruhe lassen.“

Charakteristisch für einen Steppensee seien nun einmal große Schwankungen und auch gelegentliche Austrocknungen. Für Kohler sind der Neusiedler See und sein Umland eine Art Modellregion – ein Modell dafür, welche unmittelbaren Folgen der Klimawandel haben könnte und wie die Menschen dann damit umgehen werden.
31.07.2020, Cornelia Krebs, Ö1, für ORF.at

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Zu wenig Wasser: Rettungspläne für den Neusiedler See
 

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#7
Neusiedler See: Diskussion um Zuleitung

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Bereits Ende Mai hat das Land eine Task Force ins Leben gerufen, um dem niedrigen Wasserstand des Neusieder Sees gegenzusteuern, denn ansonsten drohe auf lange Sicht ein Austrocknen des Sees, hieß es damals. Ziel ist die Zuleitung von Wasser in den See. Das ruft allerdings Umweltschützer auf den Plan, die vor langfristigen Schäden für das Ökosystem warnen.

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Direkt im Segelhafen beim Strandbad Rust fallen die alles andere als tief im Wasser liegenden Boote schnell auf. Der Wasserstand beträgt niedrige 115,21 Meter über Adria. Zwischen fünf und 20 Millimeter Wasser mehr haben die Regenfälle in der ersten Augustwoche gebracht. Das ist im langjährigen Schnitt sehr wenig, aber nicht der historische Tiefstand für den August, sagte Christian Sailer, Leiter der „Task Force Neusiedler See“.

Ziel sei daher weiterhin Wasser von außen in den See zu leiten. „Der erste Schritt, der in der Task Force gesetzt wurde, war die Wasserqualitiät der Mosoni-Donau zu testen – dass ist das Gerinne, von wo das Wasser von ungarischer Seite her zugeleitet werden soll. Es soll festgestellt werden, ob sich das Wasser für eine Dotation des Sees und eine Grundwasseranreicherung im Bereich des Seewinkels eignet“, so Sailer.

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Die Boote im Hafen von Rust

Zuleitung frühestens in fünf Jahren
Ergebnisse sollen in zwei Monaten vorliegen. Der erste zugeleitete Tropfen Wasser würde frühestens in fünf Jahren fließen. Zu den Bedenken des WWF und der Grünen, dass eine Zuleitung von außen das Ökosystem des Sees gefährdet, meinte Sailer, dass man davon ausgehe, dass es sich nicht negativ auswirken würde.

„Das Gefährliche dabei ist immer, dass auch eine Entlastung gleichzeitig stattfindet. Also, dass man Wasser zuführt- und dann wegen eines hohen Wasserstandes, aufgrund von Niederschlägen, eben wieder eine Abfuhr durch eine Entlastungsanlage durchführen muss. Das ist nicht unser Ziel. Das soll auch nicht passieren“, sagte Sailer.

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Auch der wachsende Schilfgürtel wirkt sich negativ auf den Wasserstand aus

Schilfgürtel wirkt sich auch negativ aus
Ein Problem sei aber der wachsende Schilfgürtel, der sich negativ auf den Wasserstand auswirke. Auch hier laufe derzeit eine länderübergreifende Studie mit Ungarn über ein gemeinsames Schilfmanagement. Die Ergebnisse dieser Studie sollen Ende des Jahres vorliegen.
17.08.2020, red, burgenland.ORF.at
Neusiedler See: Diskussion um Zuleitung
 

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#8
Gleichgewicht im Nationalpark in Gefahr
Die einzigartigen Salzlacken im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel drohen zu versteppen. Ursache: Sinkender Grundwasserspiegel. Die Entnahme von Grundwasser solle künftig kontrolliert werden, so der Rechnungshof. Die Landwirte sehen im Klimawandel das Hauptproblem.

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Viele Salzacken im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel sind derzeit fast oder komplett ausgetrocknet. Zu dieser Jahreszeit ist das grundsätzlich nichts Ungewöhnliches. Das Wasser ist heuer allerdings bereits im Frühjahr verschwunden – und das sei alarmierend, sagte Nationalparkdirektor Johannes Ehrenfeldner. Der Grundwasserspiegel in der Region sinkt zunehmend. Die Salzlacken versteppen dadurch immer mehr.

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Die Salzlacken im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel gelten als einzigartig
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Weil es im Winter immer weniger Niederschläge gibt, trocknen viele Lacken bereits im Frühjahr aus
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Nationalparkdirektor Johannes Ehrenfeldner befürchtet eine zunehmende Versteppung der Lacken
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Die Lacken sind wichtiger Lebensraum für Pflanzen im Nationalpark
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Diese Lacke bei Illmitz (Bezirk Neusiedl am See) ist fast ausgetrocknet
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In der Region gibt es rund 5.000 Feldbrunnen wie diesen
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Vor allem Mais- und Weinkulturen werden laut Rechnungshof mit Grundwasser bewässert
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osef Kracher von der Brunnengesellschaft Apetlon (Bezirk Neusiedl am See) sagt, dass der Grundwasserspiegel heuer nur etwas tiefer als sonst sei

Wenig Niederschlag und viele Brunnen
Für diese Entwicklung gibt es zwei Ursachen: Einerseits bleiben im Winter große Niederschlagsmengen seit Jahren aus. Andererseits werden in den Sommermonaten Kulturen wie Mais und Zuckerrüben aus mehr als 5.000 Feldbrunnen mit Grundwasser bewässert.

Als man damals auf diese Kulturen gesetzt hat, habe man im Grunde die Naturlandschaft weitgehend unberücksichtigt gelassen – und die ersten Anzeichen, dass sich das System nicht mehr im Gleichgewicht befindet, seien die Salzlacken gewesen, sagte Nationalparkdirektor Johannes Ehrenfeldner.

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Die Anzahl der Salzlacken in der Region ist über die Jahre drastisch gesunken
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23.720 Hektar wurden im Jahr 2018 laut Rechnungshof mit Grundwasser bewässert
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Den Großteil der bewässerten Flächen machen Mais- und Weinkulturen aus

Grundwasserstand leicht unter dem Durchschnitt
Josef Kracher ist Winzer und Obmann der Brunnengenossesenchaft Apetlon (Bezirk Neusiedl am See). Der Grundwasserstand sei derzeit etwas tiefer als im Durchschnitt. Kracher sieht eine Hauptursache in den vielen brachliegenden Flächen. Das Gras auf den Wiesen würde das Regenwasser aufnehmen – der Niederschlag gelangt somit nicht mehr in das Grundwasser. Dass die Landwirte mehr Wasser entnehmen als sie dürften, schließt er aus.

Es würden natürlich Jahre vorkommen, wo man einen Monat lang wirklich durchgehend bewässern müsse. Diese seien aber zum Glück noch in der Minderheit – überhaupt, wenn man das heurige Jahr hernehme, wo man zwei Wochen gar nichts bewässern habe müssen, weil es immer wieder Niederschläge gegeben habe. Davon, die Wasserentnahme behördlich zu kontrollieren, hält Kracher nichts. Das wäre ein unnötiger bürokratischer Aufwand.

Fest steht jedenfalls, dass die Versteppung zunimmt. Gab es Mitte des 19. Jahrhunderts noch 130 Salzlacken im Seewinkel, sind es jetzt weniger als 50 und ihre Zahl droht weiter abzunehmen. Um dem entgegenzuwirken, werde es ein Bündel an Maßnahmen brauchen, so Nationalparkdirektor Ehrenfeldner.

25.09.2020, red, burgenland.ORF.at

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Gleichgewicht im Nationalpark in Gefahr
 

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#9
Neusiedler See: Wasserstand gestiegen
Der Pegel des Neusiedler Sees ist durch den Regen der vergangenen Tage stark angestiegen. Auch die Lacken im Seewinkel sind wieder gut gefüllt.
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Auf den Zitzmannsdorfer Wiesen – einem Gebiet im Nationalpark Neusiedlersee – Seewinkel, wird jährlich ein ehemaliges Moor von Schilf und Pflanzen befreit. Mit Sensen, Rechen und natürlich Gummistiefel ausgestattet machen sich mehr als ein Dutzend freiwilliger Helfer an die Arbeit. „Weil man eben dieses Moor wieder in Schwung bringen möchte und da muss man schauen, dass wir das Schilf ein bisschen reduzieren“, so Arno Cimadom von der Forschungsabteilung Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel.

Die jährliche Aktion ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Nationalpark und dem Verein der burgenländischen Naturschutzorgange. Der Regen hinterließ auf den Zitzmannsdorfer Wiesen seine Spuren – auch ein alter Brunnen ging über.

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Die Zitzmannsdorfer Wiesen
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Der Obere Stinkersee – eine Lacke im Illmitzer Ortsteil Hölle
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Der Neusiedler See
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Der Neusiedler See mit Blick auf Mörbisch
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Surfer und Kitesurfer in Podersdorf
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Der Leuchtturm in Podersdorf
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Der Wasserstand des Neusiedler Sees ist gestiegen

Biomasse baut sich schnell auf
Der Obere Stinkersee ist eine Lacke im Illmitzer Ortsteil Hölle. Vom Überlaufen ist die Lacke zwar noch weit entfernt – der Pegel stieg in den vergangenen Tagen aber stark an. „Man hat auch gleich gesehen, dass nach ein paar Tagen – sobald sich die kleinen Krebstierchen und andere Lebewesen im Wasser starten aufzubauen, also die Biomasse – sind auch sofort die Vögel wieder da um sich vollzufressen“, sagte Cimadom.

Ruhiger Regen ist am Besten
Der Wasserstand des Neusiedlersees ist ein ständiges Auf- und Ab. Im Mai und Juni erreichte der See einen Tiefstand – die Regenfälle im Oktober peitschten den Pegel wieder in die Höhe. Aktuell liegt der mittlere Wasserstand bei rund 115,30 Meter über Adria. Das sind etwa zwölf Zentimeter mehr als noch vor 14 Tagen. Eine deutliche Annäherung zur schwarzen Linie – dem langjährigen Mittelwert.

„Im Sommer haben wir immer wieder so Starkregenereignisse gehabt – mehr auf der Westseite. Das ist für die Natur, oder für die Pegel- und Wasserstände nicht ganz das Günstigste, weil das dann oberflächlich schnell wieder abrinnt. Aber so wie in den letzten Wochen, wenn es da einfach durchgehend ein wenig dahinregnet, das ist sehr gut“, so der Forscher.

Hydrographischer Dienst Burgenland
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Pegelstand bis zum Frühjahr gleichbleibend
Über jeden Zentimeter mehr freuen sich die Surfer in Podersdorf. Perfekte Bedingungen – trotz einer Wassertemperatur von nur rund acht Grad. „Man hat wirklich das Gefühl es ist mehr Wasser drinnen. Als wir im Sommer draußen waren, hat man, wenn man hineingegangen ist und sich weg-body-tracken ließ, schon richtig den Boden gespürt. Jetzt kann man richtig schön reingehen und merkt keinen niedrigen Wasserstand mehr“, so Surferin Sabine Stelzer aus Gablitz (NÖ).
Der Pegelstand wird bis zum Frühling kaum sinken. Im Herbst und Winter verdunstet nur wenig. Das Wasser ist also vorerst gekommen um zu bleiben.
19.10.2020, red,burgenland.ORF.at
Neusiedler See: Wasserstand gestiegen
 

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#10
Hilfe und Schutz für den Schilfgürtel
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Der Schilfgürtel des Neusiedler Sees ist eines der größten zusammenhängenden Schilfgebiete Europas. Um Flora und Fauna zu schützen – aber ebenso auch die Bewirtschaftung langfristig zu sichern – wurde drei Jahre lang über die Zukunft des Schilfs geforscht.

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Die bedeutendste Erkenntnis des EU-Forschungsprojekts ist, dass der Anteil des sogenannten Altschilfs stark zunimmt, so Bernhard Kohler, Naturschutzexperte des WWF Österreich: „Da hat sich gezeigt, dass wir über große Flächen eine starke Zunahme von Altschilfflächen aber auch von überalterten Flächen haben, in denen das Schilf droht zusammenzubrechen. Das ist insofern ein Problem, als es ja ganz wichtig ist, dass für bestimmte Vogelarten der Lebensraum in einem guten Zustand bleibt.“ Kohler rät dazu an, über eine Rückkehr zum mittlerweile verbotenen Abbrennen nachzudenken: „Da geht es nicht darum, alles abzubrennen und hemmungslos Feuer einzusetzen, sondern sehr gezielt, sehr kontrolliert und sehr wohlüberlegt Feuer auf bestimmten Flächen zur Verjüngung des Schilfes einzusetzen.“ Michael Dvorak, Naturschutzexperte von Birdlife Österreich sagte über die Vielfalt: „Es ist ein derartig reichhaltiger – auch auf Nahrungsbasis geeigneter – Lebensraum, dass es hier am Neusiedler See acht Vogelarten gibt, die es sonst in Österreich nur in ganz geringer Menge, oder überhaupt nicht gibt.“
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Das Naturschutzgebiet ist Lebensraum für zahlreiche Lebewesen

Schilferntebetriebe leisten wichtige Arbeit
Gelobt wird die Arbeit der Schilferntebetriebe. Mathias Grün, Geschäftsführer der Esterhazy Betriebe: „Wir waren ehrlicherweise überrascht, dass es am Ende zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Technik viel weniger entscheidend ist als die Fahrer, die dieses Gerät bedienen. Das Wissen, wann befahr ich diese Flächen, das Wissen, wie befahr ich diese Flächen.“ Ein großes Problem für die Schilferntebetriebe ist der Umstand, dass der See nur mehr selten zufriert, so Schilfschneider Markus Brunner: „Es gibt quer durch mein Gebiet einen alten Kanal, wo früher die Fischer gefahren sind. Dieser Kanal ist an manchen stellen 20 Zentimeter tief, drei Meter daneben kann er schon eineinhalb Meter tief sein. Ich muss mich da immer vorsichtig reintasten.“
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Der See friert nur noch selten zu, das macht die Arbeit der Schilfschneider sehr schwierig

Folgeprojekt bereits in Planung
Es gehe um ein langfristiges Schilfmanagement, so Umwelt- und Naturschutzreferentin Astrid Eisenkopf (SPÖ): „Man muss hier versuchen, möglichst alle Interessensgruppen unter einem Hut zu bekommen, aber eines ist allen gemeinsam, nämlich dass wir alle an einem nachhaltigen Schilfmanagement interessiert sind.“ Ein Folgeprojekt zum Management des Schilfgürtels ist bereits in Planung.
15.12.2020, red, burgenland.ORF.at
Hilfe und Schutz für den Schilfgürtel
 

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#11
Fünf Tonnen: Rettendes Salz für sterbende Lacken
Die einzigartige Naturlandschaft der Salzlacken im Seewinkel droht zu verschwinden. Im Rahmen eines EU-Projekts ist jetzt ein Rettungsversuch gestartet worden. Die Lacke werden gesalzen, um den Boden zu verschließen und das Versickern des Wassers zu verhindern.
Online seit heute, 10.52 Uhr
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Die Moschado Lacke bei Apetlon ist Teil einer in Österreich einzigartigen aber verschwindenden Landschaft. Die einstige Ausdehnung der Wasserfläche ist noch zu erahnen, heute ist der Wasserstand auf ein Minimum zusammengeschrumpft. „Es geht den Lacken sehr schlecht. Wir haben in den vergangenen 150 Jahren rund 80 Prozent der Lackenfläche verloren. Von 100 Prozent intakten Salzlacken kann man gar nicht mehr sprechen. Von denen, die noch vorhanden sind, sind die meisten in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand, ein paar wenige Lacken in etwas besserem, aber in sehr gutem Zustand ist keine mehr“, so Harald Grabenhofer, Forschungskoordinator des Nationalparks.

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Fünf Tonnen Salz händisch eingebracht
Um zumindest den jetzigen Bestand zu erhalten werden fünf Tonnen einer Salzmischung, die zum Großteil aus Soda besteht, händisch eingebracht. Das macht den Lackenboden dicht und verhindert das Abfließen des Regenwassers. Das „Salzen“ ist ein Teil eines dreijährigen EU-Forschungsprojekts zu den Lacken, so Projektleiter Thomas Zechmeister von der Biologischen Station: „Wir versuchen gemeinsam die Hintergründe aufzuklären, warum es den Lacken im Seewinkel schlecht geht und wie man diesen Zustand verbessern kann. Wir haben hier eine Reihe von Freilandversuchen in Arbeit, die wir wissenschaftlich begleiten – was Salzgehalt, Flora und Fauna und das Leben im Wasser betrifft.“

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WWF: weltweite Verantwortung für diese Lebensräume
Es ist eine anstrengende und aufwendige Arbeit für den Erhalt dieser seltenen Landschaft. „Wir haben eine außerordentlich hohe EU-weite und sogar weltweite Verantwortung für diese Lebensräume. Und deswegen ist es so wichtig, dass wir das vorantreiben und eine umfassende Renaturierung fördern“, so Bernhard Kohler vom WWF. Und diese Förderung soll ausgebaut werden: „Das Projekt ‚Pannonic Salt‘ ist bereits im Feber zur Genehmigung und Umsetzung bei der Europäischen Union eingereicht worden. Ich bin zuversichtlich, dass die EU bis Ende 2021 die Genehmigung aussprechen wird“, so Landtagsabgeordneter Erwin Preiner. „Wir in dieser Region bewerben diese einzigartige Naturlandschaft seit langem für den sanften Tourismus. Und das ist auch in der zukunft notwendig, dass wir wasserführende Lacken in größerem Ausmaß erhalten, dass wir eine intakte Naturlandschaft und Vogelwelt vorfinden“, so Ronald Payer, Bürgermeister von Apetlon.

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Der Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel zählt zu einem der bedeutendsten Vogelschutzgebiete Europas

Die Moschado Lacke ist ein Versuchsfeld, in dem auch die TU Wien, die Sankt Martins Therme und die örtliche Jägerschaft mitarbeiten. Unterstützt wird das Projekt von vielen, auch vom Land Burgenland und der EU. Dort wurde ein weiteres Projekt gemeinsam mit Ungarn eingereicht. Man hofft auf einen positiven Bescheid aus Brüssel, der dann weitere wichtige Schritte zum Erhalt dieser einzigartigen Landschaft beitragen kann.
28.02.2021, red, burgenland.ORF.at

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Fünf Tonnen: Rettendes Salz für sterbende Lacken
 

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#12
Neusiedler See-Pegel im Sinken
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Die heißen Tage zeigen bereits Auswirkungen auf den Wasserstand des Neusiedler Sees und den Grundwasserspiegel im gesamten Land – besonders aber im Seewinkel.

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Subjektiv betrachtet war das Frühjahr für viele verregnet. Aber in den vergangenen Monaten habe es im langjährigen Mittel auch heuer zu wenig geregnet, sagt Christian Sailer vom Referat Wasserwirtschaft des Landes. Der Wasserspiegel des Neusiedler Sees sei heuer zwar zehn Zentimeter höher als im Juni des Vorjahres, binnen kurzer Zeit sei der Wasserstand nun aber rasch gesunken. Hitze und Wind in den vergangen zwei Wochen haben zu großen Verlusten im See geführt, so Sailer: „Wir haben da bis zu sechs Millimeter am Tag festgestellt, die der See verliert.“

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Die Verdunstung ist schon sichtbar

Auch Grundwasserspiegel sinkt
Die fehlenden Niederschläge der vergangenen Monate machen sich auch beim Grundwasserspiegel bemerkbar. „Es ist wirklich unter dem mittleren Wasserstand. Wir hoffen, dass noch Niederschläge kommen, damit eben auch die Beanspruchung des Grundwasserkörpers für die Landwirtschaft nicht so groß sein muss, weil eben der Niederschlag von oben kommt und dafür sorgt, dass genügend Nässe und Feuchte auf den Kulturpflanzen ist“, sagt Sailer.

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Ausgetrocknete Lacke im Seewinkel
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Ausgetrocknete Lacke

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Gänse bei einer ausgetrockneten Lacke im Seewinkel

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Ausgetrocknete Lacke

Lacken teils schon ausgetrocknet
Der fehlende Regen und der niedrige Grundwasserspiegel machen sich vor allem bei den Lacken im Seewinkel bemerkbar. Viele Lacken die noch vor zehn Tagen mit Wasser gefüllt waren, sind mittlerweile trocken.
23.06.2021, red, burgenland.ORF.at

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Neusiedler See-Pegel im Sinken
 

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#13
Der Neusiedler See wird verbaut auf Teufel komm raus
Immobilienentwickler und Touristiker frohlocken. Naturschützer schreien auf. Der launische See droht währenddessen zu verschilfen

Ein exquisit-luxuriöser Wohntraum: die Bungalowsiedlung "Am Hafen" in Neusiedel am See im See.
Foto: Christian Fischer

In fremdenverkehrswerblicher Hinsicht ist der Neusiedler See eh dort, wo er sein will: in aller Munde. Dummerweise ist er das in der Hauptsache in jenen Munden, die sich zerreißen über ihn. Das geht seit Jahren schon so. Berufene und weniger Berufene geraten einander in die Haare bei der Frage, wozu denn dieser große, eigenartige, sensible, so andersartige Steppensee eigentlich da wäre.

Es geht dabei um den Wasserstand (niedrig), die touristische Wertschöpfung (immer steigerbar), die Landwirtschaft (schädlich fürs Grundwasser), den Naturschutz (stets bedroht), die menschliche Eingriffsberechtigung (heiß umstritten).

Streitpunkt Nummer eins ist im Moment die rege bis sehr rege Bautätigkeit allerorten. Am Ende der 1990er-Jahre hat es, ausgelöst durch die Ziel-1-Förderung, einen gewaltigen Investitionsschub in die touristische – und, nebstbei, die önologische – Infrastruktur gegeben. Die ist nun in die Jahre gekommen. Auch die Gästewünsche haben sich geändert.

Nicht zuletzt die Corona-Krise und die damit verbundene Fernreisescheu hat das Naherholungsgebiet Neusiedler See noch mehr in den Blick gerückt. In praktisch jedem Seebad hat man – sinnbildlich – die Mischmaschin’ angeworfen.

Monster mit vier Sternen
Dagegen regt sich Widerstand. Nicht nur auf österreichischer Seite. Das Strandbad von Fertőrákos/Kroisbach – dem Namen zum Trotz gehört es aber zur Stadt Sopron/Ödenburg – hat den burgenländischen Ziel-1-Investitionsschub natürlich nicht mitgemacht. Stattdessen dämmerte es, zusehends abbröckelnd und am Retrocharme allmählich verzweifelnd, seinem Verfall zu. Nicht nur deshalb erweckt der nunmehrige Modernisierungsschub jenen Eindruck, den die Naturschützer schon haben und entsprechend kundtun: Monsterprojekt! Megabau!
Ein Viersternehotel mit 100 Zimmern wird gebaut, Parkplätze für rund 1000 Autos, ebenso viele Bootsliegeplätze, ein Sportzentrum. All das soll Ungarn demnächst einen ordentlichen Anteil am Tourismus am und durch den Fertõ tó, den Neusiedler See, sichern. Auch die Schnellstraße M85 von Győr ist bis zur Ausfahrt Fetőrákos fertig.

Lőrinc Mészáros (rechts) ist Generalunternehmer des Projekts. Er ist ein Jugendfreund von Viktor Orbán.
Foto: AP / Laszlo Balogh

Der Umstand, dass das alles ein Oligarchenprojekt ist unterm Schutz des für kommendes Jahr bereits wahlkämpfenden Premierministers, befeuert den Protest ins Politische. Lőrinc Mészáros ist Generalunternehmer des Projekts. Er ist ein Jugendfreund von Viktor Orbán und wird von vielen als sein Strohmann wahrgenommen.

Auch Rahél Orbán, die Tochter, ist mit dabei. Adrienn Szalay, die Sprecherin der Bürgerinitiative "Fertő tó barátai", der ungarischen Schwester der "Freunde des Neusiedler Sees", gibt ihrer Verwunderung Ausdruck darüber, "dass sie nicht gleich ein Fußballstadion bauen wollen". Das ist ein sarkastischer Seitenhieb auf die Fußball- und Stadienbauleidenschaft des Premiers. Zuzutrauen wäre es ihm, dass er sowas als Anregung versteht.

Kein Canaletto-Blick in Weiden
Unlängst hat Greenpeace ein Gutachten des Grazer Biologen Helwig Brunner über das ungarische Vorhaben präsentiert, das es selbst als "vernichtend" bezeichnet. Die Unesco ist alarmiert. Es droht mit der Entzug des Welterbestatus.

Christian Schuböck und seine Alliance for Nature sieht in einem Gutachten jedenfalls den "außergewöhnlichen universellen Wert dieses Gebietes beeinträchtigt". Schuböck weist aber auch ausdrücklich darauf hin, dass nicht nur Ungarn ein diesbezüglicher Sünder sei. In Breitenbrunn, in Neusiedl und Oggau geschehe Ähnliches. "Hier werden Halbinseln aufgeschüttet und Kanäle durch den Schilfgürtel geschlagen, um Apartments oder Bungalows platzieren zu können."

Im einst verträumten Familienbad in Weiden hat 2017 mit dem Seeterassen-Restaurant Das Fritz die neue Zeit begonnen. Ankommenden wendet der stockhohe Bau auch sinnbildlich seine Rückseite zu und verstellt patschert den Blick auf den See, sozusagen den Canaletto-Blick Pannoniens.
Nun kommt ein neues Hotel statt der bereits abgerissenen Seepension. Ein "Boutique-Hotel" wird das mit 64 Zimmern und 120 Betten. Und dafür braucht es dann schon diesen Canaletto-Blick. Deshalb werden die Surf-Boxen verlegt. Viele fürchten, dass es bei dem Hotel nicht bleibt. Dass aus den Ferienapartments allmählich Zweitwohnsitze werden könnten. So, wie das im angrenzenden Seepark ja der Fall ist seit langem.

Exklusiver Wohnpark
Die Befürchtung ist nicht an den Haaren herbeigezogen. Alte Widmungen für Fremdenverkehrsbauten sind in den vergangenen Jahren sehr großzügig ausgelegt worden. In Neusiedl wurden Bungalows ins Wasser gestellt. Seehäuser in Luxusausführung mit eigenem Bootsanlegeplatz sind das. Ab 1,1 Millionen Euro ist man mit dabei im exklusiven Wohnpark Am Hafen.

Die Mutter aller See-Wohnträume ist die sogenannte Inselwelt in Jois. Die wurde in den Jahren nach der Jahrtausendwende mehr oder weniger aus Not heraus errichtet in einem als Hafenbecken gebaggerten Schilfsee. Die Gemeinde Jois – vom See durch einen breiten Schilfgürtel getrennt – hatte sich nämlich vorgenommen, einen eigenen Hafen zu errichten.

Das Vorhaben brachte die Gemeinde in den 1990er-Jahren so sehr in finanzielle Schieflage, dass sie das Land unter Kuratel gestellt hat. Was die Gemeinde kaum bedacht hat: Damals war noch die Fliegerabwehrkaserne in Oggau in Betrieb. Immer, wenn dort scharf geschossen wurde, war der Schilfgürtel in der Nähe des projektierten Hafens Sperrgebiet.

Sowas kann einem Skipper schon die Laune verderben, zumal die ins Auge gefassten Liegegebühren sich an denen in Neusiedl orientieren wollten. Dort ist der Hafen aber direkt am offenen Wasser.

Werbung mit dem Welterbe

Auch das wuchernde Schilf verdankt sich zum Teil menschlicher Baufreude.
Foto: Christian Fischer

Die Oggauer Kaserne ist längst geschlossen. Jetzt wird auch dort gebaut. Ein paar Häuser stehen schon. 49 Wohneinheiten, ein hektargroßer Park, Zugang zum Wasser, ein Pool, Bootsliegeplätze samt Marina kommen noch. Der Seepark Oggau spielt, so sagt man, alle Stückerln.
Außer einem: dass hier eigentlich ein Hotel errichtet werden sollte, denn so sah es die Widmung – Bauland Fremdenverkehr – eigentlich vor. Stattdessen zahlt der Investor die vertraglich mit der Gemeinde vereinbarte Pönale. Bei den aktuellen Preisen sollte diese Million keine schlaflosen Nächte bereiten.

Der Oggauer Seepark liegt – wie alle anderen Bauvorhaben – im Unesco-Welterbegebiet. Mit diesem Gütesiegel wird fleißig preissteigernde Werbung gemacht. Zugleich aber gefährdet es diesen Status. Wodurch auch immer, denn die Welterbeverträglichkeit ist zu einem guten Teil natürlich Interpretationssache; in Wien war es bekanntlich dieser nach dem venezianischen Maler Canaletto benannte Blick vom Belvedere über die hochhausfreie Innenstadt des 18. Jahrhunderts.

Fast richtig
Am See wird das Welterbeprädikat überlagert durch weitere Vorgaben. Der See steht ja auch unter Schutz des speziell für Feuchtgebiete geschlossenen Ramsar-Abkommens und ist in weiten Teilen ein Natura-2000-Gebiet. Und dann gibt es noch die allerstrengste Schutzstufe, den Nationalpark. Der ist, wie der See, grenzüberschreitend, was alles noch zusätzlich kompliziert.

Manchen kommt da, im Überschwang des Wohlmeinens, auch manches durcheinander. So hat Greenpeace das ungarische Bauprojekt gegeißelt, weil es "mitten im mehrfach geschützten Nationalpark" liege. "Am Rande" oder "in der Nähe" hätte auch genügt.

Mittlerweile hat auch Umweltministerin Leonore Gewessler das Wort ergriffen und ihren ungarischen Kollegen, László Palkovics, um einen Baustopp und eine grenzüberschreitende Nachdenkpause ersucht. Immerhin liege der Bauplatz des neuen Strandbades, so tat sie via Facebook kund, "auf dem (sic!) unberührten Schilfgürtel". Das ist – wie vieles in dieser sich hochschaukelnden Debatte – fast richtig.

Eine einzige Schilffläche
Der imposante Schilfgürtel, der beinahe als das Eigentliche des Sees gilt, ist eigentlich eine relativ junge Angelegenheit. Sein heutiges Ausmaß verdankt sich dem 1909 in Betrieb genommenen Einserkanal, dem künstlichen Abfluss des Sees. Mit dem Wasser floss auch das Salz aus dem See, das beim Verdunsten dort geblieben wäre.

Die Aussüßung tat dem dominanten Schilf gut. Das aber ist auch immens durstig. Im Schilfgürtel verdunsten in heißen Sommern zwischen 950 bis 1100 Liter pro Quadratmeter. Am offenen See 400 bis 700.

Das größte und wohl bedeutendste Bauprojekt am und für den See ist die Zuleitung von – süßem – Wasser aus der ungarischen Mosoni-Duna. Mit dem soll nicht nur das Grundwasser im Seewinkel, sondern auch der See selbst stabilisiert werden.

Gelingt das, so droht der zwischen Tourismus und Naturschutz und Wohntraum und Segelspaß hin- und hergebeutelte Neusiedler See allmählich eine einzige, weite Schilffläche zu werden. Das Steppensee-Paradoxon: Wer den See rettet, bringt ihn um.
(Wolfgang Weisgram, 14.8.2021)

Zum Thema:
Bauen um den Neusiedler See: Ebbe und Flut in der Steppe
Der Neusiedler See boomt, doch die Idylle ist bedroht
Umweltschützer warnen vor Bauboom am Neusiedler See

Der Neusiedler See wird verbaut auf Teufel komm raus
 

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#14
Wie Donauwasser den Neusiedler See retten soll
Der See droht auszutrocknen, mehr als 40 Salzlacken im benachbarten Seewinkel stehen kurz vor dem Kollaps. Eine Leitung aus der ungarischen Moson-Donau soll dem Wasserengpass nun entgegenwirken

Der Neusiedler See droht nach über 150 Jahren erneut auszutrocknen.
Christian Fischer

Johannes Ehrenfeldner zupft eine Pflanze aus dem Boden, reißt ein Blatt ab und kaut darauf herum. "Schlucken Sie es nicht, aber kosten Sie einmal. Ich glaube, das ist Salzkresse", sagt er, während er das kleine grüne Gewächs weiterreicht. Tatsächlich schmeckt es salzig und irgendwie erfrischend. Die Pflanze ist typisch in Biotopen wie dem "Unteren Stinkersee", an dessen Rand Ehrenfeldner steht.


Schilder weisen aus, wie nahe Besucher den rund 40 Salzlacken im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel – dem größten Binnenland-Salzgebiet Europas – kommen dürfen. Das gilt auch für den Direktor. Seit vier Jahren hat der Steirer die Position inne. Als er angekommen ist, habe der Untere Stinkersee im August noch Wasser geführt. Heute ist er nahezu ganzjährig ausgetrocknet und droht, wie es im Fachjargon heißt, auszusüßen.

Johannes Ehrenfeldner vor der Salzlacke "Unterer Stinkersee"
Foto: Christian Fischer

Darauf deutet auch die Vegetation hin. Auf der Salzlacke wächst bereits vereinzelt Schilf, das sogenannte salzliebende Pflanzen wie die Salzkresse sukzessive verdrängt. Nicht mehr willkommen fühlen sich auch Watvögel wie Rotschenkel, Stelzenläufer, Steinwälzer und die Uferschnepfe – sie legen hier keine Pausen mehr ein. "Der Nationalpark war früher Hotspot des internationalen Vogelzugs", sagt Ehrenfeldner. Seit dem Aussüßen der Salzlacken finden die Vögel hier aber nicht mehr genügend Nahrung.

Knapper Grundwasserstand
Die Region rund um den Neusiedler See ist immer mehr Trockenheit ausgesetzt. Geringer Niederschlag (laut Wasserportal Burgenland 550 Millimeter pro Jahr) sowie landwirtschaftliche Nutzung saugen die Grundwasserreserven aus – und gerade diese sind nötig, damit Salzlacken überleben.

Zur Erklärung: Der Lackenboden ist dicht. Steht das Grundwasser an, wird durch Kapillarwirkung Salz in das System der Lacke geliefert. Möglich macht das ein salzführender Bodenhorizont, der sich während der letzten Zwischeneiszeit gebildet hat. Ehrenfeldner: "Reißt diese Verbindung durch Absenkung des Grundwasserspiegels ab, süßt die Lacke aus und ist verloren."

Was dann geschieht, ist im Nationalpark zuhauf zu beobachten: Süßwasserpflanzen bohren ihre Wurzeln durch den Boden der etwa 20 Zentimeter tiefen Salzlacken. Sie werden undicht und kollabieren. Ehrenfeldner: "Wenn sich nicht bald etwas ändert, gibt es in den nächsten 15 Jahre keine Salzlacken mehr."

Wenig Regen, zu viel Sonne
Erst in den vergangenen Jahren hat sich der geringe Niederschlag in der Region zum Problem entwickelt. Grund ist eine Verschiebung der Niederschlagszeiten. Während winterfeuchte Monate früher das Grundwasserreservoir aufgefüllt haben, regnet es mittlerweile weniger in der kalten Jahreszeit, dafür im Sommer mehr. Durch die Hitze verdampft das Regenwasser schneller und kann nicht gespeichert werden.
Wer die Ursachen für diesen Wetterumschwung im Klimawandel verortet, liegt nicht falsch. Die Antwort ist allerdings komplexer. Klaus Haslinger von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) untersucht die Klimahistorie der vergangenen 200 Jahre in Österreich und weiß, dass es immer wieder trockene Phasen in diesem Gebiet gab.

So ist der Neusiedler See bereits Mitte des 19. Jahrhunderts ausgetrocknet. "In den vergangenen zehn Jahren ist die Gegend wieder markant trocken. Der Klimawandel verstärkt die Verdunstung mit direktem Einfluss auf die Ressource Wasser", sagt Haslinger, und, dass diese besser geregelt gehöre.

"Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern fehlt in Österreich ein Dürrerisiko-Management-Plan. Es braucht ein einheitliches Konzept, das Maßnahmen ab einem bestimmten Grad der Trockenheit vorgibt." Das bedeutet, Wasser in Überschusszeiten zu bunkern und Feucht- sowie Naturräume zu schaffen. "Auch im Bereich der Landwirtschaft werde man sich Gedanken machen müssen", sagt Haslinger.

Sinkt der Grundwasserstand zu tief, süßen die Salzlacken aus.
Foto: Christian Fischer

Damit spricht der Klimaexperte zwei weitere Aspekte der Grundwasserknappheit rund um den Neusiedler See an. Laut Ehrenfeldner würden zu viele Gattungen, darunter Zuckerrüben, Saatmais und Sonnenblumen, angebaut, die sehr viel Wasser brauchen. Zudem führe auch die Entwässerung des Bodens, um landwirtschaftliche Nutzung in der Feuchtgebietregion überhaupt zu ermöglichen, zu verheerenden Folgen. Um die Salzlacken zu retten, fordert der Nationalpark-Direktor eine Umstellung auf Kulturen, die weniger Wasser benötigen, sowie eine Einschränkung der Grundwasserentnahme.

Wasser aus Ungarn
Dass das Burgenland vor Herausforderungen steht, was das Wassermanagement betrifft, weiß auch Christian Sailer von der Wasserwirtschaft Burgenland. Allein der Wasserstand des Neusiedler Sees (derzeit 1,5 Meter am tiefsten Punkt) und vor allem die Ideen, dessen Austrocknung entgegenzuwirken, sorgen für Diskussionsstoff.

Grund ist die Überlegung, Wasser aus der Moson-Donau, einem Altarm der Donau in Ungarn, in den Naturraum Neusiedler See und Seewinkel fließen zu lassen. Damit soll der Grundwasserkörper gespeist und die landwirtschaftliche Beregnung geregelt werden. In weiterer Folge könne auch der Wasserstand des Neusiedler Sees angehoben werden, so Sailer.

Auf ungarischer Seite bestehe bereits eine neun Kilometer lange Ausleitung. Geplant sei, diesen Kanal um zwölf Kilometer bis zur österreichischen Grenze zu verlängern. Erst diese Woche hatte Sailer Verhandlungsgespräche mit ungarischen Verantwortlichen. Ein Ausschreibungsverfahren in Ungarn laufe bereits.

Was die bisherige Kostenschätzung betrifft, liege der burgenländische Anteil bei drei Millionen Euro, also einem Drittel des Gesamtbetrags. Genaue Ergebnisse werden im Herbst erwartet. "Wird die Finanzierung im Herbst fixiert, kann der Bau 2022 beginnen. Frühestens 2024 hätten wir dann das Wasser im Seewinkel." Zu den Kosten des Wasserverteilsystems im Burgenland sagt Sailer lediglich, dass es "sehr viel kosten" werde.
Während Naturschützer wie Bernhard Kohler vom WWF die Pläne im Seewinkel mit dem einen oder anderen Änderungsvorschlag durchaus befürworten, kritisiert er einen Donau-Zufluss in den Neusiedler See aufs Schärfste. "Wir machen den See kaputt. Das Donauwasser hat eine andere Zusammensetzung. Das würde zu unabsehbaren ökologischen Folgen führen." Diskussionen mit der Wasserwirtschaft seien im Gange, und auch Sailer weiß: "Einfach wird es nicht."
(Julia Beirer, 29.8.2021)
Wie Donauwasser den Neusiedler See retten soll
 

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#15
Neusiedler See: Wasserstand weiter gesunken
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Im Neusiedler See ist der Wasserstand bisher auch nach den heißen Sommertagen weiter gesunken. Er beträgt derzeit 115,15 Meter über Adria und liegt damit 26 Zentimeter unter dem langjährigen Mittel.
Online seit heute, 10.09 Uhr
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Auch der Regen der vergangenen Tage habe daran nichts geändert. „Wir sind noch am absinkenden Ast“, sagte Christian Sailer vom Hauptreferat Wasserwirtschaft des Landes Burgenland im Gespräch mit der APA.

Hoffen auf Niederschlag im Herbst und Winter
Im vergangenen Jahr war der Wasserstand Anfang Oktober mit 115,21 Meter über Adria etwas höher. Noch niedriger als momentan war er 2003 mit 115,06 Meter. Vom Spitzenwert aus dem Jahr 2014 (115,83) ist der Neusiedler See mehr als einen halben Meter entfernt. Sailer hofft nun auf Niederschlag im Herbst und Winter, der Entspannung mit sich bringen könnte. „Momentan zeichnet sich aber eher das Gegenteil ab“, betonte er.
Zu Beginn des Frühjahrs lag der Wasserstand des Neusiedler Sees im Bereich des langjährigen Durchschnitts. Der heiße Juni und Juli führten aber zu derartig großen Verdunstungen, dass im August der Pegel schon sehr niedrig war. Anfang August lag der Pegel bei 115,21 Meter über Adria. Neben der Verdunstung wirkt sich auch starker Wind auf den Wasserstand des Sees aus – mehr dazu in Neusiedler See: Wasserstand gesunken – Tourismus floriert
,
Wasserzuleitung soll Abhilfe schaffen
Nachdem der Neusiedler See immer wieder sehr wenig Wasser hat, steht schon seit längerem eine Wasserzuleitung im Raum. Über das Projekt wurde zuletzt im Vorjahr diskutiert – mehr dazu in Land plant Wasserzufuhr für Neusiedler See und in Neusiedler See: Diskussion über Zuleitung
03.10.2021, red, burgenland.ORF.at/Agenturen

Link:
https://burgenland.orf.at/stories/3124
174/
 

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#16
„Meteorpapier“ macht sich im Schilfgürtel breit
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Im Schilfgürtel des Neusiedler Sees gibt es derzeit ein interessantes Naturschauspiel zu beobachten: Dort hat sich sogenanntes „Meteorpapier“ gebildet. Es sieht aus wie ein Teppich und lässt sich auch anheben.
Online seit heute, 14.38 Uhr
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Das Meteorpapier findet man derzeit im Schilfgürtel in der Kernzone des Nationalparks Neusiedler See – Seewinkel. Dort ist der Zutritt normalerweise nicht erlaubt und wenn, dann nur in Begleitung eines Experten. Das Meteorpapier besteht aus Algen und liegt wie ein weißer Teppich auf dem Boden des Schilfgürtels. Es entsteht, wenn das Wasser schnell zurückgeht und die Algen austrocknen.

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Von kurzer Lebensdauer
Aufgrund der Sonneneinstrahlung bleicht der Algenteppich aus und wird weiß, an manchen Stellen kann man den Teppich sogar aufheben. Es ist ein faszinierendes Naturphänomen, das allerdings nicht von großem Nutzen für die Tierwelt ist, wie der Ornithologen Arno Cimadom: „Es ist ein Kleinlebensraum, wie viele im Schilfgürtel, und wenn die Temperaturen nicht sofort unter null gehen, dann zersetzt sich das relativ rasch und nächstes Jahr im Frühjahr wird man kaum noch was sehen.“

Link:
„Meteorpapier“ macht sich im Schilfgürtel breit
 

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#17
Seewinkel: Fehlendes Grundwasser gefährdet Lacken
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Weil es im Seewinkel an Grundwasser fehlt, trocknen die Lacken zu oft aus und das lässt Vogelschwärme ausbleiben. Für den niedrigen Grundwasserpegel nennt der WWF drei Gründe: die Trockenlegung des einstigen Feuchtgebiets, die Erderhitzung und die exzessive Bewässerung in der Landwirtschaft. Laut dem Biologen Bernhard Kohler vom WWF sei es das Wichtigste, See und Grundwasser „in Ruhe zu lassen“.
Online seit gestern, 14.06 Uhr (Update: gestern, 19.41 Uhr)
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Derzeit herrscht rund um den Seewinkel reger Flugverkehr: Gänsestriche und Kranichzüge kommen und gehen. Der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel ist Heimat zahlreicher Tiere und Rastplatz vieler Zugvögel, die jetzt auf ihrem Weg Richtung Süden in und rund um die Lacken Pause einlegen. Doch dieses Ökosystem ist in Gefahr, warnt der Biologe Bernhard Kohler vom WWF. Schon jetzt fehlen tausende Vögel, denn die Lacken sind zu oft ausgetrocknet. Grund dafür ist das niedrige Grundwasser, bestätigt auch Nationalparkdirektor Johannes Ehrenfeldner die Warnung des WWF: „Der Grundwasserspiegel hat insofern etwas mit der Systematik der Lacke zu tun, dass die Salze nicht mehr nach oben transportiert werden können und die Lacke somit aussüßt und in weiterer Folge das Wasser, das über Niederschläge hineinkommt, nicht mehr gehalten werden kann.“ Ist das Grundwasser also zu niedrig, kommt kein Salz in die Lacken und langfristig bedeutet das das Ende der Lacke.

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Die Zicklacke: aktuell sieht man oft nur den salzigen Boden

Entwässerung: Problem und Segen zugleich
Für den niedrigen Grundwasserspiegel gibt es laut Experten drei Ursachen: die Trockenlegung der Gebiete für den Ackerbau, die Bewässerung der Felder mit Grundwasser – beides schon seit Jahrzehnten Usus – und nun auch die Erderhitzung. Für die Lacken wird es damit einfach zu viel.
Damit es nicht zu Überschwemmungen in den einstigen Feuchtgebieten und heutigen Ackerflächen kommt, wurde das Land trockengelegt und es wird bis heute entwässert. Regnet es also „zu viel“, wird das überschüssige Wasser durch Kanäle abgeleitet. Doch dieses Wasser fehlt dann als Grundwasser. Die vom land eingerichtete Taskforce will versuchen, so viel Wasser wie möglich in der Region zu behalten, doch auch das birgt Herausforderungen, so Christian Sailer von der Wasserwirtschaft Burgenland: „Einfach die Schleusen zu schließen wäre die einfachste Möglichkeit, das wäre aber nicht sehr wirksam, denn wenn Starkniederschläge sind, muss auch gewährleistet sein, dass das Wasser auch aus dem Gebiet abgeleitet wird, damit Siedlungsgebiete und Infrastruktur geschützt sind und es keine Schädigungen durch das Wasser gibt. Und deswegen ist es auch so schwierig, dass wir ein sinnvolles System bringen, weil der Wasserrückhalt in diesen Gräben auch zu einer Erhöhung des Grundwasserstandes führen, und durch den höheren Grundwasserstand können bestehende Siedlungsgebiete, Kellergebäude und Häuser beschädigt werden. Und das darf natürlich nicht passieren. Also da müssen wir vorsichtig vorgehen und deswegen ist es nicht von heute auf morgen so einfach zu sagen wir machen jetzt alles zu, wir schütten die Gräben zu und leiten kein Wasser mehr ab. Das wird es nicht spielen, das geht nicht.“
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Aus der Luft kann man die „ursprüngliche“ Ausdehnung der Lacke erahnen

WWF: Landwirtschaft muss umstellen
Der WWF fordert zudem eine Umstellung in der Landwirtschaft: Wo jetzt noch bewässerungsintensive Kulturen, wie Zuckerrüben Gurken und Salate, gegossen werden müssen, sollen künftig trockenheitsangepasste Pflanzen wachsen, wie zum Beispiel Kürbis. Die Kulturen werden zum Teil auch schon angepasst, so Alfred Brasch, Bezirksreferent der Landwirtschaftskammer, trotzdem sieht er es kritisch: „Es ist natürlich sinnvoll, wenn man Kulturen anbauen könnte, die weniger intensiv geführt werden müssen. Tatsache ist aber, dass die Kulturen, die intensiv geführt werden, in den Fruchtfolgen die Kulturen sind, die dazu beitragen, dass unsere landwirtschaftlichen Betriebe über die Runden kommen.“

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Wenn die Lacken austrocknen, werden sie zu einem lila Meer – die Salzastern blühen

Umstrittene Lösung: Wasser aus der Moson-Donau
Doch auch eine dritte Lösung ist im Gespräch: eine Zuleitung aus der Moson-Donau. „Die Wasserzuleitung in den Seewinkel bringt für uns große Bedeutung, weil wir einerseits das Wasser für die Grundwasser-Anreicherung verwenden könnten, das heißt, wir hätten eine Verbesserung der Grundwassersituation in trockenen Zeiten, zum Ausgleich des durch den Klimawandel ausbleibenden Niederschlags, oder der Ausbleibenden Grundwasser-Neubildung, zweitens könnten wir das Wasser direkt für die Bewässerung verwenden. Und drittens wäre natürlich eine Befüllung des Neusiedler Sees, um ihn als Landschaftselement erhalten zu können, ein wichtiger Gesichtspunkt, der mitüberlegt wird“, so Sailer – mehr dazu in

WWF-Biologe Kohler: See und Grundwasser „in Ruhe lassen“
Die beste Lösung wäre, das Wasser direkt an die landwirtschaftlichen Betriebe zu verteilen, so Kohler. Den Grundwasserspiegel sollte man „in Ruhe lassen“. „Auf den natürlichen Niederschlag hoffen und den Grundwasserspiegel hochhalten, indem man den Grundwasserspiegel möglichst wenig angreift und natürlich auch nicht ableitet, denn mit dem Wasser fließt auch Salz davon und das schädigt die Lacken ebenfalls“, so Kohler.
Von einer Wasserzufuhr in den Neusiedler See halte Kohler nichts. „Der Neusiedler See ist ein Steppensee, der für seinen langfristigen Fortbestand immer wieder austrocknen muss, das ist im Durschnitt der letzten Jahrhunderte ungefähr ein bis zweimal pro Jahrhundert der Fall gewesen – nur im 20. Jahrhundert ist er nicht ausgetrocknet. Der See war nie tiefer als jetzt“, so Kohler. Auch aus dem See sollte so wenig wie möglich abgeleitet werden, um den Salzgehalt zu erhalten. Aber auch nicht zugeleitet werden, denn auch das würde den Salzgehalt verändern, erklärte der Biologe des WWF im Gespräch mit Burgenland heute-Moderator Martin Ganster. Dadurch könnte der See seine Trübe verlieren und Algen könnten sich vermehren, wenn man Wasser in den See leite, gewinne man nichts, so Kohler. Eine Möglichkeit wäre auch Überschwemmungsräume des Sees als Wasservorrat zu nutzen.

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Der Zicksee bei St. Andrä wird künstlich gespeist – das Wasser lockt aktuell viele Gänse an

Trockene Lacken: Gefahr für viele Vogelarten
Die Lacken sind einzigartige Rast- und Brutplätze zahlreicher Wasser- und Watvögel. Nahrung ist es für viele von ihnen nur im Wasser zu finden. „Besonders schlimm ist es, wenn die Lacken während der Brutzeit austrocknen. Ist sie schon davor trocken, können die Vögel immerhin ein anderes Brutgebiet aufsuchen. Langfristig bedeutet das aber, dass viele Vögel nicht mehr in unser Gebiet kommen um zu brüten. Für ein Vogelschutzgebiet von internationaler Bedeutung ist das dramatisch. Die Zählungen, die BirdLife seit 20 Jahren für den Nationalpark durchführt, zeigen bei manchen Arten Bestandseinbrüche von zehn bis 30 Prozent, es fehlen tausende Vögel. Weiters sind die Zugwege und Etappen der Vögel ja auf diesen Rastplatz seit Jahrzehnten ausgelegt. Wenn sie hier keinen geeigneten Lebensraum mehr finden, verliert der Seewinkel auch als Rastplatz an Bedeutung“, so der Biologe Leander Khil.
15.10.2021, Lena Pavitsich, burgenland.ORF.at
Seewinkel: Fehlendes Grundwasser gefährdet Lacken
 

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#18
Förderung soll Rettung für Salzlacken bringen
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Der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel will den naturnahen Tourismus forcieren. Dazu wird nach dem Innenbereich des Infozentrums in Illmitz nun auch der Außenbereich umgebaut. Zudem wurde ein Förderantrag zur Rettung der Salzlacken bei der EU eingereicht.
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Laut einer Studie, die den Zustand der Lacken im Seewinkel untersucht hat, kann keine einzige der 66 untersuchten Lacken ohne Restaurationsmaßnahmen langfristig erhalten werden. Nur fünf der Lacken sind noch in einigermaßen gesundem Zustand, der Rest in mäßigem bis schlechtem Zustand – und das bei einer UNESCO-Welterbestätte.

Elf Millionen Euro Projektvolumen
Ideen, wie dieses größte zusammenhängende Binnenland-Salzgebiet Europas erhalten und auch die Grundwassersituation verbessert werden kann, gibt es bereits – und diese Ideen wurden als Projekt bei der EU eingereicht, so die zuständige Landesrätin Astrid Eisenkopf: „Wir hoffen natürlich, dass wir diesen Zuschlag bekommen. Wir sind zumindest schon einmal in die letzte Runde vorgerückt. Die Information, ob wir den Zuschlag für das Projekt bekommen, werden wir wahrscheinlich Ende April bekommen. Das würde dann mit einem Projektvolumen von mehr als elf Millionen Euro für sieben Jahre laufen.“

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Projektunterlagen zur Einreichung bei der EU

Neugestaltung des Informationszentrums
Ein weiteres Projekt, das heuer umgesetzt werden soll, ist die Neugestaltung des Außenbereichs des Nationalpark-Informationszentrums in Illmitz. Der Innenbereich wurde bereits umgebaut: In modernen Ausstellungsräumen wird anschaulich dargestellt, welche Tiere es im Nationalpark gibt, was Salzlacken sind, und auf die Baukultur in der Region eingegangen.

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Neugestaltung des Innenbereichs des Informationszentrums


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Das neugestaltete Informationszentrum



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Das neugestaltete Informationszentrum



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Im Informationszentrum erfahren Besucher, was Lacken sind und wie sie funktionieren


Nun soll ein neuer Außenbereich den sanften, naturnahen Tourismus weiter fördern. Auch Schulklassen sollen davon profitieren, so Nationalpark-Direktor Johannes Ehrenfeldner: „Damit es für die Klassen, die zu uns kommen, viel Raum gibt. Wir möchten auch die Freizeitradler mit den Familien einladen, dass sie bei uns ausspannen können.“ Für die Neugestaltung des Außenbereichs sollen 600.000 Euro in die Hand genommen werden – der Innenbereich wurde um 550.000 Euro neu gestaltet.

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Ein weiteres Projekt, das heuer umgesetzt werden soll, ist die Neugestaltung des Außenbereichs des Nationalpark-Informationszentrums in Illmitz
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Nun soll ein neuer Außenbereich den sanften, naturnahen Tourismus weiter fördern

Nationalpark mit größter Artenvielfalt
Auch das Naturmanagement will die Nationalparkleitung umstellen, um die Artenvielfalt weiter zu steigern. Diese ist im Vergleich zu allen anderen Nationalparks in Österreich einzigartig, so Ehrenfeldner: „Wir sind laut einer Studie – durchgeführt vom Umweltbundesamt, beauftragt von unserer Dachorganisation Nationalparks Austria – von der Tierwelt jener Nationalpark mit der größten Artenvielfalt – im Speziellen bei Vögeln.“

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Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel


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Rinder bewirtschaften den Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel


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Morgenstimmung am Zicksee


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Das Ökosystem im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel ist empfindlich: Natürliche Bewirtschaftung ist wichtig

05.02.2022, red, burgenland.ORF.at
Förderung soll Rettung für Salzlacken bringen
 

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#19
Kampf gegen sinkende Wasserstände
Die vergangenen Jahre sind sehr trocken gewesen. Auch im heurigen Winter hat es nur wenig geregnet oder geschneit. Der Wassermangel macht sich überall bemerkbar – egal ob Landwirtschaft, Wasserversorgung oder Neusiedler See. Dem soll nun entgegengewirkt werden.
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Die Bilder der fast trockenen Ruster Bucht vergangenen Woche machten Schlagzeilen. Der stürmische Wind verfrachtete das Wasser aus der Bucht in andere Teile des Neusiedler Sees – übrig blieb nur Schlamm. Mittlerweile ist das Wasser zwar wieder zurück, der Wasserstand im See ist aber generell sehr niedrig.

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Der starke Sturm trieb das Wasser aus der Ruster Bucht auf die andere Seite des Sees

Josef Stagl
Übrig blieb nur Schlamm

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Mittlerweile ist das Wasser aber wieder zurück

In den vergangenen 50 Jahren war im Jänner der Wasserstand des Neusiedler Sees noch nie so niedrig wie heuer. Mehr als 20 Zentimeter fehlen auf den Jänner-Stand des Vorjahres und der lag auch schon unter dem langjährigen Durchschnitt.

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Wasserportal Burgenland
Der Neusiedler See weist derzeit mit 115,24 Meter über Adria den niedrigsten Wasserstand seit mehr als 50 Jahren auf. Im Jänner-Vergleich fehlen dem See gegenüber dem Vorjahr 23 Zentimeter
Wasserportal Burgenland

Schilf und Schlammmanagement im Vordergrund
Um den Wasserstand zu heben, wurde eine Taskforce des Landes eingerichtet, um Möglichkeiten zu erkunden, den Wasserspiegel zu heben. So soll unter anderem Wasser aus einem ungarischen Donau-Arm zugeleitet werden, sagte Landesrat Heinrich Dorner: „Hier gibt es Verhandlungen mit unseren ungarischen Kollegen. Das ist das eine Projekt. Und jetzt haben wir getrennt davon ein zweites Projekt mit dem Titel ‚Seemanagement‘ gegründet, wo es uns darum geht, den See zu bewirtschaften – und hier vordergründig das Schilf und Schlammmanagement.“

Konkret heißt das, dass nicht nur punktuell Schlamm abgebaggert werden soll, sondern im größeren Stil, gemeindeübergreifend und vor allem, dass die Schilffläche verkleinert wird, erklärte Dorner: „Es gilt zuerst den Schilfwuchs einzudämmen bzw. zurückzustutzen, weil das Schilf ja dann in weiterer Folge Verursacher für den Schlamm ist – das hängt direkt zusammen.“

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Verbindungsleitungen sichern Grundwasserversorgung
Der fehlende Niederschlag hat den Grundwasserspiegel sinken lassen. Die Brunnen und Quellen spenden weniger Wasser, so Helmut Herlicska von der Plattform Wasser Burgenland: „Allerdings ist es nicht so, dass sich das negativ auf die Versorgung auswirken würde. Bei kleineren Versorgungseinheiten ist es natürlich so, hier ist es wichtig, dass es Verbindungsleitungen gibt. Da sind in den letzten Jahren verschiedenste Maßnahmen gemacht worden und Transportleitungen zwischen einzelnen Wasserversorgern gebaut worden, um sich hier auszuhelfen.“

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Bei Trausdorf beträgt die Abflussmenge der Wulka im Jänner-Durchschnitt 700 Liter pro Sekunde, heuer hingegen waren es nur an die 400 Liter pro Sekunde
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Im Oberlauf ist das Flussbett der Leitha bei Neufeld abschnittsweise gänzlich trocken

Wenig Wasser auch in Bächen und Flüssen
Wenig Wasser führen derzeit auch die heimischen Bäche und Flüsse. Bei Trausdorf beispielsweise beträgt die Abflussmenge der Wulka im Jänner im Durchschnitt 700 Liter pro Sekunde, heuer hingegen waren es nur an die 400 Liter pro Sekunde. Auch die Leitha bei Neufeld führt seit Monaten Niedrigwasser. Im Oberlauf ist das Flussbett der Leitha abschnittsweise gänzlich trocken.

Experte bezeichnet Lage als „beunruhigend“
In „Burgenland heute“ am Dienstag sagte der Leiter des Hauptreferats Wasserwirtschaft, Christian Sailer, dass er die Situation nicht als dramatisch bezeichnen würde, allerdings als „beunruhigend“. „Wir starten im Jahr 2022 mit geringen Wasserständen“, so Sailer. Auch die Chance, dass der Neusiedler See im Sommer genügend Wasser haben wird, schätzt Sailer als sehr gering ein.

Was eine immer wieder diskutierte Wasserzuleitung zum See betrifft, da müsste man „groß denken“, sagte Sailer. Es würde dabei nicht nur um eine Zuleitung zum See gehen, sondern um den ganzen Naturraum Seewinkel – Neusiedler See. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dieses Wasser ordentlich einsetzen können, wenn es einmal da ist, aber da ist die Abhängigkeit von Ungarn gegeben“, so Sailer.
09.02.2022, red, burgenland.ORF.at
Kampf gegen sinkende Wasserstände
 

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#20
See: Wasserstand sorgt für erste Probleme
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Noch nie seit Beginn der detaillierten Aufzeichnungen im Jahr 1965 war der Wasserstand des Neusiedler Sees Mitte März so gering wie derzeit. Bemerkbar macht sich das beim Bootsverkehr, aber auch darüber hinaus könnte es Auswirkungen geben.
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Anfang des Jahres wurde deutlich, wie ernst die Situation rund um den Wasserstand am Neusiedlersee eigentlich ist. Nach einem Sturmtief verschwindet in der Ruster Bucht das restliche Wasser in Richtung Ostufer. Was bleibt, ist der Schlammboden – mehr dazu in Wasserstand des Neusiedler Sees bleibt niedrig.

Noch nie so wenig Wasser seit 1965
Verbessert hat sich die Situation seither nicht. Das Gegenteil ist eher der Fall. Noch nie wurde seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1965 zu dieser Jahreszeit so ein niedriger Wasserstand gemessen wie heuer. Fährunternehmen, Fischer, Segelschulen, aber auch Hafen- und Restaurantbetreiber macht diese Situation große Sorgen.
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Die Radfähren haben bereits erste Probleme: die Schiffe müssen öfter repariert werden

Fährbetreiber hoffen vor allem auf Regen
Besonders die Radfähre ist im Frühling ein beliebtes Transportmittel. Auch hier spielt der Wasserstand eine entscheidende Rolle. Noch können die Radfähren rund um den See fahren, aufgrund des niedrigen Wasserstandes kommt es aber immer häufiger zu Schäden, denn die Schiffsschrauben müssen sich meist durch den Schlamm bohren. „Bei uns ist diese Situation jetzt oft mit Reparaturen verbunden. Wir hoffen aber für das Frühjahr auf Niederschlag. Das kann sich ja alles noch ändern“, sagte Fährbetreiber Roman Drescher aus Mörbisch.

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Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg konnte man zur Schotterinsel inmitten des Sees spazieren

Man versucht optimistisch zu bleiben, denn schon des Öfteren ist der Neusiedlersee komplett ausgetrocknet. Nach dem Zweiten Weltkrieg etwa ist von einem der größten Steppenseen Europas eigentlich so gut wie keine Spur mehr gewesen. „Da gibt es zum Beispiel Fotos von einem Picknick auf der Schotterinsel bei Rust – das liegt so ziemlich mitten im See. Und im Jahr 1945 war es schon so weit, dass man da hinausgehen und ein Picknick machen konnte“, so Barbara Schandl aus Rust.

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Einige Kundinnen und Kunden der Hafenbetreiber haben bereits angekündigt die Boote heuer nicht ins Wasser geben zu wollen

Hoffen auf baldige Lösungen
Mit der heutigen Situation könne man das aber nicht vergleichen. Der Tourismus ist für die Region einfach zu wichtig geworden. „Schon das Baden ist beinahe unmöglich geworden, wenn man sich das Seebad in Rust ansieht. Je nach Windrichtung gibt es dort nur noch Schlamm. Die Radfähren hatten im Herbst schon ein Problem und inwieweit sie jetzt noch fahren können oder, wenn sie nur mit halber Besetzung fahren – das wirkt sich natürlich auch auf den Tagestourismus aus“, so Marie-Luis Butterfly, Betreiberin des Campingplatzes und Hafens in Oggau.

Die Forderung nach entsprechenden Maßnahmen der Politik werden daher immer lauter. „Es gibt ja einige Projekte seitens der Landesregierung, aber bisher wurde leider noch keines durchgesetzt. Jetzt ist der Zeitpunkt, dass man eines dieser Projekte durchsetzt – nämlich dem See Wasser zuzuführen“, so Butterfly. Was bleibt ist somit die Hoffnung auf Regen. Stand jetzt die schnellste und einzige Möglichkeit den Wasserstand wieder zu heben.
14.03.2022, red, burgenland.ORF.at
See: Wasserstand sorgt für erste Probleme
 
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