josef

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#1
Die Fotos vom Besuch im TM-Wien fallen zufällig mit dem 60-jährigen Jubiläum des ersten Abstiches einer Charge LD-Stahl am 27.11.1952 in der VÖEST-Linz statt:
Am 27. November 2012 feiert die voestalpine 60 Jahre LD-Verfahren (Linz-Donawitz-Verfahren), ein Meilenstein in der Geschichte der Stahlerzeugung.
Am 27. November 1952 wurde bei der damaligen VÖEST in Linz im LD-Stahlwerk 1 nach gut sechs Jahren Forschung und Entwicklung der erste Tiegel mit 30 Tonnen LD-Stahl abgestochen. Für alle Beteiligten ein wichtiges und großes Ereignis und zugleich Startschuss für den weltweiten Siegeszug des LD-Verfahrens. Bei dieser Methode der Stahlerzeugung wird reiner Sauerstoff auf das flüssige Roheisen geblasen. Durch diesen Vorgang wird die Verbrennung der Begleitelemente des Roheisens ermöglicht. Der durch das LD-Verfahren produzierte Stahl zeichnet sich vor allem durch seine Reinheit aus.
Die offizielle Eröffnung des Stahlwerks fand bei bereits laufender Produktion am 5. Jänner 1953 statt. Das zweite LD-Stahlwerk wurde am 22. Mai 1953 in Donawitz in Betrieb genommen. Schon im Juni waren die ersten 100.000 Tonnen LD-Stahl produziert und Anfang Dezember wurde die 250.000. Tonne abgestochen. Danach erweckte das LD-Verfahren schnell internationales Interesse. Wurden 1960 noch 4 % der gesamten weltweiten Stahlproduktion nach dem LD-Verfahren hergestellt, sind es heute rund zwei Drittel.
Quelle: http://www.voestalpine.com/blog/de/kategorien/events/60-jahre-ld-verfahren

Fotos aus TMW -Teil 1:

Im Vergleich zu den heute eingesetzten LD-Tiegel in Linz und Donawitz ist dieses Ausstellungsstück ein Zwerg!
 

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josef

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#2
Technisches Museum Wien - LD-Tiegelanlage, Teil 2

Teil 2:

7. Logo des Tiegelherstellers, der ehemaligen "GHH - Gutehoffnungshütte" Oberhausen
8. "Schurre" zum Chargieren (Beschicken) des Tiegels mit Schrott und Zuschlagstoffen als Beigabe zum Roheisen vor dem "Blasen" -> "Frischen mit Sauerstoff"
9. u. 10. Schlackenpfanne
11. Verschiedene Kokillen (Gussformen)
12. Ein nach der Abkühlung/Erstarrung aus der Kokillenform gezogener Stahlblock
 

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#3
Hi Josef,

ich habe ein Frage zu den Bildern mit den "Schlackenpfannen" Bild 9 und 10, bist du dir da sicher? Ich hätte eher auf eine Roheisenpfanne oder Stahlpfanne getippt. Der Grund ist einerseits die Schnauze und anderer seits der Mechanismus um das ganze mittels Kran zu Kippen. SChlackenpfannen haben das normalerweise nicht.

mfg
Christoph
 

josef

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#4
... Frage zu den Bildern mit den "Schlackenpfannen" Bild 9 und 10, bist du dir da sicher? Ich hätte eher auf eine Roheisenpfanne oder Stahlpfanne getippt. Der Grund ist einerseits die Schnauze und anderer seits der Mechanismus um das ganze mittels Kran zu Kippen. SChlackenpfannen haben das normalerweise nicht...
Im Prinzip hast du recht! Kommt auf die Transporart vom Stahlwerk zur Deponie bzw. die Entleerung dort an. Bei Bahntransport sind die Pfannen auf Drehgestellen montiert, mit Seitenkippvorrichtung. Heute gibt es aber auch Pfannen für den Transport mit Sonderkraftfahrzeugen, die eine spezielle Hebevorrichtung zur Aufnahme der Pfannen und zum Verkippen der flüssigen Schlacke haben. Habe aber den Text von der dort beim Objekt angebrachten Tafel -> siehe Beitrag #1, 1. Foto, übernommen. Kenne leider das seinerzeitige Ablaufprozedere im LD1 nicht :) Kann auch nicht sagen, ob der Aufstellungsplatz der Pfanne auf einem schienengebundenen typischen Quertransportwagen dem Original entspricht?

Wenn keine Schlackenpfanne, dann m.E. Stahlpfanne für den Quertransport von der Tiegel- in die Gießhalle und keine Roheisenpfanne.
Die Roheisenlinie erfolgt normalerweise vom Hochofen mittels Torpedopfanne (Rohrpfanne) in die Tiegelhalle des Stahlwerks. Dort in den Roheisenmischer, Abfüllung in Roheisenpfanne und mittels Kran zu den Tiegeln im gleichen Hallenschiff. Also kein zusätzlicher schienengebundener Transport der Pfanne...

lg
josef
 

josef

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#6
Der Betrieb der alten Stahlwerke LD1 und LD2 am Werksgelände der voest-alpine in Linz wurde schon vor Jahren eingestellt und die Objekte abgerissen. Der Stahl wird in Linz nun im modernst ausgestatteten Stahlwerk LD3 erzeugt.
Das "Abgießen" des fertigen Stahls erfolgt nicht mehr in Kokillen sondern über kontinuierlich arbeitende Stranggießanlagen...


Einige historische Bilder zum Thema LD-Stahl vom Standort Linz:
1. Erste Versuche an der Außenwand der alten SM-Stahlwerkshalle 1949
2. Baustelle des ersten LD-Stahlwerkes 1952 (LD1) – Verlängerung der SM-Stahlwerkshalle. Interessant auch 2 Feldbahnloks…
3. Tiegelhalle des ehemaligen LD2 – Stahlwerkes
4. Befüllen eines Tiegels mit Roheisen vom Hochofen
5. Chargiervorgang mit „Schurre“ -> Einbringung von Schrott und Zuschlagsstoffen
6. Abgießen des fertigen Stahls in Kokillen

Bildquelle:
Geschichte der VOEST, Band 1 und 2
Herausgeber u. Verleger: „Geschichte-Club VOEST“
Linz 1995
 

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#7
Im Prinzip hast du recht! Kommt auf die Transporart vom Stahlwerk zur Deponie bzw. die Entleerung dort an. Bei Bahntransport sind die Pfannen auf Drehgestellen montiert, mit Seitenkippvorrichtung. Heute gibt es aber auch Pfannen für den Transport mit Sonderkraftfahrzeugen, die eine spezielle Hebevorrichtung zur Aufnahme der Pfannen und zum Verkippen der flüssigen Schlacke haben. Habe aber den Text von der dort beim Objekt angebrachten Tafel -> siehe Beitrag #1, 1. Foto, übernommen. Kenne leider das seinerzeitige Ablaufprozedere im LD1 nicht :) Kann auch nicht sagen, ob der Aufstellungsplatz der Pfanne auf einem schienengebundenen typischen Quertransportwagen dem Original entspricht?

Wenn keine Schlackenpfanne, dann m.E. Stahlpfanne für den Quertransport von der Tiegel- in die Gießhalle und keine Roheisenpfanne.
Die Roheisenlinie erfolgt normalerweise vom Hochofen mittels Torpedopfanne (Rohrpfanne) in die Tiegelhalle des Stahlwerks. Dort in den Roheisenmischer, Abfüllung in Roheisenpfanne und mittels Kran zu den Tiegeln im gleichen Hallenschiff. Also kein zusätzlicher schienengebundener Transport der Pfanne...

lg
josef
Das ist eindeutig eine Roheisenpfanne. Das Roheisen wird mit der Rohrpfanne angeliefert und kommt dann mit solchen Roheisenpfannen zuerst in den Mischer und dann in den Tiegel.
Die Gießpfannen haben keinen Schnabel vorne und stattdessen unten ein Loch, durch das der Stahl in die Kokille bzw den Verteiler gegossen wird.
Das Schienenfahrzeug, auf dem die Pfanne steht, ist wahrscheinlich ein Stahlwagen (der Wagen, mit dem die Pfanne mit dem frisch abgestochenen Stahl vom Tiegel weg in die nächste Halle transportiert wird, wo schon der Kran darauf wartet, die Pfanne zum Pfannenofen zu bringen). Warum auf dem Stahlwagen eine Roheisenpfanne steht ist mir ein Rätsel, das gibt es nur in ganz seltenen Fällen, wenn der flüssige Stahl erneut in den Tiegel kommt. (Manche Spezialstahlsorten werden doppelt geblasen, dann verwenden wir für den Abstich eine Roheisenpfanne).
 

josef

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#8
Danke @Asbest, du hast recht! Die "Schnabelpfannen" sind "Roheisenpfannen" und die "Schlackenpfannen" haben keinen Schnabel -> siehe Foto Beitrag #5... Habe das nach der Beschreibung lt. Begleittafel Beitrag #1, Bild 1 nachgeschrieben :(! Beim Ausstellungsensemble fehlt eine "Gießpfanne" mit Loch am Pfannenboden zur Befüllung der Kokillen -> Beitrag #2, Bild 11 bzw. "Abgießvorgang" in die in der Gießgrube stehenden Kokillen Beitrag #6, Bild 6. Weiters fehlt zur Vollständigkeit eine Schlackenpfanne...

(Siehe auch Antwort auf Beitrag #3)
 

josef

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#11
Fand noch einige Fotos vom Besuch im TMW 2012 zur Stahlerzeugung mittels des LD-Verfahrens:

Modell des ehemaligen ersten LD-Stahlwerkes in Linz:

1. Blick in die Hallenschiffe des LD 1 Stahlwerkes, welche an die bestehende Halle des SM- und Elektrostahlwerkes aus der Kriegszeit angebaut wurden. Rechts die "Tiegelhalle" und links die "Gießhallen".

2. Der "Roheisenmischer" in dem das von den Hochöfen (-> Beitrag 78 ff.) angelieferte Roheisen aus verschiedenen "Abstichen" zu einer für die Verarbeitung in den Konvertern (-> Tiegeln) homogenen konstanten Zusammensetzung gemischt und zwischenlagert wurde...

3. Befüllung eines Tiegels mit Roheisen aus dem Mischer.

4. Tiegelhalle, beim linken Tiegel abgestellte "Schurren" (-> siehe Beitrag #2-Bild 8) -> Behälter/Füllrutschen für Chargiergut (-> Schrott bzw. Zuschlagstoffe).

5. "Blas- oder Frischvorgang" durch das "Einblasen" von Sauerstoff mittels einer von oben eingeführten Lanze in dem mit Roheisen gefüllten Konverter.

6. Auf einem gleisgebundenen Quertransportwagen steht eine "Gießpfanne" bereit, um den flüssigen Stahl nach dem Frischvorgang aufzunehmen und in die Gießhalle zu bringen.

7. Kippvorgang des Tiegels zur Befüllung der "Gießpfanne" nach Beendigung des "Blasens". Die Pfanne hat am Boden eine verschließbare Auslauföffnung, über diese der flüssige Stahl später in die "Kokillen" gegossen wurde.

8. Der angetriebene Quertransportwagen brachte die volle Gießpfanne in die Gießhallen, wo sie mittels Hallenkränen zur Befüllung der "Kokillen" gebracht wurde.

9. In den Gießhallen standen die "Kokillen" (-> siehe Beitrag #2-Bild 11) zur Befüllung mit flüssigem Stahl bereit.

10. Im Hintergrund werden die "Kokillen" von den erkalteten (erstarrten) Stahlblöcken (-> siehe Beitrag #2-Bild12) mittel eines "Stripperkranes" abgezogen.
 

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#12
Ein schönes Modell, danke für die Bilder. Steht das noch im technischen Museum oder wurde es entfernt?

Im Vergleich zum LD3 wirkt das LD1 schon ziemlich vorsintflutlich. Die unverkleidet ohne Doghouse stehenden Tiegel, die von unterschiedlichen Seiten folgende Chargierung (Schrott/Roheisenseite), Der Kokillenguss, der einfache und vergleichsweise wenig komplexe Lanzenbereich... Schade dass ich zu jung bin, dieses Stahlwerk erlebt zu haben.
 
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